bikepacking-alps
bikepacking-alps
vakantio.de/bikepacking-alps

Drei Pässe in drei Tagen

Veröffentlicht: 27.07.2020

Es wurde ernst mit der Gotthard-Überquerung. Und endlich sollte sich auch wieder die Gelegenheit zum Wildcampen bieten. Tagesziel war der Maighelspass, der parallel zur Fahrstraße Oberalppass nach Andermatt führte und ein Klassiker der alpinen Biketouren ist.

Langsam schraubt man sich von Rueras die 1000 Höhenmeter hoch bis zur Maighelshütte, die am Anfang eines riesigen Felsbeckens liegt, umrahmt von schneebedeckten Fast-Dreitausendern. Und das Beste daran - ein wunderbarer, großteils fahrbarer Uphill-Trail zieht sich mitten durch diese grandiose Landschaft mit angenehmer Steigung bis zum Pass hoch. Hier oben sollte mein Nachtlager sein, oberhalb eines in der Sonne funkelnden kleinen Sees und mit Tiefblick Richtung Andermatt.

Abermals waren leichte Gewitter angekündigt, doch die ließen immer länger auf sich warten, so dass ich den ganzen Nachmittag am See verbummeln konnte, und den Ab und An vorbeikommenden Bikern zuschauen konnte wie sie mit der Abfahrt zurecht kamen, die ich am nächsten Morgen exklusiv für mich allein haben würde. Zum Sonnenuntergang zog es etwas zu, aber ich war wirklich guter Dinge heute Glück gehabt zu haben.

Die böse Überraschung kam dann über Nacht. Regen zog rein. Nicht nur ein kurzer Schauer, sondern tief hängende Wolken umgaben mich am Morgen. Ein richtig schlechter Tag kündigte sich an, entgegen allen Prognosen. Dementsprechend schnell galt es zusammenzupacken, und den Trail notgedrungen im Regen abzufahren. Das ging auch irgendwie ganz gut, und ich kam noch halbwegs trocken nach Andermatt. Aber dann ging es richtig los, und ich entschied, eine feste Unterkunft der zweiten Nacht Wildcampen doch lieber vorzuziehen.

Andermatt selbst ist übrigens ein ziemliches Kuriosum. In jedem anderen Land der Welt wäre das kleine Dorf aufgrund seiner abgeschiedenen Lage wohl ein Außenposten der Zivilisation. In der Schweiz hingegen ist man hier perfekt an alle Arten von Verkehrsmitteln angebunden. Zudem wurde mit dem Chedi noch ein riesiges Luxusresort mit Golfplatz und Nobelrestaurant hingeklotzt. Passt irgendwie gar nicht hierher, vor allem in meiner Wahrnehmung mit den noch frischen Eindrücken vom einsamen Maighelspass im Kopf.

Ich hab mich zwar nicht im Chedi selbst einquartiert, aber nach zwei Wochen im Zelt kam mir mein kleines Einzelzimmer im Hostel ähnlich luxuriös vor. Ein richtiges Dach über dem Kopf, ein echte Matratze, und sogar Stuhl und Tisch zum Hinsetzen. Nie zuvor hatte ich das so zu schätzen gewusst wie heute.

Wegen der unerwarteten Unterbrechung war die nächste Etappe dafür aber nun umso länger. Zwei Pässe und 1900 Höhenmeter standen auf dem Programm, aber als Belohnung sollte es dafür auch trocken und sonnig werden. Zuerst startete der nächste Tag mit einer steilen Schiebepassage zum Urseren Höhenweg, der dafür aber mit einem fantastischen Panoramablick auf die Gotthardberge überzeugte und in einem gut fahrbaren Auf und Ab bis zur Straße Richtung Furkapass führte.

Leider gab es ab da keine richtige Alternative mehr zur vielbefahrenen Passstraße, und aus der rauen, einsamen Gebirgswelt wurde ich direkt in ein wildes, beinahe anarchisches Verkehrs-Treiben katapultiert. Und ich stand ich natürlich ganz unten in der Hierarchie. Ganz bestimmt mal weit unterhalb der knatternden Motorrad-Gangs und der raumfüllenden Rundum-Sorglos-Wohnmobile aber auch noch mit gehörigem Abstand zu den agilen Rennradlern, die mit wenigen Gramm schweren Rädern und ohne Gepäck scheinbar sorglos an mir vorbeizogen.

Trotzdem war es beeindruckend, den Pass zu erreichen, denn er war das Portal in eine andere Bergwelt. Die 4000er des Wallis erhoben sich vor mir, und der Wechsel von den Ost- in die Westalpen wurde unmittelbar sichtbar. Genussvoll rollte ich an der noch jungen, aber schon wild donnernden und fauchenden Rhone entlang bis zum letzen Anstieg des Tages. Es ging final nochmal hoch zum Grimselpass. Dort hatte ich schon eine weitere Unterkunft gebucht. Denn inmitten von Touristenhorden lässt es sich schlecht zelten. Als diese dann spät abends abgezogen waren, wurde ich für die Mühen des Tages noch mit einem fantastischen Sonnenuntergang über dem steil aufschießenden, haifischflossen-artigen Finsteraarhorn für die Mühen des Tages belohnt, und genoß es so sehr mich anschließend abermals in ein weiches Bett kuscheln zu können.

Antworten

Schweiz
Reiseberichte Schweiz
#bikepacking#maighelspass#furkapass#grimselpass#andermatt