bikepacking-alps
bikepacking-alps
vakantio.de/bikepacking-alps

Hochalpin aufs Platthorn

Veröffentlicht: 03.08.2020

Nun also Zermatt, ein weiterer touristischer Hotspot. Und obwohl ich mich an das Schweizer Preisniveau inzwischen mehr schlecht als recht gewöhnt habe, setzt Zermatt nochmals eine Schippe drauf - ein Tag Nutzung der Gondeln und Gornergratbahn mit Bike für schlappe 150 Franken. In Davos habe ich dafür mit Gästekarte ein Zehntel gezahlt. Nichtsdestotrotz gibt es auch hier einen erstaunlich günstigen Campingplatz, und diesmal ganz exklusiv ohne motorisierte Nachbarn. Und da der Supermarkt direkt gegenüber und täglich geöffnet ist, lösen sich viele Versorgungsprobleme von selbst, die sich anderswo so ergeben. Denn meist befinden sich die Plätze sonst etwas außerhalb, und die Zeltwiese wird als „sonnig“ beworben. In der Realität heißt das, das Zelt steht tagsüber ungeschützt in der prallen Sonne und erhitzt sich auf Sauna-Temperatur. Wenn man dann zum Einkaufen zwei Kilometer bergauf zum einzigen kleinen Supermarkt radelt, muss man sich schon sehr genau überlegen was man an Lebensmitteln mitnimmt, und wann man genau vorhat das zu essen. Bei Fehlplanung verwandelt sich die Tafel Schokolade sonst ruckzuck mal in eine heiße Schokolade.

Punkten kann Zermatt natürlich auch mit der einzigartigen Landschaft. Alles, was in der Schweiz bergtechnisch überragend ist, versammelt sich hier auf engstem Raum - Strahlhorn, Dufour-Spitze, Liskamm, Dent Blanche, Castor & Pollux, und natürlich das gute, altbekannte Matterhorn. Und trotz Dutzenden von Liften und Bahnen bleibt noch genügend Raum für anspruchsvolle und weniger erschlossene Touren. Eine davon führt auf das Platthorn. Ein 3345 Meter hoher Gipfel, der ohne Hochtourenausrüstung bestiegen werden kann. Und es macht sogar Sinn, das Radel da mitzunehmen. Zumindest für einige unter uns.

Direkt hinter dem Bahnhof ging es los. Ziemlich steil, wenn auch wenig verblockt. Trotzdem stimmte es mich ziemlich bedenklich, dass das abfahrtstechnisch die Chickenline sein soll. Ausgesetzt, steil und enge Spitzkehren. Naja, erstmal hochkommen, alles weitere sehen wir dann. Nach den ersten, schweißtreibenden 1000 Höhenmetern öffnete sich der Hang dann in ein breites Becken, und gab den Blick frei auf das gewaltige Amphitheater der höchsten Gipfel der Schweiz, visuell überragend thronte natürlich das stolze Matterhorn über allem anderen. Der Weg führte in recht angenehmer Steigung weiter, bis dann auf 3100 Meter Schluss war für das Radel - es galt die ersten Schneefelder zu queren. Und doch ging es als gewöhnliche Bergwanderung weiter hoch bis zum Platthorn, während man schon von Gletschern umzingelt war. Der Ausblick vom Gipfel war überwältigend. Nicht nur wegen der üblichen Verdächtigen auf der anderen Seite des Tals, sondern insbesondere auch aufgrund der zahlreichen Gipfel und Gletscher aus der zweiten Garde, die sich in unmittelbarer Entfernung auf Augenhöhe befanden. Vom Panorama war das gefühlt eine Hochtour, aber technisch lediglich eine mittelschwere Bergtour. Und das Beste stand ja noch bevor - die Abfahrt.

Ich konnte es kaum erwarten wieder bei meinem Radel zu sein. Schnell die Protektoren übergezogen, und dann ab in den hochalpinen Flow. Die ersten 700 Höhenmeter waren ein grandioses Spektakel. Es gibt ja generell ganz wenige taugliche Bike-Abfahrten in den Alpen in dieser Höhe, und dann auch noch mit so einem Panorama und so flüssig zu fahren. Einzigartig.

Weiter unten, kurz vor der ersten Berghütte, wurde es zunehmend technischer. Steil und rutschig, da total ausgetrocknet, und immer wieder fies verblockte Stellen. Und dann passierte es. Das Radel blockierte, und der ganze Körper wollte der Schwerkraft folgend noch ein Stück weiter nach vorne fliegen. Generell endet sowas meist nicht so schlimm wie es aussieht. Nur diesmal hatte sich der Ringfinger dabei irgendwie am Lenker verhakt und wollte nicht recht folgen. Autsch, das war schmerzhaft. Fühlte sich an, als wäre es was Ernsteres. Aber immerhin waren alle Finger noch dran, und auch nicht großartig verbogen.

An eine weitere Abfahrt war also erstmal nicht zu denken, und den verbliebenen Abstieg, der übrigens technisch schon sehr anspruchsvoll war, legte ich weitestgehend schiebend zurück. Unten angekommen, schwoll der Handrücken schon etwas besorgniserregend an. So ein Mist aber auch. Ich hoffe jetzt mal, das wird wieder. Tags darauf sollte jedenfalls erstmal wandern angesagt.

Antworten

Schweiz
Reiseberichte Schweiz
#bikepacking #zermatt#matterhorn#platthorn