alpakaliebe
alpakaliebe
vakantio.de/alpakaliebe-tiniundtoemmiinsuedamerika

Von Arequipa, dem Cañon de Colca und dem schlimmsten Tag in Tinas Leben!

Veröffentlicht: 21.11.2016

Nach einem letzten Abendessen in Nazca ging es für uns mit dem Nachtbus und meinerseits einer fetten Erkältung im Gepäck nach Arequipa. Im Morgengrauen und somit kurz vor unserem Ziel befanden wir uns immer noch mitten in der Wüste. Überraschender Weise änderte sich die Landschaft aber einige Minuten später

Nach dem wir gut in unserem wunderschönen Vulkanstein-Hostal angekommen waren, hatte Tina schon wieder Hummeln im Arsch und machte eine Freewalkingtour durch das historische Zentrum der Stadt, während ich das Bett hütete um meiner Erkältung den Kampf anzusagen. Am folgenden Tag nahm mich Tina dann wieder auf die nächste Tour mit, die unter anderem einen Besuch im örtlichen Markt beinhaltete, der durchaus die Kuriositäten in Cuenca übertreffen konnte. Hier kann man die wildesten Tränke und Kräutertinkturen erstehen, die gegen sämtliche Leiden helfen sollen. überall hingen getrocknete Alpakaföten, Hasenpfoten und andere seltsame tierische Überreste an den Ständen. In der Metzgerabteilung wurde mit Bergen von Eingeweiden hantiert, die ungekühlt für 8 Soles (ca. 2€) pro Kilo erworben werden können. Es gab den bekannten Salat, der aus mit Zwiebeln garnierten rohen Schweineohren und Schweinenfüßen bestand und natürlich den allseits beliebten Froschsaft, dem eine außerordentliche Heilkraft gegen alle Beschwerden, die man so haben kann, nachgesagt wird. Während ich ja eher nicht so viel mit solch extravaganten Drinks und Speisen anfangen kann, war Tina natürlich wieder im größten Glück und wollte unbedingt ein Becherchen dieses Wundertranks kosten. Die freundliche Dame am Saftstand ließ sich selbstverständlich nichts nachsagen und zeigte uns ganz genau, was sie für unseren Saft in den Mixer warf. Neben Papayas, anderen seltsamen Früchten und Agavensirup, der den ganzen Saft vermutlich als einziges Produkt genießbar macht, wurde ein rohes Ei und natürlich ein ganzer grünbräunlicher Frosch in den Supermixer gegeben und 2 Minuten durchgeschreddert. Am Ende saßen wir vor einem Liter bräunlicher und zähflüssiger Brühe, deren eine Hälfte Tina mit Hochgenuß hinunterschlabberte während ich am anderen Becher nippte und nicht wusste, wie ich diesen moorig-schlammig schmeckenden und ekelerregend Kotzreiz – auslösenden, größten halben Liter meines Lebens hinunterschlucken sollte, um die freundliche Frau an der Saftbar nicht zu enttäuschen. Gott sei Dank wollte unsere Tourführerin weiter gehen und so fand ich einige Minuten später einen Mülleimer, dem ich meinen Saft anvertrauen konnte. Eigentlich hat die Peruanische Regierung den Froschsaft schon vor einiger Zeit verboten, weil man lebendige Frösche in den Mixer gab, aber wie die stolzen Peruaner halt so sind, gilt auch hier, dass sie sich nichts verbieten lassen.

Nachdem sich meine Erkältung nicht bessern wollte, entschieden wir, unseren Aufenthalt um einige Tage zu verlängern, damit ich mich für die kommenden Strapazen auskurieren konnte. Tina buchte noch einmal einen Sprachkurs während ich die Ruhe am Vormittag genoss. Sie spricht mittlerweile schon richtig gut spanisch und wenn ich immer sehe, was sie alles für schreckliche Vergangenheitsformen lernen muss, überkommt mich das Gefühl, dass ich froh sein kann, wenn ich am Ende dieses Jahres einigermaßen die Gegenwartsform beherrsche und die wichtigsten Dinge sagen kann. Auch wenn ich es grundsätzlich doof finde, hier so oft Englisch sprechen zu müssen, weil wir so viele andere Reisende kennenlernen, kann ich dem Ganzen aber doch etwas Positives abgewinnen, weil ich merke, dass sich wenigsten meine Sprachskills im englischen deutlich verbessert haben. Aber wieder zurück zum Thema:

Arequipa ist wundervoll! Das historische Zentrum weiß durch eine unglaubliche Architektur zu beeindrucken. Wunderschöne Kirchen, in deren Symbolik sich immer wieder christliche und indigene Bildnisse vermischen. So isst z.B. Jesus beim letzten Abendmahl kein Brot sondern Cuy (Meerschweinchen) und das Lamm als Symbol für Jesus wurde durch eine Pelikanmutter ausgetauscht, die ihren Nachwuchs mit ihrem eigenen Herz füttert. In der Kathedrale befindet sich die einzige Teufelsstatue in ganze Amerika innerhalb einer Kirche. Sie befindet sich direkt unterhalb der Kanzel, was symbolisch die Überlegenheit des Wort Gottes und der Kirche über den Teufel bedeuten soll. Hier steht auch die größte Orgel Südamerikas, die wohl bis zur Reparatur vor drei Jahren schrecklich schiefe Töne von sich gegeben hat, weil beim Transport von Europa nach Arequipa einige der Pfeifen beschädigt wurden. Außerdem ist die Kathedrale eine der wenigen, die die Flagge des Vatikan hissen darf.

Ein weiteres Highlight war der Besuch des Klosters Santa Catalina, eine eigene Stadt im Stadtzentrum von Arequipa. Mit rund 20000 Quadratmeter kann man hier stundenlang flanieren und immer noch eindrücklich sehen, wie die Nonnen hier gelebt haben. Bemerkenswert ist, dass hier fast ausschließlich die zweitgeborenen Mädchen der sehr reichen Familien als Geschenk an Gott und den Himmel in das Kloster gegeben wurden. Die Mitgift war wirklich beträchtlich für die damalige Zeit und dies war auch der Grund, warum jede der Nonnen ein eigenes Haus im Kloster besaß, Bedienstete hatte und man munkelt, dass es nicht ungewöhnlich war, dass die Nonnen regelmäßig Herrenbesuche aus der umliegenden Stadt erhielten. Noch heute leben ein paar Nonnen im Kloster, die aber mit Sicherheit bescheidener leben, wenn man von der unglaublich schönen Anlage absieht, in der es sich wirklich aushalten lässt. Selbst Tina meinte, dass sie sich hier sogar ein klösterliches Leben hätte vorstellen können ;-)

Nach unserem Besuch im Alpakamuseum kam für mich wieder eine etwas anstrengende Phase, denn Tina geriet wieder in einen Shoppingwahn. Arequipa ist das Textilmekka für Babyalpakakleidung und man kann sich ausmalen, was mit Tina passiert, wenn man Alpakas mit Kleidung addiert. Kurz gesagt: Ein halber Tag Marathon durch sämtliche Läden, eine Bankenkrise, weil Tinas Kreditkarte nicht funktionieren wollte und schließlich eine knapp 3000 Soles ärmere aber überglückliche Tina. Da natürlich in ihrem Rucksack kein Millimeter mehr Platz war, musste noch die örtliche DHL Station behelligt werden, die schließlich nach harten Verhandlungen ein 5 Kilopaket statt für 160 € für „läppische“ 100€ nach Deutschland entsandte. Lustig war tatsächlich, dass in Peru Festpreise in einem deutschen Unternehmen verhandelbar sind. Allerdings muss ich eingestehen, dass die Sachen, die Tina gekauft hat wirklich schön sind und in Deutschland das 8-10fache gekostet hätten und da fast alles als Weihnachtsgeschenk für Ihre Familie bestimmt ist, hat sie dann doch mein ausdrückliches Verständnis bekommen.

Nach meiner Genesung, wunderschönen warmen und sommerlichen Tagen mit köstlichem Essen und toller Atmosphäre verabschiedeten wir uns von Arequipa Richtung Canon de Colca, wo wir einen schönen Wandertrek machen und natürlich Condore sehen wollten.

Für die Anfahrt in den Colca Canyon nahmen wir einen Touribus, damit wir die Gelegenheit für einen Stopp am Cruz del Condor zu machen. Es wurden uns bis zu 25 Condore versprochen von denen nach einer Stunde Warten natürlich kein einziger aufgetaucht ist. Desillusioniert ließen wir uns ins nächste Dorf namens Cabanaconde fahren, wo unser geplanter 3 Tages Trek startete. Standesgemäß begleitete uns von Beginn an eine unfassbar süße Hundedame, die Tina sofort in ihr Herz schloss und auf den Namen Heidi taufte. Die erste Stunde war relativ einfach auf dem Platau des Colca Canyon zu gehen – nur war es unfassbar heiß und wir freuten uns auf den Abstieg in den Canyon weil wir vermuteten, dort öfters im Schatten zu sein. Nach einer kurzen Trinkpause bei der wir auch die hechelnde Heidi mit Wasser versorgten kam der erste Schock für Tina – Heidi trat mit einer entgegenkommenden Hundegang wieder den Heimweg an und überließ uns unserem Schicksal – sie wusste wohl ganz genau, was dort auf uns zukam. Die nächsten 5 Stunden waren gekennzeichnet durch 1100 steile Höhenmeter Abstieg durch Geröll und Sand bei gefühlten 40 Grad Celsius. Felsen, verdorrte Büsche und tote Kakteen bestimmten die Landschaft, der ich noch einiges abgewinnen konnte aber Tina begann allmählich alles zu verfluchen, was ihr in die Quere kam. Nach etwa der Hälfte des Weges begann bei ihr mit hochrotem Kopf die Trotzphase und Sätze wie: „Das ist der schlimmste Tag meines Lebens“ und „Ich laufe keinen Schritt mehr weiter“ wechselten im Minutentakt. Da ich keine HB Zigaretten zur Hand hatte musste ich all meine sozialpädagogischen Motivationsstrategien auspacken und das obwohl ich ehrlichgesagt auch am Ende meiner Kräfte war und meine Knie nur noch aus Gummi zu bestehen schienen. Als wir schließlich nach 6 Stunden endlich am einsamen aber schönen Hostel in Llahuar angekommen waren, eine Fanta getrunken und unser Zimmer bezogen hatten, mussten wir uns noch einmal hundert Meter steile Treppen hinunter quälen, wo wir aber mit heißen Vulkanquellen belohnt wurden, die direkt am Canyon Fluss eine exzellente Erholung für unsere geschundenen Glieder versprachen. Dort wurde mir auch das Ausmaß Tinas Versehrtheit bewusst, denn sie hatte tischtennisballgroße Blasen an den großen Zehen und die Zehennägel schienen nicht nur Blau sondern regelrecht schwarz zu sein und dazu kam ein halber Sonnenstich. Mein Körper sah zwar nicht so schlimm aus, allerdings breitete sich in sämtlichen Muskeln ein unfassbarer Muskelkater aus und meine Knie schmerzten bei jeder Bewegung. Nach einem leckeren Abendessen hielten wir Kriegsrat und fielen anschließend zufrieden um 8.00 Uhr in unser Ökobett, beseelt von dem Gedanken am nächsten Mittag mit dem Bus zurück nach Canabaconde zu fahren und den Trek abzubrechen.

Am folgenden Morgen nahmen wir nach dem Frühstück nochmal ein Bad in den heißen Quellen und machten uns anschließend auf den Weg zum 40 Minuten entfernten Terminal Terrestre (BusBAHNHOF) – der aus einem grünen Schild und ein paar Kakteen besteht und an dem 2mal am Tag ein Bus kommt. Hier mussten wir eine weitere Stunde in der Bruthitze verweilen. Die Wartezeit wurde uns aber durch einen Vulkanausbruch 3 Berge weiter und mit dem überraschenden Besuch von Heidi versüßt, die mal wieder mit anderen Wanderer ein Ausflügchen gemacht hat und mit freudigen Sprüngen Tina begrüßte, die natürlich sofort sämtliche Strapazen vergaß und bis zur Ankunft vom Bus im Hundehimmel war… und dann begann mein Albtraum!

Der Bus fuhr eine steile Schotterstraße den Canyon hinauf, die exakt so breit wie der Bus war. Auf der rechten Seite fiel der Fels ca. 1000 Meter senkrecht ab und eine Leitplanke war selbstverständlich nicht vorhanden. Auf der linken Seite ging eine Steilwand hinauf, die nur aus porösem Felsgestein bestand und entsprechend alle paar Meter war auf der Straße ein durch Erdrutsch verursachter Geröllhaufen, über den der Busfahrer für gewöhnlich drüber holperte, was den Bus sehr nahe an den Abgrund brachte. Schließlich ging direkt vor dem Bus eine große Steinlawine den Abhang herunter und der Bus musste sofort stoppen, weil die ganze Straße durch fette Steine versperrt war. Der Fahrkartenverkäufer rief sogleich durch den Bus „Caminamos“ was soviel heißt: „Wir müssen laufen.“ Der Busfahrer war aber nicht so überzeugt und begann mit einigen einheimischen Männern die schweren Steine von der Straße zu werfen, während immer wieder Geröll vom Abhang rutschte. Wir Touristen durften natürlich nicht mithelfen, denn ein toter Tourist wäre ja schließlich schlecht fürs Geschäft…nach 10 Minuten ging die Höllenfahrt weiter und nach weiteren 30 Minuten stieg ich mit Schweißperlen auf der Stirn und drei Kreuze machend in Cabanaconde aus dem Bus. Warum Tina die ganze Fahrt lustig und unterhaltsam fand ist mir allerdings immer noch schleierhaft.

In Cabanaconde bezogen wir ein unheimlich schönes Hostel, genossen den Mittag auf der Dachterrasse und machten noch ein Spaziergängchen durch das ruhige Dorf. Zum Abendessen gab es eine leckere Steinofenpizza und anschließend schliefen wir seelig in der kuscheligsten Decke in der ich je lag ein.

Für die Rückfahrt nach Arequipa nahmen wir uns wieder ein Touritransport, der Stopps in schönen Dörfchen, an heißen Quellen und im Nationalpark, wo wilde Vicunjas leben, machte – zu jeder Zeit begleitet von einer dicken Aschewolke vom ausbrechenden Vulkan. In Arequipa angekommen packten wir die Koffer und machten uns kurz darauf mit dem nächsten Bus auf zum nächsten Reiseziel Cusco.

Antworten

Peru
Reiseberichte Peru
##peru##arequipa##colcacanyon##cabanaconde