Veröffentlicht: 23.09.2019
Warten, warten, warten... Nachdem wir in Jekaterinburg ausgecheckt hatten bot sich uns keine Möglichkeit unser Gepäck und den Großeinkauf für die bevorstehende Bahnfahrt irgendwo abzustellen oder einzuschließen, worauf hin wir uns sechs Stunden in ein russisches Bistro setzten und auf unseren Zug in Richtung Mongolei warteten. Im Zug eingestiegen stolperten wir zu Sergej und Bortsch, zwei großen und breiten Typen herein, die beide früher bei der Armee dienten, was gut zu ihrem latent aggressiven und äußerst kalt wirkendem Erscheinungsbild passte. Nach einem Händedruck, der zu ihrer Statur und ihrem beruflichen Hintergrund passte, stellte sich jedoch heraus, dass die beiden herzensgute Russische Brummbären waren, mit denen wir uns schnell gut verstanden. Standesgemäß wurde zum Einschlafen (und auch sonst) der Wodka unter dem Kopfkissen hervorgeholt und schnell wieder versteckt, da in Russland das öffentliche Trinken auf der Straße oder an öffentlichen Orten verboten ist. Teilweise wird der Wodka deshalb in Plastikflaschen umgefüllt und so unauffällig anstelle von Wasser konsumiert. Das Alkoholverbot im öffentlichen Bereich nahmen Tom und ich nicht besonders ernst, bis wir im Zug von Polizisten auf Russisch angemeckert wurden, worauf wir selbstverständlich den überraschten Touristen, der kein Russisch versteht spielten, worauf hin die Polizisten nach unserer Vorstellung brummend die Tür des Abteils schlossen. Die beiden Bären Sergej und Bortsch halfen uns gerne bei der Kommunikation mit dem Zugpersonal und schenkten und ständig "Wasser", Kekse und was es sonst noch so Kostenloses im Zug gab.
Im Verlauf der Unterhaltung mit Sergej, der nur Russisch sprach und aus Nowosibirsk kam, fragten wir ihn was man denn so in Nowosibirsk, unserem nächsten Reiseziel machen könne oder sehen sollte. Über diese Frage musste Sergeij erst einmal eineinhalb Stunden nachdenken und Antworte schließlich: Wir haben einen Zoo.
Ich möchte mir gar nicht erst die Mühe machen Nowosibirsk zu beschreiben, sondern würde gerne diese Reaktion Sergejs für sich sprechen lassen, denn selbst nach langem Beraten mit einem neu zugestiegenem Russen (lebt auch in Nowosibirsk) konnte uns keiner der Beiden einen besseren Tipp geben als ein Bier trinken zu gehen - was uns nicht wahnsinnig fern lag.
In Nowosibirsk angekommen gelangten wir in ein Bahnhofsgebäude, welches in einer grün-türkisen Farbe gehalten war, die die Russen zu lieben scheinen – ich persönlich verbinde diese Farbe viel eher mit Krankenhauskitteln. Von dort aus geleitete uns Sergeij noch bis zur Metro, woraufhin wir jedoch den Bus nahmen und zu Schanna (oder übersetzt „Janna“), der netten Russin im Rentneralter (nach deutschen Standards), fuhren, die unsere Gastgeberin für die nächsten Tage sein sollte. Dort angekommen gab es zunächst eine kurze Verwirrung, da das Zimmer, welches wir gebucht hatten nicht wie auf den Bildern zwei Betten besaß und von uns allein genutzt wurde, sondern anstatt dessen drei Doppelstockbetten beherbergte und entsprechend von mehreren Menschen genutzt wurde. Nachdem zunächst von zwei weiteren Mädchen in unserem Alter, die dort mit wohnen sollten, die Rede war, kam bald deren Vater und kurz darauf ein mongolisches Ehepaar dazu.
Abends lernten wir dann Schannas Hund, Katzen und andere Mitbewohner (Menschen) kennen. Im Anschluss, denn es war mein Geburtstag, spendierte uns Schanna ein paar Gläschen Wodka und eine Schüssel Borsch, eine typisch russische Suppe. Später zogen wir dann noch weiter um auf meinen Geburtstag und unsere Reise anzustoßen und ließen den Tag – oder die Nacht mit dem ein oder anderen Gläschen Bier ausklingen.
In den darauffolgenden Tagen aßen wir meist Frühstück und Abendbrot bei Schanna, die uns dies für 100 Rubel (ca. 1,4€) pro Mahlzeit zubereitete – typisch russisches Essen und sehr lecker.
Nowosibirsk war letzten Endes doch nicht so langweilig, wie zuerst angenommen. Zwar war die Stadt abgesehen vom Gebäude des Theaters nicht besonders sehenswert, es gab jedoch einige gute Restaurants und Bars. Wir besuchten den bereits erwähnten Zoo, der fünf Mal so groß wie Hagenbeks Tierpark in Hamburg war und mit seiner Vielfalt an Arten (besonders die, die auf der roten Liste stehen) begeistern konnte. Am letzten Tag in Nowosibirsk fuhren wir aus der Stadt heraus und verbrachten den Tag am Strand der Oka und badeten bei 34 Grad in der Sonne und im Fluss. Da der Bus, den wir zurück in die Stadt nehmen sollten (anders als alle anderen Busse bisher) keine Karte, sondern nur Bargeld nahm, fragten wir bei einer Tankstelle nach dem nächsten Geldautomaten, woraufhin ein Nuklearphysiker, der gerade getankt hatte, anbot uns in den nächsten Ort mitzunehmen. Dieses Angebot nahmen wir dankend an und gelangten so an Bargeld und letztendlich auch nach Hause.