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Klassenfahrt nach Stockholm

Veröffentlicht: 20.04.2019

Wie ich bereits des Öfteren verlauten ließ, stand mir eine Ekskursija mit meiner lettischen Schulklasse bevor. Da es das Schicksal ja noch nie besonders gut mit mir gemeint hat, erlitt ich natürlich in der Woche davor einen Meniskusriss, der mich als Jedentagsportler enorm aus der Bahn warf und ich aus Wut durchaus manchmal absichtlich Dinge mit meinen Krücken zerstörte. Meine Klasse zeigte allerdings in den Tagen vor der Fahrt große Hilfsbereitschaft, die ich zwar nicht besonders gerne nutzte, aber meine Gastmutter überzeugte, mich getrost nach Stockholm schippern zu lassen. Nun ja, die Zeit auf der ,,Isabelle" war auch tatsächlich weniger problematisch, da ich die Etagen mithilfe von Aufzügen gut überstand, der Stress ging dann erst so richtig los, als wir die Fähre verließen. Schon aufgrund meines chronischen Problems mit Menschenmassen bekam ich kurz vor Austieg im Gedränge ziemliche Flusen, hatte das Gefühl bald nicht mehr Atmen zu können, wurde hin und her geschubst, bekam das Gefühl von meinen Mitmenschen einfach nur störend und zu langsam zu sein. Der Tunnel von Board war grausam, ich kam überhaupt nicht hinterher, wurde andauernd von genervten Menschen überrannt und verlor schließlich endgültig den Anhang zur Schülergruppe, beziehungsweise zu allen Passagieren der Fähre. Weil das ja noch nicht genug war, hatte dieser beknackte Tunnel natürlich eine Gabelung und tja, wie sollte es anders sein, ich nahm den falschen Abzweig. Ich spackte in irgendein Hotel anstatt zur Metrostation, dort war auch keine Menschenseele, kraxelte den gesamten Weg zurück, brach zwischendurch vor Anstrengung zusammen, kroch förmlich den Weg nach draußen. Da ich ungefähr 20 Minuten Verspätung hatte, hatte ich mich mental schon mit dem Gedanken angefreundet, den Tag ohne meine Klassenkameraden zu verbringen. Natürlich hatten die auch schon die U-Bahnstation verlassen, allerdings warteten meine Klassenlehrerin und eine andere, ältere Begleitperson auf mich. Entgegen meiner Erwartung mit allerhand Vorwürfen empfangen zu werden, wurde ich sehr sanftmütig und geduldig behandelt und ich fühlte mich das erste Mal seit sehr langer Zeit nicht mehr ungewollt in Gegenwart besagter Person. Wir nahmen eine Bahn später, machten einen entspannten Spaziergang an Stockholms Hafen, aßen Eis und ich schwöre ich hatte einen viel angenehmeren Tag, als die anderen. Eine gewisse Zeit verbrachte ich wartend auf einer Bank, während die anderen einkaufen waren und begann Konversationen mit netten Schweden, die kamen und gingen. Sehr nettes Völkchen, exakt die Mentalität, die mir zusagt. Abschließend begaben wir uns auch gemächlich und mit Pausen zu einem Schiffskundemuseum, was ich mir ansah, während die zwei Lehrer Besorgungen machten und mich nach meinem Rundgekrücke abholten. So kam es, dass ich an diesem Tag mit Krücken fast 10 km lief, Stockholm war aber wirklich motivierend. Es roch nach Frühling und netten Menschen und ich fühlte mich in den Gassen der Altstadt wohl. Ich war fast etwas traurig, als wir uns an der Bushaltestelle mit den restlichen Lehrern und Schülern trafen. Die passten jetzt übrigens alle ziemlich auf mich auf, nahmen mich in ihre Mitte und stellten sicher, dass ich hinterher komme und an der richtigen Station ausstieg. Da ich vorher Hilfe größtenteils ablehnte, nahmen sie wohl an, dass ich das auch alles sehr gut alleine schaffe. Meine Schuld, aber ich lerne auch irgendwie dazu. Fällt mir nur sehr schwer, denn Xenia hat halt einfach einen eisernen Willen, schafft und kann alles, wie wir alle wissen ;). Falls es unklar war: Ja, die meiste Zeit unserer Exkursion hielten wir uns auf der Fähre auf und nur 4 oder 5 Stunden in Stockholm. Sehr schade, aber jetzt bin ich noch mehr skandinaviengehyped, als vorher. Also Schweden, Island, Dänemark, Norwegen und Finnland (ich hoffe, ich habe nichts vergessen): Seid auf Xenia vorbereitet!

Den Abend über auf der Fähre schrieb ich Postkarten und redete mit schwedischen Seebären. Endlich mal eine unmissverständliche Offenherzigkeit, wie ich sie häufig in Lettland vermisse. Trotzdem genieße ich die Zeit hier, mit oder ohne Krücken, ich hab ja schon ganz andere Dinge überlebt.

Als ich im Bus von Riiga nach Liepaaja an einer anderen Haltestelle hinausgeworfen wurde, offenbarte sich mir ein ganz anderes Problem: Meine Gastfamilie, wusste zwar, wo ich ausstieg, da diese Station näher an unserem Haus lag, aber nicht wann. Wie auch gesagt, habe ich nicht so besonders viel Glück, darum hatte ich kein Geld mehr auf meiner SIM-Karte, konnte also einen Anruf oder SMS vergessen, Internet gab es in der Pampa auch nicht. Yeah. Mit Krücken und einem 12kg Rucksack schaffte ich es irgendwie zu einem kleinen Café im Ort und fragte dort ganz oldschool, ob ich mal telefonieren könne. Konnte ich, bestellte meine Abholung und Legenden besagen, dass ich mir auf den Schock noch ein Stück Honigkuchen gönnte. 

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#stockholm#klassenreise#fähre#krücke#schweden