Veröffentlicht: 08.10.2018
Weiter ging es nach Kandy. In die Stadt, die wir in unserer vorigen Planung ausgelassen hätten. Im Nachhinein war also vielleicht Nuwara Elyas Unwetter genau richtig und für uns so bestimmt :)
Die Zugstrecke, welche die Berühmteste des Landes ist und in jedem Reiseführer empfohlen wird, war ein Erlebnis für sich.
Wir fuhren durch Teeplantagen, Täler und winzige Dörfer, hinter denen am Horizont riesige Bergspitzen die Wolken berührten. Fünf Stunden dauerte die Fahrt- genug Zeit, um mit unzähligen Blicken durchbohrt zu werden, klassische Zugfotos zu schießen, Blog zu schreiben und hungrig einheimischen Familien dabei zuzusehen, wie sie Unmengen an Curry und mitgebrachte Snacks vertilgten.
Angekommen im Hostel lernten wir zwei nette Engländer kennen, mit denen wir uns später in einer Rooftop Bar auf ein Getränk trafen. Es war ein schöner Abend, doch die Großstadt mit all ihren Gerüchen, Geräuschen und Menschenmassen löste in mir irgendwie ein unwohles Stressgefühl aus.
Am nächsten Morgen standen wir, wir hätten es nicht für möglich gehalten, um 5:00 Uhr auf. Mit dem TukTuk ließen wir uns zum berühmten Zahntempel fahren, um dort die morgendliche Zeremonie der Offenbarung des Zahns mitzuerleben.
Der Tempel ist einer der bedeutendsten Gebetsstätten im Buddhismus, da an diesem Ort Buddhas linker Eckzahn liegen soll. Drei Mal am Tag werden die Türen zum Zahn geöffnet und ihm Unmengen an Opfergaben im Gebet niedergelegt.
Ich glaube, wir waren anfangs unter hunderten von Einheimischen die einzigen Touristen, die zudem als Einzige nicht in weiß gekleidet waren. Mein Gefühl war, dass uns tatsächlich jeder mindestens ein Mal anschaute. Seltsam, aber bei unserer Auffälligkeit kein Wunder.
Es war eng und der Tempel völlig überfüllt. Die Leute drängelten sich aneinander vorbei, alle mit dem gleichen Wunsch- dem Zahn so nah wie möglich zu kommen. Wir mussten aufpassen, niemandem auf die Füße zu treten und uns gleichzeitig vor Ellbogen und anderen Körperteilen schützen.
Die vielen Menschen, die von jung bis alt so intensiv ihrem Glauben und Gebet nachgingen, sodass auf einmal alles Andere, wie die schlechte Luft, der Platzmangel und die heftige Lautstärke, die zudem von schreienden Kindern übertönt wurde, so unwichtig erschienen, beeindruckte mich auf irgendeine Art und Weise sehr. In welchen Dimensionen die Buddhisten täglich Opfergaben zum Tempel bringen, war mir einfach nicht bewusst. Z.B. waren es teure Blumengestecke, Reismahlzeiten, aber auch Kleidungs- oder Schmuckstücke.
Eine solche bedeutende Zeremonie des Buddhismus einmal miterlebt haben zu dürfen, war ein tolles Erlebnis, auf das ich nicht hätte verzichten wollen.
Den restlichen Tag in Kandy verbrachten wir mit fleißigem Sightseeing. Wir kauften Merle neue Billigschuhe, da sie ihre im Bus nach Arugambay verloren hatte, liefen über einen Klamotten Markt und fuhren zu einer riesigen Buddha Statue.
Gegen Abend spazierten wir dann am berühmten Kandy See entlang.
Was dann passierte, können wir bis jetzt nicht wirkich glauben.
Der selbe TukTuk Fahrer, mit dem wir am vorigen Tag nach unserer Ankunft in Kandy aneinander geraten waren, hielt auf einmal mit seinem TukTuk neben uns.
Zur Erläuterung: Es ging um verschiedene Preisvorstellungen, irgendwann einigten wir uns, doch er hörte nicht auf, uns zu erklären, wie man adäquat in SL zu handeln habe. Müde und nicht gerade freundlich sagte ich ihm, dass ich einfach nur gefahren werden möchte und nicht von ihm voll gequatscht werden will, woraufhin er eine abwertende Handbewegung zu mir machte, "Shit Woman" sagte und noch bevor wir an seinem TukTuk ankamen, ging.
Irgendwie beschäftigte uns diese Begegnung sehr und wir sprachen noch viel drüber, da wir zuvor auf unser Reise noch keine so unangenehme Begegnung erlebt hatten.
Doch nun zurück zum See. Er stoppte neben uns und begrüßte uns, doch wir liefen weiter, ohne ihm jegliche Aufmerksamkeit zu schenken. Wir glaubten, er würde den gestrigen Streit weiterführen wollen. Doch er fuhr weiter in Schritttempo neben uns, bis wir schließlich stehen blieben und ihm zuhörten.
Alles, was er sagen wollte, war, dass ihm sein gestriges Handeln unwahrscheinlich leid tun würde. Hierbei küsste er seine Hand, berührte dann mit dieser eine kleine Buddha Figur, die in der Windschutzscheibe seines TukTuks stand und legte seine Hand auf meinen Fuß.
Ich glaube, mit einer derartigen Reue und Ehrlichkeit hat mich zuvor noch nie jemand um Vergebung gebeten.
Auch wir entschuldigten uns aufrichtig für unsere Unfreundlichkeit.
Dann zeigte uns Namal, so hieß er nämlich, zwei voll geschriebene Gästebücher, in die vorige seiner Fahrtgäste hinein geschrieben hatten. Wahnsinn, wie viele Menschen dankbare und wertschätzende Worte geschrieben hatten. Wirklich häufig stand drin, dass Namal der netteste TukTuk Fahrer Sri Lankas sei und man ihm eine Chance geben solle. Der Satz passte wie die Faust aufs Auge.
Wir saßen bestimmt 10-15 min am Straßenrand neben seinem TukTuk, blätterten in den Büchern und unterhielten uns mit ihm. Zu guter Letzt schlug er uns noch einen super günstigen Preis vor, uns am kommenden Tag nach Sigiriya zu fahren. Da wir dies eh geplant hatten und ansonsten den Bus genommen hätten, verabredeten wir uns mit ihm für den nächsten Morgen.
Das Gefühl nach dieser Begegnung lässt sich schwer beschreiben. Ich fühlte mich beflügelt und überglücklich in einem. Was war es für ein Zufall, Namal in einer Großstadt, wie Kandy eine ist, ein zweites Mal zu begegnen. Wie war es schön, dass das bislang einzige, wirklich unangenehme Erlebnis in Sri Lanka doch noch zu einem Schönen wurde.
Danke Namal, diese Begegnung war sehr wertvoll und prägend für mich, meine weitere Reise und ich glaube für mein ganzes Leben.