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Das Zusammenleben mit Kanamerikanern

Veröffentlicht: 04.04.2018

15.04.2018 Mittlerweile wohnen wir schon 1 1/2 Monate mit kanadischen Studenten zusammen in einer WG. Da hatten wir schon etwas Gelegenheit die Eigenheiten unserer Mitbewohner kennen zu lernen. Wie wir schon zu Beginn unseres Work & Travel Aufenhaltes feststellen durften, müssen Kanadier sich immer laut unterhalten, immer. Ob man im Park oder auf der Straße unterwegs ist, man kann immer ihre Konversationen aus 10 Metern Entfernung wunderbar verfolgen. Wobei sie dabei meistens auch auf ihre Freisprechanlage zurückgreifen, damit man auch die komplette Unterhaltung versteht. Spannend! Privatsphäre ist eben nichts für Kanadier, wozu auch. Macht auf jeden Fall noch mehr Spaß, wenn deine Mitbewohner dies auch im Haus durchführen und dabei lauter sind als unser Laptop. Noch spannender. 

Das Zusammenleben mit unseren Mitbewohnern ist meistens schwieriger als gedacht. Immerhin sind wir 6 Personen plus evtl. Übernachtungsgäste. Um euch unsere Mitbewohner-Situation etwas näher zu bringen, ein kurzer Überblick zu unseren Mitbewohnern: direkt über und unter uns wohnen die zwei Geschwister von Rulon (er hat uns das Zimmer vermietet). Da haben wir Hannah (19). Sie ist fast immer um 7:00 wach, auch am Wochenende. Hannah teilt mit uns die Reinlichkeit (an der es doch ziemlich mangelt in diesem Haushalt) und ist insgesamt noch die Vernünftigste in diesem Haus. Ihr Bruder, Rowen (24), arbeitet in der nahegelegen Apotheke, ist meistens ziemlich ruhig, redet wenig und ist öfters auch launisch. Dann haben wir noch unsere indischen Prinzessinnen Sartaj (20) und Sonali. Sartaj ist irgendwie immer Zuhause, obwohl sie eigentlich noch studiert und meistens ist ihr Freund Shane mit dabei. Sonali (19) studiert ebenfalls noch und kommt häufig erst um 23:00 Uhr nach Hause. Meistens sind wir mehr als sechs Leute im Haus, wenn die Freunde bzw. Freundinnen auch noch hier schlafen. Das ganze verteilt sich über vier Etagen. Wobei die Küche ziemlich nah an unsere Zimmer grenzt. In gewisser Weise sind wir mittendrin zwischen dem Gewusel. In dieser WG ist es total normal, dass man sich nach dem Nachhausekommen gerne laut über dies und das unterhält, egal ob es 16:00 Uhr oder 23:00 Uhr ist. Zwei unserer Mitbewohner (Hannah & Sartaj) gehen jeden Tag (wirklich jeden Tag) zum Sport, aber nicht zu normalen Zeiten, sondern zwischen 19:00 und 23:00 Uhr. Und danach beginnt auch erstmal die Party, zumindest was die Lautstärke der Unterhaltungen bzw. der Musik angeht, erinnert es an eine Hausparty. Zu doof, dass Bella zu 22:00 Uhr ins Bett geht, da sie um 6:00 Uhr wieder aufstehen darf. So rücksichtslos sind sie eben die Kanadier. Leider kümmert sich hier auch keiner um den Anderen. Zwar fragt natürlich jeder, wenn man sich über den Weg läuft, wie es einem geht, dabei interessiert es sie aber gar nicht. Weswegen wir jetzt schon genervt sind, von dem typischen "How are you". 


Kochen ist in unserem Haushalt von Zeit zu Zeit auch etwas schwierig. Da wir einen Induktionsherd besitzen (der ziemlich schwächelt, wenn drei Platten auf einmal eingeschaltet sind) sind nur bestimmte Töpfe und Pfannen kompatibel. Dadurch entbrennt ab und an ein Kampf um den besten Topf bzw. die beste Pfanne. Wenn unsere Mitbewohner tatsächlich mal kochen, dann kann es auch schonmal sein, dass das übrig gebliebene Essen einfach in einem der 3 Töpfe bleibt (meist in dem Großen, der nicht wirklich groß ist, aber größer als die anderen beiden) und in den Kühlschrank gestellt wird. Macht ja nichts, dass andere auch was essen wollen. Was, du wolltest was kochen? Nein, ich wollte alle Zutaten für die Bolognese in meine Hände tun und warten bis die Körperwärme das Essen zum kochen gebracht hat. Da es auch nur eine Schüssel gibt (welche jetzt schon seit 3 Wochen bei Sartajs Freund ist), kann es auch mal sein - wenn diese in Benutzung ist, dass sich Mitbewohner an unserem Schrank vergreifen und sich eine unserer Schüsseln ausborgen. Alles gut, sind ja nur unsere privaten Sachen drin. Eines Tages ging dann auch noch der Geschirrspüler kaputt, der absolute Weltuntergang für unsere Putzmuffel. Ich war so lieb und wusch all das Geschirr aus dem kaputten Teil ab. Hannah war davon so begeistert, dass sie mir eine Butte Eis mitbrachte. Doch noch etwas Positives. 

Sehr interessant war auch unsere erste Woche in der Benutzung der Küche, da befanden sich auf einmal Zettel auf der Arbeitsplatte. Auf dem ersten Zettel stand: "Bitte räumt das Chaos auf der Arbeitsplatte weg". Zur Info, dort stand eine Tupperdose und unser selbstgebackenes Brot (welches auskühlen muss, nach dem es gebacken wurde). Der andere Zettel wies daraufhin bitte keine heißen Töpfe auf die Arbeitsplatte zu stellen...naja ich hatte am selben Tag aus Versehen dies getan. Aber anstatt mit einem darüber zu reden, sind Zettel wohl die bessere Alternative. Ziemlicher Kindergarten dachten wir uns. In der selben Woche wurde auch ein Meeting zusammen gerufen. Zwei der Mitbewohner (Sartaj & Sonali) kamen erst gar nicht. Wir hatten uns schon auf das Schlimmste vorbereitet, aber im Endeffekt ging es nur um das Wesentlichste. Zum Beispiel um die Mülltrennung, welche in unseren Augen ziemlich unlogisch erscheint und nur wenig mit der aus Deutschland zu tun hat. Das größte Thema war das Putzen und Aufräumen. Wir sollen bitte sofort abwaschen, wenn wir in der Küche Chaos angerichtet haben. Ach ja, naßes Geschirr zum Trocknen einfach in der Geschirrablage stehen lassen - geht natürlich auch nicht. Entschuldigung, dass ich mein gekochtes Mahl auch gerne warm essen möchte. Naja in den letzten Wochen haben wir für unser Verhalten (nicht direkt nach dem Essen abzuwaschen) noch keinen weiteren Zettel erhalten..Glück gehabt.


Außerdem konnten wir in den letzten Wochen feststellen, dass sich unsere Mitbewohner nach ihrer Arbeit wenig mit anderen Dingen beschäftigen. Da geht man nicht noch einen Kaffee trinken oder etwas Essen oder am Wochenende auf einen kleinen Städtetrip oder Ausflug. Ziemlich langweilig, bei denen zählt nur die Uni, Arbeit und Sport. Das ist absolut nichts fürs uns, wir sind froh, wenn wir aus diesem Haus mal rauskommen und uns mit unseren Arbeitskollegen treffen können oder  wir beide etwas unternehmen können in Victoria oder Umgebung.

Letzte Woche haben wir uns mal auf das Kindergarten-Niveau herab gelassen und auch einen Zettel verfasst. Denn seit 3 Wochen hat sich in der Bäderputz-Affäre nix bewegt bzw. geputzt. In den nun 5 Wochen, in denen wir hier wohnen, haben wir beide 3 mal das komplette Haus gesaugt und 2 mal die Bäder sauber gemacht. Hannah hatte im gleichen Zeitraum 1 mal gesaugt und 1 mal das große Bad sauber gemacht. Und der Rest der hier ansässigen Bevölkerung? Nun, der gefällt sich darin rein gar nichts zur Sauberkeit zuzusteuern. Vielleicht sind Staubsaugen oder Arbeitsflächen abwischen auch nicht mehr wirklich hip. Viel mehr wirken sie gern Kontraproduktiv entgegen, in dem die Spiegel in den beiden Bädern mit Wasser- und Speichelflecken verschmutzt sind. Rowen hab ich die letzten Tage dabei erwischt, wie er seine Zahnseide direkt vorm Spiegel benutzt, mmmhhh - deswegen sieht der Spiegel, wie ein Dalmatiner aus. Jedenfalls fragten wir in unserer Nachricht freundlich nach, wer sich als nächstes um die Reinigung des Bades kümmern würde, wobei Hannah und wir ja raus sind - da wir drei die letzten Male in Mr. Proper-Laune waren. Unser Zettel wurde schnellstmöglich entsorgt und Hannah erstellte einen Putzplan. Endlich sollte sich etwas ändern in der Sauberkeit dieser recht dreckigen WG. Und ich kann verraten: Es hat sich tatsächlich auch etwas getan - zumindest wurden beide Bäder von Rowen geputzt (vielleicht nimmt er jetzt mehr Rücksicht auf den Spiegel). Zwar nicht am selben Tag, aber es ist abgehakt und wir können endlich ohne Angst vor Fußpilz duschen gehen. 


Am nächsten Morgen nach unserer Putzplanaffäre (ich glaub, nicht alle waren glücklich mit der Beteiligung an der Reinigung des Hauses), gab es einen weiteren Zettel am Kühlschrank. Sonali beschwerte sich, dass sich wohl Lebensmittel von uns in ihrem Fach befanden (was leider nicht stimmte) und ihr wohl eigentlich noch ein Fach im Kühlschrank zu stehen würde, wobei wir dies wohl momentan in Beschlag genommen haben. Sorry, dass wir zwei Mägen haben...ich sag nur Kindergarten. In den letzten Wochen befanden sich immer mal ihre Lebensmittel bei uns im Fach, zu dem wollte sie zum Ende der Woche ausziehen. Brav wie wir sind, haben wir natürlich unser Fach geräumt und ihr Platz gemacht. Bis zu ihrem Auszug nutzte sie nicht einmal dieses leere Fach. Naja Hauptsache erstmal Stress machen. Am Freitag befand sich dann auf einmal ein Käse und Joghurt bei uns, wohl auch von Sonali - leider waren wir zu ehrlich und hätten (zumindest den Käse, da sehr teuer) schnell aufessen sollen. Ihr Auszug zurück zu ihrer Mutter nach Vancouver gestaltete sich auch als sehr langwierig und chaotisch. Überall in der Küche standen Berge von Klamotten und Kisten. Bis spät in die Nacht wurde noch Wäsche gewaschen und Kisten gerückt. Wir fragten uns, ob man nicht seine Wäsche bei seiner Mutter waschen kann. Naja, Sonntag war sie dann endlich weg und eine Stunde später zog schon die nächste Mitbewohnerin ein - um einiges organisierter. In unter 20 Minuten waren all ihre Sachen in ihrem Zimmer ohne viel Krach und Lärm. Das lässt uns hoffen, dass es jetzt etwas ruhiger und weniger anstrengend wird. Jedenfalls freuen wir uns schon riesig wieder in unsere eigene Wohnung zu ziehen, wieder mehr Ruhe, weniger Kindergarten und all unsere Freunde & Familie um uns herum zu haben.

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