Jambo Kenya
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17 Prozent Steigung

Veröffentlicht: 22.11.2018

Tag 50

Irgendwo im Nirgendwo. Auch so könnte der Titel dieses Eintrags lauten. Seit ich mich das letzte mal gemeldet habe, ist viel passiert und wir sind ein ordentliches Stück weitergekommen. Durch Berg und Tal über Stock und Stein. Ja wir haben es irgendwie geschafft. Auch wenn es Nerven und Schweiß gekostet hat, wir sind von der West – zur Ostküste gereist.

Greymouth. Dort ging unser Trip los. Das an der Ostküste, ziemlich in der Mitte der Südinsel gelegene Goldgräber Städtchen hatte für uns eigentlich nicht viel übrig. Dieser Ort in dem wir übernachten würden, war im Grunde genommen eine weitere trostlose Blechhütten Ortschaft, sodass wir den gesamten Nachmittag in der Library verbracht haben, wo wir kostenloses Wlan und Trinkwasser hatten und unsere Geräte aufladen konnten. Ein Paradies für Backpacker. Die Stimmung war trotz bewölktem Himmel gut, aber angespannt. Die Ruhe vor dem Sturm. Denn vor uns lag der Arthurs Pass, die ich zitiere aus einem Reiseführer „steilste Ost – West Verbindung der Südinsel“. Jedoch gleichzeitig die einzige, die für uns beide in Frage kam, denn der nördlich gelegene Lewis Pass war zu nördlich und die Strecke ab Haast im Süden zu südlich, also für uns zeitlich nicht machbar. Der Himmel grau, die Library düster und vor uns also der Arthurs Pass, den es am nächsten Tag zu bewältigen galt. „Steil“ war nicht gut. Denn wir hatten mit unserem Fast-Oldtimer schon bei dem ein oder anderen Hügel Probleme hoch zu kommen und wir haben uns geschworen, es nicht drauf ankommen zu lassen mit dem Wagen. Somit begannen wir zu googlen. Schaffen wir das? Das Internet ist natürlich der beste Ort, um vertrauenswürdige, seriöse Informationen oder Antworten zu solch einer Frage zu erhalten, und so scrollten wir wenig später durch etliche Websites, die uns noch panischer werden ließen. Da hieß es dann, man sollte das mal gemacht haben, da man so ein Abenteuer nur selten erlebe (ein Abenteuer brauchten wir jetzt nicht wirklich). Oder wir sahen Bilder von eingestürzten Straßen, zu denen jemand fragte ob man diese mittlerweile wieder befahren könne. Auf einer anderen Seite war von der am schwersten zu bauenden Straßen Neuseelands die Rede, an welcher täglich saniert und gearbeitet werden müsse. Als wir dann auf unsere Wetterapp schauten und bemerkten dass es auf dem 950m hoch gelegenen Pass momentan schneit, war es endgültig vorbei. Der Plan war es eigentlich sogar eine Nacht auf dem Arthurs Pass zu verbringen, um nicht jeden Tag so viel Auto fahren zu müssen. Das war mit dem Fakt, dass es Nachts -3 Grad werden erledigt.

Wir beide also mal wieder ratlos. Linus ist dann zum lokalen AA und zur Polizei gegangen, um zu fragen, wie die Situation dort momentan ist, ob man die Straße mit einem sehr alten Auto befahren könne und ob es morgen auch schneit. Die Polizei meinte das wäre kein großes Problem und der AA gab uns eine Nummer, wo wir morgen nochmal wegen des Wetters anrufen sollten.

Wir gingen also erst einmal zurück zum Campingplatz, wo wir dann die letzte Nacht an der Westküste verbrachten. Am nächsten Tag riefen wir bei der uns gegebenen Nummer an, und erfuhren, dass es heute nicht schneit, wir uns aber auf längere Verspätungen auf der Straße einstellen müssten. Wir beschlossen dann einfach los zu fahren, gut viele Alternativen standen uns auch nicht gerade offen. 

Die ersten 40 km war eine ganz normale Landstraße, ohne Schnee, ohne Bange vor kurviger, steiler Schotterpiste. Es lag wiedermal ruhige Nervosität in der Luft, denn wir wussten genau, je später die Steigung kommen würde, desto steiler musste sie sein.

Irgendwann kamen wir dann an einem Schild an, auf dem „Viaduct“ stand. „Jetzt geht’s los“, sagte Linus trocken, denn er hatte davon gelesen. Das Schild kündigte den steilsten Abschnitt des Arthus Pass an. Wenig später kam ein weiteres Schid. „17%“ war darauf zu lesen. Und das mit unserem, (schrottigen wäre zu hart formuliert), aber sehr alten und definitiv untermotorisierten Toyota von 1992. Aber wir waren motiviert und Linus gab Vollgas. Es dauerte nicht lang, dass er vom vierten in den dritten Gang schalten musste. Auch dort hielt es uns nicht lange und der zweite Gang war drin. Kommschon. Nur noch ein kleines Stück. Das waren so die Gedanken, als wir mit voll durch gedrücktem Gaspedal im zweiten Gang nicht höher als 9 km/h kamen. Also in den ersten Gang. Hinter uns eine Autokolonne. Vor uns nur noch einige Meter, bis wir den Berg erklommen haben. Der Motor streikt.

Als der Regler wieder hoch ging und wir wieder in den Zweiten und schließlich Dritten schalten konnten, wussten wir, wir haben es geschafft. Ich wills nicht leugnen, einen kleinen Jubelschrei konnten wir uns nicht unterdrücken.

Und als wir dann irgendwann realisiert haben, dass wir es geschafft haben, holte uns die überwältigende, alpine Landschaft ein und wir kamen während wir die mittlerweile ebene Strecke weiter fuhren nicht mehr aus dem Staunen heraus. Links und rechts riesige, mit Schnee bedeckte Berge, darüber wolkenloser, blauer Himmel. Ein Stückchen bis zum nächsten Dorf sind wir dann noch weiter gefahren. Dort haben wir erst mal gefrühstückt und schweigend die Umgebung genossen. Wir saßen in unseren Jacken an einem Picknicktisch, es waren etwa 8 Grad, und um uns herum die Berge. Diese herrliche Idylle konnte nicht getoppt werden. Fast. Denn während wir da so saßen und schlemmten, saß plötzlich ein Kea auf unserem Tisch. Die einzige alpine Papageienart der Welt, die es nur noch zu 5000 auf der Welt gibt und die vom Aussterben bedroht ist. Ziemlich hübsch die Vögel. Aber auch ganz schön frech. In unserer Bewunderung gefangen, stocherte der Papagei in meiner Müsli Schale herum und schnappte sich wenig später mein Toastbrot, um damit wegzufliegen. Naja darauf kann ich mal verzichten.

Wir aßen dann noch auf, fuhren weiter, machten später noch eine kurze Wanderung und machten uns von dort aus auf den Weg zum nächsten Campingplatz östlich des Arthurs Pass. Die Strecke war nach dem Viaduct eigentlich ziemlich gerade und so konnte wir einfach auf 900 Meter Höhe inzwischen von Bergen einer herrlich ebenen Straße folgen, bis es dann irgendwann bergab ging und wir im Christchurch nahen Springfield ankamen.

Im Nachhinein hätten wir uns nicht verrückt machen dürfen. Die Strecke war super ausgebaut, überhaupt nicht kurvig und nur an ein oder zwei stellen wirklich steil. Auch wenn wir zwischenzeitlich nicht wussten, ob wir es schaffen und uns im ersten Gang abquälen mussten, war es eine extrem schöne Erfahrung und das meine ich vor allem im Hinsicht auf den Blick dort oben, die klare Luft und die Nähe zu den Neuseeländischen Alpen. In Zukunft wollen wir unser Auto wenn es sich vermeiden lässt trotzdem nicht mehr so stark beanspruchen, aber die Strecke von West nach Ost wird uns sicher in Erinnerung bleiben.

Am Ende kann man eigentlich einfach nur eins sagen: Arthurs Pass – check!

Antworten (1)

Holger
16% Steigung, da müsstet ihr euch ja wie im Flieger beim Start vorgekommen sein, der Startwinkel eines Fliegers soll ja bei ca. 18 Grad liegen.... ciao

Neuseeland
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