Wir reisen, also sind wir
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Kolumbien: Ciudad Perdida

Veröffentlicht: 24.08.2017

Was habe ich mir nur dabei gedacht? Dieser Gedanke begleitete mich oft auf unserem Weg in die Ciudad Perdida. Und tatsächlich war es meine Idee gewesen, diese Tour zu machen. Was habe ich mir nur dabei gedacht?

Bei der Ciudad Perdida handelt es sich um eine präkolumbianische Städte im Norden Kolumbiens bei Santa Marta. Der Großteil der Stadt wurde zwischen dem 11. und 16. Jahrhundert errichtet, wenngleich die eigentlichen Ursprünge älteren Datums sind. Die geschätzte Bevölkerungsgröße betrug zu Hochzeiten 2.000–8.000 Angehörige des indigenen Volkes Tairona, die die Stadt kurz nach der Ankunft der Spanier aufgeben mussten. Erst 1975 wurde die „verlorene Stadt“ durch Grabräuber wiederentdeckt und geplündert. Heute befindet sich in der Stadt ein permanenter archäologischer Stützpunkt. Heutzutage besuchen etwa 25'000 Touristen jährlich die Ciudad Perdida.

Die Stadt kann nur im Rahmen einer 4-6 tägigen Wanderung über ca. 48 km besucht werden. Jörg und ich entschieden uns für die 5-tägige Wanderung, in der Annahme, dass wir dann wenigstens nicht gleich mit den Obersportskanonen im Team wären. Immerhin war das unser erster mehrtätiger Trek. Falsch gedacht. Es stellte sich heraus, dass der Unterschied zwischen der 4- und der 5-tägigen Tour erst am letzten Tag zum Tragen kommen würde. Die ersten 3 Tage verbrachten wir gemeinsam mit anderen, die eine 4-Tagestour gebucht hatten. Die letzte Etappe des Rückwegs würden wir einfach in zwei Tagen absolvieren, statt in einem, sprich, wir würden einfach noch einen halben Tag im Camp herumgammeln. Was für ein Schwachsinn. Wir kommen jedenfalls nochmals darauf zurück.
Leider hatten Jörg und ich sogar noch Pech im Unglück, und wanderten nicht nur zusammen mit der 4-Tages-Gruppe, nein, wir sind tatsächlich auch noch im Olympia-Team gelandet. 21 Leute waren wir in der Gruppe. Wir staunten nicht schecht, als diese Leute schon den ersten Berg sprichwörtlich hinauf gerannt sind.

Was soll ich sagen, es war die Hölle. Es lohnt sich eigentlich nicht einmal, die einzelnen Tage Revue passieren zu lassen. Als ob ich mich noch erinnern könnte, wieviele Kilometer wir uns bergauf gequält haben, nur um uns dann wieder bergab zu quälen oder wieviele Flüsse wir durchquert haben.
Die Tage liefen allesamt folgendermassen ab: Wir wurden morgens um 4:30 geweckt (unsere übermotivierten Guides wollten immer die ersten sein, die losliefen), packten unser Zeug in Eile zusammen und frühstückten. Dann liefen wir ca. 4 h steil bergauf und dann wieder steil bergab. Oder umgekehrt, wie auch immer. Dann trafen wir bei einem Camp ein, wo es eine Pause und Mittagessen gab. Nachmittags liefen wir ca. 4-5 h steil bergauf und dann wieder steil bergab. Oder umgekehrt, wie auch immer. Irgendwann trafen wir bei einem Camp ein, wo wir duschen konnten. Dann gab es Abendessen und anschliessend fielen wir totmüde um ca. 20:00 oder 21:00 Uhr ins Bett. Bis pünktlich um 4:30 Uhr am nächsten Tag die Tortur von vorne losging. Wenn man die Guides unterwegs fragte, wie lange es denn noch dauere, hiess es immer: 30 minutos. Es waren unendlich viele 30 minutos, das kann ich euch sagen.
Während der ganzen Zeit waren wir bis auf die Knochen nass und von oben bis unten dreckig. Vormittags marschierten wir in der brütenden Hitze, nachmittags im strömenden Regen. Und die meiste Zeit bis fast zu den Knien im Schlamm. Den Regenschutz anzuziehen lohnte sich auch nicht, da es trotz Regen so heiss war, dass man unter dem Regenschutz so sehr schwitzte, dass man ohnehin komplett durchnässt war. Kaum hatte man sich morgens über sein frisches, trockenes T-Shirt und die frischen, trockenen Socken gefreut, musste man bereits 10 min. später durch den nächsten hüfthohen Fluss waten, in voller Montur, inkl. Schuhe und allem. Rückblickend hatten wir viel zu viel Gepäck dabei. 2 T-Shirts hätten vollends gereicht, eines nass für den Marsch, und eines (einigermassen) trocken für abends im Camp. Es war den Schmerz, das Gepäck auch noch zu schleppen, einfach nicht wert, lieber hätte man 4 Tage vor sich hin gestunken. Die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass die Sachen über die Nacht nicht trocknen konnten, im Gegenteil, nach 2 Tagen war eigentlich alles, was man dabei hatte, komplett nass oder zumindest feucht.
Auch für Leute mit Höhenangst ist die Sache wohl nicht zu empfehlen. Wir sind teilweise auf schmalen Trampelpfaden gelaufen, oder über feuchte Felsen geklettert, wo es daneben mindestens 30m senkrecht nach unten ging.
Und es war ein ständiger und fortwährender Kampf mit Moskitos. Diese Tiere sind komplett wahnsinnig, das kann ich euch sagen.

Obwohl sich viele über die Camps beschwerten, fanden wir diese eigentlich recht in Ordnung. Sie lagen mitten im Dschungel, es handelte sich um Massenschläge mit nur jeweils einem grossen Dach und darunter Stockbetten mit Moskitonetzen, ein paar Langbänke und einer Küche. Dann gab es noch einige Toiletten und einige Duschen mit wahnsinnig kaltem Wasser. Aber das merkte man spätestens am zweiten Tag ohnehin nicht mehr.
Es ist schon ein rechter Aufwand, den ganzen Krempel mit Maultieren in die unzugänglichen Berge zu schleppen. Auch unser Essen wurde mit Maultieren transportiert, die Köchin musste mitlaufen, jede Gruppe hat eine eigene Köchin dabei. Da lobe ich mir doch wieder einen angenehmen Arbeitsplatz im Büro, statt mir einmal die Woche diese Tortur anzutun.

Am dritten Tag erreichten wir endlich die Ciudad Perdida. Natürlich nicht, ohne vorher noch 1200 «Stufen» heraufzuklettern. Dass man das überhaupt Treppe nennen darf, ist eigentlich eine Frechheit. Wie dem auch sei, wir haben es geschafft. Unsere Olympioniken sind wortwörtlich die letzten 100 Stufen hinaufgerannt, während wir beinahe auf allen Vieren hochgekrackselt sind.

Oben angekommen bot sich uns ein umwerfender Ausblick. Man muss ja schon ein wenig verrückt sein, um sich einen solchen Ort für eine Stadt auszusuchen. So ist es auch ein Mysterium, wie die Leute damals alle diese grossen Felsbrocken überhaupt da hoch gebracht haben. Von aussen und von unterwegs sieht man die Stadt zu keiner Zeit, so versteckt liegt sie in Bergen und Dschungel. Von der Stadt sind nur Terrassen, Wege und Treppen übrig, aber es ist wirklich atemberaubend schön.
Ob sich die ganze Plackerei gelohnt hat? Im Moment, wenn man oben angekommen ist, auf jeden Fall. Kaum auf dem Rückweg ist man allerdings bereits wieder in Selbsthass verfallen.
In der Stadt selbst verbringt man nur etwa 3 Stunden. Gerade genug Zeit, um eine Sieges-Zigarette zu rauchen, hundert Fotos zu schiessen, sich einige Erklärungen der Guides anzuhören und sich dann noch einige Minuten hinzusetzen und die Aussicht zu geniessen, bevor es die 1200 Stufen wieder nach unten geht. Einige Leute aus unserer Olympioniken-Gruppe studierten allerdings noch kurzerhand ein Tänzchen ein, und führten dieses noch auf einer Terrasse vor allen anderen Gruppen, die oben waren, auf. Jörg und ich waren jedenfalls nicht die einzigen Leute, die sich an diesem gottverlassenen Ort am Kopf kratzten und sich fragten, woher die diese Energie nahmen.

Um zurück zu gelangen, muss man wieder denselben Weg nehmen. Leider hatte Jörg bereits gegen Ende des zweiten Tages Schmerzen im Knie bekommen. Er hatte sogar überlegt, auf den letzten Aufstieg zur Ciudad Perdida zu verzichten, aber so kurz vor dem Ziel kann man wohl einfach nicht mehr zurück, nachdem man dies bereits alles durchgestanden hat. Allerdings wurde der Rückweg dadurch noch einiges mühsamer. Wir kamen noch langsamer voran als ohnehin schon, das heisst wir trafen jeweils erst etwa 1-2 Stunden nach den Olympioniken in den Camps ein. Es waren aber alles sehr nette Leute, und da sie ohnehin immer überall als erstes eintrafen, haben sie uns freundlicherweise immer schön ein Bett reserviert, so dass wir nicht in einer Hängematte schlafen mussten (es gab nicht in allen Camps genügend Betten für alle Gruppen).
Eine unserer Guides war ebenfalls eine «Eingeborene/Indigene» namens Elisabeth. Sie war wirklich sehr freundlich und hilfsbereit und hat Jörg mit Medizin der Eingeborenen zu helfen versucht. So gab es Marihuana-Creme für das Knie, Wickel aus Bananenblättern und ein Bad mit Bananenblättern und Salz, was auch tatsächlich etwas geholfen hat. Alleine das war ja auch schon sehr interessant zu erleben, wenn auch leider Jörg den Preis dafür zahlen musste. Es würde sich jedenfalls offenbar lohnen, sich eine Bananenpalme anzuschaffen, die Pflanze ist wirklich vielseitig verwendbar.
Auch während der Wanderung haben wir uns an die Traditionen der Eingeborenen gehalten, man will ja schliesslich auch kulturell etwas lernen, und haben fleissig Coca-Blätter gekaut, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. In Kolumbien ist es zwar verboten, Coca in grossen Mengen anzubauen, aber die Eingeborenen dürfen für den Eigengebrauch in ihrem Garten Pflanzen halten. Es gehört schliesslich auch seit Jahrhunderten zu ihrer Tradition. Und glaubt mir, wenn man sich dort unter Schmerzen und Pein durch die Berge schleppt, und es etwas gibt, das den Muskelkater auch nur ein bisschen lindert und einen die endlosen, steilen Hänge ein klein wenig leichtfüssiger bewältigen lässt, dann kaut man eifrig darauf rum, ohne das gross zu hinterfragen. Ich jedenfalls auf alle Fälle.

Dadurch, dass wir gemeinsam mit Elisabeth das Schlusslicht bildeten, hatte ich auch die Chance, viel mit ihr zu sprechen und vieles über die Eingeborenen und ihre Kultur zu erfahren.

Die indigenen Völker leben in den Bergen, in kleinen Dörfern aus runden Hütten, ohne Wasser, ohne Strom. Sie betreiben Landwirtschaft und versorgen sich selber. Heutzutage gibt es aber auch Leute, die sich auf ein Handwerk spezialisieren oder auch vom Tourismus leben, beispielsweise einen kleinen Laden entlang des Treks betreiben, wo man Getränke kaufen kann.
Wie gesagt sind die Coca Blätter ein wichtiger Bestandteil der indigenen Kultur. Junge Männer werden im Alter von 18 Jahren zum Schamanen gerufen und erhalten ihren ersten «Poporo» . Dabei handelt es sich um einen ausgehöhlten, getrockneten Kürbis, in welchem Pulver aus Meeresmuscheln aufbewahrt wird. Die Männer mischen das Pulver mithilfe eines Stabes mit Coca-Blättern in ihrem Mund und zerkauen dies. Das kalkhaltige Pulver reagiert mit den Blättern und verstärkt die Wirkung (und ruiniert die Zähne). Übriges Puder wird am Hals des Poporo verrieben, wodurch sich mit der Zeit ein fester Ring um das Gefäss bildet, der immer grösser wird. Die Jungen erhalten vom Shamanen im Rahmen einer 4-tägigen Zeremonie eine Unterweisung, wie die ganze Sache anzuwenden ist. Coca Blätter werden nur von Männern verwendet, da die Frauen als sehr stark gelten. Frauen können ohne zusätzliche Hilfe die Berge hochlaufen, die Kinder schleppen und Landwirtschaft betreiben, Männer benötigen Coca dafür. Und so traf man sie auch unterwegs, immer mit dem Soporo und dem Stab in der Hand und eifrig kauend.
Die Mütter hingegen tragen keine Schuhe, da sie glauben, dass sie mit Schuhen Mutter Erde verletzen würden. Und Mütter verletzen sich nicht gegenseitig. Tatsächlich laufen sie barfuss im Schlamm die Berge hoch und runter. Die Kleinkinder tragen sie dabei in einem Beutel, den sie mit einem Band um ihre Stirn hängen. Wahnsinn.
Besonders speziell fand ich die Tatsache, dass die Eingeborenen das Konzept der Liebe nicht kennen. Die Ehe ist eine reine Zweckorganisation. Die Paare werden dabei vom Shamanen zusammengebracht. Der junge Mann heiratet mit 18 Jahren zunächst eine ältere Frau, um von ihr zu lernen. Der Schamane macht ihm, soweit ich verstanden habe, 2-3 Vorschläge, von welchen er dann aussuchen kann. Es handelt sich dabei beispielsweise um Witwen. Mit dieser ersten Frau bleibt der Mann drei Jahre zusammen. Anschliessend kann er entscheiden, ob er mit ihr zusammen bleiben will oder er kann sich freikaufen, um eine jüngere Frau zu heiraten. Es gibt für die Frauen offenbar kein Mindestalter für die Heirat. Der Schamane entscheidet, wann ein Mädchen bereit ist für die Ehe. Dies kann auch schon in sehr jungen Jahren geschehen.
Die Eheleute wohnen anschliessend nicht zusammen, sondern in getrennten Hütten. Die Ehefrau darf die Hütte des Mannes nur betreten, um ihm die Kinder zu Besuch zu bringen (so wie ich verstanden habe, muss er selber putzen). Sex innerhalb der Hütten ist verboten. Die Eheleute müssen raus in den Wald gehen dafür.
Während der ersten Lebensjahre eines Kindes kümmert sich ausschliesslich die Mutter darum. Erst wenn das Kind etwas älter ist, wird es auch vom Vater unterrichtet und erzogen.

Es ist schon sehr faszinierend, dass es immer noch Leute gibt, die freiwillig an einem solchen Lebensstil festhalten. Ich habe Elisabeth gefragt, ob sie denkt, dass es diese Kultur in 50 Jahren immer noch geben wird. Sie meint, dass dieser Lebensstil vom Aussterben bedroht ist. Die Leute sehen, was die anderen haben, fliessend Wasser, Strom, Handy, Computer und wollen das auch. Die Kinder gehen weg in die Städte, um zu studieren und kehren anschliessend nicht zurück in die Dörfer.

Kehren wir zurück zu unserer Selbstkasteiung: Jörgs Knie wurde immer schlimmer, und wir suchten nach einer Lösung. Unter anderem war die Frage, ob wir ein Maultier für ihn mieten könnten. Dies müsste allerdings ein ziemlich starkes Maultier sein. Ein weiteres Problem war auch, dass wir dummerweise nicht so viel Bargeld mitgenommen hatten, und die Maultiere musste man sofort zahlen. Kreditkarte ging natürlich nicht da oben. Ausserdem war die Frage, ob wir am 5-Tagestrip festhalten, oder trotzdem schon am vierten Tag zurück in die Stadt zurück wollten, damit wir schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen konnten und anschliessend dafür in der Stadt mehr Zeit zum Ausruhen hatten. Wie bereits gesagt, unterschied sich der 5 Tages-Trek nur dadurch, dass man am 4. Tag lediglich morgens zum Camp 1 zurückläuft, den Rest des Tages dort verbringt, ein bisschen im Fluss badet und erst am 5. Tag das letzte Stück zurück nach El Mamey läuft, wo der Jeep für den Rücktransport nach Santa Marta wartet.
Das machte für uns keinen grossen Sinn, da wir nicht davon ausgingen, dass das Knie durch nur einen halben Tag Ruhe besser werden würde, daher änderten wir unseren Trek ebenfalls auf 4 Tage. Wir mieteten uns also wenigstens ein Maultier für das Gepäck, was dank dem Einsatz unseres Guides Javier relativ günstig war, so dass Jörgs Knie wenigstens nicht noch durch Zusatzgewicht belastet wurde. Dann quälten wir uns zurück zum Camp 1 und noch ein Stück weiter auf den Berg hoch, wo man für den letzten Abstieg ein Motorrad mit Fahrer mieten konnte. Das letzte Stück über ca. 2 Marsch-Stunden von dort ging steil bergab, und bergab war für Jörgs Knie das Schlimmste, wir hätten sicher einiges mehr als 2 h gebraucht. Also mieteten wir uns je ein Motorrad.
Und das war eigentlich das wahre Abenteuer, letztendlich sind wir richtig froh, dass wir das getan haben. Die Fahrer sind so halsbrecherisch die steilen Hänge hinuntergerast, dass es einem Angst und Bang wurde. Ich habe mich so sehr an das Motorrad und den Fahrer festgeklammert, dass mir die Hände und ihm bestimmt der Bauch wehtaten. Teilweise ging es wirklich wahnsinning steil runter, in engen Fahrspuren vorbei an riesigen Felsen und entlang steiler Abgründe, durch Schlamm und Geröll, kurzerhand durch einen Fluss hindurch. So sind wir also an allen anderern Wanderern vorbeigedüst, und alle haben uns fröhlich zugewinkt, Jörg war mit seiner Blessur unterwegs aufgefallen, deshalb kannten wir alle aus den anderen Gruppen ebenfalls. Nur unsere eigene Gruppe, die Olympioniken, die waren natürlich schon längst unten angekommen.

Endlich in El Mamey angekommen, gab es noch ein spätes Mittagessen und dann sind wir mit dem Jeep die 2 Stunden nach Santa Marta zurückgefahren. Der Reiseveranstalter hat uns anschliessend sofort ins Krankenhaus gefahren, wir waren über den Veranstalter für solche Vorkommnisse versichert.

Im Krankenhaus hat man uns direkt in einen VIP Warteraum verfrachtet und dann wohl erstmal vergessen. Ganze 2 Stunden haben wir gewartet, bevor wir dann mal reklamiert haben. Man kommt sich auch ein wenig blöde vor, wenn der ganze «Nicht-VIP»-Warteraum voller Menschen ist, die mindestens ebenso lange oder noch länger warten müssen, und man will sich auch nicht einfach vordrängeln. Anschliessend gings dann aber ganz schnell. Wir kamen zu einer Ärztin und haben ihr so gut es ging erklärt, wo das Problem liegt. Wenn man schon bei uns das medizinische Kauderwelsch der Ärzte kaum versteht, so ist es auf Spanisch ganz bestimmt nicht einfacher, das kann ich euch sagen.
Speziell für mich war, dass die Medikamente im Krankenhaus nicht verfügbar waren. Beziehungsweise keine guten Medikamente, wie die Ärztin meinte. Aha. Die Ärztin hat mir ein Rezept ausgestellt, woraufhin ich über die Strasse in die Apotheke musste, um die Sachen dort zu kaufen und anschliessend ins Spital zurückzubringen. Jörg hat dann 2 Spritzen bekommen, Antibiotika und Schmerzmittel. Anschliessend konnten wir endlich endlich in unser Hostel fahren, duschen und ausruhen. Gottseidank.

War es das alles wirklich wert? Ja, das war es. Diese Erfahrung werden wir bestimmt nie wieder vergessen und wir sind froh, dass wir es gemacht haben. Es gab unterwegs Zeiten, wo uns schlicht der reine «Überlebens-» Wille vorwärts getrieben hat, und ganz bestimmt nicht die Freude am Wandern. Ich hatte noch nie in meinem Leben solche Schmerzen in meinem ganzen Körper, Muskelkater kann man das gar nicht mehr nennen. Meine Schultern waren regelrecht wund und aufgeschürft vom Rucksack, unsere Füsse waren komplett aufgeweicht und voller (teilweise riesiger) Blasen und Wunden, ich hatte sogar Blasen an den Händen, vom Festkrallen an den Wanderstock. Von Jörgs lädiertem Knie ganz zu Schweigen, er hat sich wirklich wahnsinnig tapfer geschlagen. Es ist erstaunlich, wie weit der Mensch gehen kann, wenn es einfach keine andere Möglichkeit gibt. Keinen Sessellift, der hinunter ins Tal führt. In der Schweiz hätte ich bestimmt einfach den nächsten Sessellift genommen. Aber dort gibt es nur tiefen Dschungel und den Weg, der vor einem liegt. Sonst nichts.
Der Weg ist das Ziel, das trifft sicher auch auf die Ciudad Perdida zu, und es ist ein tolles Gefühl, wenn man wieder unten in El Mamey angekommen ist.

Wir schliessen diesen Teil unseres Reiseberichts mit den Worten, die unser Mitwanderer Jim aus Holland sagte, als er unten in El Mamey ankam: Never again.

Antworten (1)

Alex
Danke für diesen herrlichen Artikel. Hat meine Busfahrt nach San Gil erheblich humorvoller gemacht.

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