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Eastertrip 1 - Durch das halbe Land

Veröffentlicht: 13.04.2021

Das norwegische Frühlingssemester wird jedes Jahr durch die Ostertage unterbrochen und die Universitäten setzen demzufolge den Unterricht für eine Woche aus. Diese Zeit wird von den norwegischen Studenten oft genutzt, um die Heimatregion zu besuchen, was unter Umständen eine ordentliche Reisestrecke bedeutet.

Austauschstudenten nutzen diese Zeit meist, um Norwegen ebenfalls auf eine längeren Reise zu sehen. Dieser Tradition folgend und um die Vorteile des eigenen Autos zu nutzen, plante ich demnach einen Roadtrip. Von Trondheim aus bieten sich Reiserouten nach Süden an, um das Fjordland mit den ikonischen Reisekatalogfjorden zu entdecken, verschiedene Berge zu besteigen und szenische Straßen zu bewundern. Um die Osterzeit befindet sich die überwiegende Mehrheit der Berge in Norwegen jedoch unter einer dicken Schneedecke. Viele der Fjordstraßen sind aufgrund von Lawinengefahr üblicherweise von September bis Juni deshalb geschlossen. Die zweite Reisealternative ist die nördliche Richtung und die Überschreitung des arktischen Zirkels. Etwas über dem 66. Breitengrad beginnt dieser und indiziert den geographischen Bereich, ab dem sich die Sonne während der Wintersonnenwende den ganzen Tag unter dem Horizont befindet und es somit dunkel bleibt. Im Sommer hingegen scheint die Sonne ab hier während der Sommersonnenwende den ganzen Tag und tippt um Mitternacht maximal den Horizont an, bevor sie wieder aufsteigt. Umso weiter man ab diesem Breitengrad nach Norden reist, umso länger wird die Zeit, in der die Sonne im Winter nie zu sehen und im Sommer rund um die Uhr zu sehen ist. So bleibt das Nordkapp in Norwegen vom 20.11 bis zum 21.01 dunkel und genießt vom 12.05 bis zum 02.08 unter konstantem Tageslicht.

Über dem arktischen Zirkel befinden sich unter anderem Norwegens zweitgrößte Insel Senja. Traumhafte Strände und Buchten wechseln sich mit zerklüfteten Bergen ab, die zum Teil vertikal aus den Fjorden und dem Meer aufragen. Alles gemustert von einem Wetter, was abwechslungsreicher nicht sein könnte. Im gleichen Atemzug gilt es wohl auch die Lofoten zu nennen, die international größere Bekanntheit genießt. In normalen Zeiten somit von Reisenden überrannt, bieten die Lofoten-Inseln aktuell für die Studenten doch ein recht exklusives Reiseziel.

Diese beiden Regionen sollten auch für mich und meine Reisegefährten zu dem bevorzugten Ziel werden. Mit gelegentlichen Stopps zur Übernachtung. Diese Reisestrecke am Stück durchzuziehen würde dem Sitzfleisch doch arg zusetzen. Die Reisetruppe bestand neben mir aus der Italienerin Francesca, der Franzosin Maëlle meinem Landsmann Gero. Gero, Francesca und ich hatten uns davor auf Wanderungen und Cabintrips schon getroffen und lediglich Maëlle stieß als neuer Kontakt noch zu uns.
Mit Vorfreude und etwas mulmigen Gefühl der langen Strecke begaben wir uns am 26.03 auf den Weg von Trondheim zu Saltstraumen. Dort herrscht die stärkste Gezeitenströmung der Welt, da der Wasserausgleich zwischen dem Meer und dem örtlichen Fjord nur über eine einzige schmale Passage verlaufen kann. Die Fahrt selbst verlief spektakulär! Unspektakuläre Fahrten gibt’s in Norwegen aber auch halt nicht… Das Schwierigste für meine Mitreisenden war wohl meine Nase von der Windschutzscheibe wegzuziehen, an der ich zeitweise klebte, um die Berge zu bestaunen (um es dennoch vorweg zu nehmen, alle haben sich während meiner Fahrten meistens sicher gefühlt! ... meistens). Und so ließen wir den Trondheimsfjord hinter uns, um zunehmend höhere Gefilde anzusteuern.

Trondheim Saltstraumen, 600 km, 9h Fahrt

Flache Fjorde, kleinere Berge und verschneite Wäldchen erwarteten uns zunächst während der Fahrt zu der Provinzgrenze Trøndelag`s.

Die Reisetruppe

Weiter ging`s in der Provinz Nordland und in ihr sollten wir ebenfalls den arktischen Zirkel überschreiten. Dieser ist mit einem Schild markiert und Besucher können (sollte sie geöffnet haben) direkt in der Raststätte daneben einen Imbiss nehmen und arktischen Merch kaufen. Kurz bevor wir diesen Ort erreichten, stieg das Gelände steil an und innerhalb von 10 Minuten wandelte sich die bepuderte Waldlandschaft in eine einzige Eiswüste. Die glatte Schneedecke, die gefallene Temperatur und der Wind der Schneewehen über das Gelände jagt, schuf ein Bild wie auf einer Antarktisexpedition, welches lediglich durch die Hauptstraße E6 zerschnitten wurde. 

Arktische Raststätten
Arktische Landschaft
Arktische Straßen

Und auch während der weiteren Fahrt ging es auf und ab, durch abwechslungsreichen Landschaftsbilder. Der einsetzende Sonnenuntergang, kombiniert mit einer Pause an einem Fjord, krönte jedoch die Erlebnisse des Tages.

Sonnenuntergang über dem Fjord

Kurz nach Sonnenuntergang trafen wir in Saltstraumen ein und konnten im Dämmerlicht einen ersten Blick auf den Gezeitenstrom werfen. Da sich die Ebbe und Flut jedoch gerade kehrten, konnten wir um diese Uhrzeit keinen reißenden Strom beobachten (der Übergang vom Maximalstrom in den Fjord hin zu dem Maximalstrom zurück ins Meer benötigt 6 Stunden). 

Wechsel der Gezeitenströmung aller 6 Stunden

Nach einer erholsamen Nacht in einer kleinen umgebauten Sanitätshütte brachte der Morgen dank der detaillierten Prognose ein besseres Bild. Einen rauschenden Strom in den Fjord zu beobachten ist ungewöhnlich, ist man doch gewöhnt sonst nur alle Ströme zum Meer hin fließen zu sehen. Die Felsen unter der Saltstraumen-Brücke bilden einen Widerstand für das Wasser, welches sich daraufhin verwirbelt, und Strudel bis weit hinter die Brücke zieht. Luft die stetig mit in das sprudelnde Wasser gesaugt wird, gibt ihm eine türkise Farbe, welche sich am besten von der Brücke aus beobachten lässt.

Saltstraumenbrücke von unten
Gero bestaunt die Wassermassen
Posen darf auch mal sein
Von der Saltstraumenbrücke

Nach dem Aufstocken der Vorräte in einem „Lebensmittel“-Geschäft (Deutsche verirren sich wohl öfters hierher) begaben wir uns wieder auf Kurs Richtung E6, die uns weiter nach Norden begleiten sollte.

Saltstraumen -Senja, 460km, 8h Fahrt

 Trotz des Status` als Hauptstraße hörte die E6 urplötzlich auf und ein weitere Fjord erstreckte sich vor uns. Mit einer Anlegestelle. Ja – wer auf der berühmten E6 Norwegen durchqueren will, muss sich auch auf eine Fährfahrt einstellen. Dank schneller Scannung mit dem Handy des Fährarbeiters und sofortiger Datenübermittlung an meinen Mautdienstleister relativ unkompliziert und ohne Vorabbuchung. Die 20 Minuten Fahrt schlugen auch nur mit 16 Euro zur Kasse, was das Erlebnis allemal wert war. 1.000 Kilometer von Trondheim entfernt durchquerten wir die größere Stadt Narvik und fuhren schnurstracks zu unserer Unterkunft auf Senja. Dass wir die Insel erreichten, konnten wir nicht nur durch eine längere Brückenüberquerung folgern, sondern auch durch die massiv „einbrechende“ Straßenqualität. Die Schlaglöcher lauerten unentwegt in der hereingebrochenen Dunkelheit, immer darauf bedacht meine Gefährten aus ihrem Dämmerzustand zu reißen. Auch tat es mir um meine (neu getaufte) Peperoni leid, deren Stoßdämpfer auf Senja auf eine harte Probe gestellt wurden. In unserer Unterkunft in Botnhamn angekommen, erwartete uns jedoch eine wahrliche Wohlfühloase, in der wir endlich nach den ersten zwei Reistagen mehr Entspannung fanden.

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