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Kolumbien - San Basilio de Palenque und Mompos

Veröffentlicht: 15.01.2019

San Basilio de Palenque

Nachdem Eva sich Richtung Heimat verabschiedet hatte, war es nun wieder Zeit zwei Gänge runterzuschalten und das Reisetempo zu reduzieren. Einen Tag später bin ich dann aus busy Cartagena abgereist und hab damit die Küste auch schon wieder hinter mir gelassen.

Auf dem Weg nach Palenque ging es durch das feuchte, heiße Küstentiefland.
Mit diesem hübschen Gefährt ging es in Cartagena los. Die traditionelle Chiva. Gibt's auch als offene Variante und war ursprünglich ein Arbeiter Bus. Immer bunte angemalt, vorwiegend in den Landesfarben.
Von innen nicht ganz so luxuriös, aber umso kultiger.


In einem Original-Chiva Bus ging es standesgemäß nach San Basilio de Palenque. Dieses Dorf hat eine überaus beeindruckende Geschichte, die jedoch erst in den letzten Jahren wieder von Kolumbien und der Welt entdeckt und geschätzt wird. Es handelt sich dabei um das erste freie Dorf in Südamerika. Und das lange vor der Unabhängigkeit von Spanien! Es wurde bereits Ende des 16. Jahrhunderts gegründet und zwar durch den Sklaven Benkos Biohó, der aus Cartagena in das Hinterland geflüchtet war und in der Folge immer mehr Sklaven aus Cartagena befreit hat. Auch heute dauert die Fahrt noch ca. 3 Stunden mit dem Bus - also für die damaligen Verhältnisse eine ganz schöne Entfernung. Und warum blieb dieses Dorf nun frei? Weil die Spanier es einfach nie gefunden haben. Der Weg nach Palenque wurde in die Haare der Frauen eingeflochten. Diese Art Frisuren werden noch heute getragen. Irgendwann ist man damit auch ziemlich offensiv umgegangen. Die Spanier wussten zwar, dass dieses Dorf existiert, die Palenqueros aber auch, dass sie es niemals finden würden. Und dadurch wurde dieses Dorf niemals kolonialisiert. Das Land war zudem so fruchtbar, dass sie sich selbst versorgen konnten. In Palenque sammelte sich ein Mix aus vielen afrikanischen Kulturen an. Somit entwickelten sie eigene Sprache, Bräuche und Traditionen, Musik und Tanz - kurz eine eigene Kultur der Palenque. Und diese wird hier bis heute gepflegt. Die Kinder lernen noch die Sprache. Musik und die Tänze werden ebenfalls gelebt. Somit wurde der Kulturraum auch 2008 in die Liste der immateriellen Kulturerbe der Menschheit der UNESCO aufgenommen. Der erste kolumbianische Box-Weltmeister 'Kid Pambele' kam ebenfalls aus Palenque. Und dadurch wurde das Dorf zum ersten Mal wieder ins Gedächtnis der Kolumbianer gerufen. Der Weltmeister hat dann für seinen Titel beim Präsidenten eingefordert, dass sein Dorf elektrifiziert wird - mit Erfolg. Auch die Musik um Totó la Momposina und Rafael Cassiani hat es über die Grenzen Kolumbiens hinaus bis nach Europa geschafft. Evaristo Márquez hat eine Rolle in einem Film mit Marlon Brando gespielt, auch er wird entsprechend gewürdigt.

Benkos Biohó - der Begründer des ersten freien Dorfs in Südamerika.
Eigene Flagge,...
Eigene Sprache.
Kid Pambele, der erste kolumbianische Boxweltmeister.
Ein typisches, einfaches Palenque-Haus. Der Begriff Palenque stammt auch von den ersten Hütten, die mit den Holzzäunen vor vor wilden Tieren geschützt wurden.
Die casa de la cultura. Dieser Kopf wird normaler auch mit bunten Blümchen bepflanzt. Ist aber auch so schön anzusehen. Dazu die typischen Instrumente.


Diese kleine afrokolumbianische Gemeinde wollte ich mir nun also in aller Ruhe besuchen. Aber schon mittags bei meiner Ankunft wurde der Hauptplatz von 3 Seiten gleichzeitig sehr laut beschallt. Das kam mir schon etwas seltsam vor für einen gewöhnlichen Mittwoch. Es waren auch viele Leute unterwegs. Ich hab mich erstmal mit einer kühlen Cola an den Rand gesetzt und abgewartet - elend heiß war es im Übrigen auch. Kurze Zeit später kam schon der erste lokale Touristenführer auf mich zu und bot mir Hilfe an. Hotels gab's nicht, also sind wir mit ihm zu einer Herberge gegangen. Da war aber kein Platz mehr. Er kannte dann noch jemanden im Ort, der Leute aufnimmt. Und so bin ich dann bei Ambochi und seiner Familie gelandet. Ich durfte in der Hängematte im Wohnzimmer schlafen. Und er hat mir dann erzählt was da gerade los ist im Ort. Jedes Jahr in der ersten Woche des Jahres feiern sie die größte Party des Jahres. Und das bedeutet, dass alle Palenqueros, die im Land verstreut leben, an diesen Tagen in ihre Heimat zu ihren Familien zurückkehren. So war dann auch bei Ambochi das Haus voll. Kinder, Enkelkinder und Geschwister - alle trudelten so nach und nach ein. Die Kinder waren auch sehr interessiert an mir. Wollten wissen warum ich so einen Hut trage, warum ich weiß bin, ob ich eine Familie habe, was Deutschland ist und vieles mehr. Ich war dann also nur einer von vielen Schlafgästen in einem Haus ohne echte sanitäre Anlagen. Nachdem ich bei der Führung durch den Ort auch einen Teil der Geschichte kennengelernt hatte, ging es dann auf die Straße zu den Feierlichkeiten. Danys, der Sohn des Hauses, hat mich dann erstmal überall im Dorf bekannt gemacht. Im Wesentlichen konnte ich immer nur freundlich lächeln und Hände schütteln, da ich bei dem Lärm einfach nichts verstanden habe. Aber gut, das gehört dann wohl dazu. Die Einheimischen haben stundenlang vor riesigen Boxen gesessen und ihr Bierchen genossen. Also ganz anders als bei uns zu Hause war es dann auch nicht. Auch wenn hier im Dorf dann doch noch gut 3500 Leute leben. Das Dorf an sich war auch weder besonders hübsch, noch hatte es bedeutende Bauten. Seine Historie hat vollkommen ausgereicht.

Zusammen mit Danys ging es dann mitten rein ins Getümmel.
Danach sahen meine Füße dann so aus. Und kurz danach haben meine geliebten Flip Flops dann auch den Geist aufgeben.😓


Der erste Teil der Party war dann gegen 6 vorbei. Die Musik wurde abrupt runtergedreht und wir haben eine Pause zu Hause eingelegt. Mir hatte das eigentlich schon gereicht, aber so richtig rund ging es dann natürlich erst abends. Also auf zur zweiten Runde. Auch das ist ja irgendwie wie bei uns. 😉 Gegen Mitternacht hatte ich dann genug und ich bin in meine Hängematte gekrochen. Die Party ging aber noch weiter.

Für mich ging es dann am nächsten Morgen auch weiter. Ambochi hat das Moped aus dem Wohnzimmer gefahren und mich dann zurück bis an die Hauptstraße gebracht, von wo mich dann der nächste Bus mitgenommen hat. Das war also mein Ausflug ins beschauliche San Basilio de Palenque.

Mompos

Von der Straße, an der ich ausgesetzt wurde, nimmt mich kurze Zeit später ein Bus bis in den nächstgrößeren Ort mit. Von da ging dann keine direkte Verbindung mehr nach Mompos, sondern nur nach Magangué. Für eine Nacht sollte das OK sein. Am nächsten Morgen nehme ich die Fähre und einen weiteren Kleinbus bis nach Mompos. Aber sowas hässliches wie Magangué hab ich bisher auch nur selten gesehen. Selbst um den Plaza herum gab es keine Lichtblicke, keine Cafés oder halbwegs normale Restaurants. Es gab da einfach nichts. Ich hab mich dann relativ schnell in meinem billigen, unklimatisierten Zimmer eingeschlossen und einfach auf den nächsten Morgen gewartet. Bei der Hitze habe ich kaum ein Auge zugemacht. Früh um 6 Uhr bin ich dann aufs Boot und hab diesen Ort hinter mir gelassen.

Das war der schönste Anblick von Magangué. Der Sonnenaufgang am Fähranleger.


Mompos war dagegen eine echte Offenbarung! Trotz seiner 50 tausend Einwohner hat es eher einen dörflichen Charakter. Eines der besterhaltenen Kolonialdörfer und damit auch UNESCO Weltkulturerbe. Es ist nach wie vor heiß, aber angenehm unaufgeregt und direkt am Fluss gelegen. So einen schönen Ort hatte ich lange gesucht. Endlich kann die Ruhepause beginnen. In den nächsten Tagen widme ich mich vorwiegend meinem Blog in den hübschen historischen Cafés im Ort. Da gibt es Einiges nachzuholen. Dazu kommt noch einiges an Geschichte und ein Besuch im nahegelegenen Naturparadies 'La Ciénaga'.

Die wunderschöne Uferpromenade an der ich jeden Tag entlang gelaufen bin.
Und der Blick auf den Brazo Mompos. In ein bis zwei Wochen kann man den Fluss zu Fuß überqueren. In der Regenzeit wird die Flutwand aber auch wirklich gebraucht.
Mein Lieblingsplatz am Ufer. Das Café 1700.
Mit diesem herrlichen Blick.

In der Stadt ließen sich auch schon ein paar Tiere sehen.


Auf der geführten Tour habe ich leider nicht allzu viel mitbekommen, der Guide war echt schwer zu verstehen. Deshalb sind die historischen Ausführungen diesmal etwas kürzer. Mompos war jedenfalls zu Kolonialzeiten ein sehr bedeutender Hafen, da hier viele Nahrungsmittel angebaut wurden. Dadurch kam auch einiges an Gold in die Stadt, dass in den umliegenden Regionen ebenfalls abgebaut wurde. Es war auch sehr beliebt bei Berühmtheiten wie Bolívar und dem Schriftsteller Márquez, die sich hier auch mehrmals aufgehalten haben. Zudem gab's noch einige arabische Einflüsse, die sich im Essen in den Restaurants und auf der Straße wiederfinden. Am stärksten sieht man das aber bei der 'Filigrana' genannten Goldschmiedekunst, die auch heute noch von gut 400 Personen in kleinen Familienbetrieben ausgeübt wird. Diese sehr feine Handwerkskunst hatte ich in dieser Form bisher noch nicht im Südamerika gesehen und hier auch nicht erwartet. Die Kunst ist sonst doch eher etwas rustikaler - aber trotzdem schön.

Noch ein paar Impressionen aus den Straßen. 
Die Kirche Santo Domimgo.



Sonntags wird auch hier Fußball gespielt. Nur unter etwas anderen Umständen und bei sengender Hitze.
Casa de la Cultura.
Sogar Wolfgang Schäuble hat hier einen Ehrenplatz gefunden.

Das ist mal was. Eine echte Marmorwanne.

Und so sehen die alten Häuser von innen aus. Echt chic. Und tatsächlich werden die meisten davon auch heute noch ganz normal als Wohnhäuser genutzt. Immer offen gestaltet mit einem großzügigen Innenhof.
Von außen eher schlicht.
Hier konnten wir den Goldschmieden bei der 'Filigrana' und über die Schulter schauen.
Und so fein sehen dann die Endprodukte aus. Sind übrigens alle aus Silber gefertigt!
Nachts auf dem Friedhof.

Plaza de la Concepción.

Auf dem Ausflug zu Lagune 'La Ciénaga'.
Das Leben am Fluss.



Und wir auf unserem Touristendampfer.
Mit bestem Blick aufs Ufer.





Zum Sonnenuntergang...
... gab's dann noch ein erfrischendes Bad in der Lagune.
Herrlich!

Hier noch der freundliche Hinweis, dass man sich nicht überhitzen solle und was dagegen hilft.


Die Tage ließen sich so gut aushalten in Mompos, es gab immer was zu tun oder zu entdecken.

Hier kann man mal gut das Relief von Kolumbien sehen. Vor allem das Gebirge im Norden direkt an der Küste ist außergewöhnlich. Ich arbeite mich jetzt langsam wieder Richtung Osten durch das Tiefland weiter.
Da wo es links so abgegriffen ist, ist Mompos. Meine nächste Station Ocaña ist schon wieder etwas in den Bergen gelegen.


Antworten

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