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Die Bedeutung von Karma

Veröffentlicht: 03.03.2019

Auf der gestrigen Fahrt mit dem Tuktuk von Mirissa nach Unawatuna hatten wir eine sehr angenehme Unterhaltung mit unserem Fahrer. Sein Englisch war zwar etwas schwierig aber mit viel Mühen und etwas gutem Willen hat man sich recht gut verständigt. Er erzählte uns von seiner Familie und seinen vier Kindern, die mittlerweile alle zur höheren Schule gehen, beziehungsweise studieren. Für ihn tatsächlich eine teure Angelegenheit, da etwa die Hälfte seines monatlichen Einkommens als Tuktuk Fahrer direkt wieder in die weiterführende Bildung der Kinder investiert wird. Für ihn ohne Zweifel die richtige Entscheidung, denn seinen Kindern soll es mal besser gehen. Die beiden Töchter zum Beispiel hätten 'viel bessere Chancen einen vernünftigen Mann zu bekommen, wenn sie gebildet sind und noch unter dreißig ihre Bildungskarriere abschließen' würden. 'Danach wird es schwer', meinte er, 'wer will schon eine Frau über dreißig'. 

Tatsächlich ist das mit dem Rollenbild der Frau hier immer noch schwierig. Theoretisch hat es sich die letzten Jahre wohl deutlich verbessert und Frauen könnten nun auch wenn sie nur wöllten. Praktisch aber, ist schon immer noch alles sehr männerdominiert. Und wenn man einen etwas tieferen Einblick bekommt, dann wollen in der Tat die meisten Männer nicht, dass sich an dieser Situation etwas ändert. 

Auch Sina ist es in den letzten Wochen häufig aufgefallen. In allererster Linie werde immer ich als Mann angesprochen, bevor man der Dame die Hand gibt oder sie begrüßt. In den Restaurants und den Lokalen arbeiten zu neunundneunzig Prozent Männer. Ebenso verhält es sich mit den Taxi- oder Tuktukfahrern oder den Bediensteten bei den Öffentlichen Verkehrsmitteln, wie Bussen oder Bahnen. Am Strand trifft man eigentlich so gut wie nie auf einheimische weibiche Badegäste. Und falls dann doch mal, wie zum Beispiel am heutigen Feiertag, dann nur mit langer Hose und Ärmelshirt. 

Feiertage sind übrigens auch ein Phänomen. So wie ich das verstanden habe, sind Samstage und Sonntage auch Feiertage - also Tage ohne Arbeit - zumindest für die die es sich leisten können. An solchen Tagen treffen sich dann die meist männlichen Singhalesen mit ihren Freunden und es wird heimlich getrunken, geraucht aber auch wild musiziert, getanz und gelacht. Fasst schon über die Maßen ausgelassen aber trotzdem höflich, einladend und zu keiner Zeit grenzüberschreitend. 

Aber zurück zum Tuktukfahrer, denn der spannendste Teil unserer Unterhaltung kommt ja noch. Irgendwann auf der Fahrt, habe ich ihn gefragt ob es auch offene Kriminalität in Sri Lanka gibt, also Diebstahl oder so etwas in der Art. 'Natürlich' meinte er, 'aber das macht schlechtes Karma'. Und in diesem Moment zeigte er auf eine Frau mit einer Behinderung am Fuß und sagte 'Man weiß nie als was oder wie man im nächsten Leben wiedergeboren wird.' Die schlimmste Form der Wiedergeburt wäre es für ihn als Tier, zum Beispiel als Hund wieder auf die Erde zu kommen. Deswegen versucht er sein Karma in Balance zu halten und wenn möglich 'alles immer gut zu tun'. 

Ich war erst einmal so geplättet von seinem Fingerzeig auf die Frau mit Behinderung, dass ich die Unterhaltung etwas auslaufen ließ, mit den Worten 'bei uns gibt es ein Sprichwort: Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es auch heraus.' Ich weiß nicht genau ob er die Bedeutung verstanden hatte, aber er nickte zumindest verständnisvoll und setzte die Fahrt fort. 

Angekommen sind wir dann nach gut einer Stunde Fahrt in Unawatuna. Beziehungsweise nicht wirklich in Unawatuna, sondern viel mehr in den Bergen von Unawatuna, direkt im Dschungel, nicht weit entfernt vom Strand. Großartig - Ein Baumhaus mitten im Dschungel. Rundherum pure Natur, Vögel, Affen, Squirrels, kleine Warane.. Keine Ahnung was sonst noch alles, aber wirklich eine Oase und absolut schön. Vermutlich haben wir uns das Beste zum Schluss aufgehoben. Hier werden wir noch einmal richtig Kraft tanken können, bevor es dann nach Colombo und auf die lange Reise zurück nach Deutschland geht. 

Wie war das eigentlich nochmal mit dem Karmakonto? Denn kurz vor unserer Ankunft im Dschungelhotel übergab mir unser Tuktukfahrer noch einmal das Telefon uns sagte 'hier möchte nochmal eine Dame mit ihnen sprechen'. Am Telefon war unsere Herbergsmutter aus dem Hotel in Mirissa. Sie sagte, wir müssen diese Fahrt nicht bezahlen, sie würde das gerne übernehmen. Der Grund dafür war, dass ich bei unserer Abreise ihr ein paar Hinweise gegeben hatte, wie man vielleicht noch besser im Internet bewertet werden könnte und wie sie es schaffen könnte, besser mit der aktuellen Situation umzugehen, eine Baustelle direkt neben ihrem Hotel zu haben. 

Schöne Reaktion von ihr. Wir sagen herzlich Dankeschön und können das Beach Mirissa (auch ohne die Fahrtkostenübernahme) nur wärmstens weiterempfehlen. ;) 

Weiterempfehlen, oder viel mehr ans Herz legen möchten wir euch aber auch unbedingt folgende Seite: https://www.dogcare-clinic.com/de/. Dort sind wir heute gewesen. Die DCC ist ein Verein, gegründet von einer deutschen Tierärztin, die es geschafft haben hier ware Wunder zu vollbringen. Wie oben im Text, bei dem Gespräch mit dem Tuktukfahrer schon angedeutet, sind es nämlich vor allem die Straßentiere, die hier in Sri Lanka ganz unten auf der hierarchischen Kette des buddhistischen Miteinanders leben. Geschätzt, gibt es auf der Insel etwa 40 Millionen Straßenhunde, von denen wohl ein Großteil unter wiedrigsten Bedingungen ihr Leben fristen. Nach Aussage einer Mitarbeiterin der Klinik sind es vor allem die Hunde und Katzen, die ('neben den Frauen') kaum Rechte besitzen. Krasse Aussage... Aber nach drei Wochen Rundreise durch dieses schöne Land, leider durch uns zu bestätigen. Überall sieht man kranke, verunfallte oder mutwillig entstellte Kreaturen, die eigentlich nur noch auf Erlösung warten. 

Bei unserem Besuch wurden wir herzlich begrüßt und auch gleich an die Hand genommen und durch das Klinikgelände geführt. Es war absolut herzzerreißend zu sehen, mit wieviel Hingabe und Engagement hier gegen Windmühlen gekämpft wird. Alleine auf dem Klinikgelände waren etwa 240 Hunde, mit frischen Amputation, OP-Narben, Spuren von schwerer Misshandlung oder gar mit Querschnittslähmung. Dennoch war das kein Ort von Trauer und Trübsehligkeit, sondern ein Platz voller Hoffnung und Zuversicht. Sämtliche Hunde, die uns begegneten, wedelten mit ihren Schwänzen und freuten sich über ein kleines bisschen Zuneigung. Trotz all der bösen Sachen, die diesen Tieren widerfahren sind, waren sie immer noch bereit mit offenem Herzen auf uns Menschen zuzugehen. Bah.. Mir kommen schon wieder die Tränen.. Und das nur vom Schreiben. Wahnsinn.. 

Bitte schaut euch die Webseite an! Man kann dort Pate werden, Geld spenden oder ein paar kleine Sachen in ihrem Shop erwerben, die im Endeffekt wieder der Arbeit der Doc Care Clinic zu Gute kommen. Wir haben auch gespendet und wir sind uns sicher, dass das gut so ist. 

Der Tag neigt sich nun dem Ende zu und wir genießen die letzten hellen Stunden auf unserem Balkon im Dschungel. Vor uns liegt der tiefe Wald, über den sich ein leichter Regenschleier gelegt hat. Die Affen sind auf dem Weg vorbei an unserem Haus gezogen und die Vögel begrüßen die Nacht. 

Ich denke, heute war wieder einer dieser Tage an denen wir alles richtig gemacht haben. Ich denke, das ist für uns die 'Bedeutung von Karma'. 

Bis bald ihr lieben. Fühlt euch vermisst, gedrückt und geküsst. 

Sina & Matti


Kurzer Nachtrag:

Nach dem Regenschleier kam das Gewitter und eine ordentliche Menge an Regen. Als ich den Post gesendet habe war alles noch in Ordnung. Eine halbe Stunde später sitzen wir im Nassen und müssen gerade alle Sachen einpacken, um das Zimmer zu wechseln. Überall regnet es rein, weil ausgerechnet bei unserem Haus die Affen, die immer hier entlang hangeln, auf ihrem Weg das Dach kaputt gemacht haben. Karma hat scheinbar viele Gesichter. :) 

Antworten (2)

Kati
Selbst meine 12jährige Tochter beschwert sich über die Rolle der Frau in der Welt. Neulich fragte sie mich, warum eigentlich Stewardessen immer so sexy geschminkt und aufgemoschelt seien und ob und warum das Teil ihres Jobs ist. Oder sie beschwert sich, dass sie in der Drehtür in ein halbnacktes Dessous-Model reinlaufen muss, was sie unangemessen und ekelhaft findet. Aus ihrer Sicht völlig verständlich. Leider muss ich ihr dann sagen, dass wir in einer überwiegend sexistischen und patriarchalen Welt leben. Aber je mehr Bewusstsein darüber, desto größer die Chance auf Veränderung. I highly recommend the documentary "female pleasure"!!! Vielen Dank für die wundervollen Impressionen und Reisebeschreibungen und falls ich es verpasse ... eine gute Heimreise und auf bald!

Matthias
Küsschen Kati. Vielen Dank für die lieben Kommentare. Ich denke, wir sehen uns bald.