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Ein Tag im Regen

Veröffentlicht: 12.11.2020

Das Thema Einkauf beschäftigt uns häufiger.

An einem schönen Morgen noch ohne Regen überrascht uns der kleine Gaskocher mit merkwürdigem Kochverhalten. Leider entwickelt sich keine ordnungsgemäße Flamme, es blakert an allen Ecken und Enden und erzeugt keine ausreichende Hitze. Nach ausdauerndem, scheinbar endlosem Warten ist der Kaffee dann doch mal fertig, aber ein Blick in Zappas Augen gibt mir klar zu verstehen, dass wir hier und jetzt das Ende dieses langjährigen Weggefährten erleben.

Nix mehr zu machen! Was nun?

Ist es wirklich vorbei?

Ich google einen Baumarkt und zur Sicherheit einen Decathlon - beide nah beieinanderliegend in einem Ort in Umbrien etwa 70km von uns entfernt.

Die dicken Wolken über uns beginnen gerade, ihr Versprechen einzulösen: es tröpfelt. Also ist die Entscheidung, diese Reise zu unternehmen schnell getroffen. Wir sind uns bewußt, dass die Ausfahrt den ganzen Tag dauern kann, die italienischen Strassen werden ihrem schlechten Ruf voll und ganz gerecht.

Schon wieder Regen?

Rinnen, Dellen, Huppel, Löcher, Krater, Absenkungen und Kurven, Kurven, Kurven. Es rappelt, hoppelt, schaukelt, ruckelt, ein Becher Sahne wird im Laufe einer Tagestour zu fester Masse! Ungelogen!

Schnelles Fahren ist unmöglich, davon abgesehen, dass es in den Orten von Blitzkisten nur so wimmelt. In einem Strassendorf zählen wir acht.

Außerdem ist es ratsam, die Städtchen zur Mittagszeit zu meiden. Schulschluss und damit verbundener Fahrservice für den Nachwuchs führen unweigerlich zu Verkehrschaos, auch wenn Carabinieri an jeder Ecke ihr Bestes geben, man landet ohne Umstände im Wirrwarr aus uralten, klapprigen Fiat Pandas und überdimensionierten, schmucken SUVs.

Doch unerschrocken nehmen wir die Strecke in Angriff. Es regnet und regnet, die Tropfen werden immer schwerer und entwickeln sich zu massiven Hagelkörnern. Der Mittagsimbiss geht nur im Auto und als wir nach etlichen Stunden endlich das Ziel erreichen, stehen tiefe Pfützen auf dem Parkplatz, die die Crocs von Schwefelresten befreien.

Schon wieder Regen!

Im Baumarkt werden wir flott fündig, nur dass der neue Kocher nicht mit unseren vorrätigen Gaskartuschen funktioniert. Die passenden sind restlos ausverkauft. 

Alle weg?!

Der nächste Decathlon, der diese Sorte am Ende der Saison noch auf Lager hat, ist wiederum 70km entfernt. Zappa geht zum Kangoo, um den defekten Kocher zum Düsenvergleich zu holen. Er dreht und wendet, guckt und schaut, untersucht und analysiert - das dauert - und ist unschlüssig!

Was machen wir denn jetzt? So langsam werde ich, wie so oft, ungeduldig.

Letzlich ergeht der Beschluss, einen neuen Kocher für knapp 14 Euro zu erwerben und zu testen, ob die vorhandenen Kartuschen vielleicht doch passen.

Wieder an der Räuberhöhle schmeißt Zappa das alte Gerät noch einmal an und siehe da: er funktioniert! Alles wie es soll, kein Flackern, klein Blakern, die Flamme züngelt ordnungsgemäß aus den dafür vorgesehenen Öffnungen ohne Murren und Knurren. Wir stehen im Regen, staunen und schauen uns verblüfft und etwas sprachlos in die Augen! Daheim warten noch zwei weitere Kocher auf ihren Einsatz, was sollen wir nun mit dem Neuen, der nicht mal zu unseren Kartuschen passt?

Ich nehme die Neuerwerbung, hole mir in der nächsten Pfütze ein weiteres Mal nasse Füße und gebe sie an der Kasse zurück. Leider erhalte ich lediglich einen Gutschein im Einkaufswert und kein Bargeld. Zappa bereitet mich in weiser Voraussicht auf diesen Fall vor, also schnappe ich mir ein Körbchen und fülle es mit sieben Kartuschen, passend für das gute, alte Stück, von denen ja noch reichlich vorhanden sind.

Eigentlich haben wir genügend an Bord, aber was fange ich mit einem Bon für einen Baumarkt irgendwo in Umbrien an? In jedem Fall haben wir nun ausreichend Gas, um unseren Regenschutz abends auch beheizen zu können, denn es ist mittlerweile empfindlich kühl geworden.

Regendach aufgebaut - kann jetzt beheizt werden, hurra!

Wir wollen wieder zurück in die Postkarten-Toskana, also machen wir uns auf den 70km langen Weg, schmunzeln ein wenig über diesen Tag in der Räuberhöhle bei strömendem Regen, der weiterhin auf uns nierderprasselt und landen am Ende an einer der häufigen, zerstörten Brücken in diesem Land. Die gesperrte Strasse garantiert uns eine geruhsame Nacht. Die Hunderunde trollt sich bald im Niederschlag und auch den vier jungen Leuten im uralten, klapprigen Panda wird es an der kaputten Überfahrt schnell zu nass.

Wir lauschen Wolkenbruch und Donner in der Dunkelheit, anders als in dem Steineichenwäldchen ein paar Tage später im Chianti, wo uns nicht nur Fuchs und Hase, sondern auch röhrender Hirsch und grunzendes Wildschwein gute Nacht sagen und unsere Vorräte auf dem Kangoodach verschwinden müssen.

Antworten (1)

Ines
Liebe Susanne, du schreibst sehr anschaulich und interessant. Tolle Geschichte :) Bin gespannt auf mehr...

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