Don Curry on Tour 4
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Don Curry trifft das Feuer

Veröffentlicht: 06.10.2023

Don Curry gibt seinen Reisen inzwischen Überschriften. Ein einfaches nummerieren seiner Reisen oder ein benennen nach Jahreszahl oder Ziel schien ihm zu banal. So tragen seine Reisen Titel, die zwar Hinweise geben, das eigentliche Ziel aber nicht direkt verraten. "Eine Reise zum Weißen Meer" benannte er z. B. seinen Trip durchs nördliche Russland. "Wo Noah landete..." hieß seine Anatolienrundfahrt. Für die diesjährige Kaukasustour hatte er das Motto gewählt: "Zwischen Feuer und Eis". Ganz erfüllt hatte er den damit erhobenen Anspruch bisher allerdings nicht. In Georgien und Armenien begegnete ihm zwar eine Menge Eis - auf den Kaukasusgipfeln oder direkt am Straßenrand bei den verwegenen Passpisten -, doch Feuer konnten ihm die bisherigen Reiseländer nicht bieten. Erst heute würde er den Titel tatsächlich Realität werden lassen, und das in mehrfacher Form.

Nach einer regnerischen Nacht erwies sich der Vormittag erfreulicherweise niederschlagsfrei. Der grau bedeckte Himmel trübte dennoch Don Currys Fotografenherz. Genau das war der Grund gewesen, gestern nicht mehr zu den Flame Towers aufzusteigen. Heute musste er diesen Grund einfach ignorieren, wenn er den höchstgelegenen Teil Bakus tatsächlich besuchen wollte. Nicht weit von seinem Apartment befindet sich die Talstation der Standseilbahn Bakus, Funicular genannt. Für einen Manat konnte er mit diesem hochmodernen, fast völlig gläsernen Fahrzeug die rund 500 m lange Strecke bis zur Bergstation bei den Flame Towers bequem zurücklegen. Oben kam sogar kurz die Sonne heraus, sodass Don Curry die gewaltigen, zwischen 160 und 182 m hohen Wolkenkratzer funkelnd ablichten konnte. Eine alte Moschee direkt zu Füßen der Türme und dadurch geradezu winzig wirkend, schuf einen willkommenen Kontrast. Eigentlich hatte Don Curry gehofft, inmitten der drei Türme einen offenen Platz mit Cafés und Restaurants vorzufinden, doch das gesamte Areal zeigte sich absolut unzugänglich. Nur Bewohner und Gäste eines Luxushotels bekamen Zutritt zu den Towers, niemand sonst.

So ließ Don Curry die stilisierten Flammen einfach stehen und beschäftigte sich mit der Umgebung. Denn diese architektonische Begegnung mit dem Feuer erschien selbst ihm allzu abstrakt. Doch gar nicht weit entfernt brannte eine echte Flamme. Auf der anderen Seite der Standseilbahnstation begann die "Allee der Märtyrer". Sie erinnert an zwei Ereignisse der jüngeren Geschichte Aserbaidschans. Im Jahr 1990 wollte die Rote Armee der zerfallenden Sowjetunion in Baku ein Exempel statuieren, um Moskau auch weiterhin den Zugang zu den reichen Ölquellen des Landes zu sichern. Über 200 Menschen, die friedlich für die Unabhängigkeit demonstrierten, wurden erschossen: Männer, Frauen und Kinder. Sie sind hier in der Märtyrerallee bestattet und lebensnahe Bilder auf ihren Grabsteinen halten die Erinnerung wach. Vor vielen Grabsteinen lagen frische Rosen. Daneben gibt es Gräber der Opfer des ersten Bergkarabach-Kriegs, bei dem Aserbaidschan eine schwere militärische Niederlage einstecken musste und die Kontrolle über ausgedehnte Bereiche in und um Bergkarabach verlor. Hinter den Gräbern erhebt sich ein weithin sichtbares Denkmal für die Märtyrer, in dem eine Ewige Flamme brennt. Hier war Don Curry dem Feuer schon sehr nah, doch brannte hier natürlich eine künstlich angelegte Flamme.

Als noch eindrucksvoller erlebte er die herrlichen Ausblicke auf ganz Baku und Teile der Abseron-Halbinsel, die er im Laufe des weiteren Tages besuchen wollte. Er konnte von hier oben sogar das Fenster seines Schlafzimmers entdecken, von dem aus er jede Nacht die Lichterspiele der Flame Towers bewundern konnte. Statt nochmals die Standseilbahn zu bemühen, wählte Don Curry den Abstieg zu Fuß, der ihm zwischendurch immer wieder neue Baku-Perspektiven eröffnete. 

Dann endete Kias freie Zeit. Mutig stürzte sich Don Curry in das übliche Verkehrschaos der Millionenstadt, um zunächst zwei Ziel im Randbereich Bakus anzusteuern. Die Heydar-Moschee ließ sein Sohn und Nachfolger zum Gedenken an Präsident Heydar Alijew errichten. Im klassisch-osmanischen Stil errichtet, weiß sie mit ihrer hochaufragenden Form und den aufwändigen Dekorelementen durchaus zu gefallen. Einzig die Rolltreppen zum Haupteingang passen nicht so recht zu dem historisierenden Bauwerk. Leider ist es wohl meist verschlossen, so dass Don Curry die inneren Werte nicht beurteilen kann. 

Noch weiter am Rand Bakus liegt eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten ganz Aserbaidschans. Hier kamen schon vor Urzeiten zwei Dinge zusammen: dee aus dem Iran stammende Zoroastrismus, in dem Feuer eine wichtige Rolle spielt, und die geologischen Gegebenheiten der Halbinsel Abseron, wo schon immer Erdöl und Erdgas an der Erdoberfläche zutage traten. Einmal entzündet brennt so eine Erdgasquelle immer weiter, was den Menschen früherer Jahrhunderte wie ein unerklärliches Wunder vorgekommen sein muss. So etablierte sich an dieser Stelle schon früh ein Feuertempel, der später durch die Seidenstraße Richtung Baku internationale Bedeutung bekam. Seinen Höhepunkt erreichte der Tempel im 17./18. Jahrhundert; mit der im 19. Jahrhundert einsetzenden Ausbeutung der Erdöl- und Erdgasvorräte erlosch das natürliche Ewige Feuer, und die Gebäude verfielen. Inzwischen wurde die Anlage rekonstruiert, und auf mehreren Altären brennt wieder eine immerwährende Flamme. In den Nebenräumen wird die Geschichte und religiöse Bedeutung teils anhand lebensgroßer Figuren nacherzählt. Hier traf Don Curry nun tatsächlich das Feuer, aber er sollte ihm noch intensiver begegnen.

Zunächst musste er aber das in ihm auflodernde Hungergefühl löschen. Da der Feuertempel Ateshgarh auf dem Programm sämtlicher Reisegruppen steht, hatte sich eine entsprechende Infrastruktur mit Souvenirshops und Verköstigungsmöglichkeiten gebildet. Im dazugehörenden, sehr orientalisch eingerichteten Restaurant wollte Don Curry einen Mittagsimbiss zu sich nehmen. Da das Tagesprogramm noch einige weitere Punkte aufführte, blieb er diesmal bei einem Gericht und einem Getränk. Der in ganz Zentralasien verbreitete Pilaf oder Plov gehört auch in Aserbaidschan zu den Landesspezialitäten, die es in unzähligen Varianten gibt - allein in diesem Restaurant waren es sechs. Don Curry wählte den Plov mit Rammragout, Kastanien und Granatapfelsauce. Auch wenn die gereichte Menge überschaubar war, reichte sie zur Sättigung vollkommen aus. Dazu bestellte Don Curry das typisch (post-)sowjetische Kompot, das er bereits in Georgien kennengelernt hatte - ein Liter Flüssigkeit aus und mit eingelegten Früchten, in diesem Fall Trauben, für 5 Manat (= 2,50 €). So gestärkt ließ er Kia weiter auf die Abşeron-Halbinsel starten. 

Den Museumskomplex in Qala steuerte er zwar an, doch angesichts der fortgeschrittenen Zeit machte er nur ein paar Fotos der kleinen Burg von Qala. Mehr Zeit wollte er dem Abşeron-Nationalpark widmen, der als äußerste Ostspitze Aserbaidschans weit in das Kaspische Meer hineinragt. Dementdprechend besteht die Landschaft aus Strand und Dünen mit leichter Vegetation. Bei der Einfahrt in den Nationalpark musste Don Curry aber nicht nur 2 Manat zahlen, sondern auch seinen Reisepass vorzeigen, damit er als Besucher registriert werden konnte. Sein Pass lag aber im Apartment in Baku. Nun war der Parkwächter überfordert und rief seinen Chef an, der kurz danach auftauchte. Der Chef fragte nach Don Currys Führerschein - auch der befand sich in Baku. Don Curry überlegte schon, ob er nicht einfach morgen nochmals vorbeikommen solle, dann mit allen Papieren. Doch der Chef wollte den ausländischen Touristen keinesfalls enttäuschen. Er schrieb einfach seinen Namen auf und darunter - statt der Reisepassnummer: "aus Deutschland". Er war zufrieden, der Parkwächter war zufrieden, und Don Curry erst recht. Dem gefiel es besonders, dass auch in diesem Land pragmatische Lösungen durchaus feste Regeln ersetzen können.

Vom Besucherzentrum konnte Kia sich noch 6 km auf einer asphaltierten Piste ostwärts bewegen. Dann führte bis zum Ende des Festlands eine Sandpiste weiter. Don Curry wollte Kia keinem unnötigem Risiko aussetzen, sonder zu Fuß die Strecke bewältigen. Doch der starke Wind und der aufgewirbelte Sand ließen die Freude am Spaziergang bald verfliegen. So kehrte Don Curry bereits auf halbem Wege um, ging stattdessen direkt ans Ufer des Kaspischen Meeres und fühlte mit einer Hand, wie überraschend kühl dessen Wasser war.

In der Küstenstadt Mərdəkan im Notden der Halbinsel besuchte Don Curry zwei wichtige Zeugnisse islamischer Architektur: bei der Pir Hassan Moschee befinden sich Grabmäler bedeutender muslimischer Persönlichkeiten, die Grabmoschee Movsum Aga Ziyaretgahi gilt als bedeutendes Pilgerziel. Außen wirkt sie wie ein klassisches Bauwerk aus Zentralasien, innen sind Wände und Decke komplett mit Glas und Kristall bedeckt, so dass man sich in eine glitzernde Wunderwelt hineinversetzt fühlt. Als er vom Vorraum mit den Gräbern in die eigentliche Moschee wechseln wollte, wurde er energisch zurechtgewiesen - allerdings auf Russisch. Ja, ja, immer die bösen Russen! 😉

Die allmählich einbrechende Dunkelheit kam Don Curry gerade recht angesichts seines letztes Ziels: dem Yanar Dağ, dem Brennenden Berg. Hier traf er das Feuer nun tatsächlich als Urgewalt, als natürliches Element. Denn an diesem (sehr kleinen) Berg tritt immer noch Erdgas aus und brennt ununterbrochen seit Jahrhunderten. In den letzten Jahren wurde dieser Ort touristisch erschlossen und mit kleinem Museum, Cafeteria und vielen Sitzmöglichkeiten aufgerüstet - nun konnte man auch problemlos 9 Manat (= 5 €) Eintrittsgebühr von ausländischen Gästen verlangen. Doch Don Curry zahlte gern für dieses ungewöhnliche Naturschauspiel. Mit vielen anderen stellte er sich vor das Feuer, ließ sich wärmen, bezaubern und zu vielen Fotos inspirieren.

Die lange Rückfahrt durch das nächtliche Aserbaidschan erwies sich dagegen weniger als Vergnügen. Doch problemlos erreichte Don Curry sein Ziel, gerade als wieder Regen einsetzte. So wurde es wieder nichts mit einem gemütlichen Abend auf dem Balkon. Da der Plov vom Mittag noch vorhielt, verspeiste er einfach die Honigtorte von gestern als spätes Dessert. 

Nun war seine Kaukasus-Reise wirklich komplett, fand Don Curry. Er hatte sich tatsächlich zwischen Feuer und Eis bewegt, und zwischen vielen anderen Gegensätzen auch: zwischen abgelegenen Bergdörfern und Millionenstädten, zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer, zwischen Europa und Asien. In den kommenden Tagen wollte er all diese Erlebnisse und Erfahrungen in guter Weise abrunden und vielleicht sogar vertiefen. Das nächste Eis wartete bereits auf ihn...

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