2017 VespamerikasuR 2019
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vakantio.de/vespaamerikasur

03.08.: Abancay - 2.400 m

Veröffentlicht: 06.08.2017

03.08.

dem platzwart, der schon ab 06:00 uhr morgens auf dem sportplatz sein muss, fällt nichts besseres ein, mich durch die hostel-senora wecken zu lassen. es gibt keinen erkennbaren grund.
frühstück gibt es hier keines, also hole ich meine haferflocken aus dem seitenkoffer raus, gehe zum nächsten laden, besorge mir milch und obst, frühstücke gemütlich und komme für meine verhältnisse recht früh weg.
wie die beiden mechanicos vorausgesagt haben, ist die erste häfte der fahrt relaxt, die straßen sind gut und ich komme gut voran. kalle hat mir gestern erzählt, es gäbe in curahuasi auf dem weg nach acanbay eine missionarsklinik, die ein deutsches ehepaar mit kirchlichem hintergrund eröffnet habe. das interessiert mich.
ich liege gut in der zeit und bin natürlich neugierig, was mich hier erwartet. (siehe 30. bericht: "curahuasi: mein besuch in der missionarsklinik")
der zweite teil der fahrt ist wieder recht anstrengend, es muss wieder ein 4.000er erklommen werden, wofür die düse einfach nicht die richtige ist. zwar hatten meine mechanicos gestern recht, in dem sie sagten, es ginge nur talwärts und deswegen sei eine andere düse erforderlich - was sie aber nicht wussten - ich muss aus dem tal wieder raus und zwar auf über 4.000m. na ja, denke ich, kein problem, eben mal die düse tauschen, ich finde einen platz mit schönster aussicht,

meine flüche hallen bis ins tal...

aber sie weigert sich. das gestrige problem mit dem verkorksten schraubenkopf hat sich nun auf den düsenkopf übertragen. der mechanico hat sie so fest gezogen, dass ich sie mit meinem - zugegebenermaßen etwas zu schmalen schraubenzieher -  nicht lösen kann. meine flüche hallen bis ins tal. also baue ich alles wieder zusammen, mute der vepse noch einige höhenmeter zu, bis dann endlich die ersehnte abfahrt kommt. auch hier gilt höchste konzentration.

vom sattel aus fotografiert

manche serpentinen sind so scharf geschnitten, dass ich trotz reduzierter geschwindigkeit das eine oder andere mal auf der gegenspur lande. es ist wenig verkehr, aber es zeigt mir immer wieder, dass abfahrten genauso anstrengend sind wie die steigungen. die sonne steht schon verdächtig schräg und ich möchte auf jeden fall bei helligkeit in abancay ankommen. ich mache an einem mirador halt und sehe, wie hoch ich noch bin.

abancay liegt als kleine spielzeugstadt weit unten im dunstigen tal. 

es hilft nichts, die pause wird unterbrochen und endlich sind die serpentinen geschafft und eine kurvenlose und gut asphaltierte straße liegt vor mir.
abancay ist eine 55.000 einwohner zählende stadt und kein touristenmagnet. die tourenbusse nach lima fahren hier ohne zu halten durch, was mich sehr erfreut, denn so sind hier keine gringos zu sehen.
abancay liegt auch in einem talkessel mit stark abschüssigen straßen, die zum plaza de arma und in die innenstadt führen. ich sehe schon dasselbe fiasko auf mich zukommen wie in cusco, aber hier sind wir nur halb so hoch. ich merke, dass sich die vepse beim beschleunigen völlig anders verhält und wieder in der lage ist, diese innerstädtischen steigungen zu bewältigen, selbst aus dem stand heraus.

mein hostel: eine besondere architektur...
und hinter dem treppenaufgang ist die vepse geparkt

ich finde schnell ein hotel, imperial mit zwei sternen, bekomme ein kleines zimmer mit bad für wenig geld und wohne in einem architektonisch schon besonderen gebäude. es sind zwei gegenüberstehende drei stöckige mit langen balkonen versehene häuserzeilen, die durch zwei treppen miteinander verbunden sind. dazwischen führt eine einfahrt auf das gelände, das genügend parkplätze zur verfügung stellt. das ganze ist mit gelben und durchsichtigen halbrunden kunststoffelementen gedeckt und sorgt damit für ein interessantes farbenspiel. man kann sagen, der architekt hatte eine gute idee, dabei aber nicht an die bewohner dieser anlage gedacht. die zimmer haben zwar alle fenster, doch das tageslicht reicht nicht aus. so ist auch mein zimmer eher dämmrig, als hell. ich darf meine vepse auch überdacht parken und erfahre später von der rezeption, dass es tatsächlich ein vegetarisches restaurant gibt - nur ein paar blocks weiter. ich bin überrascht wie gut es besucht ist. ich bestelle gemüsetortilla und einen großen salat. danach gibt es den hier obligatorischen matetee und ich weiss, dass ich morgen zum frühstücken hierher kommen werde.
ich wohne in einer straße, in der die eisenwarenläden wie auf einer perlenkette aufgefädelt sind. damit reift der entschluss, morgen einen pausentag einzulegen und meinen werkzeugbestand wieder zu aktualsieren.

04.08.

in cusco waren es die hunde, die einen großen teil der nacht gebellt haben, hier sind es die hähne, die sich über das gesamte stadtgebiet einander zukrähen. damit ist für mich gegen 04:00 uhr an schlaf nicht mehr zu denken, und ich nutze die gelegenheit, eine geburststagsmail zu schreiben und ein anstehendes problem in den griff zu bekommen.
mein plan ist, in lima eine inspektion vornehmen zu lassen. ich weiss, es gibt eine vespavertretung mit werkstatt, die auch schon alex aufgesucht hat. Nun erreichte mich vor einigen tagen eine nachricht von rolf aus lima, dass er an einer vespavertretung vorbeigekommen sei, die es schon seit dezember nicht mehr gäbe. dank sebastian aus lima - den ich über den vespaclub gefunden habe - werde ich in der werkstatt seines vertrauens unterkommen, aber damit ist das problem mit den erforderlichen ersatzteilen nicht gelöst.
es gibt nur einen weg: sie müssen aus deutschland nach lima geschickt werden. sebastian hat mir schon erlaubt, sie an seine adresse schicken zu dürfen - bleibt jetzt nur noch, sie möglichst schnell auf den postweg zu bringen. an diesem frühen morgen  - in deutschland ist es schon 11:00 uhr - chatte ich mit wilfried, der die teile bestellt und anschließend mit ute, die sie auf den versandweg bringt. versanddauer: 10 tage. hoffentlich gibt es in peru keine zöllnerstreiks.
und so tatenreich geht der tag weiter: das frühstück beim vegetarier ist der hammer! ein obstsalat wie zuhause, haferflocken mit heisser milch aus einem becher - zwar ungewohnt, aber lecker, da mit etwas zimt abgeschmeckt - dann noch eine art körnerbrötchen mit spiegelei und tee. der preis 3 oder 4 euro!!!!
danach baue ich die komplette düse mit der festsitzenden schraube aus, lasse mir ein taxi rufen und zu einer werkstatt bringen. der werkstattmann erkennt das problem und nach wenigen handgriffen ist die düse befreit. nun mache ich gebrauch von den zahlreichen eisenwarenläden und bekomme alles, was ich brauche. die düse ist schnell wieder eingebaut, der passende schraubenzieher ist besorgt, so dass mir auf freier strecke nichts mehr dieser art passieren dürfte.

abancay  ist eine schöne und chaotische stadt wie ich sie liebe und nicht so aufgemotzt wie cusco. hier ist alles wieder normal und ich ein hingucker, dass heisst, keine rucksäcke und bleichen gringogesichter. abancay ist so wie arica: einfach nur hässlich, aber trotzdem schön mit charakter.

ich komme gerade vom chinesen, wo kein deutscher hingehen würde. von wegen hygiene... ein blick in die spärlich beleuchtete küche offenbart benutztes geschirr, nicht ganz saubere ablagen. egal, ich habe gemüse und reis bestellt, eine cola dazu für komplett 3,15 € und dazu noch einen harry potter film und kostenfrei die abgase der autos, die durch die offene tür rein strömten. der vegetarier hat leider geschlossen.

auf dem weg dort hin werde ich vor laufender kamera interviewt ich vermute mal es sind schüler, die eine umfrage in der bevölkerung machen sollen, wie sie die indigenensprache quechua fänden und ob diese weiter in den schulen gepflegt werden solle. ich habe kaum die frage verstanden nur quechua und mir den rest gedacht.  ich befürworte natürlich, dass die sprache aufrechterhalten werden müsse und dazu das beispiel in deutschland gebracht, wie dort mit den alten dialekten in den schulen umgegangen würde. zum schluss muss ich dann noch etwas auf quechua in das mikrofon sagen... großer gaudi für alle.

dann habe ich noch einen friseur entdeckt - auch da würde kein deutscher reingehen -  der laden ist eigentlich ein echtes desaster. die decke abgehängt mit plastikfolie...  staub und nur oberflächlich den hygienestandards entsprochen, die spiegel schmierig, benutzte handtücher nicht entsorgt  -  aber so etwas liebe ich ja in diesem land und auch auf diesem kontinent. die friseurin beendet ihr telefonat und bittet mich platz zu nehmen. der stuhl wirkt nicht vertraueneinflößend -  aber zu spät: ich lasse mich reinfallen, bekomme übergewicht nach hinten und wenn mich die friseurin nicht gehalten hätte, wäre ich mit dem hinterkopf auf den steinfußboden gelandet, den übrigens noch die haare meines vorgängers schmücken. der stuhl ist schon einige generationen alt und entspricht bestimmt keiner einzigen sicherheitsrichtkinie. auch hier hätte jan fedder seine wahre freude...
meine friseurin und ich haben beide gelacht und sie fängt an zu schneiden. zu schneiden? mit der maschine ohne rücksicht auf verluste,  ohne mich vorher zu fragen, wie denn der schnitt sein solle. und dann mit der schere, aber da waren die tatsachen geschaffen. jetzt sind sie wieder kurz- vielleicht sehr kurz, es muss sich ja auch lohnen und ist außerdem praktisch, wenn ich den helm trage.
fließend wasser habe ich dort nicht gesehen, aber zwei anderthalbliter flaschen wasser, die für das waschen der haare wohl reichen müssen. den schaum vom rasieren hat sie nur mit der bürste, mit der die überflüssigen haare normalerweise noch weggebürstet werden, entfernt.  wir haben uns nett unterhalten, ich habe mich trotz aller einschränkungen wohl gefühlt.

deswegen bin ich hier! es wird viel improvisiert, und ich mache nette bekanntschaften und es gibt humor und das verständnis für siituationskomik.

ein guter und effizienter tag! viele dinge sind erledigt und ins laufen gebracht, peruanisches leben gelebt und nun gut erholt für die nächsten etappen gen küste.
wenn ich heimat definieren müsste, würde ich die hilfsbereitschaft und zuverlässigkeit meiner freunde in der heimat dazuzählen. ob es das besorgen und zur post bringen der ersatzteile ist, ob nach knapp einem halben jahr meine wohnung einer grundreinigung unterzogen werden sollte und sich ulli sich um die details kümmert, ob sven, der "gärtner" den garten in pflege hat und selbst ideen zur verschönerung einbringt, zu wissen, dass es eine gute hausgemeinschaft mit meinen mietern und den temporären mietern gibt - es ist ein gutes gefühl, dass zu hause alles klappt und sich jeder einbringt und verantwortung übernimmt!

für morgen nehme ich mir 120 km vor. es soll nach chalhuanca gehen. die strecke wird am fluss entlang führen, also eher ein angenehmes fahren sein. auch googlemaps spricht nur von zwei stunden fahrzeit.


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