Veröffentlicht: 05.12.2018
Leonidio, lang gehegtes Ziel und so hoch angepriesen - nun sind wir seit einiger Zeit vor Ort und können uns selbst ein Urteil bilden.
Leonidio ist eine kleine Stadt mit etwa 3500 Einwohnern und vielen alten einfach gebauten Häusern. Die Hauptstraße ist an einigen Stellen so eng, dass wir Gretchens Spiegel einklappen mussten. Das Tal um Leonidio ist eine riesige Plantage, wo Oliven, Mandarinen, Orangen, Auberginen, Kohl, Tomaten, Karotten, Blattspinat und vieles mehr angebaut wird. Ende November herrscht hier reges Treiben und überall werden Früchte und Obst geerntet. All das wird jeden Montag auf dem Markt verkauft, was ein wunderbares Ereignis ist - die Karotten und Tomaten sind besonders lecker und nicht in geringsten mit dem Mist aus dem Supermarkt zu vergleichen!
Doch nicht nur das Gemüse ist gut, sondern auch die Freundlichkeit der Griechen gegenüber uns Kletterern und anderen Besuchern. Ständig kommen einem fremde Menschen im Auto entgegen und winken und hupen wild. Selbst um Mitternacht konnten wir uns den Heimweg zu Gretchen nach einem Besuch im Panjika durch Trampen verkürzen. Der nette ältere Mann hat ohne zu zögern angehalten und uns mitgenommen. Aufgrund unseres geringen Wortschatzes in Griechisch konnten wir uns leider lediglich bedanken und sonst wenig zur Konversation beitragen.
Auch der Natur scheint es in Leonidio, im Gegensatz zu vielen anderen Orten in Griechenland die wir bereits gesehen haben, besser zu gehen. Es liegt fast kein Müll rum. Es ist schön zu sehen, dass es so etwas in Griechenland auch geben kann!
Der Klettersport ist in dieser kleinen Stadt voll angekommen, was unter anderem dadurch zu erkennen ist, dass überall Wegweiser zu den verschiedenen Sektoren angebracht sind. Gefühlt gibt es mehr Kletterer als Einheimische in Leonidio. Gerade im Winter und Frühjahr sind viele unterwegs, da die Bedingungen zu dieser Zeit besonders gut sind. Wir hatten bisher viele Tage zwischen 15 - 20 Grad und relativ wenig Regen. Viele Kletterer aus kälteren Ländern, so wie wir, kommen um hier zu überwintern. Die Stadt ist voll von Kletterern und ihren Bussen, was ein sehr schönes Bild gibt. Wir haben alte Bekannte wie Johanna, Nico und Lukas wiedergetroffen und einige neue Bekanntschaften geschlossen.
Im Stadtzentrum und am Meer gibt es sogar zwei gratis Parkplätze mit öffentlichen Toiletten und am Strand sogar mit Duschen, wo Campen im Auto erlaubt ist. Super cool, legal direkt vor Ort zu stehen und Kontakt zu den ganzen anderen Dauergästen zu haben! Aber auch schlafen in nächster Nähe der Sektoren ist kein Problem.
Egal welchen Stil des Kletterns man bevorzugt, in Leonidio gibt es von Platten, Rissen, Überhängen, Dächern bis zu Mehrseillängen alles. An Graden wird so gut wie alles bedient, teilweise kann man sogar in einem Sektor anfängerfreundliche Routen sowie Hardcore-Kletterei dicht beisammen finden.
Auch an regensicheren Gebieten mangelt es nicht, so liefern doch H.A.D.A., Mars und Twin Caves gute Gelegenheiten. Es ist zu erwähnen, dass viele der Routen noch nicht sehr lange existieren und die Bewertungen dementsprechend noch schwanken – gerade im neuesten Führer, der vor kurzem erschienen ist, sind einige Touren neu bewertet worden. Zur Absicherung der Routen ist zu sagen, dass bisher alle Routen die wie geklettert sind gut bis sehr gut eingebohrt waren und dies wohl auch für alle anderen gelten dürfte. Teilweise sind die Abstände der Haken sogar geringer als in der Halle!
Die bereits von uns getesteten Sektoren wollen wir kurz für euch vorstellen, damit ihr in der Flut an Felsen nicht den Überblick verliert.
Wir waren bereits in Sabaton, einer Wand mit vielen leichten bis mittelschweren Routen. Dank des kurzen Zustiegs und der schattigen Lage nahe am Meer ist der Sektor meistens gut besucht, an der breiten Wand verteilen sich die Massen aber unerwartet gut. Ein Helm ist hier (wie in den meisten Sektoren in Leonidio) sehr zu empfehlen, die Routen sind noch nicht so alt und uns ist ein größerer Griff ausgebrochen. Die Touren sind meist eher kurz und gerade, teilweise auch versintert.
Sála ist eine weitere östlich ausgerichtete Wand gut geeignet für warme Tage. Der Zustieg von 25 Minuten durch Geröll scheint viele Leute abzuschrecken, macht sich aber durch lange, schöne Linien bezahlt. Wir waren sogar ganz alleine hier. Besonders hervorzuheben ist zum Beispiel die wunderschöne 40 Meter lange 7a+ „O kalos o kakos o stasimos Ext.“, die man mit genügend Exen sogar auf 60 Meter ausdehnen kann.
Einen wunderschönen Klettertag verbrachten wir am Hot Rock, der als der „Feel Good“-Fels in Leonidio gehandelt wird. Und das zurecht, denn er bietet Genusskletterei in schönsten Platten mit (teilweise) auch den zugehörigen „Feel Good“-Graden. Zu empfehlen ist hier unter anderem die 6c+ Kairos, die auf 25 Metern alles komprimiert, was Leonidio Feines zu bieten hat: Platte, Sinter und ein Mini-Überhang.
In Skiadhianiko konnten wir trotz ständigen Regenschauern einige schöne Touren klettern. Es gibt einen plattigen Fels mit leichteren Routen, einen oberhalb gelegenen überhängenden Wandteil mit schweren Touren und die untere Wand mit tollen Linien mit mittlerer Schwierigkeit. Hier haben wir beide noch ein Projekt offen („Brown Cougar“, 7a & „Zacke“ 7c+) und werden trotz der all gegenwärtigen Ziegenscheiße wiederkommen.
Namaste liegt auf dem Weg zum Vorzeigesektor Mars und ist durchaus einen Stopp wert. Auch hier herrschen senkrechte Wände mit Leisten und Sinterstrukturen vor. Dank der südlichen Ausrichtung ist diese Wand eher etwas für kältere Tage, hat aber im oberen französischen sechsten und siebten Grad durchaus etwas zu bieten.
Einige Menschen haben es sich zur Aufgabe gemacht, Leonidio zu dem zu machen, was es nun ist, eines der schönsten Klettergebiete, die wir je gesehen haben. Die vielen, vielen Felsen bieten unfassbar viel Potential und wunderschöne, lange Routen.
Die Panjika Cooperative rund um den ehemaligen Berliner Michael Schreiber, der nach Leonidio gezogen ist um sich voll und ganz dem Klettern zu widmen, koordiniert und fianziert nicht nur das Erschließen und Instandhalten von Routen, sondern führt auch einen kleinen Kletterladen und das Panjika-Cafe. Letzteres ist offizieller Treffpunkt für Kletterer aber auch für Locals mit Berliner Flair. Mit Essen und Getränken, einer starken Internetleitung und einer wöchentlichen Jam-Session ist für alles gesorgt, was das Kletterer- und Dauercamperherz begehrt. Die Organisation ist übrigens auch für den hervorragenden Leonidio-Führer verantwortlich, den man vor Ort, aber auch in Deutschland erwerben kann und das Bohren neuer Routen refinanziert.
Für uns bleibt zu sagen, dass alles, was ihr über Leonidio gehört habt, wahr ist – es ist einfach ultra genial hier. Hier bleiben wir, ihr hört von uns, wenn wir alle Sektoren durch haben.
Bis dahin, hook on!