Veröffentlicht: 24.01.2019
Gegen halb drei am Morgen (22.01.2019) kehrt langsam Leben im Bahnhofsgebäude von Kapikule ein. Ein erstes Gespräch mit einem Bahner macht Hoffnung auf Weiterfahrt mit dem Nachtzug. Als Erstes werde ich zum Grenzpolizisten zur Passkontrolle gelotst, dann beginnt erneut das Geeiere wegen einer Fahrkarte für mich und Rango. Für eine komplette Kabine habe ich nach wie vor nicht mehr genug Bargeld. Ich finde aber recht schnell mehrere andere Passagiere, die mich und Rango mit in ihre halbvolle Kabine nehmen würden. Die Bahnangestellten stellen sich trotzdem aus schwer nachvollziehbaren Gründen quer. Da mein Pass aber bereits abgestempelt ist, nimmt man mich zumindest bis zur bulgarischen Grenzkontrolle mit. Bis dahin darf ich eine gute viertel Stunde in der Kälte vorm Zug warten und dann bis Swilengrad mitfahren. Dort hängen die Bulgaren netter Weise einen normalen Wagon vor den türkischen Nachtzug und ich kann nach der Passkontrolle für kleinen Zins bis Plowdiw mitfahren. Dort hatte ich eigentlich mit einem Aufenthalt und kurzer Besichtigung geliebäugelt, entscheide aber wegen schlechten Wetters weiterzufahren. Gegen halb elf erreichen wir die bulgarische Hauptstadt, bei nach wie vor kaltem, trüben Winterwetter. Eine direkte Weiterreise ist nicht möglich und so mache ich mich auf die Suche nach etwas zu beißen für Rango und mich. Frisch gestärkt finde ich anschließend im nahen Busbahnhof gutes WLAN, kann einen Reisebericht abarbeiten und ansonsten etwas rumdatteln. Am Nachmittag mache ich mich auf den Weg ins Zentrum von Sofia, um mir einen ersten Eindruck von der Stadt zu verschaffen. Seit der Jungsteinzeit bewohnt, ist Sofia einer der ältesten Siedlungsplätze Europas und hat einiges an Historie zu bieten. Inmitten der U-Bahn-Station Serdica, dem antiken Name Sofias, befindet sich zum Beispiel die Sweta Petka, eine Kapelle aus der Zeit osmanischer Fremdherrschaft in der Region. So hinterlässt die Stadt trotz mäßigen Wetters einen hervorragenden Eindruck bei mir. Nach einem kleinen Abendbrot kehre ich mit dem Dicken wieder im warmen Busbahnhof ein und hoffe hier die Wartezeit bis zum nächsten Zug am kommenden Morgen überbrücken zu dürfen. Offensichtlich bin ich nicht der Einzige mit dem Plan, aber der Einzige der des Wartebereiches verwiesen wird, Rango bekommt kein Bleiberecht. So verbringen wir die Nacht auf dem Bahnsteig, direkt vor der Polizeiwache. Das Plätzchen ist sicher, aber deutlich zu kalt für mein Equipment. Rango scheint die Kälte nichts auszu-machen, aber ich bin heilfroh als in den frühen Morgenstunden das Bahnhofsgebäude wieder öffnet und wir vor der Kälte Zuflucht fin-den.
So beginnt der Mittwoch für mich mit heißem Käffchen und einem Frühstück gegen sechs im Hauptbahnhof Sofia. Dann drehe ich mit dem Dicken noch ein kleines Ringel, bevor wir uns gegen acht in den Zug nach Vidin setzen. Selbiger startet mit 40 Minuten Verspätung in Richtung der rumänischen Grenze. Ich unterhalte mich etwas mit Neli, die gerade aus ihrer Nachtschicht als Tankwart kommt und auf dem Heimweg nach Montana ist. Nachfrage beim Bahnpersonal zwecks des Anschlusszugs nach Craiova lässt wenig hoffen. Für heute ist in Vidin wohl Schluss mit der Bahnfahrt. Den kleinen Grenzort erreichen wir mit gut 70 Minuten Verspätung. Als ich gerade den Bahnsteig entlangschlendere, wird mir von einem Schaffner bedeutet aus den Puschen zu kommen um mir ein Ticket für die Weiterfahrt nach Rumänien zu kaufen, der Anschlusszug hat auf uns gewartet. Oh Freude! So sitzen wir kurze Zeit später nach erfolgter Passkontrolle wieder in der Bahn und erreichen Craiova am Nachmittag. Dort löse ich nach Vergleich mehrerer Varianten ein Ticket nach Simeria am Abend. In der Stadt gibt es Futter für den Dicken und ein Käffchen für mich. Zu besichtigen gibt es wenig und so verbringen wir die Wartezeit im Bahnhof. Gegen acht setzen wir unsere Bahnfahrt fort.
Kurz nach Mitternacht, am Donnerstag den 24.01.2019, können wir nach gut 30 Minuten Wartezeit in die Bahn nach Budapest umsteigen. Die ungarische Hauptstadt erreichen wir am Bahnhof Keleti kurz vor neun. Hier gibt es für mich Frühstück bei McDonalds, bevor ich mit meinem vierbeinigen Begleiter ein wenig durch Budapest schlendere. Aus Kostengründen verschiebe ich die Weiterfahrt auf den nächsten Morgen vom Bahnhof Nyugati. Am Abend finden sich im leicht geheizten Warteraum des Bahnhofes einige Übernachtungsgäste ein, von denen ich mutmaßlich der einzige mit Zugticket bin.
Es nützt mir nichts, kurz nach eins in der Nacht auf Freitag wird das Bahnhofsgebäude von einer Rotte Securitys komplett geräumt. Für die nächste anderthalb Stunde müssen wir die Zeit irgendwie in der Kälte der Nacht totschlagen. Da draußen ein unangenehm kalter Wind pfeift, suchen wir im Budapester Untergrund Schutz. Dort verbringen auch einige andere Leidensgenossen ihre Wartezeit. Ein relativ junger Mitbürger sorgt für etwas musikalische Unterhaltung und hält sich mit tanzen warm. Ganz unterhaltsam, aber auch irgendwie surreal. Trotzdem ziehen sich die knapp 90 Minuten bis der Bahnhof wieder seine Pforten öffnet. Da auf den ersten Blick im Bahnhof keine Wartungsarbeiten stattgefunden haben, scheint die Schließung eher willkürlich erfolgt zu sein. Damit wird, für die auf solch ein Obdach angewiesenen Mitbürger, das Leben auf der Straße noch ein Stück unangenehmer als es eh schon ist. Den Rest der Nacht finden wir wieder im Warteraum des Bahnhofes Zuflucht (wo mich gegen vier die Security weckt und zum sitzen auffordert – geiler Job), bis wir kurz vor sechs in unseren Zug nach Prag steigen können. So geht es noch am selben Tag über Prag, Klášterec, Vejprty und Bärenstein nach Thum, wo wir kurz nach sieben bei meinen Großeltern auf der Matte stehen.