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Hengam - Inselumrundung

Veröffentlicht: 06.09.2020

Es ist gegen halb acht am Samstagmorgen (22. Februar 2020), als mich die Sonne aus dem Zelt treibt. Nach einem kleinen Frühstück fülle ich meinen Müllsack mit reichlich, um meinem Zeltplatz herumliegendem, Müll und schlendere etwas durch den größtenteils verlassenen Ort. Ein Aryan hilft mir mit etwas Trinkwasser aus und dann mache ich mich auf den weiteren Weg gen Süden. Die Küstenstraße lädt nicht zum wandern ein, aufgeschüttete Dreckhaufen versperren die Sicht auf die Straße von Hormuz. Also beschließe ich meinen Weg etwas abzukürzen und quere eine Art Plateau auf der steinigen, trockenen Inselmitte. Am späten Mittag erreiche ich Old Hengam und baue mein Zelt an einer Art Hafen auf. Hier komme ich mit David aus Österreich ins Gespräch, der vor einer, zum Hostel umgebauten, Schule entspannt. Den Nachmittag verbringe ich mit baden und der Dokumentation meiner Reise. Während der Dämmerung drehe ich ein Ringel in der Siedlung. Auch hier finde ich viele verlassene und zerstörte Häuser vor. Ursächlich dafür sind wohl Kriegshandlungen, in dessen Folge die meisten Bewohner in den Norden der Insel umgezogen sind. Bei Dunkelheit wird ein Julius von ein paar Einheimischen an den Strand gebracht und leistet mir über den Abend Gesellschaft.

Am Sonntag treibt es mich bereits gegen sechs aus den Federn. Das frühe Aufstehen lohnt sich aber nicht wirklich, der Sonnenaufgang wird wiedermal von der hohen Luftfeuchtigkeit verschleiert. So mache ich mich noch ein Weilchen lang, bis mich die wärmende Sonne eine gute Stunde später schließlich doch aus dem Zelt treibt. Nach einem kleinen Frühstück packe ich langsam meinen Krempel und werde kurze Zeit später von David und Julius zum gemeinsamen Frühstück gebeten. Bei Tee und, mit Sesamsoße (Tahin) garnierten, Datteln tauschen wir ein paar Informationen aus. So scheint es, dass die ersten Länder aufgrund des Coronaausbruchs im Iran, die Grenzen zur islamischen Republik geschlossen haben. Der Grenzübertritt nach Pakistan, Afghanistan und in den Irak ist nicht mehr möglich. Zurück am Zelt, werde ich mir zweier Dummheiten bewusst. Ich habe Rango mit nicht ausreichend gesicherten Lebensmitteln im Zelt zurückgelassen und außerdem die sonnenbedingte Wärme unter meiner Behausung unterschätzt. Der Dicke hat sich also trockene Teigwaren, Mehl, etwas Obst und eine angerissene Dose Tomatenmark schmecken lassen und ist anschließend vor der Hitze ins Freie geflüchtet. Neben dem Chaos im Zelt hinterlässt er mir auch noch eine zerfetzte Tür. Ich bin ziemlich angepisst. So muss ich erstmal mein Zelt grundreinigen, bevor ich meinen Krempel zusammenpacken kann. Zu allem Übel bricht dann auch noch David meine einzige verbliebene Nadel bei seinem Hosenreparaturversuch ab. Schnelle Beseitigung des Schadens ist also erstmal nicht mehr möglich. Während unseres weiteren Weges gen Norden, ist die Stimmung zwischen Rango und mir auf einem Tiefpunkt angelangt. Der Weg entlang der Ostküste ist wieder wenig ansehnlich, Dreckhügel verbergen erneut die Sicht auf das Meer. Wir pausieren an einer Oase. Hier bieten reichlich Bäume Schatten, eine Art Pfütze bedeckt aber großflächig den Boden. Ich finde keinen annehmbaren Zeltplatz und entscheide deshalb noch am selben Tag zum Silver Beach zurückzukehren. Nach einer weiteren Pause an einer Shrimpfarm südlich von New Hengam, erreiche ich mein Plätzchen am Strand und schlage mein Lager auf. Der Versuch die Zelttür per Tape provisorisch zu reparieren scheitert erstmal. So gehe ich nach einer kleinen Stärkung nocheinmal nach New Hengam, fülle Wasser- und Futtervorräte auf und gönne mir einen kalten Malztrunk. Zurück am Strand, stimmt das abendliche Bad etwas milder, die leuchtenden Kleinstlebewesen tummeln sich wieder im Wasser. Rango darf die Nacht trotzdem draußen pennen.

Am Montag, den 24.02.2020, starte ich bereits kurz nach sechs mit einem Bad in den Tag. Nach dem Frühstück starte ich noch einen Versuch mit zu großer Nadel an meiner Zelttür rumzunähen, breche selbigen aber schnell wieder ab. Ich brauche passendes Werkzeug. Nachdem ich nochmal etwas gedöst habe, drehe ich mit dem Dicken eine Runde im Hinterland und mache mich anschließend wieder auf den Weg in die Stadt. An meiner Kaffeestrandbar treffe ich wieder auf Julius, der auf dem Weg nach Bandar Abbas ist. Mittlerweile haben auch die Türkei und Armenien ihre Grenzübergänge in den Iran geschlossen und für Julius stellt sich die Gesamtsituation als Rennen gegen die Zeit dar. Er will versuchen mit einer Fähre nach Dubai zu gelangen, das Visa hat er wohl schon online beantragt. Erscheint mir alles etwas zu panisch, ich will erstmal Ruhe bewahren und schauen wie sich die Sache entwickelt, mit Rango bin ich eh nicht ganz so flexibel, was die Fortbewegung angeht. Also versuche ich nach dem Käffchen eine Nähnadel aufzutreiben, erstmal vergeblich, fülle meine Wasserreserven auf und wackle zurück zum Camp. Hier verbringe ich ein paar Stunden mit baden, dösen und einem kleinen Spaziergang mit Rango, während des Sonnenunterganges. Dann schlendere ich nochmal nach New Hengam und kann tatsächlich eine passende Nähnadel finden. So rückt auch ein neuer Rucksack für Rango in greifbare Nähe, über den Tag habe ich bereits Pläne dafür geschmiedet. Zurück am Lager kümmere ich mich um ein Abendbrot für den Dicken und mich, gehe wieder im leuchtenden Wasser schwimmen und anschließend ganz zufrieden ins Bett.

Den Dienstag verbringe ich größtenteils mit der Reparatur meiner Zelttür. Nebenbei fällt das ein oder andere Bad ab, ich gehe mit Rango spazieren und in die Stadt, kann aber weder frisches Gemüse noch ein Käffchen auftreiben. Nach dem Abendbrot freue ich mich beim zu Bett gehen über meine reparierte Zelttür und beschließe am nächsten Tag nach Qheshm zurückzukehren, auch wenn das Verlassen von Hengam wirklich schwer fällt.

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