Veröffentlicht: 21.08.2017
Am Samstagvormittag (12.08.2017) führt mich mein erster Weg die gut 2km zurück nach Şuncuiuş. Am Vorabend war das Auffüllen meiner Bargeldbestände am örtlichen Bankomat wegen eines Stromausfalls leider nicht möglich, bei meinem zweiten Versuch habe ich mehr Glück. Wieder flüssig, geht es zurück zum Nachtlager, wofür ich spontan einen anderen Rückweg wähle. Die angekündigte Karsthöhle konnte ich leider nicht finden, dafür kämpfe ich mich gut anderthalb Stunden über einen recht hohen Bergkamm hinweg. Wieder am Zelt bedarf es erstmal einer kleinen Stärkung, bevor ich unsere sieben Sachen packe und mich gegen Mittag mit dem Dicken auf den Weg zur Peştera Moanei mache. Unter dem Eindruck von Rangos vorübergehender Lähmung, darf er ohne seinen Rucksack laufen, was mein Marschgepäck nochmal etwas vergrößert. Unser Weg führt uns entlang eines kleinen Gebirgsbaches Richtung Süden. Es geht beständig leicht bergan und so erreichen wir die Karsthöhle nach anderthalb Stunden und knapp 5 Kilometern. Ich stelle unser Gepäck ab, lasse Rango zum bewachen zurück und schaue mir die vom Wasser geformte Höhle an. Wieder im Freien entfache ich ein kleines Holzfeuer und bereite ein spätes Mittagessen zu. Die Tankstellendichte ist in dem Gebiet nicht besonders hoch und so bin ich seit meinem Aufenthalt in der Höhle größtenteils darauf umgestiegen. Nach gut 2h Pause geht es für weitere 30min. entlang des Baches, bevor ich meine 2,5l Wasserreserve auffülle und das Tal verlasse. Es geht hauptsächlich unbewaldete Hänge hinauf, die den Blick in die umliegende Landschaft freigeben. Die Bergkette auf die ich mich begebe, trägt den Namen Munții Pădurea Craiului und ist Teil des Apusenigebirges (nördlicher Abschnitt der Westrumänischen Karpaten). Unterwegs ist der ein oder andere Elektrozaun zu überwinden. Das Spannung anliegt, konnte ich gleich am ersten Exemplar prüfen. Der Versuch ihn zu überwinden war im Nachhinein betrachtet eher tölpelhaft und eine unangenehme Erfahrung. Nach einer knappen Stunde Anstieg, während dem ich ab und an eine Brombeerpause in herrlicher Umgebung einlege, habe ich den Kamm erreicht. Unser Tagesziel, das Dorf Damiş muss in greifbarer Nähe liegen. Langsam zieht es zu und etwa 2km vor der Ortschaft beginnt es zu nieseln. Da der Niederschlag zunehmend stärker wird, beschließe ich unsere Unterkunft inmitten einer kleinen Ansammlung alter Eichen auf einem Hügel aufzubauen. Eine gute Entscheidung! Ich kann, nach dem zügigen Aufbau, den starken Regen gleich zur abendlichen Dusche nutzen. Auch die verschwitzten Klamotten werden über Nacht gründlich gespült.
Der nächste Morgen beginnt neblig-trüb und so lasse ich es ruhig angehen. Nach einem ausgiebigen Frühstück spitze ich meinen Wanderstock an, der sich gerade beim bergablaufen als zusätzliche Stütze bewährt hat. Er sorgt nun außerdem für ein deutlich gesteigertes Sicherheitsgefühl. Entlang meines morgendlichen Umweges am Vortag, passierte ich nämlich einige Informationstafeln zur Flora und Fauna der umliegenden Wälder. Diese suggerierten, dass ich langsam in Gebiete vordringe, die sowohl Exemplare von Canis lupus als auch Ursus arctos beheimaten. Manchmal siegt das Gefühl über den Verstand... Gegen Mittag zieht es langsam auf und ich begebe mich hinab nach Damiş. An einem ABC (am ehesten mit einem kleinen Konsum vergleichbar) gönne ich mir ein Radler und bunkere noch etwas Trockenfutter für Rango. An einem Wasserhahn fülle ich unsere Wasserreserven auf (relativ trübe Brühe die da rauskommt) und mache mich auf der anderen Seite der Ortschaft wieder an den Aufstieg. Laut Auskunft eines Anwohners sind bis Remeți, meinem nächsten Etappenziel, noch zwei Bergkämme zu überwinden. Nach knapp zwei Stunden habe ich den ersten der beiden bezwungen und kann das Wasser aus Damiş gegen klares Gebirgswasser tauschen. Nach einer kurzen Pause, in der eine Tafel Schoki zur Stärkung dient, geht es ein Stück entlang des Părâul Brătcuța stromaufwärts. Wir kommen regelmäßig an kleinen, in der Karte nicht verzeichneten, Rinnsalen vorbei, sodass ich mich vorm nächsten Anstieg von den zweieinhalb Kilo Wasserreserve befreie. Während des Aufstiegs auf den zweiten Kamm, treffen wir einen Rumänen der uns ein Stück begleitet. Leider habe ich kein gutes Netz, meine Übersetzungsapp kann also nicht helfen. Unsere rumänische Begleitung hält aber, unbeeindruckt von der Sprachbarriere, eine Art Gespräch am laufen. Er glaubt wohl ich müsste ihn irgendwann verstehen, wenn er seine Worte nur deutlich und oft genug wiederholt. Ich antworte freundlich auf deutsch und so vergehen die nächsten Kilometer in ganz vergnüglicher Atmosphäre. Vor seiner Hütte verabschieden wir uns herzlich und ich gehe mit Rango noch ein paar Kilometer bergab, um kurz vor Remeți unser Lager an einem kleinen Bach aufzuschlagen. Die bergige Landschaft fordert ihren Tribut und so liege ich bereits gegen 20.00 Uhr geschafft im Nest.
Am Montag (14.08.2017) stehe ich gegen Acht auf und hänge meine Wäsche in die morgendliche Sonne um. Am Feuer wird etwas Tee zubereitet, es ist noch recht kühl an meinem Lagerplatz. Ein paar Kühe grasen ganz in der Nähe, mit denen sich Rango scheinbar gern anlegen würde - darf er nicht. Nachdem unser Krempel gepackt und die Wäsche trocken ist, starten wir am frühen Mittag Richtung Remeți. Eine Einkaufsmöglichkeit habe ich in dem Dorf nicht gesehen, wir sind aber auch vor Erreichen des Ortskerns abgebogen. Knapp 2h geht es entlang eines Bachlaufes in die Berge, vorbei an vereinzelten almartigen Hütten und einer Holzfällerbrigade, bevor wir zur Staul Vacii aufsteigen. Die Hütte ist in meiner Karte eingezeichnet und ich spekuliere auf einen kleinen Imbiss oder sogar eine Übernachtungsmöglichkeit. Für die zwei Kilometer, teils steil bergauf, benötigen wir über eine Stunde. Für das Wegstück habe ich Rango auch wieder seine Taschen anvertraut und dafür die Wasserreserven aufgefüllt. Während des Aufstieges bin ich mir sicher, dass meine Tagesetappe auf dem Berg endet, die Kräfte schwinden merklich. Beim ersten Blick auf die Hütte folgt ersteinmal Ernüchterung, nach Übernachtung sieht das nicht aus - Imbiss ungewiss. Beim Näherkommen begrüßt mich eine ältere Frau vor der Bretterbude. Ich stelle Hund und Gepäck ab, komme aber garnicht erst dazu mich hinzusetzen sondern werde prompt zum Kaffee eingeladen. Kommunikation ist wieder schwierig - kein Netz. Aber man sieht mir die zurückgelegten Höhenmeter wohl an und ich bekomme ungefragt eine Schüssel fettiger Suppe mit Kartoffel- und Fleischstückchen vorgesetzt, dazu reichlich Brot. Genau das richtige um wieder zu Kräften zu kommen. Zum Nachtisch gibt es eine Art Langos mit im Rand eingearbeitetem Frischkäse. Alles sehr lecker! Kurze Zeit später kommt ihr Mann und ihr Sohn mit einer gemischten Schaf- und Ziegenherde sowie dazugehörigen Hütehunden vom Grasen zurück. Wenn ich das richtig interpretiere wohnen die drei den Sommer über in diesem Häuschen. Hier scheint die Zeit wahrlich stehen geblieben zu sein. Nach der Pause fühle ich mich wiedererwartend ziemlich fit und beschließe noch am selben Nachmittag einen etwa 10km entfernten Stausee anzusteuern. Beim Abschied muss ich der Hausherrin einen kleinen Obolus für die Bewirtung quasi aufschwatzen. Nach weiteren 3h wandern, die ich am Stück absolviere und die mich größtenteils bergab führen, erreiche ich den Lacul de acumulare Floroiu. Die ersten Rumänen die Rango kontaktiert (er setzt sich einfach in deren Auto), schenken mir spontan ein Paar Bananen und Chips. Für die Übernachtung quatsche ich eine Gruppe junger Leute an, die an einer gemütlichen Stelle ihre Zelte aufschlagen. Wie sich herausstellt gehören sie zur ungarischen Minderheit in Transsylvanien und arbeiten allesamt in Cluj. Ich werde zum Essen eingeladen und wir verbringen einen geselligen Abend am Lagerfeuer mit herrlichem Blick über den Stausee.