Veröffentlicht: 21.09.2024
Wir sind im Elsass angekommen und schauen auf die dicken Schiffe, die sich gegen die Strömung im Rhein stromaufwärts kämpfen. Oder auf die Paddler, die mit dem Strom in rasendem Tempo in wenigen Stunden mindestens in Rotterdam an Land gehen werden.
Dieser Landstrich Frankreichs ist immer einen Abstecher wert. Ob man durch hohe Weinberge wandert, Spaziergänge durch romantische Dörfchen mit bunten Fachwerkhäusern unternimmt oder einfach nur die malerische Landschaft mit den sanften Hügeln bis hin zu den Ballons der Vogesen genießt, ein Aufenthalt lohnt sich zu jeder Jahreszeit.
Wir bleiben natürlich auch noch ein paar Tage, weil am Sonntag die hiesigen Dorfflohmärkte versprechen, jede Menge Schätze bestaunen und Schnäppchen entdecken zu können.
Für mich sind die vide greniers aber auch immer eine gute Gelegenheit, wieder in die Sprache einzufinden. Man kommt unkompliziert und einfach mit den Menschen ins Plaudern. Sei es durch die Preisverhandlungen, über die Geschichten der schönen Dinge oder über das Wetter und die Kälte am frühen Morgen. Und die Elsässer reden auch gern mal deutsch, wenn sie merken, dass sie les allemands vor sich haben. Schnell wechseln sie die Sprache und sollte mir dann ausnahmsweise mal nicht einfallen, wie die Backen des Schraubstocks auf französisch heißen, helfen sie gern aus der Patsche.
Moniseur Télétravail erzählt uns, dass seine Oma in der Schule noch gezwungen wurde, deutsch zu sprechen, sie es ihm dann aber beigebracht hat. Wodurch er nun für eine Münsterländer Firma LKW-Teile in Frankreich im Homeoffice verkaufen kann.
Nur die jungen Leute sind nicht mehr so fit im Deutschen.
Und den speziellen Elsässer Dialekt verstehen sowieso nur Eingeweihte...
Für ein Mittagspäuschen halten wir auf einem Parkplatz, von dem man zu den Außenkuppeln von Fort Schoenenbourg spazieren kann. Vor einigen Jahren haben wir zufällig an der 3km langen Führung durch die, zum größten Teil unterirdische Festung teilgenommen, die zur Maginot-Linie im Elsass gehört.
Küchen, Elektrizitätswerk, einziehbare Türmchen, Schlafräume und Sanitätsbereiche können in 30 Metern Tiefe besichtigt werden.
Der Rundgang ruft bei aller Beeindruckung auch jede Menge Beklemmung und Beängstigung hervor. Eine eindrückliche Erfahrung darüber, zu welchem Wahnsinn Menschen imstande sein können.
Schoenenbourg konnte trotz haufenweiser 1000kg-Bomben von der deutschen Wehrmacht nicht eingenommen werden. Die dort stationierten Soldaten hatten keine Kenntnis von der französischen Kapitulation und haben ihre Festung immer weiter verteidigt, bis erst auf Befehl von Offizieren aus dem unbesetzten Frankreich die Anlage an die Deutschen übergeben wurde.
Am späten Abend fahren wir nach Rohrwiller, um dort schon einmal einen guten Parkplatz für den morgigen Vide grenier zu besetzen. Wir stellen uns jedoch nicht auf den Einstellraum des örtlichen Sportplatzes, denn dort macht uns ein Schild darauf aufmerksam, dass das in der Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr nicht gestattet ist. Dass gerade trotzdem Autos darauf abgestellt sind, erklären wir uns mit der Sperrung der Durchgangsstraße, nicht mit möglicher französischer Widerspenstigkeit, sich gegen alle Verbote aufzulehnen. Irgendwo muss man ja sein Fahrzeug lassen.
Gegen 3:30 Uhr wird uns auch der Grund für die nächtliche Anordnung klar: die einheimische Jugend trifft sich hier auf einen letzten Absacker, dabei laut die angesagten französischen Ballermannhits mit undeutlichem Lalala grölend. Aha - möglich und verständlich, dass die Anwohner das höchstens am Wochenende hören möchten.
Wir brauchen beide einige Zeit, um wieder in süße Träume zurückzufinden und als das endlich geschafft ist, klingelt auch schon der Wecker. Gleichzeitig mit den katholischen Kirchenglocken. Sonntagmorgens um 6:00!
Wir haben uns eine Tour des Puces rund um Straßbourg ausgesucht, da muss man eben früh aufstehen.
Es ist kalt an diesem Morgen und ich bin mal wieder sehr glücklich, dass wir den Mistral dabei haben und nicht frierend den ersten Kaffee in eisigen Händen halten müssen.
Trecker werden sehr effektiv in Hauptstraßen als Barrage abgestellt, wodurch sämtliche Zufahrtswege in Dorfmitten absolut gesperrt sind. Ja, von Blockaden verstehen die Franzosen seit jeher was.
Bei der Suche nach einem Parkplatz im zweiten Flohmarktdorf stolpern wir über ein Verbotsschild, das uns bisher in dieser Form noch nicht untergekommen ist und arg zu denken gibt.
Was bedeutet ein Absolutes Halteverbotsschild mit den Zahlen 1.15 auf der einen Seite und 16.31 auf der anderen?
Von 1:15 Uhr bis 16:31 Uhr ist alles interdit? Irgendwie seltsame Zeiten, oder? Vom 15.01. bis ähmmm 31.16. - geht ja auch nicht...? Hausnummern? Aber wir sehen an den Häusern in der Straße keine Nummern.
Keine Ahnung! Wir hoffen auf den normalen Ausnahmezustand bei französischen Dorfflohmärkten, wo grundsätzlich und absolut wild und ohne Regel immer und überall jede Menge Fahrzeuge abgestellt und deshalb der Kangoo mitsamt Mistral nicht abgeschleppt werden.
Die spätere Recherche bei Google bringt folgende Erkenntnis:
"Das Parken ist nur vom 1. bis 15. des Monats auf der Seite mit Häusern mit ungeraden Nummer und vom 16. bis Monatsende auf der Seite mit geraden Nummern gestattet!"
Verstanden? Setzen Eins!