Veröffentlicht: 06.01.2017
Hallo meine Lieben,
ja jetzt ist es schon 2017 und das hier wird wahrscheinlich einer meiner letzten Blogeinträge aus Ecuador werden. Hier in Olon hat mich einfach die Schreibfaulheit überkommen und ich muss ehrlich zugeben, dass ich immer wieder Ausreden gefunden habe, warum ich gerade keine Zeit habe einen neuen Eintrag zu verfassen.
In der Zeit von meinem letzten Bericht und heute ist unglaublich viel passiert. Nicht nur das wir Halloween, Olonfest, Weihnachten, Neujahr, viele Geburtstage und zwei erfolgreiche Konzerte hinter uns gebracht haben. Nein, es ist auch persönlich einiges passiert.
Mittlerweile gehe ich nicht mehr durch ein fremdes Dorf als Blondine, Gringa oder Touristin. Mittlerweile gehe ich als Maria durch ein kleines, wunderschönes Dorf direkt am Meer(in dem ich fast von jedem 5. Haus das WLan-Passwort habe) und werde von jedem Einheimischen freundlich, wenn nicht sogar überschwänglich begrüßt, manchmal zu einem kleinen Smalltalk aufgehalten oder bekomme einfach nur schnell ein Frohes Neues Jahr gewünscht.
Es wurden neue Freundschaften geschlossen und andere Freundschaften beendet. Es kam zu ersten Diskussionen mit meinem machohaften Gastvater, der der Meinung ist größer als Gott zu sein und es wurde eine richtige Musikschulstruktur aufgebaut. Ich habe meine erste richtige grüne Welle gesurft, musste dafür aber auch mit zwei offenen Knien und einem aufgeschürften Arm bezahlen. Ich habe es geschafft alle meine 9 Schüler auf ihre Art in mein Herz zu schließen und mich damit abgefunden, dass Schläge manchmal doch eine Lösung sind. Die ständig laufende Musik wird als angenehm betrachtet und es kristallisieren sich sogar schon richtige Lieblingshits heraus. Ebenso empfindet man es auch nicht mehr als störend, dass auf Feiern nicht geredet wird, man sich beim tanzen nicht anguckt oder man sich bei Freunden immer bedienen lässt. Neben ganz vielen Ecciweisheiten wurde außerdem gelernt, dass wenn man zu viel Sport macht (d.h. Fußball spielt und surft am gleichen Tag) Fieber bekommt und dass Läuse die einzigen Tiere auf der Erde sind die rückwärts laufen.
Die einzige Ecciangewohnheit der sich mein Körper regelrecht widersträubt, ist das Fernsehgucken beim Essen. Ich habe es bis heute noch nicht geschafft konzentriert dem laufenden Sender zu folgen, so sehr ich mich auch angestrengt habe. Entweder bin ich einfach immer zu sehr mit meinem Essen beschäftigt, oder es ist tatsächlich die unglaublich schlechte schauspielerische Qualität der Ecuadorianer die mich mehr abschreckt als anzieht.
Neben all den persönlichen Erlebnissen, habe ich in den letzten 3 Monaten natürlich auch das wundervolle Land mit seinen Vielfältigkeiten näher kennen lernen dürfen. Reisen nach Cuenca, Quito, Manabi und in das andere MoG-Projekt im wintzigen Dorf Shagal haben mich dazu gebracht dieses Land noch mehr in mein Herz zu schließen. Darüber möchte ich aber keine langen Reden schwingen, sondern lasse lieber Bilder sprechen.
Wie schon erwähnt ist viel Zeit vergangen seitdem ich mich nicht mehr gemeldet habe. Ende November haben wir nach längerem Hin- und Her den ersten Versuch eines Schülerkonzertes gestartet und wurden positiv überrascht. Im Endeffekt erschienen doch mehr Schüler als erwartet und es war schön das Projekt den Eltern einmal vorzustellen. Mit ungefähr 20 Gästen war das Centro halb gefüllt und es fand anschließend ein kleines "Beisammensein" statt.
Anfang Dezember folgte dann das groß angekündigte Olonfest mit Reinawahl, Tanzabenden, einem Umzug und dem abschließenden Feuerwerk mit vaca loca. Die letzten 2 Tage hat mich leider eine ziemlich heftige Grippe umgehauen, weshalb ich mit 39 Grad Fieber im Bett bleiben musste.
Von Adventszeit oder Weihnachtsstimmung hat man hier nicht wirklich etwas mitbekommen, außer ein paar Plastikbäumen und Lichterketten die plötzlich in allen Farben vor den Häusern leuchteten. Dem entsprechend waren wir auch nicht wirklich in Weihnachtsstimmung und sind demonstrativ an Heiligabend surfen gegangen. Außer einem gemeinsamen Weihnachtsessen am 24.12. war auch nichts ungewöhnliches zu vermerken. Man wurde jeden Tag wie gewohnt von dem Müllabfuhrsong geweckt und konnte einkaufen und Sachen erledigen wie üblich.
Ein Highlight gab es jedoch, da wir mit unseren Schülern ein Weihnachtskonzert veranstaltet haben, was zum richtigen Erfolg wurde. Das Centro war komplett voll und sogar der Dorfalkoholiker war anwesend, was uns zeigt, dass das Projekt auf ernsthaftes Interesse der Einwohner trifft. Die Kinder und Jugendlichen haben verschiedene Weihnachtslieder eingeübt und wir haben einen kleinen Chor gebildet. Mit Plastikbecherschneemännern und Kerzen kam dann auch zum ersten Mal richtige weihnachtliche Stimmung auf und nach dem Konzert wurde wie üblich ein kleines Essen veranstaltet.
An Heiligabend selbst haben wir mit den Schülern morgens in einem Restaurant gespielt und kleine Spenden für das Projekt eingenommen. Auch dies war ein schöner und motivierender Moment für uns Lehrer und Johnny den Projektleiter.
Silvester haben wir zu guter letzt ganz klassisch am Strand verbracht und uns von dort das Feuerwerk angeguckt. Um 12 sind alle Surfer dann wie von der Tarantel gestochen ins Wasser gerannt, um die erste Welle des Jahres zu surfen. Später ging es nach Montanita, das komplett überfüllt mit Touris war, wo wir den Abend dann ganz gemütlich ausklingen lassen haben (höhö).
So, ich hoffe ich wurde meiner Faulheit der letzten 3 Monate nun etwas gerecht und wünsche euch allen einen wunderbaren Start in das neue Jahr, Gesundheit und Freude am Leben. Ecuador- ama la vida.. wie es ja immer so schön heißt.
Ganz liebe Grüße
Henrike
Weihnachtschor