Veröffentlicht: 05.09.2022
Di 23.8.
Nachdem ich Annika zum Bus gebracht habe, ging es quer übers Land Richtung Neusiedler See. Nach einer Weile durch den Wiener Vorstadtbereich quälte ich mich über nasse Sandwege quer durch die Felder. Ich kam nur sehr langsam voran. Die Wege habe ich Honigwege getauft, weil es so zäh war. Irgendwann konnte ich dann wieder Straßen fahren.
Dann kam das Leithagebirge in Sichtweite. Die etwa 200 Höhenmetern strampelte ich mich und mein Radl mit einer kleinen Pause nach oben.
Die Abfahrt ging dann flott mit teilweise über 60 km/h. Der Neusiedler See kam in Sichtweite - auch wenn es eher wie eine Steppe aussieht. Es sind tatsächlich alles Röhrichtgürtel. Laut Radfahrern, die ich am nächsten Tag traf, hat der See aktuell einen Wasserstand von 69cm. Insgesamt ist der See sehr flach und wird durch ein paar kleine Bäche und Regen gespeist, einen Abfluss gibt es keinen, der See verliert das meiste Wasser durch Verdunstung.
Auf dem sehr gut ausgebauten Radweg um den See kam ich dann auch in den Genuss von der guten Infrastruktur und machte bei Lydia im Garten eine sehr leckere Pause.
Weiter im den See fuhr ich dann bis in den ersten ungarischen Ort und dort auf den sehr schönen, urigen Campingplatz, der den typischen Camper wahrscheinlich abschrecken würde (Alt, Spinnenweben, kein WLAN auf den Platz), aber für einen Radreisenden mehr als genug Komfort bot. Ich kochte mir ein leckeres Couscous mit viel Knoblauch und ging dann nach dem Abwasch und einer Dusche müde ins Bett.
Mi 24.8.
Nach den Zusammenpacken ging es weiter um den See. Am Wegesrand fand ich einen Stand mit Weintrauben von den Feldern. Die Frau sprach gut deutsch und wir unterhielten uns einen Moment.
Weiter ging es dann auf dem Radweg 13 nach Süden. Unterwegs kaufte ich für das Abendessen ein. Beim Bäcker sprach die Dame nur ungarisch, aber es klappte trotzdem. Ich muss ungarisch lernen. In einem Park mit pompösen Schloss machte ich Mittagspause im kühlen Schatten eines alten Baumes. Das Wetter war gut warm. Dann ging es weiter.
Gegen Abend erreichte ich Celldömölk, mein Tagesziel. Im Hintergrund ragt ein Berg aus der sonst sehr flachen Landschaft auf - ein alter Vulkan. Eigentlich hatte ich mich auf Wildcampen eingestellt, doch in Celldömölk stand am Ortsausgang unerwartet ein Hinweisschild auf einen Campingplatz. Ich entschied, hinzufahren, auch wenn es ein kleiner Umweg war.
Ich komme spät am Platz an. Den Platz sehe ich, aber er ist mit einer Schranke gut verschlossen und nirgends ist eine Rezeption zu sehen. Direkt daneben ist ein Hotel und ein Schwimmbad. Ich finde den versteckten Hoteleingang und es stellt sich heraus, dass der Campingplatz zum Hotel gehört. Ich soll mich einfach auf den Platz stellen - doch wie komme ich auf den Platz, wenn ich keine Karte für die Schranke mehr bekomme? Na mitten durch die Hotellobby, und so schiebe ich verschwitzt und erschöpft mein staubiges Rad mitten durch 😃
Auf dem Platz bieten mir deutsche den Platz neben ihrem Camper an. In jüngeren Jahren haben sie auch lange Radreisen gemacht. Nach dem Aufbauen und kochen sitzen wir zusammen bei einem Glas Wein (oder waren es doch mehr?) und sehr netten Gesprächen. Dann springe ich noch unter die Dusche, kontrolliere meine Sachen - es soll Regen kommen - und gehe schlafen 😴
25.8.
Aufgewacht um 7 Uhr, insgesamt träger als sonst - muss wohl am Wein liegen. 🤔🍷Auf dem Platz sprechen mich morgens viele an. Manche machen sich Sorgen, ob auch noch alles trocken bei mir ist. Aus der Sicht der Luxus Rentner Camper (andere Leute sind nicht auf dem Platz) muss ich wie ein Obdachloser wirken. ☺️ Ein Herr kam sogar vorbei und brachte mir einen Kaffee - ich war leider schon fertig mit dem Frühstück. Aber er wollte mir anscheinend unbedingt etwas gutes tun und kam später mit einem original bayerischen Hefeweißbier. Das werde ich am Abend irgendwie kühlen und dann auf ihn anstoßen 🍻
Dann ging die Reise weiter, verabschiedete mich und fuhr gegen 11 Uhr los. In einem der nächsten Orte musste ich schon wieder stoppen. Eine so liebevoll eingerichtete Bushaltestelle habe ich noch nie gesehen 😄 🚏
Ich fahre die Radrouten 13 noch ein gutes Stück und komme dabei durch schöne ungarische Dörfer.
Irgendwann biege ich dann in Richtung Tapolca ab. Und sofort befinde ich mich auf einer immer holprigeren Strecke. Dazu wird es teilweise so steil, dass ich schieben muss. Das war in der prallen Sonne sehr anstrengend. Ich bin erleichtert, als ich wieder Asphalt erreiche. In dem nächsten größeren Ort kaufe ich ein. Der kleine Laden ist voll mit sich freudig unterhaltend Männern, die sich hier anscheinend gerne treffen. Dann fahre ich mit einem Abendessen im Gepäck noch ein Stück über Land, bis ich eine schöne Stelle zum Wildcampen finde. Beim Erkunden schrecke ich noch eine Hirschkuh auf, finde einen Bach zum Kühlen meines Hefeweißbiers koche, esse und schlafe.
Fr 26.8.
Nach dem Zusammenpacken geht es weiter Richtung Tapolca. Erst muss ich eine ordentliche Steigung überwinden, dafür gibt es danach einen schönen Ausblick bis zum Plattensee. In Tapolca suche ich einen Bäcker. Dabei spricht mich Eva aus Bonn, gebürtig aus Ungarn an und zeigt mir einen guten Bäcker. Ich esse in Ruhe ein Stück Kuchen mit Cappuccino und plane den weiteren Tag.
Ich kaufe noch ein wenig ein, werde von einer Familie auf mein Rad angesprochen, die Frau übersetzt, der Mann fragt ganz euphorisch nach meiner Reise. Eine von den vielen kleinen netten Begegnungen. Dann schaue ich zu den Tapolca Grotten, angeblich soll man hier unterirdisch mit einem Kahn die Grotte befahren können. Als ich ankomme, schreckt mich der touristische Ort ab. Ich entscheide mich, weiter zu fahren.
Also weiter zum Platzensee. Doch als ich bereits einige Kilometer gefahren bin ärgere ich mich dass ich nicht in die Grotten gegangen bin. Nach ein wenig hin und her entscheide ich wieder umzudrehen und doch die Grotten zu besuchen. Als ich auf dem Platz ankomme, erfahre ich dass die Wartezeit zweieinhalb Stunden beträgt. Ich entscheide mich die Wartezeit in Kauf zu nehmen und verbringe die Zeit in einem nahegelegenen Park und schreibe ein wenig an meinen Blog. Das war eine gute Entscheidung und das Museum und danach die Grotten waren das Warten wert. Besonders die geologischen Informationen über die Entstehung und Wandlung der Region in er innerhalb von 260 Mio Jahren, sowie und die historischen Informationen, wie die Region in der Steinzeit zum Feuersteinabbau genutzt wurde und welche Funde man in der Höhle machte, fand ich spannend.
Ich mache sogar tapfer die halbstündige Museumsführung auf ungarisch mit, an die sich das Kahnfahren anschließt (clevere Pädagogik). Gut dass ich vorher die Möglichkeit hatte, bereits einmal durch das Museum zu gehen und die Übersetzung auf deutsch zu lesen. Am Ende merke ich, dass er 10 Minuten lang eine Sicherheitseinweisung in das Kahnfahren macht. Als er fertig ist gehe ich zu ihm und frage ihn auf englisch, ob es irgendetwas Wichtiges gibt was ich wissen muss. Er antwortet knapp: "no". 😳😄
In der Warteschlange zum Befahren der Kähne, die man selber steuert, treffe ich eine deutsche Familie. Der Mann arbeitet bei den Stadtwerken von Kassel. Wie klein die Welt doch ist. Da ich Alleinreisender bin kann ich alleine einen Kahn fahren. Ich bekomme ein kleines Holzstechpaddel und befahre den sehr niedrigen, engen Schacht, der immer wieder in kleine Grotten führt. Das Wasser ist sehr klar. Ein tolles Erlebnis.
Nach der Grotte war es schon spät, so dass ich den nächsten Campingplatz am Balaton ansteuerte. Ich fuhr durch die interessante Vulkanlandschaft über die ich jetzt viel mehr wusste.
Am See angekommen fand ich schnell einen guten Campingplatz mit großer Zeltwiese auf der noch viel Platz war. Ich platzierte mich in die Nähe von dem Zelt und den zwei Fahrrädern von offensichtlich Radreisenden. Im Verlaufe des Abends traf ich das junge Pärchen aus Frankfurt, die mit dem Rennrad eine Tour durch Österreich und Ungarn machten. Wir tauschten uns über Tour, Material, Ungarn, Essen und Kochen und so weiter aus. Nach dem Kochen wusch ich ein paar meiner Sachen durch, duschte und ging ich zufrieden ins Bett. Mal schauen, ob ich hier eine weitere Nacht bleibe. Ich will auf jeden Fall morgen in den Balaton springen. 😃🌊⛱️☀️
Meine Touren können auf Komoot verfolgt werden:
https://www.komoot.de/collection/1622992/-draussenerfahren