2017 VespamerikasuR 2019
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26.11.: 100 km vor Porto Velho /Rondonia

Veröffentlicht: 27.11.2018

26.11.:

knappe sache!!

porto velho liegt 514 km von rio branco entfernt. fahrzeit laut googlemaps 7,5 stunden!

das ist nicht mein plan. aber es kommt anders.

schon um kurz vor 10 kämpfe ich mich nach einem guten hotelfrühstück durch die recht verkehrsreiche innenstadt von rio branco. dank des navi komme ich doch verhältnismäßig schnell auf die BR 364.

das wetter ist trocken und sonnig. sehr warm! aber der fahrtwind lässt es mich in einer motorradmontur aushalten. lange regenhose und die langärmlige motorradjacke. dazu eine art tuch um den hals, um mich vor einem kräftigen sonnenbrand im nacken zu schützen.
die vepse hat kraft. so viel kraft, dass ich einen buckel übersehe und mit 50 oder 60 km/h darüber hinweg gesprungen werde. ich war nämlich mit der frage beschäftigt, ob das mit dem 90iger sprit noch schwierig werden könnte.
ich verfluche meine unaufmerksamkeit. nichts ist passiert und ich fahre weiter, aber dann sagt mir meine innere stimme: fahr rechts ran und prüfe deine gepäcksituation! eher ein befehl, denn ein guter rat. ich folge ihm und schon im ausrollen bemerke ich unregelmäßigkeiten mit dem rucksack. und just in dem moment, als ich absteigen will, fällt er rucksack zur seite auf den standstreifen!! was wäre gewesen, wenn??? beim zweiten blick stelle ich fest, dass die beiden reservekanister nicht mehr da sind. ich habe sie abgeworfen und es nicht bemerkt. das ist jetzt kein supergau. ich habe noch zwei weitere, die betankt sind. aber was wäre gewesen wenn ein dicht auffahrender pkw die abgekriegt hätte? die guten geister und schutzengel sind auf zack! der rucksack ist schnell wieder an seinem platz und weiter gehts.

vista alegre do abuna schwebt mir vor. ein straßendorf, das ich schon am sehr frühen nachmittag erreiche. porto velho spuckt mir schon seit gestern im kopf herum. eben, weil es ab diesem ort stramm südöstlich geht und ich so direkt kurs auf die ostküste nehme.

während ich mit 90 bis 100 km/h auf schnurgerader straße, bei schönstem wetter und einem sehr abwechslungsreichen himmel dahin fahre, kommen die ersten kritischen gedanken. da, wo jetzt die rinder grasen und mir heimatgefühle vermitteln, war da nicht vorher der regenwald, der für die fleischproduktion abgeholzt wurde? das muss schon jahre oder gar jahrzehnte her sein, denn nichts ist von dem brutalen eingriff in die natur zu erkennen.

die landschaft wird von vielen tümpeln aufgelockert, das tiefgrüne gras besticht das kritische weiterdenken. es ist schon fast idyllisch. es gibt nur wenig verkehr, die schlaglöcher halten sich in grenzen. die vespa singt wie in alten zeiten. nicht mehr das quälende geräusch, das sie bei den anstiegen auf 2, 3 und 4.000 meter von sich gegeben hat.

ich finde nur selten eine parkmöglichkeit. der straßenrand ist zwar befestigt, hat aber einen neigungswinkel, der es der vepse nicht erlaubt, sicher auf ihrem ständer stehen zu bleiben. so bleiben nur die großzügigen einfahrten zu den haziendas der großgrundbesitzer.
und die waren es, die chico mendes ins jenseits befördert haben?
ich muss mehr darüber lesen.

tankstopp vor der hazienda

marina silva, die eine tochter rio brancos ist, war umweltsenatorin und hat mit chico mendes für die arbeiter gekämpft. sie selbst ist im tiefen dschungel, nur 70 km von rio branco entfernt aufgewachsen mit 10 weiteren geschwistern. an schulbildung war nicht zu denken. die kautschukernte stand im mittelpunkt ihrer jungen jahre. später dann die erziehung der geschwister, weil die mutter früh gestorben ist.

und trotzdem hat sie studiert und diesen weg gemacht.

was passiert mit diesen menschen heute, wenn bosanero seine macht ausübt?

bananensträucher, riesig groß, säumen die transoceanica von beiden seiten. die landschaft beginnt sich zu ändern. der dschungel hat sich bis zur straße vorgekämpft. neue gerüche vermischen sich mit dem fahrtwind und kühle klimazonen wechseln sich mit der brütenden hitze ab.

schnurgerade wie ein silbernes band durchzieht sie das land. schon zweimal sind mir die fernbusse entgegen gekommen, die innerhalb von 120 stunden rio de janeiro mit lima verbinden. was für ein ritt! vier fahrer sind eingeteilt, es gibt 7 stops, wc etc befindet sich an bord.

an einem rastplatz steht einer von diesen zweistöckigen ungetümen. draussen vertreten sich blasse gringos die beine. hoffentlich sind sie bergfest, denn die anden und der fahrstil ist nichts für empfindliche mägen. da lobe ich mir meine vepse. auch, wenn ich manchmal nicht mehr sitzen kann und der rücken mich ans gerade sitzen erinnert. kreuz durchdrücken und dann geht es wieder.

und dann - auf einmal ist schluss mit dem schönen fahren. schilder schreiben eine geschwindigkeitsreduzierung von 80 auf 30 km/h vor. ein entgegenkommender fußgänger bedeutet mir, langsamer zu werden. tja und dann ist staubstraße, buckelpiste und schluss.
es geht nicht weiter.

catwalk

vor mir breitet sich der rio madeira majestätisch aus. ich drehe um und schon rufen mir brasilianer zu, dass ich schon vorher hätte abbiegen müssen. aber nichts ändert sich. ich komme wieder am fluß zum stehen und sehe dann auf den zweiten blick, wie sich eine fähre von der anderen seite über den fluß kämpft. ich freue mich über die nicht eingeplante pause, aber mein sorgenvoller blick richtet sich auf die uhr. es ist schon 15:30 uhr. schaffe ich noch vor dem dunkelwerden, irgendwo anzukommen?

ich bemerke, wie die autofahrer dem fährmann einen zettel in die hand drücken. den habe ich nicht. ich darf trotzdem meine vepse auf der fähre parken und besorge noch schnell das ticket. davor mache ich aber dem fährmann deutlich, dass er auf mich warten müsse. er soll sich mein gesicht merken und nicht ohne mich losschippern. er lacht und gibt mir 10 minuten.
ein komisches gefühl, die vepse mit all dem gepäck da so alleine zu lassen. es hilft nichts. der erste kiosk schickt mich zum zweiten. die fähre und damit die vepse sind ausser sicht. ich bin in voller montur und laufe im schnellschritt zum nächsten kiosk. die brasilianerin freut sich über den umsatz und den abgekämpften gringo. und ich bin sehr schnell wieder zurück.

es ist eine tolle nachmittagsstimmung mit einem unglaublichen licht und beeindruckenden und messerscharfen wolkenbildern. und dann sehe ich das bauwerk. eine brücke wird über den rio madeira gezogen. ich frage mich immer wieder, wie die ingenieure das hinkriegen, wie sie das rechnen, wie sie in der strömung ihre fundamente setzen können, wie sie so langsam die lücke schließen können.

ingenieurskunst!

ich mache noch bekanntschaft mit einem alten brasilianer, den ich gleich bitte, mal ein foto von mir zu machen. die technik ist ihm fremd. auf einmal sieht er sich selbst auf dem display und ist irritiert.

ich nutze die gelegenheit und mache ein selfi von uns beiden.

und weiter gehts. langsam könnte jetzt mal ein schlafplatz für mich auftauchen. ich fahre stramm östlich. ich sehe meinen schatten und die umrisse der vepse mit ihren aufbauten vor mir auf der straße. die schatten werden länger.

und dann erlebe ich meinen ersten stau. erst denke ich, es ist ein unfall, aber dann sehe ich, dass eine baustelle der grund ist.

der damm, der durch die seitenarme des madeiras führt, wird neu befestigt. er ist nur einspurig befahrbar. zig lkw und pkw kämpfen sich im zeitlupentempo durch die unbefestigte straße. vor mir fährt ein schweinelaster. die schweine leiden unter der hitze. ob sie was zu trinken haben? mittlerweile ist die staubstraße nass und wird für meine 12 zoll reifen zur rutschbahn. nur wenig gas geben, damit das hinterrad nicht ausschert. der pickup hinter mir hält ausreichend abstand. dann gibt es wieder schotter, die geschwindigkeit kann erhöht werden und ich verschwinde im rötlich weissen staub meines vorfahrers. so geht das bestimmt eine halbe stunde. dann dürfen wir wieder auf der frisch asphaltierten straße fahren. es gibt kein gegenverkehr. dann wieder einspurige verkehrsführung, wieder schotter und staub und dann endlich haben wir es geschafft.

und erst jetzt wird mir klar, was für ein glück ich gehabt habe. wir fahren an einer nicht enden wollenden schlange vorbei, die ihrerseits die eine spur nutzen wollen. wäre es umgekehrt gewesen und ich hätte in volller montur in der nachmittagssonne in dem konvoi warten müssen? das ist mir erspart geblieben.

die sonne verschwindet im rückspiegel. aus dem augenwinkel sehe ich noch einen tollen abendhimmel. aber fotografieren ging und geht nicht.

es wird schnell dunkel. zum glück gibt es wenig gegenverkehr. die landschaft ist von sumpfgebieten und wasserläufen durchzogen. bald habe ich keinen überblick mehr über die beschaffenheit der straße und hoffe, dass keines der zentmetertiefen schlaglöcher mich erwischt. die tankuhr blinkt. bevor es ganz dunkel ist muss ich noch den reservekanister in den tank schütten. es gibt keine gelegenheit. endlich sehe ich bei einem kreisel eine parkmöglichkeit mit laterne. diese nutzt auch ein lkw. ich bin gerade dabei die vorbereitungen zu treffen, da fährt der lkw weg und ich stelle fest, dass ich mich auf einer einfädelspur befinde. und nun kommts: sie führt mich zu einem motel!!!

dieser ort ist nirgends verzeichnet. und doch bietet er nicht nur ein bett, sondern auch etwas zu essen.

und da bin ich jetzt. das bett ist bretthart. das abendessen, bestehend aus einem sehr leckeren und saftigen fleischspieß, wird von schöner braslianischer popularmusik begleitet.

das erinnert mich an meine diversen abende mit nora in manaus. den tropentagen folgten schöne bierabende, die von eben dieser musik begleitet wurden.

das dorf schläft. die mücken kämpfen mit meinem mückenschutz. draussen sind pfeiffende geräusche von mir unbekannten lebewesen zu hören, die sich in tonlage und frequenz abwechseln.

puerto maldonado scheint so weit weg.

es ist noch eine stunde oder zwei bis nach porto velho.



Antworten (2)

Matthias
Hallo Thomas, ...da bist du also tatsächlich wieder "auf Achse"...eben noch im sommer beim gemütlichen frühstück in ritterhude über deine tour gesprochen und schon ist es soweit. wir wünschen dir viel glück, möglichst keine panne und toi, toi, toi. deine (airbnb-) Freunde Rosemarie & Matthias

Thomas
hallo matthias, ihr seid also online! gut. es gibt viel zu erleben hier in brasilien. vielleicht treibt es euch ja im sommer wieder nach worspwede. war doch schön mit euch. und die langen frühstücke!

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