Veröffentlicht: 22.07.2018
Der Wecker klingelt am Mittwochmorgen (18.07.2018) um 5.20 Uhr das erste Mal. Die Snooze-Taste erlaubt mir noch ein paar Minuten zu dösen, bevor es halb sechs endgültig Zeit zum Aufstehen ist. Als ich in die Küche komme, hat Oleg bereits ein kleines Frühstück vorbereitet. Kartoffeln, Käse- und Wurstbrote sowie Pirog und Kaffee stehen bereit. Für Rango wird etwas Milch mit Kartoffeln und Brot angerührt. Tanja füttert erneut ihre zwei Katzenbabys, bevor wir uns verabschieden und Oleg uns zum Bahnhof begleitet. Der Zug fährt zwar erst kurz nach sieben, wegen der Grenzkontrolle müssen wir aber bereits eine halbe Stunde eher vor Ort sein. Oleg besorgt mir ein Ticket und übergibt mich den Zollbeamten. Kurze Zeit später sitzen wir im Zug und rollen nach Westen. Wir queren die Pruth und halten am rumänischen Grenzposten, wo wieder alle mit samt Gepäck aussteigen müssen. Hier "darf" ich gleich als erster zum Zoll. Alles recht unkompliziert, nur werde ich darauf hingewiesen, dass an diesem Grenzübergang normalerweise die Mitnahme von Tieren nicht gestattet ist. Mir wird für den Rückweg der Grenzübergang gut 50 km südlich bei Albiţa ans Herz gelegt. Gegen halb neun steigen wir dann am Gara Socola, im Süden von Iaşi aus. Ganz in der Nähe des Bahnsteigs befindet sich ein kleiner Pavillon unter dem wir ersteinmal Schutz vor der Sonne suchen. Ich will Rangos Pfotenschutz noch etwas modifizieren, so richtig passt der noch nicht. Ein paar Jugendliche warten bereits dort, anscheinend bis ihr Boxtraining beginnt. Der Trainer, der kurze Zeit später auftaucht, bedeutet mir ruhig zu verweilen, es soll gemeinsam gegrillt und gegessen werden. Zwischendurch organisiere ich mir neues Guthaben für meine rumänische SIM, nur um festzustellen, dass selbige mittlerweile gesperrt ist und mir anschließend eine neue SIM-Karte kaufen zu müssen. Ich esse ein wenig Pirog aus dem Lunchpaket, das ich von Tanja und Oleg bekommen habe. Rango darf sich ein paar Brote mit geräuchertem Speck schmecken lassen. Am frühen Nachmittag gibt es dann gegrillte Würste Hühnerschenkel und Brot. Der Dicke bekommt einen Teller voll roher Hühnchenreste spendiert und gegen drei löst sich die Gesellschaft langsam auf. Zeit auch für uns sich einen Platz zum Zelten zu suchen. Die Jungs haben mir dafür den Gipfel des D Căpriţa, ganz in der Nähe empfohlen. Davor geht es noch auf einen Abstecher in den nahen Carrefour. Gegen sechs ist dann das Zelt aufgebaut. Rango parke ich ersteinmal am neuen Lagerplatz um allein nach Bucium zu gehen und nach einer Quelle für Trinkwasser Ausschau zu halten. Ein Kneiper gestattet mir den Zugang zu seinem Wasserhahn - Problem gelöst. Gegen sieben bin ich zurück am Zelt, gönne mir ein kleines Abendbrot und begebe mich, sobald die Sonne verschwunden ist, in die Horizontale.
Am Donnerstagmorgen wird es recht früh warm unter der Plane - ein schattiges Plätzchen war leider nicht zu finden. Ich stelle mein Solarpanel raus, werfe Rangos Decke über die Ostseite des Zeltes und döse noch ein wenig. Gegen acht gibt es Frühstück und eine halbe Stunde später machen wir uns auf den Weg zum Boxclub. Einer der Jungs kämpft heute, das will ich mir anschauen. Dort angekommen boxt doch niemand und wir ziehen zur nahen Einkaufspassage weiter. Nachdem für Rango ein paar Pfotenschützer organisiert und angelegt sind, geht es weiter in Richtung Norden. Schließlich müssen die neuen Pantoffeln eingelaufen werden. Wir queren den westlichen Stadtteil von Iaşi und erreichen gegen halb elf den Lacul Veneţia. An dessen Ostufer geht es weiter nach Norden bis zum Lacul Ciric II. Anschließen spazieren wir in Richtung Innenstadt. Gegen zwölf gönnen wir uns nach 12 abgerissenen Kilometern eine längere Kaffeepause. Etwa halb zwei hat uns unser weiterer Weg dann zur Colecţia Mănăstirii Golia geführt, wo wir uns vor einer kurzen, aber heftigen Regenhusche unterstellen können. Währenddessen komme ich mit einem Professor aus Iaşi ins Gespräch, der es sichtlich genießt seine Englisch-Kenntnisse an den Mann zu bringen. Nachdem der gröbste Niederschlag vorüber ist, geht es an mehreren Kirchen und dem Kulturpalast vorbei, durch das Zentrum von Iaşi zurück nach Süden. Gegen halb vier stelle ich Rango nach gut 20 gemeinsamen Kilometern am Zelt ab und mache mich wieder allein auf den Weg zum Wasser holen. Auf dem Rückweg werde ich von einem Hund attackiert, der bisher auf einem angrenzenden Grundstück angeleint war. Nach kurzer Zeit bin ich von 3 solchen aggressiven Viechern umstellt und muss mich zurückziehen. Einem der Vierbeiner kann ich mit einer Eisenstange ordentlich eins über die Gusche braten und er rennt jammernd weg. Aber auch ich komme nicht ganz schadlos davon, in sicherem Abstand bemerke ich ein leichtes ziehen am hinteren Oberschenkel. Meine Hose ist zerschlatzt und auch die Haut ist auf 3-5 cm aufgerissen. In einer nahen Apotheke wird mir etwas zur Wundreinigung über die offene Stelle geschüttet und fürs Taxi die Adresse der Notaufnahme aufgeschrieben. Ich gehe zurück zum Zelt, schnappe mir meinen Personal- und Impfausweis sowie meine Kreditkarte. Rango stelle ich im Zelt ab, bevor ich mich auf die Suche nach einem Taxi begebe. Das erste gelbe Auto nimmt mich dann nach kurzer Diskussion mit, der Fahrer hatte Angst um seine Sitze. Mein Beutel als Unterlage entspannt die Situation und ich kann mich halb neun an der Notaufnahmerezeption anmelden. Mir wird aber gleich zu Verstehen gegeben, dass es etwas dauern kann, das Wartezimmer ist brechend voll. Halb elf bekomme ich dann eine Tetanusspritze (ich habe nur einen Teil meines Impfausweises dabei...) und kurz nach zwölf versorgt dann eine junge Chirurgin die Bisswunde. Nach gründlicher Reinigung und einer Rasur mit Skalpell, wird der Riss getaped. Ich bekomme ein Rezept und eine Zusammenfassung der Behandlung und darf gehen. Alles gratis, keine Versicherung nötig. Verrückt. Gegen halb zwei bin ich zurück bei Rango am Zelt, nehme ein verspätetes Abendbrot ein und lege mich anschließend zur Ruhe.
Am Freitagvormittag schlafe ich bis halb elf. Weder Rango noch die Sonne, die das Zelt aufwärmt, schaffen es mich eher aus den Federn zu treiben. Über den Mittag führe ich kleinere Reparaturarbeiten aus, irgendwas ist immer kaputt. Am frühen Nachmittag geht es dann zum nahen Einkaufszentrum, Futterreserven auffüllen und Kaffee trinken. Am Bahnhof Socola fülle ich unsere Wasservorräte auf, um den Tag anschließend auf dem D Căpriţa ausklingen zu lassen.
Für den Samstag (20. Juli 2018) ist die Übergabe des Paketes mit neuen Wanderschuhen geplant. Nachdem ich das Zelt abgebaut und unseren Krempel gepackt habe, versuche ich bei der übermittelten Telefonnummer aus Iaşi anzurufen. Mein Netzbetreiber stellt mich nicht durch. So schreibe ich eine SMS nach Deutschland, an die Frau des Paketboten und mache mich auf den Weg zum Gara Socola. Unterwegs dann ein Anruf von unbekannter dt. Nummer. Herr Fuciuc meldet sich und berichtet von einem kleinen Problem, das Paket ist noch in Deutschland, er hat es vergessen. Mein erster Gedanke: Hätte mir mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch passieren können... So verlängert sich also mein Aufenthalt in Iaşi für ein paar Tage. Das Angebot mir bei Problemen zu helfen, nutze ich schamlos und bitte darum während der nächsten Tage etwas Wäsche waschen zu dürfen. Auch bei der Suche nach einem Schuster, zur Reparatur meiner alten Wanderschuhe, wird mir Unterstützung zugesagt. Für den Samstag beschließe ich es bei einem kleinen Einkauf und einem Käffchen zu belassen. Auf dem Weg zurück zum Lagerplatz auf dem D Căpriţa fülle ich wieder unsere Wasservorräte am Gara Socola auf - man kennt uns bereits.
Am Sonntagvormittag machen wir uns wieder auf den Weg nach Iaşi - City. Am Nachmittag kann ich meine Wäsche und Schuhe bei Verwandten der Fam. Fuciuc abgeben. Bis dahin drehen wir ein größeres Ringel bis zum botanischen Garten, in den wir wegen Rango wiedermal keinen Eintritt erhalten. Gegen vier kann ich Wäsche und Schuhe an die Frau bringen um anschließend den Heimweg anzutreten. Nach erneut gut 20 km geht es früh zu Bett.
Der Montag (22.07.2018) bringt keine berichtenswerten Erlebnisse, außer einem Ausflug zum Einkauf und dem obligatorischen Kaffee entspannen wir, soweit das die hohen Temperaturen zulassen.
In der Nacht zum Dienstag beginnt es teils heftig zu regnen und auch über den Vormittag ist keine Besserung in Sicht. Wir verschlafen das schlechte Wetter größtenteils. Am frühen Nachmittag dann wieder ein kleiner Ausflug zum Futter besorgen. Auf dem Rückweg dann erneut eine unerfreuliche Begegnung mit zwei Hunden, die uns die letzten Tage schon misstrauisch beäugt haben. Zuerst scheint die junge "Aufsichtsperson" die Situation entschärft und die Kläffer hinter einen Zaun verwiesen zu haben. Einen Moment später kommen beide auf uns zugeschossen. Mir bleibt nichts als den Dicken von der Leine zu lassen. Nach kurzem Geraufe kann einer der beiden Angreifer von seinem Herrchen entfernt werden, den anderen kann ich sicher packen. Das Mistvieh hat sich aber in Rangos Ohr verbissen und es dauert einen Moment bevor ich es davon loseisen kann. Rangos Ohr ist gelocht und ich habe mir den rechten Zeigefinger etwas aufgerissen. So langsam habe ich die Nase voll. Ich reinige die Wunden am nächsten Magazin mit Wasser und später am Zelt mit Apă Oxigenată und einer Iodlösung, die ich noch vom letzten Zwischenfall habe. Nachdem ich mich etwas beruhigt und Rangos Ohr nochmal angeschaut habe, beschließe ich mich auf die Suche nach einem Tierarzt zu machen. Laut Google Maps etwa 7 km entfernt. Taxi ist mit Hund unmöglich und so sind wir kurz nach neun vor Ort, die Tierklinik hat aber bereits zu. Gegen halb elf sind wir zurück am Zelt, ich reinige die Wunde nocheinmal und lege mich schlafen.
Am Mittwochmorgen, dem 25.07.2018, packe ich nach dem Frühstück unsere Sachen und wir machen uns gegen halb elf auf den Weg zu einem Tierarzt. Eine gute Stunde später sind wir vor Ort. Die junge Veterinärin ist gerade beschäftigt, will Rango aber 2 h später versorgen. Ich stelle den Dicken samt Gepäck im Schatten neben der Praxis ab und mache mich auf die Suche nach einem Käffchen und etwas kleinem zu essen. Kurze Zeit später kann ich meine Wäsche, das ersehnte Paket und meine reparierten Schuhe von Herrn Fuciuc in Empfang nehmen. Wieder bei Rango kann der auch eher als gedacht versorgt werden. Anders als erst angenommen braucht er keine Narkose und gegen eine Weiterreise am selben Tag spricht aus ärztlicher Sicht nichts. So machen wir uns am frühen Nachmittag auf den Weg zum Bahnhof Nicolina. Unterwegs besorge ich die verschriebenen Medikamente für den Dicken und am Bahnhof kann ich Tickets für den 18.15 Uhr Zug nach Ungheni lösen. Die Wartezeit vertreibe ich mir mit Reisebericht schreiben und dem ein oder anderen Heißgetränk. Als der Zug dann da ist, dürfen wir nicht zusteigen, Hunde sind am Grenzübergang Ungheni nicht erlaubt. Die Kassiererin am Bahnhof erklärt mir mit einem Lächeln, dass ich mein Geld auch nicht zurückbekomme und Sie nicht weiß wie ich nach Moldawien gelangen kann. Ich beschließe mein Glück am etwa 2 km entfernten Hauptbahnhof zu versuchen. Man bietet mir Tickets nach Chişinău für den nächsten Tag an, wieder über Ungheni. Eine Alternative zu dieser Strecke gibt es angeblich nicht. Den letzten Bus nach Chişinău habe ich auch verpasst und ob ich mit Rango mitfahren darf, entscheidet der Busfahrer. Für den Mittwoch komme ich also aus Iaşi wieder nicht weg. Der Versuch in einem von zwei nahen Hostels einzuchecken schlägt fehl, sodass ich die Nacht in einer ruhigen Ecke im Bahnhof verbringe. Bis auf stark schnarchende Leidensgenossen und ein paar Mücken, stört mich dort in den nächsten Stunden niemand.