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Die deutsche Ostseeküste bis Lübeck

Veröffentlicht: 16.06.2022

Tag 7 - 12. Juni: Stralsund - Barth - Zingst - Darß - Ahrenshoop - Warnemünde 120 km

Bei strahlendem Sonnenschein verlassen wir Stralsund mit einem letzten Blick auf die imposante Rügenbrücke. Wir fahren ein gutes Stück entlang des Strelasunds mit Blick auf Rügen und später auf Hiddensee. Es geht durch kleine, aufgeräumte Dörfer wie Klausdorf, Nisdorf und Dabitz fast durchweg auf gut asphaltierten Straßen bis nach Barth. Von dort sind es noch 15 km bis zum Ostseeheilbad Zingst. Vor knapp 20 Jahren bin ich mit meinen Freunden Klaus und Martin diese Strecke gefahren und habe wegen des starken Dauerregens keine Erinnerung an die wundervolle Landschaft am Barther und Boddstedter Boden. Kurz hinter Zingst haben wir uns damals in eine Ferienwohnung mit Heizung gerettet. In Zingst genießen wir jeder eines der klassischen Fischbrötchen und radeln dann auf dem Damm und durch den Wald durch das ZDF der DDR (Zingst, Darß und Fischland), nicht nur nach Ansicht der Bewohner die schönste Halbinsel Deutschlands. Nach 30 km erreichen wir Ahrenshoop, einem schönen Künstlerdorf. Über Wustrow und Graal-Müritz erreichen wir unser eigentliches Ziel Markgrafenheide und steuern den Campingplatz an. Es ist kurz vor 18 Uhr, die Rezeption hat seit 17 Uhr geschlossen, doch ein Mann sortiert noch Papiere. Er teilt uns mit, dass heute nichts mehr geht.:“Vor morgen geht nichts.“ Auch auf Nachfrage erklärt er uns, dass wir nicht auf den Campingplatz können. Seltsames Gehabe, nicht nachvollziehbar. Wir versuchen es im Ort bei einer Pension und finden dann im nahen Warnemünde im DOCK INN Hostel eine besondere Unterkunft, direkt gegenüber der MV Werften. 

Treffend heißt es auf der Website des Hostels: Nur einen Möwenschrei von Werftkränen, Fischkuttern und dem Strom entfernt, stapeln sich Überseecontainer zu einer stylischen Herberge, die mit schlichtem Bed & Breakfast so wenig gemeinsam hat, wie ein Planschbecken mit dem Meer. Sturmerfahren und patiniert auf ihren Wegen über die sieben Weltmeere, gestrandet im Hamburger Hafen, von Hafenarbeiter*innen an der Ostsee aufpoliert und zu neuem Leben erweckt.

Man wohnt in einer Art Überseecontainer mit Doppelbett, Spind und Bad  und kann den Blick auf Hafen und Meer genießen. Ein spezielles Erlebnis; so hatten wir doch Glück im Unglück! 

Tag 8 - 13. Juni: Warnemünde - Kühlungsborn - Rerik - Wismar 80 km

Während des Frühstücks gibt es den ersten kräftigen Regenguss. Wir sitzen  noch im Trockenen. Als wir losfahren scheint die Sonne, doch bald spüren wir deutlich den Gegenwind. Bisher hatte der gefürchtete Wind aus dem Westen ein Einsehen mit uns und blieb weitgehend ruhig. Auch mit Regen hatten wir so gut wie nicht zu kämpfen. Kurz vor unserem ersten Etappenziel gab es ein Gewitter mit kräftigem Regen. Wir stellten uns für eine knappe Stunde an einer Tankstelle unter und erreichten dann das Ostseebad Kühlungsborn, wo wir den 14 m hohen Grenzturm besuchten, einer von einstmals 26 Türmen, von denen noch zwei erhalten sind. Am liebsten hätte das Regime der DDR die ganze Küste zum Sperrgebiet erklärt, doch brauchten die DDR-Bürger auch Orte zur Erholung und Entspannung. Deshalb musste die Grenzbrigade Küste von den Türmen aus die Küste beobachten und Fluchtversuche feststellen. Die Soldaten der Grenzbrigade patrouillierten am Strand, häufig als Spaziergänger getarnt, oder fuhren mit Schiffen die Küste ab. Etwa 6000 Menschen versuchten über die Ostsee zu fliehen, knapp 1000 erreichten ihr Ziel. Die anderen wurden zu langen Strafen im Zuchthaus verurteilt. 180 Menschen kamen ums Leben, die meisten von Grenzwächtern erschossen.

Einer der bekanntesten Flüchtlinge war Peter Döbler, der 1969 die Ostsee durchschwamm und nach etwa 25 Stunden die 40 km entfernte Insel Fehmarn erreichte.

Wir radeln weiter auf guten Wegen bis zum Ostseebad Reirik. Von dort an haben wir viel Gegenwind und kurze, knackige Steigungen, so dass uns die 30 km bis Wismar ziemlich weit erscheinen. Die „Backsteinstadt“ hat sich bis heute ihren mittelalterlichen Charakter bewahrt und ist gemeinsam mit der Altstadt von Stralsund UNESCO-Weltkulturerbe. Nicht von ungefähr diente die Altstadt als Kulisse für „Nosferatu“ von Werner Herzog. Wismar war eine der bedeutendsten Hansestädte, wovon die repräsentativen Bürgerhäuser, Speicher und Kirchen zeugen. Besonders beeindruckend sind der riesige Marktplatz und die Nikolaikirche, das Wassertor und die Wasserkunst. Hier in Wismar gründete Rudolph Karstadt 1881 auch sein erstes Kaufhaus. 

Da es am Abend wieder zu regnen beginnt, entschließen wir uns, in Wismar zu übernachten.

Tag 9 - 14. Juni: Wismar - Boltenhagen - Travemünde - Lübeck 90 km

Am Morgen ist es recht kühl, doch strampeln hilft. Es geht wieder die meiste Zeit an der Küste entlang. Das Wetter heute scheint viele Urlauber dazu zu veranlassen, sich aufs Rad zu schwingen. Es ist fast nicht zu glauben, wie viele Radfahrer unterwegs sind. Auch heute müssen wir gegen den Wind anfahren und später fördern uns kurze, knackige Anstiege. Dominique fühlt sich an Finnland und die „Rampen“ erinnert und schimpft. Boltenhagen ist ein Seebad mit einer langen Hauptstraße, wenig Schönes. Wir fahren deshalb zügig durch und dann entlang der Steilküste. Unterwegs machen wir Halt am Gedenkstein für die Opfer der Cap Arcona. Am 3. Mai 1945 wurde das Schiff  kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs durch britische Flugzeuge versenkt, wobei die meisten der an Bord befindlichen ca. 4600 KZ-Häftlinge ums Leben kamen. 2800 Häftlinge kamen auf dem Begleitschiff Thielbeck ums Leben. Der Krieg war schon so gut wie vorbei und die schlimme Zeit im KZ schien vorbei..Was für ein Wahnsinn!

Wir radeln weiter nach Travemünde und von dort durch die Außenbezirke zum Campingplatz von Lübeck. Von dort sind es nur 4 km bis zum Holstentor. Lübeck, die einst bedeutendste Stadt der Hanse, erhielt 1987 für die gesamte Altstadt die Anerkennung als Weltkulturerbe. Die Bedeutung und Besonderheit des mittelalterlichen Stadtkerns spüren wir bei einem  Spaziergang an jeder Ecke. Nicht nur  Dom, Heilig-Geist-Spital, Burgtor oder  Rathaus sind imposante Gebäude sondern auch die unzähligen Bürgerhäuser und Speicher aus Backstein. Besonders interessant sind die Gänge und Höfe, in die begüterte Lübecker zusätzliche Wohnanlagen bauten. Dadurch konnten die begrenzten Flächen der Altstadt erweitert werden. Eindrücklich der Füchtingshof aus dem 17. Jahrhundert mit üppig gestaltetem Toreingang und schöner Wohnanlage. Lübeck ist in meinen Augen ( dk) eine der schönsten norddeutschen Städte! 

Antworten (1)

Larissa
Wie geht’s Euch bei der Hitze? In Basel hatte es heute 38 Grad- wird sind ins Schwimmbad geflüchtet.. (Bettingen) und haben dort zufällig Anouk getroffen. LG