18.12.
Ich starte in aller Herrgottsfrühe gegen 6:00 in San Pedro. Ein Bustransfer zum Flughafen in Calama holt mich vom Hostel ab. Auf dem Weg durch die karge Wüstenlandschaft geht die Sonne auf und färbt alles orange violett ein. Wunderschön. Am Flughafen angekommen muss ich noch etwas auf meinen Flug nach Santiago warten und ich freue mich schon sehr auf die Weiterreise nach Valparaiso (Valpo wie es die Bewohner*innen liebevoll nennen), denn die Luft in der Atacama ist so trocken und staubig, dass mir mittlerweile fast die Nase abfällt...
Auf den Flug bin ich mal wieder dank eines tollen Piloten aus Z. in der Schweiz gut vorbereitet, welcher mir stets ein „Rundumsorglospaket“ aus allen möglichen Infos rund um die Flüge schnürrt! DANKE R. für deine Unterstützung und Nerven wie Drahtseile ;-)
Tatsächliche überstehe ich den Flug ganz wunderbar, hole in Santiago mein Gepäck ab, fahre mit dem Bustranser zur Metrostation Parajitos und nehme dort den nächsten Bus nach Valparaíso. Das Reisen mit Bussen und die ganzen Verbindungen sind wirklich optimal und einfach zu durchschauen.
In Valpo komme ich am frühen Nachmittag an und nehme direkt ein Taxi zum gebuchten Hostel am Fuße des Cerro Concepción und Cerro Alegre. Eine junge Frau zeigt mir das Zimmer. Es stinkt unerträglich nach Weichspüler und ist dreckig. Hmm ok. Dann bekomme ich das Bad und die Küche gezeigt, welche noch dreckiger und schäbiger sind. Oh menno, eigentlich überhaupt keine Lust hier zu bleiben für die nächsten 3 Nächte... Mit Unterstützung aus Hamburg via whatsapp entscheide ich mich nach einer neuen Unterkunft zu schauen. Über airbnb finde ich das Haus von Claudio, buche, bekomme schnell Antwort und verlasse das Hostel, inklusive Geld zurück! Juchuuuu! Das neue Zimmer ist fußläufig entfernt in einem tollen alten Haus mitten im In-Barrio und liebevoll, ja gar schon künstlerisch eingerichtet. Claudio ist super und ich happy die Unterkunft getauscht zu haben. Danke D. aus HH für deine Hartnäckigkeit ❤️ Das war absolut die richtige Entscheidung!
Mittlerweile ist es später Nachmittag und ich gehe los das Barrio zu erkunden. Es ist großartig, ich bin jetzt schon nach kurzer Zeit verknallt in diese Stadt und ihre Menschen. Alles ist gefühlt Kunst, ich zeige hier nur einige Bilder, damit ihr einen Eindruck bekommt. Auf meinem Weg finde ich eine kleine versteckte Dachterrasse und trinke ein Bier mit Blick über einen Teil der Stadt. Nun aber schnell bubu machen, morgen gehts weiter...
19.12.
Ich stehe gemütlich auf und finde ein nettes Café um die Ecke für einen morgendlichen Kaffee, Miguel hat keinen zuhause. Alles ist noch ruhig und gemächlich auf den Straßen.
Gegen frühen Mittag starte ich meinen Stadtspaziergang mit dem Ziel, das Haus von Pablo Neruda (berühmtester Dichter Chiles, Nobelpreisträger, Held) zu erreichen. Sieht auf der Karte gar nicht so weit aus. ABER es geht ständig bergauf, bergab, durch Stadteile, wo ich mich gar nicht mehr so sicher fühle und häufigen Päuschen um Fotos zu machen von der Aussicht oder tollen Graffitis/Malerein. Nach ca. 2 Std. erreiche ich das Museum und bin schon ein wenig stolz. Die anderen Touris lassen sich alle mit dem Taxi da hochkarren! Die Besichtigung des Hauses ist großartig! Ich würde am Liebsten sofort einziehen :-) Leider darf man keine Fotos machen, aber dieses Schlafzimmer und der Ausblick über die ganze Stadt aus dem Bett ist der helle Wahnsinn!!
Von Nerudas Haus laufe ich bergab, um den Mercado Central zu finden, dort soll es gutes und günstiges chilenisches Essen geben. Auf dem Weg komme ich durch das Univiertel, welches geprägt ist durch politische Graffitis. Ich stelle mir vor, dass es so auch mal in Schland war bevor ich mit dem Studium begann.
Am Marcado angekommen ist es wuselig. Überall auf den Straßen herum Gemüse/Obststände. Im Mercado Obst, Gemüse, Fisch soweit das Auge reicht, samt Katzen, Hunden, Tauben, die sich am Weggeworfenen ernähren. Ich bin ziemlich hungrig, leider keine Essensstände und so kaufe ich mir Oliven, um den ersten Hunger zu stillen. Ich verlasse den Mercado, um endlich was zu essen zu finden. Ich wühle mich durch die Straßen rund um den Mercado. Es ist laut, voller Menschen und anstrengend. Irgendwann auf dem Weg kommt eine Bäckerei, ich kaufe eine mittelmäßige Empanada und beschließe wieder zurück ins Barrio Concepcion zu laufen. Oben angekommen ist der Ausblick herrlich. Ich gehe in eine tolle Bar (Fauna) mit Dachterrasse und bestelle chilenischen Weißwein. Genau das Richtige jetzt. Und obwohl ich eigentlich total müde bin, ist es so herrlich dort, dass ich bestimmt 2 Std. bleibe und mich durch die Weinkarte teste. Dann schnell noch was Gutes essen und ab ins Bett. 20.12.
Ich lasse den Tag wieder gemütlich beginnen im Frühstückscafé um die Ecke und möchte heute noch 2 Barrios anschauen, am Mercado Puerto etwas essen und dann raus fahren mit der Metro nach Viña del Mal, um etwas am Strand abzuhängen...
Am zentralen Platz, dem Plaza Sotomayor angekommen, laufe ich in kleinere Seitenstraßen des Barrio Puerto. Alles ist dreckig und ich wundere mich schon, warum meine Füße voller Ruß sind. Umso weiter ich laufe steigt mir plötzlich ein unerträglicher Reisgasgeruch in die Nase. Sofort brennen Augen und Nase und es läuft überall raus. WAS IST HIER LOS?? Ich halte mir meine Fleecejacke vor Mund und Nase, weil anders atmen nicht möglich wäre. Um die nächste Straßenecke sehe ich gepanzerte Fahrzeuge der Polizei oder einer Spezialeinheit. Aber die Straßen sind leer, bzw. es fahren ganz normal Busse und Autos. Wieder eine Ecke weiter, entdecke ich ein Haus, welches von Hafenarbeiter*innen besetzt ist. Ich erinnere mich, dass ich schon in Santiago etwas in der Zeitung entdeckte, dass es einen Konflikt zwischen Hafenarbeiter*innen und eines großen Hafenbetriebs gibt
Spannend! Ich laufe weiter und entdecke auf einem Platz einen Pavillion mit Transparenten und Hafenarbeiter*innen. Ich gehe hin und versuche auf Spanisch/Englisch/Händen/Füßen mit ihnen zu reden. Klappt ganz ok. Sie berichten mir von Entlassungen und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten als Tagelöhner ect. Als sie mitbekommen, dass ich aus Schland bin, sind sie begeistert, denn der Geschäftsführer des Hafenbetriebs ist ein Deutscher. Enthusiastisch bitten sie mich ein paar Solidaritätsworte auf Deutsch in irgendein Handy zu sagen. Mach ich natürlich gern. Ich wechsel in den Gewerkschafts-Agitations-Modus und quatsche irgendwas. Hauptsache kämpferisch! Hahaha! Die Kolleg*innen sind begeistert und wir machen noch ein gemeinsames Foto... Ich nehme den berühmtesten Aufzug, dem Ascensor Artilleria, mache Fotos und schlappe durch das Barrio mit Blick über den Hafen. Runter gehe ich zu Fuß und versuche den Mercado Puerto zu finden. Hier soll es günstig gute und frische Fischgerichte geben. Leider ist der Mercado zu. Geschlossen für immer, lese ich im Internet. Nagut, dann gehe ich in ein nahegelegenes Restaurant und esse das Menue del dia, welches richtig gut und lecker ist. Ich gehe zur Metrostation Puerto, schaue mich noch etwas am Hafen um und fahre dann mit der Metro nach Viña del Mar, der Nachbarstadt. Dort soll es einigermaßen schöne Strände geben. Bislang war ich ja noch gar nicht an irgendeinem Strand. Also hin da, denn es ist auch wahnsinnig warm heute.
Hm ok! Strand. Ist jetzt nicht der Wahnsinn wie in der Karibik, aber ok. Ich bleibe eine Stunde und mache mich dann wieder auf den Rückweg. Viña hat ansonsten auch nichts zu bieten. Eher langweilige Stadt!
Ich will aber unbedingt diese Pelikane sehen und fotografieren. Auf dem Hinweg in der Metro, die überirdisch fährt, sah ich sie auf Felsen hocken. Also gehe ich zur Metrostation, fahre 3-4 Haltestellen und steige dann aus, um an der Küste Richtung Valpo zurück zu laufen. Kein Pelikan weit und breit! Das gibts doch nicht! Wo sind die Viecher? Schon bubu machen? Ist doch gerade mal ca. 17/18 Uhr... Etwas enttäuscht laufe ich weiter ins Barrio Barón. Es gibt hier einen 200m langen Steg ins Meer rein. Und plötzlich, was sehe ich? Seelöwen/Seebären. Groß und bullig auf jeden Fall. Coooool! Keine Pelikane, dafür diese lustigen Kerlchen, die sich immer wieder lautstark um den besten Platz an der Sonne auf dieser kleinen Schwimminsel streiten. Ich nehme nochmals die Metro für zwei Stationen und laufe zurück zur Unterkunft. Esse etwas und möchte abends noch in die berühmte alte Bar Cizano.
Gegen 21:30 komme ich in dem urigen Schuppen an, alle starren mich an, ich setze mich an die Bar und bestelle Pisco Sour. Auf der kleinen Bühne singt ein Mann alte chilenische Lieder. Immer wieder setzen die anderen Gäste an, mitzusingen. Die Stimmung ist großartig. Irgendwie gefühlvoll, ausgelassen, freudig. Ich genieße es, zumal der Sänger hart mit mir flirtet und eigentlich nur noch mich besingt :-)
Zeitgleich sitzt ein alter Chilene neben mir, der auch gern meine ganze Aufmerksamkeit hätte. Er redet ununterbrochen, nein er nuschelt Spanisch und ich verstehe NADA! Ich habe aber das Gefühl, dass er sich darüber freut mir seine Lebensgeschichte zu nuscheln, also „höre“ ich zu und erwidere ab und zu ein SI oder NON. Ich bestelle einen zweiten Pisco Sour und amüsiere mich über die Gesamtsituation. Danach gehe ich, halte noch auf ein Getränk in einer anderen Bar, bevor ich den Berg mit einem Taxi hochfahre und schlafen gehe.
21.12.
Abreisetag, allerdings erst abends um 21:30. Ich bleibe so lange wie möglich liegen, schlender irgendwann nochmal durch das Barrio Puerto, wo wieder alles „vergast“ ist von Ausschreitungen in der letzten Nacht, und kaufe letzte Souveniers.
Bis zur Abfahrt Richtung Busbahnhof lunger ich im Wohnzimmer rum und mache dann irgendwann los. Unten am Berg finde ich ein Taxi und der Fahrer fragt mich, wie er fahren soll, denn überall in der Stadt seien Demonstranten und Barrikaden!! Ja pffff, wie soll er fahren??? Keine Ahnung, vielleicht den schnellsten und günstigsten Weg ?!?!? Idiot!
Er fährt natürlich direkt in eine brennende Barrikade rein und muss weiträumig ausweichen. Nicht schlimm, ich find es eher spannend, was hier los ist. Komme aber dennoch pünktlich an und warte auf den Bus nach Pucón.
Ich habe einen Schlafplatz gebucht. Megagut diese Busse. Kenne ich schon aus Brasilien und so kann ich die ganze Nacht mit kleinen Unterbrechungen wunderbar schlafen. Morgens um 10:00 erreiche ich Pucón, trinke den besten Kaffee, den ich bislang hatte und suche mein Hostel :-)
Besos <3 st.