USA 2022 - The Great Comeback
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24. Tag - 06.03.2022

Veröffentlicht: 07.03.2022

In der Nacht hat sich eine deutliche Schneeschicht auf mein Auto gelegt. Die Sonne scheint zwar morgens wieder, aber es ist bitter kalt. Ich bekomme ein fertig gepacktes Frühstück, dass ich aber nicht esse, sondern mitnehme, und mache mich um 9:00 Uhr auf den Weg. Da auch Schnee auf der Straße liegt ist das Tempo sehr mäßig. Ich ahne ja noch gar nicht, wie schlimm es später wird.

Anfangs sieht es so aus, dass sich die sonne durchsetzt. Man kann zwar nur 40-50 Meilen/h fahren, aber dafür hat man einen herrlichen Blick auf die schneebedeckte Landschaft. Etwa eine halbe Stunde später habe ich wohl die Höhe unterschätzt. Jedenfalls ist von Sonne nichts mehr zu sehen. Und es hat -6° draußen. Der Schnee auf der Straße wird jetzt immer mehr, und letzt endlich sieht man sie gar nicht mehr. Eine durchgezogene Schneedecke mit einer Reifenspur lässt gerade so den Weg erkennen. Dann setzt massives Schneetreiben ein.

Das fahren macht jetzt keinen Spaß mehr. Ich gehe mal davon aus, dass das Auto Sommerreifen hat. Jedenfalls schlingert es manchmal erheblich, und die Bremsen funktionieren auch nicht mehr richtig. Die Geschwindigkeit reduziere ich auf 20-30 Meilen/h. Ganz wenige Autos sind mit mir unterwegs. Ich überlege wirklich, ob ich nicht umdrehen soll. Aber da das Auto vor mir auch nicht besser ausgerüstet zu sein scheint, folge ich ihm in gehörigem Abstand immer weiter. An Bilder machen denke ich überhaupt nicht mehr. Ich will auch nicht anhalten. Wer weiß ob auf dieser Mischung aus Eis und Schnee ich überhaupt noch weiterkomme. Und Haltebuchten sind sowieso nicht zu erkennen. Für die 50 km bis ich wieder ins Tal komme brauche ich fast 2 Stunden.

Als ich erkenne, dass dieser Horror wirklich vorbei ist, fällt mir nicht nur ein Stein vom Herzen. Eine ähnliche Fahrt hatte ich nur einmal über einen Pass in Nord England. Auch da hatte mehr Glück als Verstand. Jedenfalls so war das nicht die beste Idee. Ich halte mein Auto an einer Tankstelle an. Die Reifenkästen und der Unterboden sind völlig vereist. Selbst bei dagegen treten fällt das nicht ab. Bei meiner Erleichterung kann ich mich endlich wieder in der Landschaft Whitman, die hier absolut grandios ist. Auch wenn der Schneefall nicht so intensiv war, zeigt sich doch eine weiße Pracht, die sich über die Felsen legt. 

Die nächsten 200 km sind völlig ungefährlich und einfach grandios. Ich halte bestimmt 20 mal an und kann mich kaum an den Formationen satt sehen. Die Bilder hier können nur einen Teil dieses Eindruckes wiedergeben. Landschaftlich gesehen ist das mit Abstand der beeindruckendste Teil meiner Reise. Die Straße ist manchmal Kilometer lang geradeaus, dann führt sie wieder in Kurven an den Felsen vorbei. Nach 130 km überschreite ich die Grenze von Arizona nach Utah. Dieser ist mein absoluter Lieblingsstaat, auch wenn alle anderen im Westen der USA ebenfalls großartig sind. 

Kurz vor meinem Ziel komme ich in Bluff an. Dort steht das Bluff Fort - eine Reminiszenz an die Pionierzeit - und der Eintritt ist frei. Ich betrete das mittelgroße Areal und werde von Lynn Feinauer begrüßt, der hier Dienst hat. Der ältere Mann erzählt mir, dass seine Großeltern aus Deutschland kamen. Sein Opa war aus Kupferzell. Er spricht zwar kein Deutsch, aber das was er sagt, ist unglaublich interessant. Er erzählt mir wie die ersten Siedler hier nach Bluff kamen. Der Treck sollte sechs Wochen dauern, gedauert hat er sechs Monate. Man musste mit 14 Pferden Wagen über Berge ziehen, die eine Steigung von 45° aufweisen. Es war eine Tortur. Erstaunlicherweise ist dabei nicht einer ums Leben gekommen.

Das Fort hier haben sie als erste Behausung gebaut, bevor sie sich in den umliegenden Flächen Farmen aufbauten. Die Nachkommen der Familien haben aus ihrer Sammlung die Einrichtung gespendet, die hier in den nachgebauten Blockhäusern gezeigt wird. So kann man in circa 15 Häusern sehen, wie die Menschen damals gelebt haben. Ein Haus ist noch Original erhalten. Lynn erzählt, dass hier kaum Konflikte mit Indianern entstanden sind. Viehfarmer und Einheimische hätten sich bis auf ganz wenige Aufnahmen gut verstanden.

Bemerkenswerter Weise gibt es zu jeder Hütte eine Audio Deskription, die auch u.a. auf Deutsch vorliegt. Das ist sehr selten hier. Ich höre mir drei davon an und nicht nur dass es sehr gut gesprochen ist, es ist auch wirklich interessant und wissenswert. Wer mal in dieser Gegend ist, dem kann ich nur zu einem Besuch raten. Von außen mag es etwas unscheinbar aussehen, aber die Gestaltung ist richtig gut.

Ich verabschiede mich von Lynn, lasse eine kleine Spende da, und fahre die restlichen 30 km nach Blanding, wo man Motel auf mich wartet. Lustigerweise war ich schon vor vier Jahren hier und hatte es total vergessen. Hätte ich eigentlich nicht dürfen, denn Blanding ist eine dry city. Kein Alkohol Verkauf innerhalb der Stadt Grenzen. Mitbringen darf man allerdings. Mit dem Hotelzimmer hab ich wieder richtig Glück und auf den Schreck des Morgens genehmige ich mir erst mal ein Bier. Damit es nicht zu trocken wird.

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