Veröffentlicht: 13.02.2024
Den Beginn dieses Tages verschliefen wir alle, denn die Zeiten sind, zumindest für uns, vorbei in denen lange Nächte und Alkohol nichts ausmachen. Anfänglich versuchten wir noch, ein wenig Ordnung ins Chaos zu bringen: Mülltrennung, Getränkereste entsorgen, Kühlschrank mit Essensresten füllen. Dann musste jeder/jede ein Handgepäck für zwei Tage preparieren, denn unser Ausflug nach Rancagua stand an. Franziska hatte eine Tour für uns gebucht, die uns in eine der größten Kupferminen der Welt bringen sollte. Besser gesagt in die Vergangenheit dieser Mine, nach Sewell. Diese Tour hatte sie erst zwei Monate zuvor mit einer Besucherin aus Deutschland direkt ab Santiago gemacht, was sich aber als sehr zeitaufwändig und anstrengend erwies. Deshalb wollten wir es anders machen.
Zuerst ging es zu Fuß zur U-Bahn und mit ihr zum Hauptbahnhof von Santiago. Dort kauften wir drei Fahrkarten für einen Regionalzug nach Rancagua im Wert von ca 9,00 €! Der Bahnsteig war zwar mit einem Durchgang gesichert, aber schon sehr gut gefüllt als wir 40 Minuten vor Abfahrt eintrafen. Zwischen all den wartenden Reisenden boten Verkäufer/innen ihre süßen Snacks und gekühlten Getränke an. Und der Bahnsteig füllte sich. Es war auch für Franziska das Erstemal, dass sie mit der chilenischen Eisenbahn ("efe", trenes de Cile) fahren wollte. Die Züge, die in den Gleisen standen (Kopfbahnhof), machten auch einen sehr unterschiedlichen Eindruck auf uns. Teilweise waren welche sehr abgeranzt mit bröckelnden Chasis und völlig blinden Scheiben. Andere wiederum wirkten sehr modern und gepflegt. Die Züge fuhren aber alle elektrisch und keiner der Waggons war vollgetagt, so wie oft bei uns. Unser Zug fuhr die 1,5 Stunden zwischen Santiago und Rancagua wie eine Straßenbahn ständig hin und her. Vor dem Eintreffen des Regios, wir hatten einen modernen Zug, sammelten sich die Reisenden in der Nähe der Bahnsteigkante und rückten sehr nah zusammen. Jeder wollte der/die erste sein, wenn es losging. Davor mussten aber alle warten, denn der Zug war sehr gut gefüllt und bis alle Passagiere ausgestiegen waren, dauerte es ganz schön lang. Dann aber ein Quetschen und Schieben und mit viel Glück ergatterten wir drei Plätze nebeneinander. Die Anordnung des Zuges war, dass auf der einen Seite des Ganges jeweils drei Sitzplätze und auf der anderen jeweils zwei Sitzplätze zur Verfügung standen. Gepolstert und leidlich bequem! Immer mehr Menschen drängten sich in die Wagen und auch die Verkäufer schafften es noch anfänglich, sich durch die Gänge zu arbeiten. Später konnten sie nur noch außen an den Waggons entlanglaufen und laut schreiend ihre Waren anbieten. Irgendwann setzte sich der Zug in Bewegung und zeigte Digital Stationen und Uhrzeiten an. Ich glaube, dass sich niemand festhalten musste, aber die Leute gingen aufeinander ein und halfen sich gegenseitig in der Enge. Eine Hand musste bei jedem Reisenden frei sein, denn ohne Handy geht ja gar nichts. So konnten wir auch noch vielen, mehr oder weniger laut geführten, Gesprächen folgen, zumeist durch die Mimik! Je weiter wir uns von Santiago entfernten, desto weniger Leute stiegen ein und die Verhältnisse normalisierten sich. Uff! Einmal kamen wir noch in einen größeren Stau und zwar beim Verlassen des Bahnsteigs in Rancagua! Hier muss noch einmal jeder Reisende seine Fahrkarte auf ein Drehkreuz halten, damit man/frau den Bahnsteig verlassen kann.
Nachdem wir auch diese Hürde genommen hatten, versuchte Franziska einen Huber zu organisieren. Aber gleichzeitig stand auch ein Mann mit Pappschild am Ausgang, auf dem auch Huber stand. Also ein Privatfahrer, der sich so seine Gäste suchte. Sein Preis entsprach den Angeboten im Internet und er brachte uns zum Hotel. Die Tour sollte am nächsten Morgen gegen 9:30 Uhr starten und so hatten wir eine Übernachtung im Terrado Hotel in der Stadt. Bei der Unterhaltung zwischen Franziska und dem Fahrer stellte sich heraus, dass er am nächsten Tag abends zum Flughafen von Santiago müsse, da er dort jemanden abholen sollte. Diese Info merkten wir uns erst einmal, denn wie der Tag für uns ablaufen würde, konnten wir noch nicht richtig einschätzen. Also kurzes Einchecken im Hotel und dann mit dem nächsten Huber in die Stadt. Diese System vereinfacht wirklich die Fortbewegung innerhalb eines Ortes: Man/frau gibt seinen Standort ein und das angestrebte Ziel und dann erreichen den Kunden mehrere Angebote in Bezug auf Preis und Zeit. Dann entscheidet sich der Kunde/die Kundin für ein Angebot und es kommt eine Bestätigung mit dem Kennzeichen des Autos und dem Namen des Fahrers/der Fahrerin. Abgerechnet wird alles über das Konto des Kunden, das zuvor in der App hinterlegt werden musste. Klasse!
Im Zentrum von Rancagua war es nicht so klasse, denn die Kathedrale, eine der zwölf Attraktionen der Stadt war geschlossen! Beim Suchen des Lokals für das Abendessen, übrigens eine Empfehlung des Mannes hinter der Hotelrezeption, liefen wir noch an sechs anderen Sehenswürdigkeiten vorbei, die uns aber auch nicht so richtig beeindrucken konnten. Viel besser war dagegen die Küche der Lokalempfhlung, die so eine Fusion aus asiatischer und chilenischer Küche. Sehr lecker und sehr viel! Wir wurden sehr intensiv bedient, denn wir waren die einzigen Gäste an diesem Samstagabend?! Zurück zum Hotel natürlich mit einem Huber und nach einem Absacker auf Kosten des Hauses fielen wir völlig müde ins Bett!
Mein Schlaf endete leider mitten in der Nacht, denn eine Liveband beschallte unsere Seite des Hotels dermaßen laut, dass ich alle Texte verstehen und mitsingen konnte. Es war schon eine tolle Mischung aus Pink Floyd, Direstraits, Eric Clapton, Ramones, etc., aber für mich viel zu laut. Karin schlief erstaunlicherweise durch, sie musste wohl noch ganz viel von der Nacht zuvor nachholen, außerdem hatte sie wie immer Ohropax in den Ohren. Also ging ich in Nachtsachen zur Rezeption, um mich zu beschweren. Zuerst tat man ganz überrascht und bot mir, nach einem Telefonat mit einer übergeordneten Stelle, einen Zimmerwechsel an. Aber den musste ich ablehnen, da Karin so tief schlief. Auf meine Nachfragen hin wurde mir gesagt, dass die Musik wohl noch zwei Stunden dauern würde. Völlig übermüdet machte ich mich auf den Rückweg und lauschte der Musik noch eine gute Dreiviertelstunde. Dann war Ruhe und es ging auch nicht mehr von vorne los! Super! Nur die Bässe aus einem geschlossenen Raum waren noch zu hören, die störten meinen Schlaf aber nicht mehr! Rückblickend war das schon das dritte oder vierte Hotel, in dem ich mit Musik Pech hatte. Ob Kuba, ob Australien, ob Türkei, jedes Mal heftige Lautstärken?!