Chile 2. + Kreuzfahrt-Suedamerika
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11.02.2024 Sewell (Kupfermine)

Veröffentlicht: 14.02.2024

Nach einem sehr ausführlichen Frühstück im Hotel (im Preis inbegriffen) mit einer guten Auswahl, auch an Obst und Kuchen, checkten wir aus und fuhren, natürlich wieder mit einem Huber, zu Abfahrtspunkt für unsere Tagestour. In dem Gebäude, einem kleinen Haus, das einem Vorstadtwohnhaus entsprach, hatte die Foundation, die diese Touren organisierte, ihren Sitz. 

Hier wurden wir in einen Wartebereich gebracht, in dem ein Video über Sewell lief. Ungefähr 30 Leute warteten dort auf den Beginn der Tour. Alle waren namentlich, auch wieder mit Passnummern erfasst und wir mussten durch Unterschrift unsere Anweseheit und die Infos über das Verhalten während des Ausflugs bestätigen. Ich hätte mit meinen 71 Jahren eigentlich nicht teilnehmen dürfen, aber Franziska hatte mich bei der Anmeldung jünger gemacht, 70 Jahre war die Grenze. Wenn eine direkte Kontrolle stattgefunden hätte, wäre ich wohl gestrichen worden!? Mein Risiko, aber es klappte! Pünktlich um 9:30 Uhr für der große Bus ab. Unsere Führerin entschuldigte sich schon gleich zu Beginn, dass sie alles sowohl in spanisch als auch in englisch zu erklären hätte und es deshalb zu Verzögerungen kommen würde.  

Also nun zur Geschichte dieser Mine: Ein Amerikaner, der um 1900 als Repräsentant seiner Firma in Chile war, traf zufällig auf einen chilenischen Ingenieur, der ihm von den Bodenschätzen in den Bergen (Anden) bei Rancagua berichtete. Niemand hatte bis dahin versucht diese Bodenschätze zu bergen, denn die Wege und Transportmöglichkeiten waren einfach bis dahin unüberwindbar. In 2000 Meter eine ertragreiche Mine aufzubauen, galt als unmöglich! Wir fuhren mit dem Bus ca 1,5 Stunden dorthin, 1905 benötigten die Menschen 14 Tage! Trotzdem fanden sich Investoren für das große Ziel. Einer der größten hatte den Namen Sewell und nach ihm wurde die erste Siedlung für die Arbeiter benannt. Er selbst soll nie dort gewesen sein. Jedenfalls war die Bezahlung für die Angestellten und Arbeiter so gut, dass viele mit ihren Familien dorthin zogen. Ab 1914 wurde auch eine Eisenbahn dorthin gebaut, denn die Mine machte sehr schnelle Entwicklungen durch. Wir sahen Originalfotos von Ochsenkarren, die mit über 20 Tieren schwere Eisenkonstruktionen in die Berge schleppten. Heutzutage unvorstellbar! So entstand ein Dorf/Kleinstadt die am Berg klebte und durch sehr viele Treppen, wie ein Spinnennetz, miteinander verbunden war. Zur Hochzeit lebten hier 15.000 Menschen. Alle Wohnungen waren mietfrei! Aber in drei verschiedene Kategorien unterteilt. Es gab Wohnungen für Arbeiter, Wohnungen für mittlere Angestellte und Wohnungen für die Leitungsebene. Für chilenische Verhältnisse waren alle Arten von  Unterkünften auf das Modernste ausgestattet und geplant. Die Arbeiterwohnungen hatten z. B. drei Kinderzimmer und einen Kohleherd und Duschen und Toiletten am Ende des Hauses. Die bessere Kategorie besaß eine Küche mit Stromherd und Kühlschrank und ein eigenes Badezimmer. So wohnte damals ein Lehrer dort! Es gab das modernste Krankenhaus Chiles vor Ort, das kostenfrei für alle war. Darin gab es den ersten Fahrstuhl Chiles. Auch die erste Bowlingbahn in Chile gab es in Sewell und ein Kino, in dem Filme gezeigt wurden, die sonst noch nirgendwo in Chile liefen. Am beeindrucksten fand unsere Führerin,  dass der große Pool damals schon eine Unterwasserbeleuchtung hatte, obwohl die meisten Menschen in Chile noch nicht einmal Licht in der Wohnung hatten. Auch für die Bildung fühlte sich die Firma verantwortlich. Für 1250 Schüler/innen gab es 16 verschiedene Schulen in denen die Kinder nach amerikanischem System unterrichtet wurden. Es gab Stipendien für begabte Schüler und eine Grundausbildung damit die Kinder, wie ihre Eltern, in der Mine arbeiten konnten. Es gab eine Bank, eine Post, eine Kirche und ein Gästehaus. Hier wurden die Besucher untergebracht, die aus der ganzen Welt kamen, um sich die Mine anzusehen. 

Heute heißt das gesamte Minengebiet "El Teniente" und produziert allein 1% des Weltbedarfs an Kupfer. Das Gebiet ist so riesig, dass wir von der offiziellen Einfahrt bis zum Museumsdorf Sewell noch einmal 45 Minuten mit dem Bus benötigten. Die Stollenkilometer addiert sollen über 430 km lang sein und bei der Einfahrt in den Hauptstollen müssen die Arbeiter 10 km fahren, um zum Arbeitsplatz zu kommen. Hier übernehmen aber heutzutage ferngesteuerte Bagger und Abrissmeißel die gefährliche Arbeit. Nach den Berechnungen der Guidin wird täglich für 1 Million Dollar Kupfer aus den Bergen hier gewonnen! Auf einer Karte im Museum von Sewell habe ich nur fünf staatlich geleitete Minen wie "El Teniente" gesehen und mindestens noch dreimal so viele private Minen. Chile ist in der Kupfergewinnung weltweit, mit Abstand, die Nummer eins. Auch Deutschland hat 2020 über 700 Millionen Tonnen aus Chile importiert. Ich fragte mich nur, was machen wir Menschen aus unserer einzigen Erde, die wir haben??? Die Energie für diese ganzen Minenprozesse kommen aus der Wasserbasis, so jedenfalls laut Führerin! 

Der Besuch war hochinteressant und wohl auch einmalig, denn eine Mine, die 24/7 durchgehend arbeitet kann man/frau wohl nur schwerlich besichtigen. In die Stollen werden keine Besucher geführt, aber permanent hatten wir die Geräusche der arbeitenden Maschinen und den Staub. Ach ja, zum Abschluss: Sewell wurde in den 80-iger Jahren aufgegeben und heute werden die Arbeiter zu den drei Schichten mit einer eigenen Busstaffel von ihren Wohnorten gebracht und abgeholt! So auch wir, denn vor dem Starthaus endete auch unsere Tour. Hier kam zum Erstenmal der Nachteil von Huber zum Tragen!

Karin hatte ihren Sonnenhut im Hotel vergessen und für die relativ kurzeStrecke, bei der der Fahrer/in kaum etwas verdient, gab es zu dieser Zeit keine Angebote. So fuhr uns unsere Guidin zurück zum Ausgangspunkt. Eine sehr taffe junge Frau mit einem gut zu verstehenden Englisch. Als wir dann Karins Hut wiederhatten, beehrten wir in unserem Hotelhochhaus noch die zweite Etage mit all ihren Fastfoodketten und Franzi machte unserem Pseudo- Huber-Fahrer klar, dass wir mit ihm gerne zurückfahren würden. Er ließ uns den Fahrpreis auch noch um 20.000 Pesos nach, denn er hätte so oder so nach Santiago fahren müssen. Mit Franziskas Navigationshilfe brachte er uns sicher nach Hause. Um 21:00 Uhr saßen wir, wie immer, auf dem Balkon und schlossen den Tag mit einem Pisco und einem Blick auf die Lichter der Stadt!

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