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Etappe 91: Von Yazd nach Shiraz

Veröffentlicht: 26.04.2022

Noch am selben Nachmittag fuhr ich mit Sack und Pack zum Busbahnhof von Yazd, in der Hoffnung auf eine spontane Fahrt ins 400 Kilometer entfernte Shiraz. Das Ticket war schnell am Schalter gekauft und lag bei 700000 Rial (ca. 3€). Problematischer war das Fahrrad. Ich hatte schon gehört, dass die Busfahrer gerne völlig überhöhte Preise von Touris für solches Gepäck fordern. Tatsächlich wollten sie 2,5 Millionen Rial für die Fahrradmitnahme, obwohl das Gepäckfach fast leer war. Das sah ich nicht ein und erklärte per Google Translate, dass ich nicht so viel hätte und es auch nicht sein könne, dass das Gepäck fast viermal so viel koste wie mein Sitzplatz. Das Konzept von Google Translate war ihnen ein Rätsel und sie dachten, ich könnte Farsi lesen und schreiben. Nach etwas Diskutieren und auf stur schalten durfte ich erstmal einsteigen, ohne etwas extra zu zahlen. Nach ca. 20 Kilometern wurde es schon dunkel, was die Essenszeit für die Muslime bedeutete, also erstmal Pause machen. Offensichtlich übertrieben der Busfahrer und seine zwei Kollegen aber, was zu einer unerwarteten Szene führte. Als die drei draußen immer noch Kaffeekränzchen hielten und es schon spät wurde, stieg erst eine Frau aus und schimpfte mit ihnen. Als das noch keinen Eindruck machte, kam eine zweite Frau dazu. Ich verstehe zwar kein Farsi, aber sie wurden mit allerhand Flüchen belegt, sind in den Bus gerannt und sofort weitergefahren. Noch Minuten später hat die zweite Frau lautstark die drei kleinlauten Männer angemotzt und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Das hätte ich im Iran nicht erwartet und fand es interessant, dass zumindest in dieser Situation die Männer trotz allem Machogehabe im Zweifel wissen, was gut für sie ist.

Gegen drei Uhr nachts kamen wir endlich in Shiraz an und die Verhandlungen gingen in die zweite Runde. Ich hatte schon alle meine größeren Scheine und Dollars in mein anderes Portemonnaie gepackt, um glaubwürdiger zu wirken. Mittlerweile wollten sie nur noch eine Millionen von mir, aber ich war noch angefressen von ihrem ersten Abzockversuch und hätte bei Zahlung meinen zweiten Geldbeutel offenbaren müssen. Sie bekamen 300000 Rial von mir mit der Erklärung, dass ich erst in Shiraz wieder Geld holen könne und auch keine Dollars bei mir hätte. Das glaubten sie mir natürlich nicht, da fast jeder Touri eine Menge Bargeld bei sich hat. Durch die westlichen Sanktionen sind Kreditkarten im Iran unbrauchbar, bis auf weniger teure Ausnahmen hat man also keine Chance, im Land an Bargeld zu kommen. Sie drohten schon damit, mein Fahrrad und mein Gepäck einfach mitzunehmen, was ich ihnen wiederum nicht abkaufte. Nach insgesamt 20 Minuten intensiver Diskussionen mit drei wütenden Iranern durfte ich meine Sachen ausladen und sie zogen mit ihren 300000 Rial ab. Vielleicht hilft das, beim nächsten Touri ein realistisches Angebot zu machen, aber ich fürchte die meisten zahlen einfach, egal welchen Preis sie nennen. Bis ich mein Rad wieder zusammengebaut hatte und an der Unterkunft ankam, war es vier Uhr morgens und mein Gastgeber war natürlich begeistert von meinem Klingeln. 

Ich hatte leider nur einen Tag Zeit in Shiraz, was für eine so schöne Stadt viel zu kurz ist. Die beste Möglichkeit war es hier entsprechend, an einer Free Walking Tour teilzunehmen. Nach der kurzen Nacht ging es ohne Frühstück um 10 Uhr los. Ich war der einzige Teilnehmer, aber für den Guide schien das kein Problem zu sein. Wir trafen uns an der berühmten "Pink Mosque", die ihren Namen wegen der auffallend häufig verwendeten Farbe in den Mosaiken trägt. Eigentlich heißt sie Nasir-al-Mulk-Moschee, aber das kann sich keiner merken. Nicht nur der Innenhof mit seinen farbigen Mosaiken ist schön, besonders vormittags fällt die Sonne durch bunte Gläser in die Moschee, sodass dort alles bunt leuchtet. Später ging es weiter zum Qavam-Haus, das wegen seiner vielen Orangenbäume im Garten auch als Narenjestan-Haus bekannt ist. Es wurde Ende des 19. Jahrhunderts von der in Shiraz einflussreichen Händler-Familie Qavam errichtet. Neben dem Garten waren die Räume mit verspiegelten Wänden besonders eindrucksvoll. Viele Wandverzierungen vermischen außerdem den traditionellen persischen Stil mit europäischen Motiven aus der viktorianischen Zeit. Nach einem Besuch der schönen Khan-Madrasah, die immer noch in Betrieb ist, trennte ich mich von meinem kompetenten Guide Moji und brauchte erstmal meinen Mittagsschlsf. Was aber definitiv bei einem Besuch in Shiraz nicht fehlen durfte, war der heilige Shah-Cheragh-Schrein. Die Anlage hatte ich am Anfang zwar nicht auf dem Schirm, sie war für mich bei meinem kurzen Besuch aber mit Abstand am beeindruckendsten. Nach ein paar Minuten warten bekommt man dort einen kostenlosen, Englisch sprechenden Guide, der aufpasst, dass man nicht in zu heilige Gefilde vordringt. Schließlich sind dort zwei Brüder von Imam Reza, gleichzeitig Söhne von Imam Musa al-Kadhim begraben, was die Moschee automatisch zu einem der größten Heiligtümer im Iran macht. Vor allem die riesige, völlig verspiegelte Innendekoration hatte es mir wirklich angetan und ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Sicher habe ich noch ein paar andere Sehenswürdigkeiten in Shiraz verpasst, aber es muss ja nicht das letzte Mal gewesen sein.

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