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Christchurch

Veröffentlicht: 09.01.2025

Anderthalb Tage hatte ich Zeit in Christchurch, bevor ich Markus am Flughafen abholen konnte. Den ersten Tag habe ich damit verbracht das Auto mal wieder etwas auf Vordermann zu bringen und die letzten Besorgungen zu tätigen, um nach Markus Ankunft gleich losfahren zu können. Auf dem Christchurch Farmer's Market im Riccarton Bush habe ich alles für ein Picknick eingekauft - außer dem Baguette, das wurde mir aufgrund seiner komischen Form mit den Worten "Merry Christmas" einfach so in die Hand gedrückt.


Riccarton Bush ist ein kleiner Stadtpark, in dem Deans Cottage, das älteste Gebäude Canterburys, und Riccarton House, eine prunkvolle viktorianische Villa stehen. Außerdem gibt es einen von einem Raubtierschutzzaun umgebenen Wald, in dem mehrere 500 Jahre alte und bis zu 25m hohe Kahikatea-Bäume stehen. Das ist quasi das letzte Stück Urwald, das in dieser Region überlebt hat.


Vom Riccarton Bush bin ich durch den Botanischen Garten in die Innenstadt und über die Bridge of Remembrance gelaufen, habe am Riverside Market etwas gegessen und bin dann an der ChristChurch Cathedral vorbei zur Transitional Cathedral gegangen. Dort habe ich mich am Latimer Square ins Gras gesetzt und kurz mit Markus telefoniert, während er auf seinen Flug von Frankfurt nach Dubai gewartet hat.


Für den nächsten Vormittag hatte ich eine Stadtführung gebucht, bevor ich Markus um 14 Uhr am Flughafen abgeholt habe. Kim hat uns zu etlichen Orten in der Innenstadt geführt, die das Erdbeben im Jahr 2011 überlebt haben bzw. seither neu gebaut wurden und auch von ihren eigenen Erfahrungen erzählt.


Nachdem es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Umgebung von Christchurch kein wirklich schweres Erdbeben gegeben hatte, war nämlich niemand auf das Erdbeben am 4. September 2010 mit der Stärke 7,1 auf der Richterskala gefasst. Zum Glück waren nur ein paar Schornsteine eingestürzt, aber niemand ist gestorben. Nach diesem Erdbeben gab es immer wieder kleinere Erdbeben, bis am 22. Februar 2011 wieder ein größeres Erdbeben mit der Stärke 6,3 auf der Richterskala folgte. Es war zwar schwächer als das Beben ein knappes halbes Jahr zuvor, dafür war das Epizentrum nicht so weit unter der Erdoberfläche und nur 6,7km entfernt. Fast die komplette Innenstadt wurde zerstört, 185 Menschen sind gestorben und mehr als 7.000 Menschen wurden verletzt. Für die nächsten zwei Jahre wurde in der Innenstadt eine 3 Quadratkilometer große Sperrzone errichtet, um Gebäude abzureißen und Straßen wieder benutzbar zu machen. Manches wurde komplett neu gebaut, anderes wieder aufgebaut, aber dieses Projekt ist bis heute noch lange nicht abgeschlossen. Das wohl bekannteste, noch nicht abgeschlossene Projekt ist der Wiederaufbau der ChristChurch Cathedral im Zentrum der Stadt - hier gibt es immer wieder Probleme mit der Finanzierung.


Kim hat erzählt, dass sie und viele andere sich nach dem schlimmen Erdbeben 2011 nicht mehr zurück in die Häuser getraut haben. Sie und ihre Familie sowie Nachbarinnen und Nachbarn haben sich zusammen getan, alles Campingzubehör, das sie hatten, zusammengetragen und auf einer unbebauten Fläche die Zelte aufgestellt. So haben sie wochenlang gelebt, bis sie doch nach und nach wieder in ihre Häuser zurückgekehrt sind.


Außerdem hat Kim uns auf die weiteren Schicksalsschläge hingewiesen, die Christchurch nach den Erdbeben ereilt haben. Denn 2017 folgte ein großes Feuer, bei dem ein Helikopterpilot während einer Löschaktion gestorben ist, etliche Häuser zerstört oder beschädigt wurden und hunderte Anwohnerinnen und Anwohner evakuiert werden mussten. 2019 folgte ein Terroranschlag auf zwei Moscheen, bei dem 51 Menschen getötet und weitere 50 verletzt wurden.


Diese ganzen schlimmen Vorfälle müssen irgendwie verarbeitet werden und so findet man in der ganzen Innenstadt kleine Aufmunterungen oder Ermutigungen: an der Christchurch Art Gallery prangt der Spruch "Everything is going to be alright", an etlichen Gebäuden kann man Street Art entdecken und am Dance-O-Mat, einer ausrangierten Waschmaschine, kann man sein Handy per Bluetooth verbinden, Musik abspielen und auf der Tanzfläche dem Rhythmus folgen.


Was ich bis zur Stadtführung auch noch nicht wusste, aber sehr cool finde: Neuseeland war im Jahr 1893 das erste Land der Welt, in dem das (zunächst nur passive) Frauenwahlrecht eingeführt wurde (das aktive Frauenwahlrecht folgte 1919).


Dann blieb mir nur Zeit für ein kurzes Mittagessen, bevor ich zum Flughafen gefahren bin, wo Markus trotz verspäteten Abflugs in Frankfurt 11 Minuten "zu früh" gelandet ist. Und nach einer kurzen Bekanntmachung mit dem Auto konnte die gemeinsame Reise endlich losgehen.

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