Veröffentlicht: 10.01.2019
Das Pantanal-Shuttle brachte uns dann von der Jungle Lodge nach Bonito. Bonito stand eigentlich so gar nicht auf unserer To-Do-Liste, genaugenommen hatten wir bis vor wenigen Tagen nicht mal von dessen Existenz gewusst. Ein österreichisches Ehepaar hatte uns in San Jose de Chiquitos von Bonito vorgeschwärmt. Und auch alle Gäste in der Lodge kamen entweder von dort oder gingen noch dahin. Also entschieden wir uns kurzerhand, uns das auch nicht entgehen zu lassen.
Bonito ist ein in eine Wasserlandschaft eingebetteter Ort und gilt als ein Vorzeigemodell Brasiliens in Sachen Ökotourismus. Die Hauptattraktion sind die Flüsse mit wahnsinnig klarem Süsswasser wo man beim Schnorcheln unzählige Fische zu sehen bekommt, sowie die Cenoten und Höhlen, wo man ebenfalls Schnorcheln und sogar Tauchen kann. Daneben gibt es verschiedene andere Aktivitäten, wie zum Beispiel Wanderungen zu Wasserfällen, etc. Die angebotenen Touren sind allesamt vom Tourismusbüro genau standardisiert, die Teilnehmerzahlen sowie das jeweilige Programm und auch die Preise sind genau festgelegt. Meistens handelt es sich um Tagestouren, bei denen noch ein Mittagessen mit dabei ist. Es spielt also keine Rolle, wo man die einzelnen Ausflüge bucht, im Hotel oder in einem Tourbüro, sowohl Programm als auch Preise sind dieselben. Und die Preise haben es wirklich in sich, grenzen teilweise eigentlich schon fast an Wucher. Ausserdem muss man den Transport immer noch extra zahlen, wenn man über kein eigenes Fahrzeug verfügt. Aber nun denn, die Leute kommen ja trotzdem, wie man sieht.
Der Ort Bonito selber hat nicht sehr
viel zu bieten. Ausser einem kleinen Park bildet die Touristenmeile
das Zentrum, wo sich Restaurants, Hotels, Geschäfte und Tourbüros
aneinanderreihen.
Wir haben am ersten verregneten Nachmittag noch das örtliche Aquarium besucht. Es ist eine privat geführte Anlage, daher auch eher klein und übersichtlich, aber trotzdem ganz interessant. Ein Guide ist im Preis mit dabei und gezeigt werden einheimische Fische und Wassertiere aus dem ganzen Pantanal. Von den 280 Fischarten im Pantanal waren 73 hier vertreten. Da waren schon einige sehr spezielle Tiere dabei: zum einen ein Fisch, der als das Wahrzeichen von Bonito gilt, und aus dem Wasser springen kann. Man darf ihn im Aquarium sogar füttern, mit Futterpaste, die man vorne an einem langen Stab befestigt und dann über das Wasser hält, während man wartet, dass die Fische rausspringen, um sich das Futter zu schnappen. Natürlich kann man so auch ein wenig mit ihnen spielen, was ganz lustig war. Besonders angetan hatte es mir der Cara-açu-Fisch, der sich einen Menschen als seine Bezugsperson merken kann. Der Fisch erkennt die Stimme seines „Herrchens“. Wenn er diese Stimme hört, wird er sofort aufmerksam und ändert sogar seine Farbe als Zeichen des Wohlbefindens.
Am nächsten Morgen ging dann unsere gebuchte Tour zum Rio da Prata los. Um 09:15 wurden wir beim Hotel abgeholt, und zum Ort gebracht, wo die Tour starten würde. Wenn sie denn mal starten würde, denn kaum waren wir da, erfuhren wir, dass wir erst um 12:00 an der Reihe waren, also in mehr als 2h! Freude herrscht. Und verkündet wurde uns dies ganz gepflegt auf Portugiesisch, denn tatsächlich war keine einzige Menschenseele an diesem ganzen Ort einer anderen Sprache mächtig, nicht mal ansatzweise. Kein Spanisch, kein Englisch, kein gar nichts. Und das obwohl die Tätigkeit der meisten Angestellten dort wohlverstanden nur täglich dieselben 10 Sätze beinhaltet, was also durchaus im Rahmen des Möglichen scheint, sich in einer anderen Sprache anzueignen.
Am Mittagessen-Büffet durfte man sich ausdrücklich erst NACH der Tour gütlich tun, so dass dies auch keine Alternative als Zeitvertreib darstellte (diese Information war dann übrigens doch auch in Englisch ausgeschildert).
Im Garten gab es einige Hängematten und Sitzgelegenheiten, sozusagen der Warteraum also. Zum Glück gab es auf dem Gelände einige Futterstellen für Papageien, so dass wir uns die Zeit mit Vogelbeobachtung etwas vertreiben konnten. Auch ein kleines Grüppchen roter Aras flog immer wieder durch das Gelände, setzte sich auf die vielen Bäume oder kam zu den Futterstellen. Das sind einfach herrliche Vögel, auch die könnte ich mir immer wieder ansehen, ohne dass es mir jemals langweilig würde.
Als wir dann endlich an der Reihe waren, stellte sich heraus, dass auch unser Guide lediglich Portugiesisch konnte. Von der Einführung haben wir also nicht wahnsinnig viele Details mitbekommen. Der Guide selber schien ausserdem ziemlich genervt zu sein über die Tatsache, das wir NICHT portugiesisch konnten. Tatsächlich hat unser geringes Verständnis dieser Sprache doch ausgereicht, um zu verstehen, dass er sich bei den anderen Teilnehmern unserer Gruppe über uns Gringos lustig machte, die nicht mal die Sprache und so überhaupt nicht kommunizieren können. Ich sollte an dieser Stelle vielleicht noch anmerken, dass die Tagestour ungefähr 80 Fr. Pro Person gekostet hat, also nicht gerade ein Schnäppchen. Und wenn man für den Preis schon keinen Guide erwarten kann, der zumindest ein paar Brocken Spanisch spricht, was ja immerhin doch auf dem ganzen verdammten restlichen Kontinent die offizielle Sprache ist, sollte man doch zumindest einen Guide erwarten können, der sich nicht über einen lustig macht. Offenbar nicht.
Nun denn, wir wurden also in unsere Neoprenanzüge gequetscht, mit Maske und Schnorchel ausgestattet, und dann zum Startpunkt der Wanderung gefahren, was der erste Teil der Tour darstellt. Uns so wanderten wir also einige hundert Meter in der Hitze im Neoprenanzug und mit Schnorchelmaske entlang eines Weges durch den Wald. Ab und zu gab es einen Halt, wo der Guide einige Infos zu Pflanzen oder Tieren zum besten gab. Obwohl ich mit einiger Konzentration dank meiner Spanischkenntnisse theoretisch auch ein klein wenig vom portugiesischen verstehen könnte, war ich zu diesem Zeitpunkt bereits dermassen genervt von der ganzen Sache, dass ich überhaupt nicht zuhörte.
Endlich kamen wir dann beim Wasser an,
genauer gesagt bei einer Art Übungsbecken, wo wir dann noch einen
schnellen Crash-Kurs im Schnorcheln bekamen. Interessanterweise war
es untersagt, mit den Beinen zu rudern, lediglich mit den Armen
durfte man Schwimmbewegungen machen, das war etwas ungewohnt. Aber
durch den dicken Neopren und die Schwimmweste hatte man ohnehin
soviel Auftrieb, dass man sich nur ins Wasser legen und flussabwärts
treiben lassen musste.
Während des Crash-Kurses stellte sich
ausserdem noch heraus, das eine der Tourteilnehmerinnen überhaupt
nicht schwimmen konnte und wohl generell etwas Angst vor Wasser
hatte. Na super! Aber trotzdem unbedingt schnorcheln gehen, wie?
Tatsächlich hatte die gute Frau eine Panikattacke nach der anderen
und wir mussten eine halbe Ewigkeit an diesem Übungsplatz bleiben
und warten, bis sie endlich soweit bei sich war, dass sie Arm in Arm
mit dem Guide schwimmen konnte, während dieser die ganze Zeit
beruhigend auf sie einredete. Rumschwimmen durften wir währenddessen
natürlich auch nicht, sofort wurden wir von unserem Guide wie kleine
Kinder zurückgepfiffen. Da war es dann tatsächlich wieder von
Vorteil, die Sprache nicht zu verstehen, da konnte man sich nämlich
einfach dumm stellen, und so tun als hätte man nicht verstanden,
dass man nicht aus dem Steinkreis rausschimmen darf, während der
Guide damit beschäftigt war, die wasserscheuhe Frau am Leben zu
halten.
Irgendwann befand der Guide dann, dass die Frau jetzt
Profi genug ist, damits losgehen kann. Und so liessen wir uns also
endlich gemächlich den Fluss hinunter treiben. Auf halbem Weg
mussten wir einmal noch über eine Leiter aussteigen, und um eine
Stromschnelle herumgehen, bevor wir weiterschwimmen konnten.
Das
Schnorcheln hier war wirklich ganz hübsch. Das Wasser ist wirklich
unglaublich klar, man sieht jedes Blatt am Flussboden in HD-Qualität.
Dies liegt am hohen Calcium-Gehalt des Wassers. Das schwere Calcium
sorgt dafür, dass alle Fremdkörper und Verunreinigungen im Wasser
zu Boden sinken. Es war wirklich ein schönes Erlebnis, das
Schnorcheln hier im Fluss, besonders die Farben haben mir wahnsinnig
gefallen, wenn die Sonne von oben ins Wasser geschienen hat.
Ausserdem machte es Spass, sich einfach so den Fluss herunter treiben
zu lassen. Ein wenig enttäuscht war ich allerdings vom
Fischreichtum. Aufgrund der verschiedenen Schilderungen und
Erzählungen von anderen Touristen hatte ich doch mit etwas mehr
Fischen gerechnet.
An einer etwas tieferen Stelle in einer Art Becken durften wir auch noch von einer Plattform ins Wasser springen, und Unter-Wasser-Fotos machen. Beziehungsweise der Guide machte diese, aber auch hier zeigte er wenig Aufmerksamkeit für mich und Jörg, genaugenommen nur wenn wir irgendwas falsch machten, und es darum ging, uns auf Portugiesisch anzumotzen. Ich kam mir wirklich vor wie ein Kindergartenkind.
Nachdem wir den Rio Prata entlang
geschwommen waren, gelangten wir zu einer Mündung, wo er sich mit
einem anderen Fluss vermischt. Aufgrund der Regenfälle der letzten
Zeit war das Wasser hier allerdings trüb, so dass man nichts mehr
sehen konnte. Das war wirklich sehr schade, denn an diesem Ort leben
die riesigen Pacu-Fische, die wir aber leider (ausser im Aquarium)
dadurch nicht zu sehen bekamen.
Ein Stück weiter war dann auch
schon die Ausstiegsstelle, wo bereits ein Wagen wartete, um uns
zurück zur Ranch zu fahren. Nachdem wir umgezogen waren, durften wir
dann endlich auch am Mittagsbüffet zuschlagen, und dafür wars
allerhöchste Eisenbahn, inzwischen hatten wir nämlich wirklich
Hunger. Das Essen war soso lala.
Anschliessend wurden wir dann zurück zum Hotel gefahren.
Eigentlich hätten wir uns noch für 2 weitere Ausflüge interessiert. Die eine Attraktion war allerdings wegen „Unterhaltsarbeiten“ geschlossen und die andere ausgebucht. Und da es sich bei der ganzen Sache wie bereits erwähnt, um ein ziemlich kostenintensives und nebenbei offensichtlich ziemlich mühsames Vergnügen handelt, beliessen wir es dann dabei und machten uns auf in Richtung Paraguayanische Grenze.
Und was ist das Fazit an
der ganzen Sache? Hinsichtlich spektakuläre Natur hat Bonito
wirklich viel zu bieten und die ganzen Angebote sind sicher sehr
schöne und spezielle Erlebnisse. Das Schnorcheln hat mir eigentlich
sehr gefallen. Aus meiner Sicht hätte man daraus aber auch gut und
gern einen Halbtagesausflug machen können, für einen ganzen Tag
bietet das Programm einfach zu wenig, schliesslich sind wir nur etwa
1.5h lang wirklich geschnorchelt. Es geht halt wohl auch darum, den
Besucherandrang auf verschiedene Attraktionen zu verteilen. Wenn man
zum Beispiel 6 Tage Ferien in Bonito macht, kann man halt nur 6 der
angebotenen Touren mitmachen, da sie alle einen ganzen Tag dauern. So
muss man sich für etwas entscheiden, und man hat nicht alle Leute an
allen Orten.
Was mich wirklich etwas überrascht hat, war, das
tatsächlich niemand in dem ganzen Ort Fremdsprachen spricht. Und das
obwohl es hier so viele Touristen gibt, sowohl von anderen Ländern
Lateinamerikas, als auch von Europa und den USA. Nicht nur während
des Ausflugs, sondern auch im Hotel, im Restaurant, im Tourbüro oder
in einem Geschäft konnte man sich glücklich schätzen, wenn man auf
jemanden traf, der wenigstens ein paar Worte spanisch sprach.
Und
wie gesagt, was mich am meisten gestört hat, war das Gefühl der
absoluten Bevormundung, als ob man noch ein Schulkind sei. Gut, es
kann gut sein, dass das mit einem anderen Guide anders gewesen wäre.
Wie dem auch sei, ich bin froh, sind wir nach Bonito gekommen und
haben uns das angesehen, aber ich bin auch froh, sind wir bald wieder
weitergezogen und haben einfach an einer der Attraktionen
teilgenommen. Für mich hat das vollends gereicht.