Veröffentlicht: 13.03.2018
01.03.2018 Unser erster Arbeitstag im Secondhandladen stand heute auf dem Tagesprogramm. Da ich schon um 7:30 anfangen durfte, musste ich ziemlich früh aufstehen...das kommt mir doch bekannt vor. Dabei muss ich zugeben: ich bin kein Frühaufsteher - das kann gern jemand Anderes machen. Aber vielleicht gewöhn ich mich in den nächsten Wochen daran, denn ich muss von Montag bis Freitag immer um 7:30 Uhr auf Arbeit sein. Für Patrick begann der Tag etwas später, er musste erst zu 10:00 Uhr auf Arbeit sein und wird im Schichtsystem arbeiten, dabei muss er auch am Wochenende ran. Unsere Vorgesetzte war so nett und hat seinen Dienstplan komplett entgegengesetzt zu meinen Zeiten geplant. Damit wir auch absolut keinen Tag zusammen frei haben. Kein Problem wir haben jetzt schon tausend Freunde hier, mit denen wir unsere freien Tage verbringen können.
So jetzt aber zurück zum 1. Arbeitstag: Nachdem mich Patrick auf Arbeit abgesetzt hatte, meldete ich mich bei meiner Vorgesetzten. Sie führte mich in den Jumpstart Raum, wo ich mir als erstes ein Video anschauen dürfte, das mich über meine ach so verantwortungsvolle Aufgabe aufklärte. Diese bestand darin in der Produktion Klamotten auf Kleiderbügel zu hängen und auf die jeweilige Kleiderstange zuzuordnen. Sprich Männer- und Kindersachen auf eine Kleiderstange und Frauen auf eine Andere. Nach dem Video sollte ich mich bei Donna melden, sie gab mir eine Aufgabe, die ich für ca. 10 Minuten durchführte - danach ging es zur Produktion. Ich erhielt eine 10-minütige Einführung in mein Tätigkeitsfeld und sollte mich dann an die Arbeit machen. Es war jedenfalls kein Hexenwerk, denn mit Sachen aufhängen kenn ich mich aus, bei einem begehbaren Kleiderschrank in den eigenen vier Wänden (Berlin). Nach nicht mal einer Halbenstunde hatte ich den Dreh raus und dachte nur...oh weh - wie soll ich diese einseitige Arbeit nur 3 Monate durchhalten? Schließlich war ich es gewohnt meinen Arbeitstag zu strukturieren und über meine nächsten Schritte nachzudenken. Hier musste ich nur darüber nachdenken, ob die Hose die ich in der Hand habe "männlich" oder "weiblich" ist und ob ich bald eine neue Kleiderstange oder -bügel brauchen würde. Neben der Langeweile die aufkam, fing auch nach kurzer Zeit der Rücken an sich zu melden, um mir zu signalisieren, dass permanentes Stehen nicht seine Lieblingsbeschäftigung sei. Na das kann ja lustig werden für die nächsten drei Monate. Für die nächsten Stunden war ich dann erstmal beschäftigt mit Aufhängen...nachdem wir fertig waren und alle Klamotten, die zur Verfügung standen aufgehängt wurden - dürfte ich ein neues Tätigkeitsfeld kennenlernen - "Rolling" - das bedeutet so viel wie die aufgehängten Klamotten (mit Preisschild) im Laden zu verteilen. Vorher zeigte mir Daneka (zukünftige Supervisor) die Ladenfläche und erläuterte wie und wo die Sachen einsortiert werden. Da ich schon mal im Laden einkaufen war, wusste ich schon so ungefähr, wo welcher Artikel hinkommt. Endlich durfte ich laufen und mein Gehirn benutzen, denn schließlich musste ich die Artikel an die richtige Stelle hängen. Jedoch blieb mir nicht viel Zeit, um mich mit dem "Rolling" intensiv auseinanderzusetzen - denn nach ca. 1h auf der Ladenfläche endete mein acht-stündiger Dienst - ENDLICH....
Perspektivwechsel: Mein Tag verlief etwas anders. Nachdem ich Bella mit Jim-Bob zur Arbeit gefahren hatte, fuhr ich zurück zu unserem AirBnB, wo noch viele Sachen von uns lagen (wir hatten einen Teil bereits am Tag zuvor eingeladen). Ab heute hatten wir nämlich unser Zimmer in der WG. Nachdem der Rest verstaut war, fuhr ich gegen 8:30 Uhr von der alten zur neuen Wohnung, wo ich alle Koffer, Tüten und sonstigen Firlefanz entlud. Glücklicherweise hatten wir am Vorabend bereits unsere Matratze in die neue Bleibe gebracht, so dass der Brocken nicht auch noch bewegt werden musste. Es blieb sogar noch so viel Zeit, mir einen Kaffee kochen zu können. Ohne geht einfach nicht. Gegen 9:30 Uhr fuhr ich dann mit dem Dicken zur Arbeit, um meine erste Schicht anzutreten. Ich bekam Stahlkappenschuhe, einen schicken grünen Pullover und eine noch schickere grüne Warnweste. Nachdem ich mich umgezogen hatte, wurde ich ins Donation Center begleitet. Dort wurde mir Cindy vorgestellt, ebenfalls im Donation Center tätig. Nach kurzem Vorstellen ("Hi. I äm Pätrick. Neis tu miet ju.") wurde mir im feinsten "ich-rede-sehr-leise-und-dafür-besonders-schnell-Kaugummi"-Englisch mein Tätigkeitsfeld erklärt. Dieses besteht darin, die Spenden von Hinz und Kunz anzunehmen und dann je nach Beschaffenheit auf unterschiedliche Wägen fachgerecht zu stapeln. Es wird hierbei in drei Kategorien unterschieden: "Klamotten/Schuhe/Bettzeug", "Bücher/DVDs/CDs/Vinyl" und "Rest". Möbel werden hingegen nicht auf die Wägen gestapelt, sondern in einen gesonderten Bereich gestellt, ausgepreist und in den Laden bugsiert. Alles was unbrauchbar und/oder kaputt ist oder einfach seltsam riecht, wird umgehend in die Schrottpresse geworfen. Sollte mal so ein Wagen voll sein, wird er gewogen, ein paar Notizen gemacht und wird entweder im Donation Center zwischengelagert oder geht direkt weiter in die Produktion. Da wo Bella und die anderen quasi darauf warten. Soweit, so einfach. Im Laufe der darauffolgenden Stunden kamen noch weitere Kollegen des Donation Centers, die ich dann alle kennenlernen durfte. Darunter Kenny, ein kleiner, etwas kräftigerer Mann Anfang/Mitte 40, aus den USA, der ursprünglich aus Italien kommt, der, so sollte sich herausstellen, mein Vorgesetzter sein würde. Was mir an meinem ersten Arbeitstag auffiel? Ich hatte zwar keinen Arbeitsvertrag unterschrieben und damit nicht sicher, zu welchen Konditionen ich denn arbeiten würde. Noch hatte ich eine Karte erhalten, mit der ich mich ins System ein- und ausloggen konnte (wichtig für die Arbeitszeiterfassung). Dafür war es den Supervisorn (die, die über Kenny stehen) um so wichtiger, das ich ja meine Pausen einzuhalten habe. Nach den ersten zwei Stunden steht einem eine 15-minütige Pause zu. Nach weiteren zwei Stunden eine Lunch-Pause (30 Minuten) und wieder zwei Stunden später eine 15-minütige Pause. Pause machen können sie also, die Kanadier. Da ich das Privileg hatte, an meinem ersten Arbeitstag nur 6 Stunden arbeiten zu müssen, entfiel logischerweise die letzte Pause. Das war aber zu verkraften, denn ich hatte gleichzeitig Schluss mit Bella. Wir fuhren mit dem Dicken nach Hause und ließen unseren Tag Revue passieren...