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Peru (6): TITICACA-SEE

Veröffentlicht: 18.01.2018

16.01.

13. Tag

Die Fahrt war unglaublich holprig und kurvig. An Schlafen war kaum zu denken, aber immerhin kamen wir ziemlich pünktlich um 5 Uhr morgens in Puno an. Weil es noch dauert, bis mich das Taxi um 6 wie vereinbart abholt, sitze ich zwischen den schreienden Touranbietern und warte. Endlich kommt ein Mann mit meinem Namen auf dem Schild um die Ecke. Wir finden uns schnell und los geht das. Nach 5 Minuten Fahrt durch das zugegebenermaßen unschöne Puno – auf jeden Fall die Straßen, die ich hier sehe – halten wir in der Nähe des Haupthafens an. Es heißt, wir warten noch auf zwei weitere Leute. Wir warten. Und warten. Und warten. Es kommt niemand. Also fahren wir weiter zu einem anderen Hafen, den man so wohl kaum so nennen kann. Am Rande des mit Schilf überwucherten Titicaca-Sees liegen ein paar Boote der Inselbewohner, hier ist ihre Verbindung zum Festland. 


Wir warten wieder ein bisschen, bis Cesar, der Vermieter der Unterkunft, mit seinem Boot ankommt und mich einsammelt. Nun kommen auch die anderen beiden erwarteten Gäste mit einem anderen Taxifahrer hinterher und steigen mit ins Boot, ein österreichisches Pärchen.

Rund 10 Minuten fahren wir bis zur kleinen Insel von Cesar uns seiner Familie, auf dem Weg bestaunen wir die vielen anderen Inseln, alles komplett aus Schilf gebaut. Cesar’s Insel ist jedoch anders als die anderen. Die großen bunten Doppelboote, die vor vielen der 90 Inseln schaukeln, haben mit Tradition nichts zu tun, diese wurden lediglich für die Touristen gebaut. 




Cesar wird uns im Laufe des Tages noch einiges hierzu erzählen.

Auf seiner Uro angekommen, steigen wir aus, stapfen über den weichen Schilfboden.


 Jetzt in der Regenzeit muss der Boden alle 15 Tage erneuert werden, auf jeden Fall die obersten 20 cm der 1m dicken Schicht, darunter befindet sich eine etwa 2m dicke Schichte aus der Schilferde, die Im See schwimmt. Eine solche Insel hält rund 80 bis 90 Jahre. Eine Generation lang. Auf der Insel ist ein kleines Haupthaus und vier Hütten, von denen drei für Gäste gedacht sind. Cesar wohnt mit seiner hochschwangeren Frau (in einer Woche ist es so weit und man fährt hier dazu nicht ins Krankenhaus, sondern gebährt auf der Insel im Kreis der Familie), seiner 5jährigen Tochter und noch ein paar weiteren Familienmitgliedern in einer Hütte.

Im Moment sitzt im Haupthaus noch eine 6köpfige brasilianische Familie. Das Unterhalten fällt nicht leicht. Reines portugiesisch bei den Leuten. Sie reisen heute jedoch ab.

Die einzigen Gäste heute Nacht sind das österreichische Pärchen und ich. Ich schreibe ungern negativ über die Leute, aber... die beiden waren einfach unglaublich kacke. Alles war irgendwie scheiße:

Üäääh, mir ist kalt

Uäääh, ich hab Hunger

Uäääh, das ist sitckig

Uäääh, ich mag keinen Fisch

Uäääh, Wasser ist ja nass

Uäääh, das sieht ja alles gleich aus

Uäääh, das ist ja nur ein Plumsklo

Uäääh, ich will schlafen

Uäääh, ich hab schon wieder Hunger

Uäääh, mir ist zu warm

Uäääh uäääh uäääh uääääh...

Anstrengend. Die beiden sind seit knapp einem halben Jahr in der Weltgeschichte unterwegs, wie kann man so unglaublich undankbar sein für alles? Geht in meinen Kopp nicht rein.

Die Insel ist wunderschön. Cesar und seine Familie sind unglaublich bemüht, dass es uns an nichts fehlt. Die Zimmer sind liebevoll eingerichtet. Richtig. Es gibt hier keine Steckdose im Zimmer zum Ärger des Pärchens... es ist ne Schilfinsel, Digga.
Die Ruhe ist unglaublich!


Wir kriegen ein tolles Frühstück serviert, obwohl wir eigentlich erst ab mittags einchecken können. 


Nach dem Frühstück nimmt uns Cesar im Boot mit auf eine Tour durch die Community. Wir fahren an vielen Inseln vorbei und Cesar erzählt und unglaublich viel über die Entstehung und die Geschichte der Uros. 


Die Sprache der Indigos hier ist Aymara, aber alle sprechen auch Spanisch. Englisch eher nicht. Es gibt trotz der übersichtlichen Bevölkerung von 1900 Menschen sehr viele unterschiedliche Religionen. Es gibt eine Anden-Religion, es ist der Glaube an die Natur, Mutter Erde, Wasser, Sonne, Luft. Dazu gibt es hier einen Kindergarten und eine Grundschule. 

(der Kindergarten)

Die weiterführende Schule ist in Puno und nur 5 Prozent der Kinder können diese besuchen.

Die Bewohner leben sehr traditionell. Sie fischen und sammeln Eier, zweimal die Woche wird gejagt, meistens Enten und was sie nicht selbst verbrauchen, tauschen sie in den Bergen gegen Kartoffeln, Getreide wie z.B. Quinoa o.ä..



Cesar sagt, was in den Büchern steht, dass die Uros entstanden sind, weil die Indigos von den Spaniern oder Inka vertrieben wurden, stimmt nicht. Auf jeden Fall sind die Geschichten hier weitaus simpler, die von Generation zu Generation weiter getragen werden. Es ist eine simple Geschichte. In den Bergen gab es nicht mehr genug zu Essen, also zog man an den See, wo man Fische und Hühner hatte. Man hat sich hier ganz einfach niedergelassen, um näher an der Nahrung zu sein.

Wir halten an einer Insel von Bekannten an, wo uns Cesar und zwei Frauen nochmal erklären, wie genau so eine Uro gebaut wird. Super spannend. 


Manchmal, nach einem Erdbeben bewegen sich einige Inseln bis nach Bolivien. Stolz sagt er: Und wir brauchen keinen Pass!

Ich unterhalte mich mit einer der traditionellen Damen und sie zeigt mir ihre kleine Hütte. Ich frage sie nach der typischen Kleidung und sie freut sich gleich und bietet mir an, auch mal welche anzuziehen. Mache ich natürlich glatt. 


Sie fragt mich, was ich beruflich mache. Daraufhin kommt na klar gleich: Oooh, una canción, por favor... sólo una!
Normalerweise sage ich nö, fand ich hier aber unpassend. Also hänge ich in einer indigenen Hütte aus Schilf im Schilf auf Schilf in bunten Titicaca-Klamotten und singe ein Lied. So oft scheinen die das hier nicht zu haben, denn sie freut sich wirklich und die anderen Bewohner gucken rein. 


Dann geht es weiter, wir fahren noch ein bisschen herum, bevor wir nach 2,5 Stunden Ausflug wieder auf die Insel heimkehren.

Das Wetter ist wirklich eigenartig. Wir sind hier ja schon auf knapp 4000m Höhe und es ist recht kalt, aber wenn die Sonne rauskommt, brennt die schon richtig. Anziehen, ausziehen, anziehen, ausziehen, anziehen...
Nun sind unsere Zimmer bezugsfertig. Ich habe eine ziemlich große Hütte mit wahnsinnig schöner Fensterfront auf den See. 



Mit eigenem Bad. Also man muss durch zwei Schilftüren durchkraxeln, um zu einem sehr wackeligen Plumsklo zu kommen, ist ein Abenteuer, weil man nie genau weiß, ob das nicht doch gleich umkippt und man dann in der Soße sitzt. Aber mir reicht das vollkommen, ist sogar mehr als ich erwartet habe hier.


Mittag. Ich helfe Cesar beim Tisch decken und er ist verwirrt, weil ich die Gabeln und Messer völlig anders hinlege, als er das kennt. Nun will er alles über unsere Tischbräuche wissen. Versuch das mal auf Spanisch...
Es gibt Quinoa-Suppe und traditionell Forelle mit Quinoa und danach Obst. Dass der Fisch hier megafrisch ist, muss ich glaub ich nicht sagen.

Da wir alle noch unheimlich kaputt sind von der Busreise, ist nun erstmal relaxing time angesagt.

Natürlich gibt es hier keine Heizung. (Uääääh... kann man hier kein Lagerfeuer machen?) IST NE SCHILFINSEL, DIGGA!!! Brennt und so. Dafür hat man aber 7 Wolldecken übereinander. Reicht. Man kann sich nur nicht bewegen, weil das Gewicht der vielen Decken einen fast schon erdrückt. Aber gemütlich ist das.

Den Nachmittag schön durchgeratzt. Und schon gibt es wieder Abendessen. Diesmal Maissuppe, Hühnchen und Kartoffeln und zur Nachspeise sowas wie selbstgemachte Mangotaschen. Alter. Ich bleib hier!

Es fängt an zu regnen wie sonstwas. Krass! Es blitzt und donnert dazu. 


Man kann sich nicht mehr unterhalten, da der Regen auf dem blechverstärkten Dach einen Wahnsinnslärm veranstaltet. Die Insel dreht sich hin und her. Nachdem der Regen etwas nachlässt, gehe ich nach draußen. Der Wind hat einige Kabel außeinander gerissen. Ich helfe Cesar im Dunkeln und Regen dabei, aufs Hüttendach zu klettern und sie zu reparieren. 


Dann gibt er mir noch eine in Stoff gewickelte, mit heißtem Wasser gefüllte Plastikflasche, die als Wärmflasche für die Nacht dienen soll. 


Wie glücklich einen diese kleinen Dinge machen können. Es ist erst halb 9, aber ich hau mich ins Bett und penne die Nacht durch. Ein Traum!!!


17.01.

14. Tag

Krass, schon zwei Wochen bin ich hier. Wie die Zeit fliegt. Ich habe wahnsinnig gut geschlafen unter den sieben Decken. Um 6 ist aber Aufstehen angesagt. Ich packe gemütlich meinen Kram zusammen, trinke noch einen Tee in der Haupthütte und dann bringt mich Cesar zurück zum Festland. Wir müssen das kleine Boot mit Außenborder nehmen, da das größere, weil bei dem größeren, was er sonst für die Strecke nimmt, plötzlich der Motor streikt.


Eine Viertelstunde fahren wir bis zum „Hafen“, wo Cesar für mich bereits ein Taxi gerufen hat, das mich bis zum Busterminal bringt. Rucksack abgeben, dann noch einen Instant-Kaffee bei einer zuckersüßen alten Peruanerin kaufen und los geht die Fahrt. Ich sitze für die Tagesüberlandsfahrt wieder ganz vorne und genieße den Ausblick. 

Puno hat den gestrigen Regenfall noch nicht ganz verdaut.





Der Weg nach Cusco war dann um so schöner.





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