Läuterung und Müßiggang

Nun war also erstmal Pause angesagt. Über Nacht war meine Hand noch stärker angeschwollen, und schon so simple Dinge wie Hände waschen gingen nicht mehr. Ich machte mir ernste Sorgen ob ich meine Tour vielleicht sogar abbrechen muss. Aber für den Moment war das alles erst mal noch Spekulation. Am Besten, ich gönne der Hand einfach ein paar Tage Ruhe, und dann mal weiter schauen.

Zermatt ist nun glücklicherweise nicht der schlechteste Ort für eine Zwangspause. Am nächsten Tag unternahm ich also mal eine Wanderung. Unter permanenter Beobachtung des allgegenwärtigen Matterhorns versuchte ich die Abwechslung zu genießen. Doch die Wege waren alle so perfekt fürs Radel geeignet, dass ich mich zu Fuß schon beinah wieder im falschen Element fühlte. Zum Glück fand mein ganzes jämmerliches Selbstmitleid abends dann ein abruptes Ende als die ersten gewittrigen Regenschauer eintrafen. Die angekündigte Wetterumstellung schickte die ersten Vorboten, und die nächsten zwei Tage sollte es durchregnen. Neben der Hand war das auch ein Freudenfest für all die anderen geschundenen Extremitäten meines Körpers. Ich nutzte also die Gunst der Stunde und quartierte mich wieder in einer festen Unterkunft ein, um jegliche körperliche Aktivität auf Null herunterzufahren und dabei trocken zu bleiben.

Ohne Zweifel ist Zermatt übrigens ein Mekka für Outdoor-Verrückte jeder Art. Zuerst war ich ja schon recht irritiert, als meine Zeltnachbarn ihre Ski und Snowboards auf der Wiese stapelten. Aber in einem der wenigen Sommerskigebiete in Europa gehört es auch mitten im August zum Stadtbild, dass morgens einige Freaks in kompletter Skimontur auf den Skibus warten. An denen flitzen dann die Downhill-Mountainbiker in Shorts vorbei, und neben den Massen an Wanderern finden sich natürlich noch mehr als genug Bergsteiger mit Seil und kompletter Gletscherausrüstung. So verwunderte es mich auch nicht, dass der Mitbewohner im Hostel gerade aus Chamonix angekommen ist, und die Haute Route von dort aus über die Gletscher als Trailrunning gemacht hat. Ein anderer Hostelbewohner kam gerade im Alleingang aus Italien, und hat für den kurzen Abstecher in Zermatt mal eben die Gletscher des Monte Rosa Massivs überquert. Hoffentlich bringen die mich nicht noch auf falsche Ideen. Aber nein, Bikepacking auf dem Gletscher sollte ich dann vielleicht doch lieber unterlassen. Zumindest mal auf dieser Tour... Und sowieso muss ja erst mal meine Hand wieder werden.