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Willkommen im Reich der Inka

Veröffentlicht: 24.11.2016

Wir sind nun die letzten Stunden in Cusco, bevor wir heut Nacht über Puno weiter nach Bolivien fahren, nach Copacabana am Titikakasee.

Die letzten Tage hier Cusco, der archäologischen Hauptstadt Südamerikas, waren von viel Action und atemberaubender Natur geprägt. Wahrscheinlich könnte man ein ganzes Jahr hier in Cusco und dem heiligen Tal verbringen und hätte längst noch nicht alles gesehen. Da wir aber inzwischen schon wahre Pre-Inka-Kultur-Experten sind (wir können inzwischen blind die Chachapoyas, Moche, Chimú und Nazca unterscheiden), haben wir hier nichtmehr unter jeden Inkastein gespickelt, sondern wollten eigentlich nur diesen gehypten Machu Picchu sehen. Der Tourismus in Cusco hat uns am Anfang fast erschlagen und wir haben uns trotz toller Unterkunft nicht sehr wohl in dieser Gringostadt gefühlt: auf jedem Meter wird einem eine Massage, ein Alpakaanhänger, eine Tour oder ein Kürbismeerschweinchen verkauft, dazwischen tummeln sich Gringos die kein Wort spanisch sprechen und die hier heimische Regenbogenflagge, die Flagge des Inkareiches, des Tahuantinsuyo, nicht von der Fahne der Homosexuellen unterscheiden können und denken, dass die Leute hier dauerbreit sind, weil sie Cocablätter kauen. Wir wollten Cusco trotzdem eine Chance geben und unser Freewalkingtour-Guide Marco hat es geschafft, doch noch Begeisterung für die Stadt zu wecken.

Cusco, „Nabel der Welt“ auf Quechua, wurde um 1200 vom ersten Inka, dem Sohn der Sonne, gegründet und war bis zum Eintreffen der Spanier am 14.11.1533, genau der Tag an dem auch wir nach Cusco kamen%), Hauptstadt des riesigen Inkareichs. Die Spanier plünderten Cusco komplett, zerstörten alle Tempel und Gebäude und bauten aus den Steinen Kirchen, Kolonialgebäude und eine Kathedrale. Nachdem alles Gold eingeschmolzen und die Einwohner unterworfen waren, wandten sich die Spanier jedoch ihrer neuen Hauptstadt Lima zu und Cusco geriet in Vergessenheit. Welch ein Glück im Unglück, denn somit entdeckten die Spanier nie Machu Picchu!

Die Spanier schafften es jedoch nicht, sämtliche Spuren der Inkahauptstadt auszulöschen: Überall finden sich noch Allen und Häuserfassaden aus Inkasteinen, die übermenschliche Kräfte besessen haben müssen, um solche Konstruktionen zu verwirklichen. Die elefantenkopfgroßen Steine fügen sich ohne Bindemittel so nahtlos aneinander, dass nichtmal ein Vicuñahaar dazwischen passt. Unser Guide Marco ist sich sicher, dass die Inka die Hilfe von Riesen hatten, sein Großvater habe nämlich einen Riesenknochen gefunden, der die Existenz dieser Wesen bezeugt. Wenn man sich die Landschaft hier ansieht, liegt es aber auch nicht fern, sich Fabelwesen vorzustellen, die hier gelebt haben könnten, eine Mischung zwischen Herr der Ringe und Avatar, traumhaft irreal!

Machu Picchu rief uns, wir konnten uns jedoch nicht entscheiden, wie wir dort hinkommen sollten: eine Tagestour mit dem Zug, eine 4-Tages-Wanderung über den Salcantay, herkömmlich über den Inkatrail, … die Auswahl war groß, die Preise exorbitant und meine Lust auf diesen blöden Hügel nahm immer weiter ab. Ich hatte mir eigentlich fest vorgenommen, den Inka-Jungle-Trek zu buchen, doch die Vorstellung von Downhillen, Raften und Ziplinen wollt bei Tömmi so gar keine Begeisterung erzeugen. Nachdem ich ihm aber vorgerechnet hatte, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis einfach unschlagbar ist, hatte ich ihn überzeugt, günstig zieht bei den Schwaben halt immer ;-)

Die kommenden 4 Tage näherten wir uns mit unserer SexyLlama-Gruppe dem Machu Picchu zuerst auf dem Mountainbike (50 Km downhillen auf einer Serpentinenstraße mit verrücktem peruanischen Gegenverkehr), dann 2 Stunden im Raftinboot auf dem Urubamba, am zweiten Tag per Pedes 8 Stunden durch den Dschungel mit toller Belohnung durch heiße Quellen am Abend, am dritten Tag beim Ziplinen (mit 90 kmh im Supermanflug über die Schluchten sausen war ganz schön geil) und schließlich einer Wanderung entlang der Bahngleise von Hidroelectrica nach Aguas Calientes, dem Retortendörfchen am Fuße des MP. Obwohl Tömmi sowohl vor dem Downhillen als auch vor dem Raften und vor dem Ziplinen (also eigentlich vor allen Aktivitäten:-) sehr viel Respekt hatte, hat er es wie ein wahrer Inka gemeistert, im Raftingboot musste er sogar ganz vorne sitzen und hat gepaddelt wie ein Seelöwe. Er hat sich sogar so verausgabt, dass er die ganze Nacht von unsäglichen Rückenschmerzen geplagt wurde und ich schon kurz davor war, einen Froschsaft gegen die Schmerzen zuzubereiten, 2 Ibus habens dann aber auch gerichtet.

Unser Guide Cesar, ein sehr stolzer Quechua, erklärte uns anschaulich und eindrücklich die Kultur und die Traditionen der Inka und wurde nicht müde zu betonen, dass er alles Spanische und die peruanische Regierung nicht wirklich leiden kann. Wir huldigten Pachamama (Mutter Erde) mit 3 Cocablättern und lernten alles über das Tawa Chakana (Andenkreuz), das den gesamten Glaubenskosmos der Inka symbolisiert. Ich hatte so eine Andenkreuzkette im Colca Canyon gefunden und die Bedeutung bisher nicht gewusst, seitdem Cesar mir es aber erklärt hat, trage ich die Kette sehr gern, er meinte, vielleicht hat die Kette ja auch mich gefunden. Kondor – Puma – Schlange: Zukunft – Jetzt – Vergangenheit: Himmel Hanq Pacha – Welt der Menschen Kay Pacha – Unterwelt Ukhu Pacha: Ich helfe dir – du hilfst mir – wir helfen uns: Sei gerecht – Sei stark – Sei weise: Absolute Gleichstellung von Mann und Frau: Sonne – Mond – Erde – Himmelsrichtungen … um nur einige Bedeutungen zu nennen. Trifft alle Werte einer funktionierenden Gesellschaft auch heut noch ganz gut, wie ich finde!

Doch ganz so Friede-Freude-Alpakaeintopf wie die Einheimischen hier die Inkakultur immer hinstellen, mag sie nicht recht in mein Bild passen. Bei sämtlichen Pre-Inka-Stätten, die wir bisher besucht haben, wurde uns erklärt, dass die Inka sehr brutal und kriegerisch alle anderen Kulturen und Stämme unterworfen und versklavt haben, ohne Rücksicht auf Verluste … da ist meiner Meinung nach kein großer Unterschied zu dem Vorgehen der Spanier erkennbar?!?

Doch nicht nur Inkakultur wurde uns gelehrt, wir besuchten einen Kaffee- und Schokoladenbauernhof, machten Bekanntschaft mit einem zutraulichen Schnurrbartäffchen namens Mona Lisa, tranken Schlangenschnaps und lernten die heimische Flora und Fauna kennen. Die Natur dort ist so unberührt und schön, dass ich dort glatt ne Strohhütte aufstellen und Kakao anbauen könnte … wären da nicht die bösen Moskitos. Bereits am ersten Abend des Treks war der Großteil unserer Gruppe so verstochen, dass wir bei 100 Stichen pro Bein aufgehört haben zu zählen. Reed, unseren US-Hüne, hat es so schlimm erwischt, dass er vor Schwellung nicht mehr in seine Sneaker passte und mit FlipFlops wandern musste. Der Höhepunkt der Moskitoplage war bei mir am letzten Abend erreicht, als mich so ein Mistviech in der Dusche ins Augenlid stach, so dass ich mit Karl Dall Auge den MP bestaunen durfte.

Am letzten Tage führt uns Cesar dann pünktlich um 06.00 durch die Eingangspforten von MP und wir erwarteten hinter jeder Ecke einen blauen Avatar auf einem Flugdino, so unwirklich lag die in Nebelschwaden gehüllte Ruinenstadt vor uns. Obwohl wir mitten in der Nacht um 04.00 losmussten, war alle Müdigkeit vergessen und auch Cesars Erklärungen streiften nur noch mein Ohr, weil meine Augen alle Kraft benötigten, um diese Naturszenerie aufzusaugen. Diese verrückten Inka haben sich wirklich ein unfassbar schönes Plätzchen für ihre Tempelstadt ausgesucht. Auch wenn Cesar uns sehr logisch erklärte, dass Millionen von Inka die Steine so lange mit Wasser und Sand bearbeitet haben, bis sie sich haargenau aneinander fügten – ich halte die Theorie mit den Riesen für glaubwürdiger, weil man sich einfach nicht vorstellen kann, wie Menschen so etwas erschaffen können. Dabei meine ich nicht nur die Bauwerke, sondern vor allem auch die perfekte astronomische Ausrichtung der Gebäude. Das Sonnentor ist exakt so ausgerichtet, dass zweimal im Jahr, bei Sommer- und Winterwende die Sonnenstrahlen beim Eintreffen ein Tawa Chakana bilden und den metallbezogenen Haupttempel in gleisendes Gold tauchen. Als wir ein Iphone auf einen rautenförmigen Stein legten, zeigten die Ecken des Steins EXAKT die Himmelsrichtungen an, inklusive dem sich bewegenden Nordpol. Unfassbar, dass die peruanische Regierung dieses Weltwunder nicht besser schützt. UNESCO hat eine Begrenzung von 2400 Besuchern pro Tag gefordert, das ist der Regierung aber egal und so wird die majestätische Felsenstadt zu Tode getrampelt. Als vor einigen Jahren Staatschefs aus China und den USA mit dem Helikopter anreisen wollten, wurde kurzerhand der heilige und tief in den Untergrund ragende Pachamama-Felsen, der für die Inka der Grund dafür war, ihre Tempel an genau dieser Stelle zu errichten, entfernt bzw. herausgerissen, damit die Helikopter dort landen konnten. Dreimal dürft ihr raten, welcher US-Präsident aus dem Heli kletterte … fängt mit B an und hört mit ush auf!!

Genau so schlimm fand ich die Tatsache, dass dort nur für die Touris die Llamas umherspringen, bzw. ab Sonnenaufgang hechelnd und gequält herumliegen, weil es eigentlich viel zu warm und nicht hoch genug für sie ist … das haben wir aber auch erst nach den Llama-Selfies erfahren.

Nach der zweistündigen Tour mit Cesar bummelten wir dann alleine noch ein bisschen durch die Ruinen, wobei es aufgrund der immer größer werdenden Masse an Besuchern irgendwann keinen Spaß mehr machte und wir zurück nach Aguas Calintes liefen, von wo wir abends den Zug zurück nahmen.

Zurück in Cusco gönnten wir uns aber nur einen Tag Pause, denn ich wollte unbedingt noch die Regenbogenberge erklimmen. Um 03.00 morgens gings los Richtung Ausangate-Gebirge, in dem wir in ca. 3 Stunden den Vinicunca-Pass auf 5100müM erkletterten. Obwohl wir wie Schnecken den Berg hochkrochen, waren wir sogar noch vor unserem Guide als erste der Gruppe oben und konnten die fantastische Aussicht auf die bunten Berge genießen. Die Regenbogenberge kann man mit Worten nicht beschreiben und auch die Fotos geben nur einen kleinen Eindruck. Tömmi fasste es ganz treffend in Worte als er fragte: „Wer lässt sich denn sowas einfallen?“ … Die Antwort: „Mineralgestein und Erdtektonik“ wird dem Ganzen keinesfalls gerecht und sogar der strengste Atheist wird hier unweigerlich seinen Blick dankend Richtung Himmel richten!

Unsere Zeit hier in Perú ging sehr schnell vorbei und ich bin inzwischen ja der Meinung, dass etwas peruanisches Blut in mir fließt, denn die Eigenheiten der Peruaner sind mir sehr ähnlich: Ungeduld, Drängeln, Laut, Bunt, … genau mein Ding. Aber wir erwarten jetzt auch schon voller Spannung Bolivien, wenn wir dann überhaupt ins Land kommen. Bolivien hat seit vorgestern den Notstand aufgrund der Wasserknappheit ausgerufen und wir wissen noch nicht, was da auf uns zukommt.

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Peru
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