Einmal Asien Bitte
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Peking - 北京

Veröffentlicht: 28.12.2019

Niederländer, überall Niederländer... Und zwar nicht nur in unserem Abteil des Zuges, der sich in Richtung China bewegte... Der ganze Waggon war voll mit einer Touristengruppe Niederländer, die sich offensichtlich freuten ihre Nachbarn, also uns deutsche zu treffen. Auch wenn die Niederländer weitestgehend nett waren, mussten Tom und ich uns doch ungewohnt häufig daran erinnern, dass das Gegenüber doch den einen oder anderen Fetzen unserer Sprache verstehen könnte, worüber wir uns angenehmerweise auf unserer bisherigen Reise keine Sorgen machen mussten.

Nach 13 Stunden Fahrt erreichten wir endlich etwas, worauf wir uns lange gefreut hatten, was wir aber auch schnell hinter uns lassen wollten: Die Landesgrenze Chinas.

Doch leider war nichts mit „schnell hinter uns lassen“, da der chinesische Staat es offenbar für nötig erachtete Einreisende erst einmal nach der Pass- und mehrfachen Gepäckkontrolle für sechs Stunden in eine Wartehalle ohne ausreichende Sitzmöglichkeiten zu sperren. Doch wir ließen uns die Nacht nicht verderben und plauderten bei ein paar Bierchen, Wein und Wodka mit einer anderen deutschen Familie. Wir sprachen unter anderem über Theater und insbesondere Schultheater, wobei ich mich sehr kritisch und teils eventuell fast beleidigend im Bezug auf Theater an staatlichen Schulen äußerte (selbstverständlich immer im Vergleich zum besonders tollen Schultheater der Waldorfschule RSSW). Später stellte sich dann heraus, dass die Mutter der Familie Theater an einer Staatsschule unterrichtete... ein kurzer peinlicher Moment folgte, aber Alkohol und andere Gesprächspartner ließen diesen schnell verfliegen. Außerdem trafen wir unsere Freunde, die Neuseeländer Donna-Marie und Andrew wieder, denen wir auch in Ulan-Bator über den Weg gelaufen waren. Um 3 Uhr morgens ging es dann endlich zurück in den Zug.

Der Anblick der sich uns am nächsten Morgen bot war atemberaubend schön. Vor unserem Fenster flogen märchenhafte Berglandschaften vorbei, welche mit Dörfern gespickt waren, die sich an steile Berghänge über grün-türkisen Flüssen schmiegten.

Als die Berge langsam niedriger wurden, bekamen wir im Nordosten Chinas einen Vorgeschmack von Chinas nahezu perfekten Infrastruktur und der Industrie. Wie auch bei späteren Zugfahrten konnten wir aus dem Zug riesige Industrieanlagen, Kohlekraftwerke und Autobahnen bewundern, die Deutschland ziemlich alt aussehen ließen. Auch bei der Netzabdeckung Chinas könnte man meinen, wir Deutschen würden diesbezüglich noch in der Steinzeit leben – alle 300 Meter konnte man einen Mobilfunkmast erkennen – nicht schön, aber effektiv. Die Beschreibung „nicht schön, aber effektiv“ passt auch zu den Hochhäuserburgen, die fast exponentieller wachsend in Anzahl und Größe stiegen, je näher man einer Großstadt kam.

Peking – eine Stadt voller Menschen, historischer Bauten und wenig Platz. Peking ist jedoch nicht, wie ich vorher vermutet hatte, durchgängig überfüllt oder besonders laut. In den vielen Hutong-Gebieten sind die Häuser niedrig, die Gassen eng und ist es ruhig. Man könnte fast meinen, man befinde sich in einem Dorf oder einer Kleinstadt. Das Essen ist sehr gut, günstig und immer perfekt gewürzt. Der öffentliche Nahverkehr in Peking, sowie auch in Shanghai ist sehr geordnet und meiner Meinung nach einfacher zu nutzen als das U-Bahn-System in Deutschland. Es gibt keine verwirrende Auswahl zwischen 30 verschieden Fahrkarten, es ist zu jedem Zeitpunkt klar wohin man gehen muss um sein Ziel zu erreichen und es entstehen aufgrund von kluger Wegführung keine Staus. Verspätungen, Baustellen oder Ausfälle gibt es nicht. Besonders in der Metro kommt man den Chinesen sehr nahe, bzw. viel eher die Chinesen der eigenen Achselhöhle. Der Größenunterschied zwischen uns (Tom und mir) und den Chinesen ist enorm – enorm praktisch: Man hat immer einen guten Blick auf die Dinge, man atmet immer die beste Luft, man muss sich nicht recken um ein gutes Foto schießen zu können und ich habe selbst in großen Menschenmengen immer mein Tömmchen wiedergefunden. Auch wenn die Chinesen durch ihre Größe immer einen gewissen Abstand zu einem haben, treten sie doch gerne an einen heran, man wird mal hier und da angefasst und auch mal weggeschoben. Respekt, Scharmgefühl, Essmanieren genauso wie Privatsphäre wird meinem Eindruck nach in China (vor allem im Vergleich zu Deutschland) nicht besonders groß geschrieben. Andererseits gehen Chinesen sehr rational und praktisch an die Dinge und regen sich nicht schnell auf. Diese Beschreibung der Chinesen hört sich vielleicht zuerst recht kalt und hart an, ganz so ist es aber nicht, da eine allgemeine Toleranz herrscht, die das Leben in China sehr viel simpler und unaufgeregter als in Europa laufen lässt. Jedoch ist dies nicht alles was die Menschen hier ausmacht. Viele sind freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit, sobald man mit ihnen in Kontakt tritt.

Willst du dich einmal wie ein Star fühlen, hast ein fable für Aufmerksamkeit, bist groß, hast eine helle Haut- und Haarfarbe? – Dann komm‘ nach China! Sobald diese äußere Beschreibung auf einen zutrifft, was bei Tom und mir der Fall ist, wird man, wo auch immer man ist ununterbrochen angestarrt, fotografiert oder nach Fotos gefragt. Als Tom und ich uns einmal die Mühe machten zu zählen wie viele Menschen mit uns ein Foto machen wollten zählten wir innerhalb von zwei Stunden 30 Personen (bei uns beiden holden Junkern ist ein solcher Andrang natürlich gut nachvollziehbar). Auch Schlange stehen war dabei nicht unüblich.

Während unserer Zeit in Peking besuchten wir viele Tempel, überteuerte Parkanlagen, erhaschten einen Blick auf die verbotene Stadt (in der sich 50.000 Menschen tummelten) und liefen viel in der Stadt herum. Was bei unserem Besuch in Peking nicht fehlen durfte war der Besuch der beiden größten Fakemärkte der Stadt – Silkstreet und Pearl Market. Ich kaufte fleißig ein und blieb so hart bei den Preisverhandlungen, sodass ich den Preis sogar einmal auf 2,5% des Anfangspreises drücken konnte. Mit wachsendem Spaß am Handeln, was teilweise in hitzigen Diskussion endete und der Belustigung durch die teils schlechten, teils täuschend echten Fakes vergaßen Tom und ich die Zeit zwischen Gucci-Handtasche und Adilette und verbrachten fast einen ganzen Tag dort.

Auch wenn bis hierher alles glatt verlaufen war, sollte sich dies nun ändern. Da in China entweder in Bar oder digital (hier nur möglich mit chinesischem Bankkonto) gezahlt wird, waren wir auf Geldautomaten angewiesen. Problematisch dabei war, dass nur sehr sehr wenige Automaten überhaupt Kreditkarten akzeptierten was zu stundenlangen Suchaktionen führte. Die ganze Situation eskalierte als ein böswilliger Geldautomat Toms Kreditkarte grundlos einzog. Zusätzlich wurde dieses Ereignis von einem kleinen

Malheur überflügelt, dass sich nachts nach einer netten Party-Date-Night ereignete. Ich hatte mich mit Samantha, einer netten Chinesin, in einer Bar verabredet und da wir uns sehr gut verstanden, gingen wir weiter in einen Club, in dem es für mich, den Europäer und meine Begleitung freien Eintritt, freie Getränke und einen Platz in der VIP-Loge gab. Der Abend war perfekt, bis ich ein Freigetränk bekam. Auch wenn ich meinen Drink nicht aus den Augen ließ, schaffte es jemand, ein paar KO-Tropfen, Drogen oder etwas ähnliches in mein Getränk zu mischen. Ich schaffte es gerade noch aus dem Club bevor ich ohnmächtig wurde. In der Folgenacht verlor ich mein Handy, Samantha, eine Sonnenbrille und ein Teil meiner Erinnerungen. Am nächsten Morgen um 9 Uhr erreichte ich komplett fertig unser Hostel und schlief mich erstmal den Tag aus.

Anstatt des geplanten Ausflugs zur chinesischen Mauer als Abschluss für unseren Aufenthalt in Peking verbrachten wir den Tag damit Toms Kreditkarte zu retten und einen Technikladen für einen Handykauf zu suchen. Die Suche nach dem Technikladen blieb leider erfolglos (anscheinend kaufen die Chinesen alles online) doch Toms Karte konnte nach Tagen des Wartens endlich geborgen werden. 
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