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Pleiten, Pech und Pannen in Paraguay

Veröffentlicht: 10.05.2017

Nach unserer schönen Zeit mit Steffi und Thilo in Uruguay und Argentinien trennten wir uns in Iguazú. Für Steffi und Thilo ging es mit dem Flugzeug nach Buenos Aires und wir fuhren mit dem Bus über die Grenze ins 10 Kilometer entfernte Ciudad del Este. Unser geliebtes Paraguay hatte uns zurück. Direkt nach der Grenze war wieder alles ganz wunderbar chaotisch. Aufgrund des irren Verkehrs sieht man in Ciudad del Este wieder Unmengen an Zweirädern. Vor allem hunderte von Motorrad Taxis sahen wir hier zum ersten Mal, die wirklich halsbrecherisch durch die Straßen rasen und jede noch so kleine Lücke nützen, um ihre oft mit Tüten und Säcken vollgepackten Gäste von a nach b zu bringen. Allgemein gibt es in Paraguay wohl nichts, was man nicht mit dem Moped transportieren kann und so ist es keine Seltenheit, dass sich 4-köpfige Familien auf einem Moped stapeln. Nachdem wir unser kleines Hotel bezogen hatten, besorgten wir uns zuerst  Bustickets nach Asunción für den nächsten Tag, da in der Semana Santa (Osterwoche) ganz Paraguay auf Achse ist, um Familien zu besuchen. Wir hatten Glück und sicherten uns zwei Plätze beim besten Busunternehmen. Anschließend fuhren wir mit dem Stadtverkehr in die Innenstadt, um uns das berüchtigte Shoppingmekka anzuschauen. Vor allem elektronische Geräte, Schuhe und Klamotten kann man hier super günstig einkaufen, wenn man keine Angst vor gefälschten Produkten hat, die einem immer wieder untergejubelt werden, wenn man sich nicht gut auskennt. Und tatsächlich gleicht die ganze Stadt einem einzigen Markt, in dem man alles bekommen kann, was man will. Während wir bisher in Südamerika die Erfahrung gemacht hatten, entspannt über alle Arten von Märkten schlendern zu können ohne von Verkäufern bedrängt zu werden, fühlte es sich hier doch eher wie auf einem ägyptischen Basar an, wo man von allen Seiten bedrängt wird und jeder zweite Verkäufer an einem herumzupfelt und sich in den Weg stellt, um die wildesten Produkte, die kein Mensch braucht, anzupreisen. Nachdem wir aber nicht wirklich etwas brauchten, die Preise in den seriösen Läden nicht wirklich viel günstiger als bei uns waren und das ganze doch schnell etwas anstrengend wurde, versuchten wir mit einem der Busse wieder zurück zum Hotel zu fahren. Leider bog der Bus aber nicht in die richtige Richtung ab und so stiegen wir einige Kilometer entfernt wieder aus, um ein Taxi nach Hause zu nehmen. Der halb blinde und taube Taxifahrer witterte natürlich ein Geschäftchen, weil weit und breit kein anderes Taxi unterwegs war und knüpfte uns gefühlt doch viel zu viel Geld ab. Na ja, wir waren einfach froh, wieder am Hotel zu sein und gingen neben dem Busbahnhof noch in einen Imbiss um zu essen. Eigentlich kann man an den Busterminals immer recht gut und günstig essen, in diesem Fall war das Essen leider nur günstig.

Am nächsten Morgen standen wir früh auf, denn wir wollten vor unserer Weiterreise noch den weltbekannten Itaipu-Staudamm ansehen. Der Staudamm ist ein binationales Projekt zwischen Brasilien und Paraguay am Rio Paraná, vornehmlich um per Wasserkraft Strom zu erzeugen. Das Wasserkraftwerk war bis 2006 das größte der Welt und ist noch bis heute wegen der hohen Auslastung der 20 Turbinen der Rekordhalter in der Jahresenergieproduktion mit 95 Terawattstunden pro Jahr, was 75 % des Energiededarfs von Paraguay und 16,9 % des Energiebedarfs von Brasilien abdeckt. Zum Vergleich, der Kernreaktor Isar 2 in Deutschland mit der höchsten Jahresproduktion weltweit, generiert nur 12,4 Terawattstunden im Jahr. Paraguay besitzt noch ein zweites Wasserkraftwerk mit dem es die übrigen 25% Energiebedarf abdeckt. Das finde ich absolut bemerkenswert, da ist Europa mit regenerierbaren Energien im Vergleich ganz schön hinten dran.

Am Staudamm selbst bekamen wir eine kostenlose Führung in einem Bus, der uns über das gesamte Areal fuhr und im klimatisierten Kinosaal des Staudamms konnten wir einen super interessanten Film über das Mammutprojekt ansehen. Natürlich war der Umwelteinfluss des Staudamms beträchtlich, denn es musste viel Wald abgeholzt werden und ca. 40000 Menschen (vor allem Ureinwohner) umgesiedelt werden, um den Platz für den gigantischen Stausee zu schaffen, der unter anderem riesige Flächen Urwald und große Wasserfälle dauerhaft überflutet. Als Ausgleich sollten die Menschen Zahlungen bekommen, die aber auf der brasilianischen Seite bis heute nicht ausbezahlt wurden. Des Weiteren verpflichteten sich die Staaten insgesamt 12 Nationalparks in der Umgebung einzurichten, um die Flora und Fauna zu erhalten und zu schützen. In der Realität wird aber auch dort noch illegal gewildert und Holz geschlagen, weil die riesigen Flächen nicht ausreichend kontrolliert werden können. Dennoch ist das Wasserkraftwerk unglaublich beeindruckend und vermutlich die bessere Lösung für die Umwelt, wenn man abwägt, was durch Atomenergie und Kohlekraftwerke auf Dauer an Umweltbelastungen entstehen. Noch ein paar Zahlen: der Staudamm ist 7760 Meter lang. Die Staumauer ist 196 Meter hoch. Der Stausee ist ca. doppelt so groß wie der Bodensee, er ist 170 km lang und zwischen 7km und 12 km breit. Es musste ca. 64 Millionen Kubikmeter Erdreich abgetragen werden und es wurden ca. 12,6 Millionen Kubikmeter Beton verbaut. 3038 Menschen sind auf dem Staudamm beschäftigt. Paraguay hat übrigens keinen Cent der Baukosten bezahlt, das hat alles Brasilien gestemmt. Paraguay zahlt seine „Schulden“ mit Strom ab.

Nach unserem Besuch des Staudamms ging es dann mit dem Bus nach Asunción, wo wir die Osterfeiertage verbrachten. Als ich im Bus dann endlich friedlich eingeschlummert war, wurde ich plötzlich durch fremde Hände in meinem Gesicht geweckt. Ein einheimischer Paraguayer konnte wohl seine Neugier, wie sich so ein Bart im Gesicht wohl anfühlt, nicht mehr zurückhalten und nutzte meinen Schlaf, um mal auf Tuchfühlung zu gehen und meinen Bart zu tätscheln 😊

Unser Hostal „Isla Francia“ wird, wie es der Name schon vermuten lässt, von einem französischen Ehepaar in den 50ern geführt und ist für die besondere Gastfreundschaft bekannt. Wir wurden herzlich empfangen und gleich am ersten Abend mit allen anderen Gästen zum Essen eingeladen, das der Gastpapa zubereitete, der jeden Tag bis spät in die Nacht wie ein Eichhörnchen auf Extasy durch die Gegend springt und dabei in schwindliger Geschwindigkeit zwischen französisch, spanisch und englisch wechselt und meistens einfach alles mixt, oft auch ein bisschen deutsch alla „Alles klar, Herr Komissar?“. Mir war das Ganze oft etwas zu anstrengend, denn die anderen Gäste schienen mir alle ähnlich kommunikativ zu sein und mir alle der spanischen Sprache deutlich überlegen. So zog ich mich gerne auf unseren Privatbalkon zurück um die mittlerweile deutlich milderen Temperaturen zu genießen und Mittags, wenn alle Siesta machten, im schönen Pool zu planschen. Am Karfteitag besuchten wir die bekannten Passionsspiele im Viertel San Jeronimo, die das Leiden Christi mit unzähligen Schauspielern nachspielen und durch die Gassen des ganzen Viertels ziehen. Das Publikum steckt mitten drin und wird quasi automatisch zu Statisten in der Vorführung. So intensiv hab ich die Ostergeschichte ehrlich gesagt noch nie erlebt. Die restlichen Tage verbrachten wir ruhig und gemütlich mit gelegentlichen Spaziergängen zum Eis- und Abendessen. Hierbei fielen uns zahlreiche ausgebrannten Autos in der Altstadt auf, die bei unserem ersten Besuch noch nicht da waren. Vermutlich waren die Ausschreitungen zwei Wochen zuvor doch recht heftig gewesen.

Am Montag war es dann endlich so weit, dass wir unser Mietauto abholen konnten, mit dem wir den Chaco und die Region um Caacupé erkunden wollten. Die erste Hürde war mal wieder der Taxifahrer, der nicht die geringste Ahnung hatte, wo er uns hinbringen soll, aber auch zu stolz war, sich von Tina über GPS hinleiten zu lassen. So musste er an jeder Ecke nach dem Weg fragen, um festzustellen, das es schon richtig ist, was Tina sagt. Absolut nervig, aber wenigstens hat er uns die zusätzliche Zeit nicht berechnet. Bei Franz, unserem privaten Autovermieter, angekommen, mussten wir noch ein paar Minuten auf ihn im Wohnzimmer warten, bis ihn Tina schon durch Fenster erspähte und erschrocken fragte: „Oh je, was ist das denn für ein Hippie?“ Wie sich schnell herausstellte, ist Franz kein Hippie, sondern er schlug sich am Abend zuvor ein Loch in den Kopf, weswegen er einen mächtigen Turban trug. Ansonsten war der österreichische Auswandererhelfer super nett und überließ uns unkompliziert seinen Mercedes Allrad Geländewagen. Natürlich musste ich wieder als Fahrer starten und schon in den ersten 2 Minuten wurde mir klar, das Mercedes und ich keine Freunde werden können. Automatikgetriebe und zwei Millionen Knöpfe, die ich allesamt nicht bedienen konnte und dann war da noch dieser entsetzliche Knubbel der mir in meinen Rücken stach, was kaum zum Aushalten war. (Anmerkung von Tina: Das war der Massagesitz :)

Während Tina zwischen Lachen, Beruhigen und Navigieren wechselte, fuhr ich unserem ersten Ziel nur schimpfend entgegen. Allerdings ließ mich unser 1. Stopp vorerst wieder versöhnlicher werden, denn ich kaufte mir im AKI Shop meine allererste Mate – Thermoskanne mit passender Guampa und Bombilla – wunderschön!

Anschließend ging es durch den chaotischen Verkehr Asuncions weiter auf die Routa Transchaco, die auf 835 km den Norden mit dem Süden verbindet und bis zur bolivianischen Grenze reicht. Die ersten 300km liefen richtig gut und führten uns über recht ordentlichen Straßenbelag durch wunderschöne Palmenlandschaften und vorbei an den wirklich armen Siedlungen Paraguays, wo die Menschen kaum mehr als ihr löchriges Hemd und Hose besitzen und in Bretterbuden mit Kind, Kegel, Hund und Kuh leben. Irgendwann begannen sich die riesigen Schlaglöcher mitten auf der Straße zu mehren und ca. 60 Kilometer vor Filadelfia begann das Schweizerkäsestück, wie es die deutschsprachigen Paraguayaner liebevoll nennen. Hier besteht die Straße mehr aus Loch als aus Straße und die bisher angenehme Reisedurchschnittsgeschwindigkeit von ca. 90 km/h musste drastisch reduziert werden, damit man wenigstens ab und zu ein Loch umfahren konnte. Jetzt war ich an der großen Mercedes Kiste doch ganz froh. Kurz vor Filadelfia bogen wir auf die alte Straße ab, um noch einen Blick auf die Kolonie Lomo Plata zu werfen. Beim einsetzendem Nieselregen merkte ich dann aber schon, dass es sich auf der Erdstrasse doch ein wenig schwammig fuhr. Wir dachten uns aber nicht viel dabei und erreichten Filadelfia doch recht flott. So, jetzt mussten wir nur noch 20 km zur gebuchten Estancia schaffen und das Chacoabenteuer könnte beginnen. Falsch gedacht, denn von den 20km schafften wir genau 30 Meter, bis wir mit unserem super tollen Geländemercedes im Graben landeten. Die Erdstraße war so schlammig und aufgeweicht, dass ich so über die Straße rutschte, wie ich es bei heimischem Schnee und Eis noch nie erlebt habe. Von Kontrolle des Fahrzeugs wirklich keine Spur. Die heimischen Skills, sich aus Schnee zu befreien, fruchteten auch nicht und so war unsere letzte Chance, dass wir die 180 Pferdestärken Allradantrieb noch durch die Power einer Tina ergänzten, die kräftig von hinten schob und siehe da, der Mistkarren bewegte sich aus dem Graben heraus. Ich versuchte möglichst in der Straßenmitte in ca. 6 Zügen zu wenden um dann die schlimmsten 30 Meter meines Autolebens auf der falschen Fahrbahnseite zurückzufahren, weil ich nicht mal auf die richtige Straßenseite kam. Zwei einheimische Pick Ups, die mir schlingernd mit ca. 80 km/h entgegenrasten, wichen mir unter gleichzeitigem Fluchen und Stoßgebeten gerade noch aus und dann hatte ich die befestigte Straße Gott sei Dank unbeschadet erreicht. Unser Weg führte uns sofort direkt ins einzige Hotel Filadelfias, wo Tina aus irgend einer weiblichen Intuition heraus am Morgen noch eine Back-Up-Reservierung gemacht hat, welche uns dann auch tatsächlich gerettet hat, denn das Hotel war laut Stinkmorchel an der Rezeption ausgebucht, was ein verzweifelter Mann vor uns gnadenlos zu spüren bekam. Die schlammbespritzte Tina war an diesem Abend definitiv meine Superheldin, die sich im fantastischen hoteleigenen Restaurant ihr leckeres Cordon Blue mit Ananas mehr als verdient hatte.

Vor dem Essen informierte Tina die Estancia noch kurz über unsere Situation und die deutschsprachige Frau des Anwesens kam am Abend sogar noch auf einen Sprung bei uns vorbei, um uns zu begrüßen. Sie versicherte uns, dass es die richtige Entscheidung von uns war und selbst erfahrene Fahrer oft schlimme Unfälle bauten oder auf der Straße stecken blieben, wenn es regnet. Die Einheimischen nennen den Straßenzustand dann „seifig“, weil man eben wie auf seifigem Boden kontrolllos herumschliddert. Sie bot uns an, uns am nächsten Tag auf die Estancia abzuholen, aber da wir für drei Tage ins Hotel eingecheckt haben und die Wettervorhersage auch nicht sehr rosig war, entschieden wir, im Hotel zu bleiben.

Apropo Wetter: Das Wetter im Chaco ist extrem trocken und es gibt nur sehr wenige Regentage im Jahr – meist mit nur ein paar Tropfen. Klar, dass wir hierherkommen, wenn es aus Kübeln schüttet, wie in unserer ersten Nacht. Die meiste Zeit des Jahres hat es hier Temperaturen von über 40 Grad, als wir da waren schaffte es das Thermometer jedoch nur auf 18. Wir gaben die Hoffnung aber nicht auf, denn am nächsten Morgen begrüßte uns die Sonne. Wir erkundeten Filadelfia und gingen in das wunderschön angelegte Heimatmuseum der Mennonitenkolonie, das über die Geschichte der Mennoniten und der Kolonie Fernheim, zu der Filadelfia gehört, aufklärt. Gleichzeitig dient das Museum als Touristeninfo und wird von einer äußerst netten mennonitischen Dame geführt. Nach unseren kurzen grusligen Begegnungen in Bolivien mit den dort lebenden Mennoniten und den Berichten, die wir gelesen haben, waren wir ja schon sehr kritisch, was das Thema anging. Hier fanden wir aber äußerst weltoffene, gebildete und moderne Menschen vor, deren Leben zwar schon sehr, sehr stark religiös geprägt ist und deren Bibelauslegung in manchen Teilen sicherlich auch streitbar ist. Dennoch war ich sehr positiv überrascht, wie ein seit Jahrhunderten verfolgtes „Volk“, das immer wieder seine Heimat verlassen und unter widrigsten Bedingungen von vorne Beginnen musste, so viel erreichen kann und dabei seine Kultur und Werte weiterpflegt ohne sich der Moderne zu verschließen. Die Mennoniten wurden übrigens hauptsächlich deswegen verfolgt, weil sie zum einen als konsequente Pazifisten den Dienst an der Waffe verweigerten und zum anderen durch ihren Fleiß und ihre Findigkeit großen wirtschaftlichen Erfolg zu verbuchen hatten. Dies sieht man hier in der Kolonie recht deutlich, denn sie haben es geschafft, in einer Gegend, die als nicht bewirtschaftbar galt, ein kleines Imperium aufzubauen, das zu einer der modernsten landwirtschaftlichen Anlagen der Welt gehört. Hierzu gehört nicht nur die Viehzucht und die findige Wasseraufbereitung in einer Gegend, wo es eigentlich kaum Wasser gibt, sondern auch Forschungsanlagen für biologische Nutzpflanzen und Lebensmittel. Darüber hinaus haben die Mennoniten ein fantastisches Bildungs-, Sozial- und Gesundheitssystem mit sehr guten Schulen, dem besten Krankenhaus Paraguays, einer Psychatrie und zahlreichen anderen Institutionen eingeführt, die auch alle über das Kollektiv finanziert werden – eigentlich ein kleiner Staat im Staat, der aber nicht excludiert sondern die indigenen Stämme der Region und die restliche Bevölkerung includiert und für sie Arbeitsplätze schafft. Mittlerweile leben sogar schon mehr Paraguayaner als Mennoniten in den Kolonien. Mit dem Staat haben sie eine Vereinbarung, dass sie keinen Militärdienst machen müssen und so scheint es, dass sie in Paraguay wirklich eine neue Heimat gefunden haben. Ich muss ehrlich gestehen, schon ganz schön beeindruckt zu sein von der Leistung und dem Willen dieser Menschen.

Nach unserem Museumsbesuch schlenderten wir noch eine Weile durch die Stadt und fanden es lustig, überall käsige Gesichter mit blonden Haaren zu sehen, die sich auf Plattdeutsch und Hochdeutsch unterhielten. Den gutausgestatteten Supermarkt begutachteten wir natürlich auch noch, mit vielen Produkten, die uns sehr an zu Hause erinnerten. Als Abschluss des Tages gingen wir noch in einen kleinen Artesania Laden, in dem man traditionell Handwerkskunst der ansässigen Indianer Stämme kaufen kann und weils so schön war, bekamen wir beide einen neuen Gürtel und Tina ein Handtäschchen aus einer hier wachsenden Pflanzenfaser.

Wir hatten die Hoffnung noch nicht aufgegeben, am letzten Tag einen Ausflug zu den wunderschönen Salzlagunen machen zu können, wo man hunderte von einzigartigen Vögeln und natürlich Flamingos bestaunen kann. Deswegen waren wir ja schließlich hier. Am Morgen zerplatzte dieser Traum aber im Nu, denn es regnete in Strömen und 40km Sandstraße lagen zwischen uns und den Lagunen. Enttäuscht verbrachten wir die Sintflut im Bett und schauten Serien bevor wir uns am kommenden Morgen auf den Weg zurück in den Süden machten. Wenigstens hier konnten wir immer wieder am Straßenrand halten und die wunderbar blühenden Flaschenbäume betrachten, die hier die Landschaft prägen und einige der wunderbaren Vögel des Chacos bekamen wir auch noch vor die Linse.

Nach den ersten 200km holte uns das Pech aber wieder ein. Tina saß am Steuer und genau dieses ließ sich plötzlich nicht mehr ordentlich bewegen. Gerade noch so konnten wir am Straßenrand anhalten um das Problem zu identifizieren. Während wir 10 Minuten versuchten den Hebel für die Motorhaube zu finden, um dann weitere 20 Minuten den Tank für die Servolenkungsflüssigkeit zu finden, donnerten die LKWs und Autos wenige Zentimeter an uns vorbei, was die Stimmung auch nicht besser machte. Keine Beschriftung, keine Angabe im Bordhandbuch … es war zum Verzweifeln … dieser Mercedes raubte mir den letzten Nerv! 10km weiter sollte eine Tankstelle sein. Wir dachten, da wird uns schon geholfen werden und 10 Kilometer sollte machbar sein ohne Servolenkung. Ich übernahm das Steuer und hievte unseren Koloss auf die Straße zurück, was relativ gut funktionierte auch wenn ich all meine durchs Koffer schleppen erworbene Muskelkraft einsetzen musste. 10 km weiter kam auf der linken Seite die versprochene Tankstelle, bzw. das was übrig war davon. Vorbildlich wie in der Fahrschule gelernt, setzte ich 300 Meter vorher den Blinker schaute in den Rückspiegel, wo ein Auto direkt hinter mir war, und reduzierte die Geschwindigkeit. 20 Meter vorher nochmals in den Rückspiegel geschaut, alles klar, der hinter mir wartet. Mit den verbleibenden 20km/h wollte ich nun in die Einfahrt abbiegen und was macht der Trottel hinter mir? Überholen! Na ja, er hatte ne recht gute Reaktion aber wäre um ein Haar in uns gekracht und durchs Ausweichen in den nächsten Graben gefahren. Ich schaffte es mit Herzrasen und Klingeln im Ohr (Tinas 180 Grad Adlerblick und ihr bekannt lautes Organ, verhalfen auch mir zu einer schnellen Reaktion) in der Einfahrt anzuhalten.

Die Tankstelle bestand aus ein paar Stahlträgern, ein paar Hühnern, 4 Straßenhunden, die nicht wirklich gut erzogen waren und Tina auffressen wollten (eigentlich nur spielen, aber Tina empfand das anders) einem kleinen schmutzigen Jungen und einem Mann, der mit einem Handy aus dem 18. Jahrhundert telefonierte. „Immerhin“ dachten wir und fragten den Mann, der uns erstmal 10 Minuten warten ließ, ob wir telefonieren dürften. Für 10 Guarani war er auch einverstanden und so ließ sich Tina von Franz erklären, wo sich der Tank für die Servoflüssigkeit befindet. Gefunden, aufgeschraubt, reingeleert und festgestellt, dass es voll ist. Mist! Nach weiteren 20 Kilometern haben wir dann wirklich eine richtige Tankstelle erreicht und dort kümmerten sich auch gleich der Chef und zwei Angestellte ganz rührend um uns und bestätigten unseren Verdacht, dass das mit der Heimfahrt nichts mehr wird. Auch wenn es auf der geraden Straße zu gehen schien, war ein Fahren im Stadtverkehr Asuncions selbstmörderisch. Also riefen wir wieder Franz an, der sich so etwas schon gedacht hatte und den Abschleppdienst bereits informiert hatte, sich bereitzuhalten. Nach 3,5 Stunden kam besagter zur unserer Freude auch in Gestalt eines zahnlosen alten Mannes, der mir irgendwelche Dinge erklären wollte, wie ich im helfen müsse, aber ich verstand zu unser aller Leidwesen wirklich kein Wort von dem Genuschel und Tina bat ihn, Spanisch zu sprechen, denn wir verstehen ja kein Guarani. Irgendwie schafften wir es aber dann doch den super tollen Mercedes auf den Lastwagen zu bekommen und konnten den 200km Weg nach Asuncion antreten. Der Fahrer war trotz Sprachbarriere sehr redselig. Ich verstand wirklich gar nichts aber Tina hatte irgendwann ein wenig den Bogen raus. Er wollte immer wissen, in welche Werkstatt wir denn wollten, pries nebenher seine gute Bildung und versäumte keine Gelegenheit, uns mitzuteilen, wie schlecht wir Spanisch könnten und ob man uns in Deutschland die wichtigen Sachen nicht beibringen würde. Nachdem sich das Werkstattproblem nicht klären ließ und mich der Fahrer immer „Fran“ nannte, musste ich am Straßenrand nochmals auf den Lastwagen klettern, um im Auto die Telefonnummer von Franz zu holen. Mit dem Handy des Fahrers riefen wir also wieder Franz an, der vom guten Fahrer leider auch kein Wort verstand, ihm aber Gott sei Dank den Weg zur Werkstatt begreiflich machte. Irgendwann war die Odyssee zu Ende, Franz parkte uns in einem Hotel und ich hatte zu allem übel in den letzten 3 Stunden Halsweh und eine verstopfte Nase bekommen.

Am Morgen war der Vermutung Gewissheit geworden: Ich hatte mich erkältet. Trotzdem wollten wir, nachdem wir unser frisch repariertes Auto zurückhatten, noch ein bisschen was machen und so schlenderten wir durch die Stadt Luque, die durch ihr besonders schönes Silber- und Goldschmuckhandwerk weltbekannt ist und besuchten in der Töpferstadt Aregua die Kathedrale und den Nationalpark Cerro Koy, in dem es ganz besondere Steinformationen gibt, die man nur von 3 Orten auf der Welt kennt. Anschließend sollte das vorgebuchte Hotel, mit Ausnahme eines Spaziergangs am Ypacarai See und einem Besuch der Pilgerkathedrale Caacupé, die letzte Station meines Paraguay Aufenthaltes sein, denn meine Erkältung zwang mich das Bett zu hüten. So hatte ich wenigstens den „geliebten“ Mercedes vom Hals. Tina unternahm aber noch schöne Ausflügchen in die Umgebung zu einem Kletter- und Canopy-Park und erkundete die schönen Dörfchen rund um Caacupé.

Zurück in Asunción mussten wir dann unserem geliebten Paraguay endgültig „Adios“ sagen und hüpften in ein Flugzeug Richtung Nicaragua!

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