2017 VespamerikasuR 2019
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vakantio.de/vespaamerikasur

27.11.: 8 km vor Ocongate - 3.500 m -

Veröffentlicht: 30.11.2017

27.11.

mein letztes frühstück in denmarkthallen. Ich bin recht früh, von den seelenarbeitern ist noch niemand zu sehen.

Heute morgen läuftmir gusto über den weg, den ich gleich auf seine außenständeanspreche. Si, si...
ich sage ihm noch, dass ich heute frühweg möchte. Si, si... zerknautschtes gesicht... was das wohl nochgeben wird?

Später, als er mich nach meinem berufgefragt hat, möchte er dann noch schnell von mirnachhilferunterricht in pr und marketing haben - danach steht mirgerade nicht der sinn, denn ich will wirklich früh weg – aber ichmache ein paar vorschläge und schreibe noch in seiner gegenwartetwas auf die iOverlander-plattform. Ein mix aus englisch undspanisch.

Doch als ich dann startklar bin undmich in seinem laden sehen lasse und ein drittes mal meine forderunggeltend mache, zieht er ein bündel soles-scheine aus seinerhosentasche und gibt mir vier hunderter.
Also gibt es doch nocheine nette verabschiedung und viele gute wünsche.

Als wäre es eine eingebung schießt esmir durch den kopf, dass die bremsen vor meiner abfahrt in dasamazonasbecken geprüft werden müssen. Eigentlich will ich weg, aberich überwinde meine ungeduld und fahre noch zu eric.
Es istnoch vor zehn, er ist aber schon da und hat sofort zeit für mich.Eric meint zwar, ich hätte sie noch 5.000 km fahren können, aberich bin doch beruhigt, als sie vorn und hinten gewechselt sind.
Auchvon eric und seiner frau, die einen säugling und zwei nette, sehran der werkstratt interessierte mädels im alter von 5 und 7 hat unddie selbst auch kräftig in der werkstatt hand anlegt, gibt es eine netteverabschiedung.

ich kann es nicht anders sagen: dervepse verdanke ich fast immer nette begegnungen.

Getankt habe ich gestern nach meinerzweiten probefahrt und endlich geht es los. Das wetter spielt mit,eine zeitlang folge ich noch dem rio urubamba, muss aber sehrkonzentriert fahren, damit ich nicht in die ausgetretenen fahrspurender lkw reinkomme und die vepse das schlingern anfängt.

Zwar war die gute woche in pisaq auchnicht gerade urlaub-machen, sondern von technischen dingen bestimmt,aber trotzdem bin ich ausgeschlafen und erholt. Für das, was michdie nächsten drei tage erwartet, ist mir dieses polster sehrwillkommen...

die vepse passiert souverän diestelle, an der sie vor gut einer woche liegengeblieben ist und schonbald verlassen wir das heilige tal und es geht stramm bergauf.

Ichbeginne so langsam zu entspannen, und das vertrauen in die technik istwieder da. Alles gut. Kein ruckeln, aber ich merke, dass der sich dermotor anstrengen muss.
Mit der höhe wird das wetter schlechter. Inmeiner richtung bauen sich über den recht imposanten bergen dunkleregenwolken auf, der wind kommt von west und nimmt zu.

ein letzter blick in das heilige tal

Dann bekommeich das signal, die düse der höhe anzupassen, tanke denersatzkanister noch auf und weiter geht’s. Ich merke aber schonbeim anfahren, dass die vepse sich mit der steigung sehr quält. glücklicherweise haben wir noch vor meiner abreise die kupplung ausgewechselt, sonst wären wir gar nicht in schwung gekommen.

So nimmt siean tempo zu, die kurven sind gut zu fahren, und bald sind wir auf demplateau. Ich sehe ein schild, das uns sagt, dass wir auf 4.200 m höhesind.
Die hände werden kalt, es beginnt zu regnen, und ich bin froh,dass ich nicht nur meine motorradhose anhabe.

die ersten wolken entladen sich

Wieder die einöde,büschelgras, schafe und vicunas, verfallene lehmhäuser, tristestraßendörfer und peruanerinnen am straßenrand, die ihre buntgestreiften säcke mit schwerer ladung gefüllt haben.
Aber nicht nurauf den straßen sehe ich sie, sondern auch an den recht steilenhängen die erde aufhacken.

Jetzt wird es wieder abschüssig, undbevor es wieder rauf geht, ruckelt die vepse, wird langsamer undbleibt schließlich stehen.

Düse? Muss die luft im ersatztankdosiert werden? Oder einfach nur kein benzin mehr? Ich beginne mitder düse, sie springt wieder an, aber nach wenigen metern geht siewieder in die knie. Der regen hat aufgehört und die spekulationen beginnen. Ist der benzinschlauch eingeklemmt? Ist er einfach nur zulang?

Die kinder der umgebung beobachten mich erst von der ferne,später kommt noch ein jugendlicher motorradfahrer dazu, die kidsschieben mich an, die vespe gewinnt an fahrt, aber nur kurz, und istdann wieder aus.
Sie verhält sich so, als ob es nie eine alternativezur regulären benzinpumpe gegeben hätte.
Leider vergrätze ich denmotorradfahrer, als er von mir wissen will woher und wohin undwieviel die vepse in dollares gekostet habe.
Ich habe nun wirklichkeine lust auf smaltalk und sage ihm das auch. Ich müsse mich jetztauf die reparatur der vepse konzentrieren und wolle ihm jetzt nichtseine zahlreichen fragen beantworten. Er bleibt noch einen moment undfährt - wahrscheinlich beleidigt -  davon. Die kids sind auch nicht mehr zusehen. Ich verkürze den benzinschlauch, verlege ihn mithilfe vonkabelbindern fachmännisch und gehe so dem verdacht aus dem weg, dass er sich nach dem einsetzen des helmfachs doch irgendwie einklemmt.

Die vepse springt mal wieder an, ichlasse sie im leerlauf vor sich hin blubbern, alles scheint friedlich,der schaden behoben, ich atme auf, lasse sie noch einen moment mitvollgas laufen, sie benimmt sich vorbildlich, ich packe meine sachenbestimmt schon zum 7. mal wieder auf und fahre los.
Der motor klingtsehr gut, sie zieht gut an, ich schaue auf die uhr und merke mir dieminute, aber es werden noch nicht einmal 5 und schon beginnt das mirsattsam bekannte szenario. Ruckeln – motor aus.

Bisher bin ichruhig geblieben. Das schlechte wetter, die zunehmende dämmerungnimmt mir meine sourveränität.
Ich warte ab, mache nichts, sieerholt sich wieder, ich drehe am berg und fahre die abschüssigestraße mit vollgas wieder runter. auch das wird von verschluckern und ruckeln begleitet.
Kurz vor einem grünen lehmhausmit großem vorgelagerten grundstück kommt sie zum stehen. Obwohlich aus den augenwinkeln gesehen habe, dass sich im und vor dem hausmenschen befinden, lasse ich meinen flüchen freien lauf, sowohl inder lautstärke als auch in der ausdrucksweise.
Ich baue wieder allesgepäck ab, ziehe den benzinschlauch und sehe das wertvolle nass inausreichender menge aus dem schlauch treten. Ich stecke ihn wiederauf, lasse die vepse im leerlauf blubbern und gehe auf das haus zu.
Ich erwarte schon ein ängstliches zurücktreten und türeverschließen, aber sie bleiben stehen und beobachten mein kommen.Ich lache sie an, um mein unflätiges gebrüll von eben auszugleichenund vertrauen zu schaffen. Es ist mittlerweile schon sehr dämmrig,von hostels keine spur, nur einige häuser an den berghängen weit verstreut.
Ich erzähle von der vepse, erzähle von mir und baue vertrauen auf. Dasgelingt so gut, dass ich mich an das übernachtungsproblemherantaste. Ob es denn hier in der nähe ein hostel oder hotel gäbe.Kopfschütteln. Die ersten regentropfen machen sich wieder bemerkbar.
Auf meine frage, ob ich hier auf der erde schlafen könne, bekommeich kein ja und kein nein, sondern den netten hinweis, dass es bisocongate nur noch 8 km seien. Ich sehe im augenblick keine chance aufeinen erfolgreichen verhandlungsabschluss und sage stattdessen, dassich es jetzt noch einmal versuchen wolle. Hoffnung in den gesichtern,winken und ich fahre den berg richtung ocongate hoch. Doch schon nachwenigen minuten bemerke ich das ruckeln, drehe schnell am berg, dievepse erholt sich wieder, ich fahre winkend an dem grünen hausvorbei, drehe erneut und genau vor dem haus stirbt der motor erneut ab.
In der zwischenzeit hat wohl der familienrat getagt undist zu dem ergebnis gekommen, dass ich hier übernachten dürfe.

es gbt zwei, im rechten winkel zueinander stehende, einstöckige lehmhäuser mit einer tür und zwei fenstern. die banos - dusche und wc in extra abteilunge - haben einen zugang vom patio aus.
Hierwohnen die eltern, ein ca. 15 jähriges mädchen, ein vielleicht 17jähriger junge und ein junge mit down-syndrom.

Alle schauen michmisstrauisch an. Es kommt auch nicht alle tage vor, dass ein gringoin ihrem haus auftaucht und nach einer herberge fragt. Die chefin istdie mutter – ich schätze sie auf 40, der mann ist nett undzuvorkommend, aber auch eher schweigsam.

Mit viel mühe, kraft-und motoreinsatz bekomme ich die vepse auf das gelände hinter demhaus.
Es ist abschüssig und deshalb schwer, eine sichere parkposition zufinden. Einen moment passe ich nicht auf und lande mit beiden rädernin einer schlammigen abflussrinne. Ein rauskommen ist unmöglich. Dashinterrad saugt sich im schlamm fest. Meine kräfte schwinden,mittlerweile ist es richtig dunkel, nur die schwachen birnen aus demhaus beleuchten die szenerie. Um hilfe bitten geht nicht, da ichnicht absteigen kann.
Da kommt der junge mit down-syndrom aus demhaus, überblickt die situation, holt seinen bruder zu hilfe undbeide schieben mich aus der abflussrinne heraus.

Das zur straße gelegene haus mit einem großen zimmer, in dem die familie ihrenfeierabend verbringt, ist tagsüber eine gaststube für fernfahrerund die nachbarn. Hier gibt es meerschweinchen, die im lehmofen nebendem haus gegrillt werden. es werden am tag bestimmt 30meerschweinchen vertilgt. Sie kommen direkt aus dem ofen auf denteller, ohne dass sie zerlegt werden. Dazu gibt es kartoffeln undnudeln.

fertig mit der welt komme ich ins haus und setze mich dazu. deckenlicht aus einer energiesparbirne, es ist kalt, obwohl die beiden türen geschlossen sind.
die glotze läuft,die blicke sind auf sie gerichtet. Die tochter bemalt einenkatzenkopf, den sie aus gips oder ton getöpfert hat - gesprochen wirdnicht viel. das tv bild ist krisselig, der ton abgehackt, die bildfolge unzuverlässig, die farben grell undd in ihrer intesität häufig wechselnd.

Ich passe mich (gerne) der situation an bis die chefinaufsteht und mit einem teller nudeln und kartoffeln zurückkommt. Wirsind nur zu viert. Die jungs sind wohl in dem wohnhaus. Später gibtes noch heissen tee. Beides überrascht mich sehr, weil ich keinenherd sehe und mich frage, wie sie das denn jetzt gemacht hat. Derlehmofen ist schon lange verloschen – die thermoskanne für den tee entdeckeich später auf der fensterbank.

So langsam kommen wir insgespräch. Die tochter sagt nichts, ist aber interessiert. die chefin hat viel humor und lacht viel.
Ich erzähle ein wenig überdeutschland, über unser bequemes leben im vergleich zu der ackerei hier auf dem land und über meine vepsen-reise. die glotzeaber nimmt mir dieaufmerksamkeit und macht es mir darüber hinaus auch schwer, diechefin zu verstehen. Ich sage das, aber dieser störenfried wirdnicht in seine schranken verwiesen. das soße, die die farbe von avocadomuß hat, war recht scharf. ich habe durst und bitte um eine cola.
Derehemann hat das zimmer verlassen, und ich werde gefragt, ob ichwirklich auf dem kalten boden schlafen wolle. Ich zeige ihnen denschlafsack und die isomatte und die gesichter verziehen sichungläubig, dass ich darauf schlafen wolle. Da kommt der ehemann miteiner matratze in das zimmer und legt sie auf den boden. Ich könneda die isomatte auf die matratze legen. Dem schlafsack traut dieehefrau nicht, und ich reiche ihn ihr, damit sie ihre hände darinwärmen kann. Sie scheint überzeugt.

Um 19:30 uhr ziehen sich die dreizurück.

Zum schreiben bin ich zu müde, ichlese noch in meinen whatsapp-nachrichten und kann knapp zweinachrichten verschicken, denn das internet ist in dieser region rechtsparsam. Es hält ein lkw vor dem haus. Ich ernte überraschteblicke, als ich sage, dass die familie schon schläft.

Die nacht ist wie erwartet. Dieses malsind es nicht die hähne, sondern die hunde, die ein mordsgetösemachen. Einschlafen kann ich sowieso nicht und mache mir den spaß herauszufinden, wie lange die hunde schweigen. versuche bis 60 zukommen, schlagen fehl. ich komme bis 53 -  dann geht das gebelle wieder los.

nur schemenhaft links von der tür ein plakat zu erkennen: ein weiss bepelztes meerschweinchen mit schwarz glänzenden knopfaugen. es weiss noch nicht, dass sein körperumfang für ein sehr baldiges ende sorgen wird.

Ich denke über die ursache für dasvepsenverhalten nach. Irgendwann habe ich den einfall, dass währendder fahrt, regenwasser in das lüftungsloch des ersatztanks geflossen sein könnte und damit den sprit für den vergaser mehr oder weniger wertlosgemacht hat.

Somit stehen für morgen früh mehrereaufgaben an. Auswechseln des reservekanisters und in die von manfred vorgeschlagene position bringen, benzin mit dem wasser aus dervergaseröffnung laufen lassen und ggf die düse wechseln.

fazit: die vepse hat mich über den berg und zu einer herberge gebracht. es hätte auch ganz anders kommen können...

Wie ich hier morgen wegkommen soll, istmir ein rätsel, aber auch dafür wird sich eine lösung finden.


Antworten

#peru#ocongate#vespa