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Die Luft wird dünner - mein erster 6.000er der Huayni Potosi!

Veröffentlicht: 24.01.2018

So sehr ich es auch liebe Aktivitäten auf eigene Faust zu machen, ohne irgendeine Tour, ohne Führer, einfach nur die Herausforderung annehmen und alleine mit der Natur zu sein, doch bei der Besteigung eines 6.000er, mit so gut wie gar keiner Erfahrung im Bergsteigen und ohne jeglicher Ausrüstung, war für mich relativ schnell klar, hier suche ich mir einen Bergführer.

Ich entschied mich diesesmal nicht von Tourenanbieter zu Tourenanbieter zu kämpfen und das beste Angebot zu suchen, sondern vertraute einfach auf den Ratschlag der zwei Tiroler, welche die Tour bereits gemacht haben. Nach ein bisschen verhandeln einigten wir uns auf einen Preis von ca. 80€ für eine Zwei-Tages-Tour mit Bergführer, Unterkunft und Verpflegung, kann man sich nicht beschweren, in Österreich ein unvorstellbarer Preis.

Bevor es losging, schrieb mir am Vorabend noch Adria und Mateu, unseren katalonischen Freunde, welche wir in Peru getroffen haben. Sie seien gerade in LaPaz angekommen und möchten den Huayni Potosi hier besteigen und ob ich mich nicht ihnen anschließen möchte. Was für ein Zufall! Ich sagte ihnen, dass ich bereits für morgen eine Tour gebucht hatte, aber dass ich fragen könnte ob noch Platz für sie sei. Sie waren sofort dabei und eine halbe Stunde nachdem sie in LaPaz angekommen sind, haben sie die Tour auf den Huayni Potosi für den nächsten Tag gebucht - genial!

Am nächsten Tag ging es dann endlich los, um halb 8 in der Früh trafen wir uns beim Büro, um die gesamte Ausrüstung auszuleihen und zu checken. Bergschuhe, Gamaschen, Steigeisen, Eispickel, Helm, Klettergeschirr, Handschuhe, Goretex Jacke und Hose, alles konnten wir uns ausleihen. Neben Adria, Mateu und mir, war noch ein Argentinier, eine Schweizerin und ein Italienier mit an Bord (ich habe leider von allen drei den Namen vergessen..)

Der Plan schaute folgendermaßen aus, am ersten Tag steigen wir vom Lower Basecamp auf 4.700m, gemütlich zum Higher Basecamp auf 5.200m auf. Dann heißts früh schlafen gehen, denn am nächsten Tag steht um 00:30 die Tagwache an, um 1:30 beginnt dann der Aufstieg zum Gipfel auf 6.088m. Wenn alles glatt läuft sollten wir zum Sonnenaufgang gegen 6:00 am Gipfel sein. So die Theorie also, gehen wir in die Praxis über.

Mit einem Jeep gings zum Lower Basecamp am Fuße des Huayni Potosi, dort gabs bevor es losging noch ein Mittagessen. Wir trafen dort auch eine Gruppe welche gerade zurückgekommen ist, sie mussten auf Grund zu hoher Lawinengefahr im steilsten Stück leider abbrechen, hoffen wir mal dass wir mehr Glück haben!

Unser Ziel: Der Huayni Potosi

Der Aufstieg ins Higher Base Camp war im zügigen Tempo, aber trotzdem gemütlich, es waren nur 500 Höhenmeter und dies alles mehr oder weniger auf einen Steig. Nach dem wir uns am Fuße des Gletschers noch beim "Bergherren" registrierten ( und nochmal 5 Euro zahlten dafür) erreichten wir dann auch schon unser Refugio. Ein simples Bettenlager, mehr brauchen wir allerdings nicht. Den Hut ziehten wir vor einen unserer Guides, welcher eine rießige Gasflasche und das ganze Essen hier raufschleppte - Chapeau!

Aufstieg zum Higher Basecamp

Der Weg führte durch mehrere Geröllfelder


Bereits am ersten Tag, war das Wetter nicht das Beste..

Der "Bergherr"

Die letzten Meter zum Refugio

Für die perfekte Vorbereitung auf den Gipfeltag morgen, gabs als erstes einmal Tee und Kuchen, schmeckt auf 5.200m einfach nochmal besser! Zum Abendessen nochmal Hühnchen mit Reis und gegen 18:00 haben wir dann auch schon versucht einzuschlafen, um mindestens etwas Schlaf zu bekommen. 

Wir werden gut bekocht!

Unser Bettenlager

Zeit zum Herumblödeln ist immer! (links Adria, rechts Mateu)

Unser Guide sagte uns davor noch, wir sollen nicht über den Berg nachdenken, weil dann kann man erst recht nicht einschlafen. Leider funktionieren unsere Köpfe halt manchmal genau so, dass wenn man etwas nicht machen sollte, es erst recht macht. Also hat keiner von uns wirklich gut bzw. überhaupt schlafen können. Änderte allerdings nichts an unserer Motivation den Huayni Potosi zu bezwingen!

Um 00:30 rief uns der Wecker aus dem Bett. Schnelle Morgentoilette, Rucksack packen und noch ein kleines Frühstück, dann konnte es auch schon losgehen. Unsere 6er Gruppe wurde nun in drei Seilschaften mit jeweils einem Guide geteilt. Die Ausrüstung wird nochmal komplett durchgecheckt und dann hieß es wieder einen Schritt vor dem anderen zu setzen. 

Ausrüstungscheck am frühen Morgen

Im Dunkeln und im leichten Schneefall bewegten wir uns im sehr langsamen Tempo voran, damit jeder seinen Atmungsrythmus finden konnte. Für mich ist dies dann immer wie ein Art Trancezustand, man konzentriert sich einfach nur auf seine Atmung, setzt einen Fuß vor den anderen und denkt irgendwie über nichts nach und genießt einfach nur die Natur, aber auch irgendwie die Anstrengung!

Die einzige Sache welche ich allerdings nicht genossen hatte war, dass ich seit dem Aufstehen ziemlich starke Magenprobleme hatte und es sich anfühlte, als würde sich mein Magen ständig umdrehen. Mein Wille diesen Gipfel heute zu erreichen, war allerdings einfach zu groß, als dass mich irgendetwas davon abbringen konnte, daher versuchte ich dies einfach so gut wie es geht auszublenden, nur Adria welcher hinter mir mit mir am Seil war, bekam es durch ständige Abdämpfe immer wieder mit...

Ansonsten fühlte ich mich allerdings ziemlich fit und hatte bis jetzt keinerlei Probleme mit der Höhe. Wir legten auch immer wieder kurze Pausen ein, um einen Bissen gefrorener Schokolade zu essen und etwas zu trinken. (Unser Wasser wurde mit der Zeit, aber auch eher zu einer Menge Eiswürfel) 

Das Wetter wurde zwar leider nicht besser, im Gegenteil der Schneefall wurde immer stärker, da es aber am Vortag Gott sei Dank sehr kalt war und der Untergrund trotz dem Neuschnee nun ziemlich gut gefroren war, war die Lawinengefahr kein Thema. Nach ca. 2,5 Stunden Aufstieg über den Gletscher und seine Gletscherspalten, welche teilweise ziemlich furchterregend ausschauten wenn man in sie hinunterleuchtet und einfach nur ein schwarzes Nichts sieht, kamen wir dann zur schwierigsten Stelle auf 5.700m. Eine steile Eiswand welche wir, mit unseren Steigeisen und den Pickel raufklettern mussten. Den ersten Teil kletterte man noch seitwärts nach rechts und dann gings vertikal nach oben. Wir waren die erste Seilschaft und unser Guide machte den Anfang, ich wartete bis das Seil fast auf Spannung war, denn im Fall eines Sturzes sollte das Seil so gut wie möglich gespannt sein, damit die anderen eine Chance haben, einen überhaupt aufzufangen.

Die Eiswand (Foto vom Abstieg)

Der seitwärts-Part war noch relativ einfach, das Wichtige war einfach nur sich mit den Steigeisen immer einen sicheren Tritt zu verschaffen, doch unser Guide vor mir kletterte ziemlich zügig voran, so dass ich plötzlich eine starke Spannung am Seil hatte, welche mich fast nach vorne zog, nach einem kurzen Schrei zum Guide, er solle bitte langsamer klettern, welchen er allerdings nicht hörte, versuchte ich einfach schnell voranzukommen, um die Spannung loszuwerden. Ich vergaß dabei allerdings das wichtigste, sich immer einen sicheren Tritt zu suchen und so rutschte ich zweimal fast weg und konnte mich mit dem Pickel gerade noch halten. Ich war voll unter Adrenalin und versuchte einfach nur über diese Eiswand zu kommen. Adria rettete mich in dieser Situation er schrie mir zu, dass ich mich auf keinen Fall stressen lassen darf, der Guide muss warten und ich solle einfach immer zweimal treten, damit ich mir sicher bin einen sicheren Tritt zu haben. Dieser simple Hinweis welchen ich eigentlich bereits wusste, beruhigte mich extrem, ich blieb einfach kurz stehen, der Guide bemerkte er kann nicht weiterklettern und muss kurz warten und dann kletterte ich einfach langsam Tritt für Tritt nach oben. Die Steigeisen stoß ich mit voller Wucht zwei-, dreimal in den selben Stand hinein und sofort fühlte ich mich sicher und die Eiswand wurde auf einmal zum Kinderspiel!

Beim Blick nach unten, wurde mir trotzdem etwas mulmig, denn darüber nachzudenken, ob mich der Guide während des Kletterns auffangen hätte können, oder wir alle drei hinuntergestürzt wären, fühlte sich nicht unbedingt gut an. Einfach Schutzengeln danken und weiter gehts.

Der weitere Aufstieg bis kurz vor dem Gipfel verlief problemlos, ich war gut in meinem Rythmus und trotz meinen Magenproblemen, fühlte ich mich überraschenderweise mit jedem Schritt, den wir dem Gipfel näher kamen fitter! 

Höhenmeter für Höhenmeter gehts Richtung Gipfel

Kurz vor dem Gipfel kam dann allerdings noch einmal eine heikle Stelle. Wir waren bereits auf 6.000m, doch die letzten 88 Höhenmeter zum Gipfel führten über einen Grat, welcher es in sich hatte. Als ich den Beginn des Grates als erstes sah, dachte ich mir nur, es ist unmöglich den zu überqueren. Der Grat selbst war vielleicht maximal 40cm breit, die Schneeschicht auf welcher wir gehen konnten war allerdings vielleicht 20cm breit und links und rechts des Grates ging es hunderte von Metern ins nichts. Im Nachhinein hätte ich wirklich gern ein Foto vom Grat gemacht, doch in diesem Moment hätte ich allerdings als Letztes ans Fotomachen gedacht! Der Schnee hielt uns Gott sei Dank, mit voller Konzentration bei jedem Schritt schafften wir auch noch diese Stelle! Es kam noch eine heikle Stelle, bei der wir noch kurz eine Seitenwand raufklettern mussten um auf den nächsten Grat zu kommen, doch dann war es geschafft! Wir sind am Gipfel vom Huayni Potosi auf 6.088m! Die Aussicht hielt sich allerdings in Grenzen, es schneite immer noch und wir sahen nur eine weiße Nebelwand, doch irgendwie hatte dieses Wetter etwas mystisches und es war mir in diesem Moment auch völlig egal, dass wir keine Aussicht hatten. Die pure Freude konnte ich in diesem Moment aber noch nicht verspüren, denn ich wusste genau, der Weg zum Gipfel ist nur der halbe Weg. Einen Berg hat man erst bewzungen wenn man wieder herunten ist. Vor der Nebelwand machten wir noch schnell ein Gipfelfoto und dann gings auch schon wieder bergab.

Gipfelfoto mit Adria - Was für eine Aussicht!

So fit ich mich bei den letzten Meter zum Gipfel fühlte, so müde und schwach fühlte ich mich beim Abstieg. Ich wusste aber ich muss 100% konzentriert bleiben. Nachdem wir den Grat wieder sicher überquerten verspürte ich schon einmal Erleichterung, doch ich wusste eine schwierige Stelle sollte noch kommen, die Eiswand!

Auf den Weg dorthin, bewies der Guide, dass er den Berg in und auswendig kennt, denn der Schneesturm wurde nochmals stärker und die Sichtweite beschränkte sich auf gerade einmal einen Meter. Ich sah einfach nur mehr weiß und alles sah komplett gleich aus, keine Ahnung wie der Guide es schaffte ohne GPS zu navigieren, doch er fand den Weg zur Eiswand.

Adria kletterte bergab voraus, ich suchte mir oben einen sicheren Stand, um in im Fall halten zu können, dann war ich dran. Ich erinnerte mich an die Worte von Adria beim Aufstieg und fühlte mich relativ sicher Schritt für Schritt kletterte ich nach unten, schaute dabei allerdings nicht wie es Adria unter mir geht. Denn vor ihm war ein tschechisches Paar, welches etwas länger brauchte und er daher warten musste. Bis er mich lautstark darauf hinwies, fiel mir dies allerdings nicht auf, also waren nun fast 4 Meter loses Seil zwischen mir und ihm, wenn er nun fallen sollte hätte ich nicht annähernd eine Chance ihn aufzufangen, also versuchte ich wieder nach oben zu klettern, um das Seil wieder auf Spannung zu bringen. Hier hätte aber eigentlich auch der Guide den Überblick bewahren müssen, und mich zurückhalten sollen, immerhin ist er immer noch mit einem Anfänger am Weg.

Da das tschechische Paar eine Zeit lang nicht wirklich weiterkamen, bekamen die Seilschaften über uns einen Stress. Etwas was keiner von uns verstehte, denn Stress und Hektik am Berg, ist unnötig und einfach nur gefährlich! Jedenfalls seilten sie sich dann einfach neben uns über die Steilwand direkt über dem tschechischen Paar und Adria ab. Die Folge, Adria, die Tschechen und auch ich bekamen eine Menge Schnee ins Gesicht geschleudert. Ich hielt mich einfach nur möglichst dicht an der Wand und wartete bis das Chaos vorbei ist. Von unten hörte ich nur Geschrei und Beschimpfungen wer der größere Idiot sei. Adria und das tschechische Paar tobten meiner Meinung nach allerdings mehr als verständlich, denn es macht überhaupt nichts wenn sie etwas länger brauchen, doch dann so zu tun als wäre es ein Wettlauf und eine solche Aktion zu starten, ist wie gesagt einfach nur gefährlich und unnötig!

Ich war dann einfach nur froh als ich von dieser Eiswand wieder herunten war! Nun ging es nur mehr über den Gletscher und seine Gletscherspalten bergab, das Schwierigste ist geschafft und das Wetter wurde auch besser, die Wolken verzogen sich!

Langsam verzog sich der Nebel

Bis sich uns der Himmel komplett öffnete!

So gut wie geschafft, da kann man sich das Grinsen nicht verkneifen.


Nach 4,5 Stunden Aufstieg und ca. 3,5 Stunden Abstieg erreichten wir dann wieder unser Basecamp und dies war dann der Moment in dem sich pure Freude und Erleichterung breit machte. Ich schaute zum Berg hinauf, dankte nochmal meinen Schutzengeln und musste wieder einfach nur lachen. Trotz schlechtem Wetter war es einfach eine geniale Erfahrung, wir umarmten uns alle und freuten uns zusammen! Es war meine erste richtige Bergsteiger Erfahrung, doch ganz sicher nicht meine letzte, dieses Gefühl wenn man von einem Berg wieder herunten ist, ist einfach einzigartig und ich lernte hier erneut meine Liebe zu den Bergen kennen!

Im Basecamp, gabs dann noch eine Suppe, bevor es wieder bergab ins Lower Basecamp ging. Der Jeep wartete dort bereits auf uns und brachte uns zurück nach LaPaz. Im Auto merkte man dann auch relativ schnell, dass alle ziemlich groggi waren, es dauerte keine 10 Minuten und wir schliefen alle. Ich schlief mehr als gut ein und war auch etwas stolz auf mich, denn ich bin wieder aus meiner Komfortzone herausgegangen, habe mir eine neue Herausforderung gesucht und habe diese auch geschafft! Mit 20 Jahren auf meinen ersten 6.000er in Bolivien, hört sich schon ziemlich cool an! Ich werde sicher nicht aufhören nach Herausforderungen zu suchen!


Autor: Andreas

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