Veröffentlicht: 07.02.2018
Was ist denn bitte Wwoofen? Schon einmal vorneweg: Ja, es wird wirklich so geschrieben und nein, es hat nichts mit Hunden zu tun – oder höchstens indirekt. :-D
WWOOF ist die Abkürzung für World Wide Opportunities on Organic Farms und bedeutet, unentgeltlich für ein paar Stunden am Tag auf Biofarmen auszuhelfen und im Gegenzug Essen und eine kostenlose Unterkunft zu erhalten. Das Tolle daran: Man lebt einerseits direkt mit den Locals zusammen und lernt sie, ihren Alltag sowie ein Stückchen ihrer Kultur kennen. Andererseits bietet es die perfekte Gelegenheit, Neues zu lernen und den eigenen Horizont zu erweitern. Schon in Deutschland hatten wir von der Möglichkeit des Wwoofens gelesen und wollten das Ganze unbedingt ausprobieren. Also meldeten wir uns online im Wwoofing-Portal an und konnten so in Ruhe durch die potentiellen Gastgeber in unserer Nähe stöbern. Nach einiger Zeit fanden wir Familie Williams und alles passte. Die Arbeit klang interessant, die Familie sah nett aus und vorherige Wwoofer lobten ihre Zeit dort in den höchsten Tönen. Wir hatten Glück und die Sympathie beruhte auf Gegenseitigkeit und so konnten wir am 14.01. unser Wwoofing-Experiment starten.
Der Tag unserer Ankunft in Hukerenui (30km nördlich von Whangarei) war ein Sonntag. Gespannt trafen wir gegen 3 Uhr nachmittags bei Familie Williams ein. Andrew (Mitte 60) und Janine (Ende 50) empfingen uns herzlich und bei einer Tasse Kaffee und selbst gebackenem Kuchen konnten wir uns im Anschluss erst einmal kennenlernen. Dabei erzählten uns die beiden einiges über ihre Arbeit auf der Farm, ihre Familie und wie unser Tagesablauf hier aussehen würde.
Auf ihrer Farm mit dem Namen „Hukerenui Gardens“ baut die Familie verschiedenes Gemüse wie Bohnen, Zucchini und Auberginen an, aber auch verschiedene Sorten von Pflaumen und einiges mehr. Aus ihrem Obst und Gemüse stellen sie selbst Marmeladen, Saucen und Chutneys her, die sie zusammen mit ihrer Ernte jeden Samstag auf dem Farmers Market in Whangarei verkaufen.
Unsere Arbeit bestand also darin, die Williams bei den täglichen Aufgaben rund um ihren kleinen Farmbetrieb zu unterstützen. Nach zwei Monaten Urlaub hatten wir auch richtig Lust auf eine Aufgabe! Besonders freute ich mich darauf, bei der Herstellung der Marmeladen und Chutneys mithelfen zu dürfen. Unser Arbeitstag ging von morgens 8 Uhr bis mittags um 1, inklusive einer halbstündigen Pause (dem „morning tea“) gegen 10:30 Uhr. An den Nachmittagen durften wir natürlich tun und lassen, was wir wollten und sonntags hatten wir frei.
Neben Andrew und Janine wohnten ihre zwei Töchter Emeli (19) und Susie (17) mit im Haus. Die älteste Tochter, Becca (21), hatte außerdem gerade Semesterferien und war die meiste Zeit ebenfalls zum Helfen bei den Eltern. Zusätzlich war Andrews Schwester Judy aus England gerade für mehrere Wochen zu Besuch und wohnte im Gästehaus – dem Bereich, der normalerweise für die Wwoofer vorgesehen ist. Das wussten wir aber, denn die beiden hatten uns schon im Vorfeld gefragt, ob es für uns ok wäre, in einem großen Zelt im Garten zu schlafen. Das war es natürlich, doch mit einem derart riesigen Zelt hatten wir nicht gerechnet! Es bestand aus zwei Räumen plus Vordach, unter dem man gemütlich sitzen konnte. Im Inneren hatte ein richtiges Bett Platz sowie ein Tisch und zwei Stühle und man hatte immer noch genügend Platz, um darin herumzulaufen. Nach dem Kaffeetrinken richteten wir uns erst einmal ein. Als wir damit fertig waren, nahm uns Andrew mit zu einer kleinen Farmbegehung. Viele Beete, eine alte Ruine, eine Schafsweide, eine Pferdekoppel, Enten und Hühner, einen Fluss (aus dem sie ihr Wasser beziehen), einen Obstgarten, mehrere Bienenstöcke, viele Hügel und Buschland gab es zu sehen.
Am Abend bekamen wir dann gleich einen Vorgeschmack auf das wunderbare Essen, was uns hier erwarten sollte. Die Williams tischten ordentlich auf: Gebackene Kartoffeln mit Rosmarin und frisch geriebenem Käse, geschmorte Tomaten und ein bunter Salat mit rohem Mais (den wir bisher nur aus der Dose kannten) und von allem jede Menge. Dabei erzählte Andrew, dass Kartoffeln seine absolute Lieblingsspeise sind und ich konnte gleich erzählen, dass ich eine Gleichgesinnte bin. Die erste Gemeinsamkeit. :-D Besonders toll war, dass außer Andrew alle Vegetarier oder sogar Veganer waren und fast sämtliche Zutaten immer frisch aus eigenem Anbau kamen.
Unsere Arbeitstage verliefen immer sehr abwechslungsreich und die Zeit verging wie im Flug. Mal ernteten wir Bohnen, verschiedenen Kohl, Zucchini oder Pflaumen, dann zupften wir Unkraut, halfen Andrew beim Imkern, mähten den Rasen oder unterstützten bei der Vorbereitung für den Markttag. Philipp bekam teilweise andere Aufgaben, bei denen mehr Kraft gefragt war und ich durfte dafür in der Küche beim Chutney-Kochen helfen. Oft konnten wir aber auch zusammenarbeiten, was auch mal eine neue Erfahrung und ziemlich cool war. Andrew und Janine achteten dabei stets sehr darauf, dass wir auf keinen Fall zu lange arbeiteten und immer rechtzeitig unsere Pause machten. Außerdem erinnerten sie uns bei jeder Gelegenheit daran, ausreichend zu essen und ermunterten uns immer wieder, uns nach Herzenslust selbst zu bedienen. Wenn Janine zum Einkaufen in die Stadt fuhr, fragte sie uns extra, ob wir spezielle Wünsche hätten und es fehlte uns wirklich an nichts. Wir fühlten uns wie vollwertige Familienmitglieder! Abends schauten wir oft zusammen Filme und dabei kam heraus, dass die beiden mindestens genauso große Herr der Ringe Fans waren wie wir. Das musste natürlich ausgenutzt werden! :-)
Und weil wir uns so wohl fühlten, blieben wir, nach Ablauf der zunächst vereinbarten 10 Tage, einfach noch eine Woche länger. Andrew und Janine freuten sich sehr, da sie einerseits mit unserer Arbeit sehr zufrieden waren und wir uns andererseits einfach alle sehr gut verstanden.
Zum Ende unserer Zeit hier hatten wir schließlich einiges gelernt:
Unter anderem, dass „morning TEA“ keineswegs nur eine Tasse Tee oder Kaffee bedeutet. Stattdessen bekamen wir ein zweites Frühstück aufgetischt! Belegte Sandwiches, Obst Gemüse, Kuchen – alles, was das Herz begehrt. Als wir das erste Mal zur Pause in die Küche kamen, staunten wir nicht schlecht angesichts des reichlich gedeckten Tisches!
Außerdem erklärte uns Andrew, dass man Beete am besten tief aushebt und die Erde gründlich auflockert, damit die Wurzeln der Pflanzen nach unten und nicht in die Breite wachsen. Auf diese Art kann man auf einer Fläche mehr Beete anlegen und somit auch mehr anpflanzen und ernten. Beim Unkrautzupfen erzählte er uns, dass man damit eigentlich nie fertig wird, da man mit den Wurzeln des Unkrauts immer auch neue Sporen nach oben befördert und somit gleich wieder Neues heranzieht. Und schließlich wissen wir als „Unkrautzupf-Profis“ nun auch, dass es sich in nasser Erde besser zupft, als in trockener.
Zusätzlich lernten wir das sogenannte „weaven“ (weben), bei dem wir die Paprika-, Jalapeno- und Auberginenpflanzen mit fester Schnur zwischen, in regelmäßigen Abständen eingesetzten, Holzpfählen befestigten. Das stabilisierte die in die Höhe wachsenden Pflanzen und machte sie widerstandsfähiger gegen Wind. Diese Arbeit zählte jedoch nicht zu unseren liebsten, da wir dabei die ganze Zeit vorn übergebeugt durch die Beete gehen mussten. Am nächsten Tag hatten wir etwas Rückenschmerzen…
Weiterhin staunten wir nicht schlecht darüber, dass man Bohnen und Mais roh essen kann (und es auch noch richtig gut schmeckt!) und Bohnen sogar innerhalb von 1-2 Tagen von ganz klein zu „erntereif“ wachsen! Philipp lernte, wie man Kartoffeln ausgräbt und fand dabei ein riesiges Exemplar, das er mir, laut Andrews Anweisung, schenken sollte (weil er ja mittlerweile wusste, wie gerne ich Kartoffeln mag :-D). Ich stiftete die Riesenkartoffel dann dem abendlichen Dinner und es schmeckte natürlich an diesem Abend besonders gut. ;-)
Und schließlich haben wir einen Haufen neuer Rezepte angesammelt – von leckeren Gemüsepuffern, bis zu den tollen hausgemachten Chutneys.
Insgesamt war es wirklich eine tolle, lustige und lehrreiche Zeit und der Abschied fiel uns allen doch etwas schwer. Wir freuen uns jedoch sehr, die Erfahrung gemacht zu haben und können somit sagen, dass das Experiment Wwoofing definitiv geglückt ist und mit Sicherheit an anderer Stelle noch einmal versucht wird!
PS: Besonders vermissen wir den Haushund Tarka! Die alte Dame war einfach zuckersüß und konnte mit ihrem Blick einfach jedes Herz zum Schmelzen bringen! Sie verbrachte die meiste Zeit des Tages schnarchend auf der Veranda (auch wenn sie wach war!), was immer wieder für einen Lacher sorgte. :-)