Veröffentlicht: 23.05.2021
500 km nach Nordwesten und Bergen Sightseeing bei Regen
Die Osterferien stehen an! Maike und ich haben also eine Woche frei und wollen diese nutzen, um Bergen kennenzulernen und um an dem eindrucksvollen Sognefjord (der längste und tiefste Fjord Norwegens) wandern zu gehen.
Wir machen uns also am Montagmorgen des 29. März auf den Weg nach Bergen. Dazu fahren wir knapp 500 km in den Nordwesten. Unterwegs nehmen wir von Schnee, über Regen bis Sonnenschein alles mit und entdecken wunderschöne Rastplätze.
Gegen Ende der Fahrt fahren wir noch an ein paar Wasserfällen, wie z. B. dem Steinsdalfossen, vorbei.
Da man auf den Straßen nicht allzu schnell fahren darf und kann, sind wir ca. acht Stunden unterwegs. Am frühen Abend erreichen wir dann unsere Unterkunft in Bergen, es ist ein Airbnb-Zimmer in einem Studentenwohnheim.
Der gesamte Dienstag war nun eigentlich dafür geplant, sich die Stadt Bergen anzuschauen, aber unsere Freude hält sich in Grenzen, denn es regnet den ganzen Tag ununterbrochen. Nichtsdestotrotz ziehen wir unsere Regenklamotten an und laufen in die Stadt. Wir besichtigen unter anderem die St. John's Church, den Festplassen (Festplatz), die Bergen Cathedral/Domkirken, den Market Square mit dem historischen Fischmarkt ("Fisketorget"), die Håkonshallen (Die Festhalle von König Håkon Håkonsson) und natürlich das bekannte Hanseviertel "Bryggen" mit den bunten Häusern, welches UNESCO Weltkulturerbe ist.
Eigentlich wollten wir nur noch einen weiteren Tag in Bergen bleiben, um zu wandern. Aber weil das Wetter heute so schlecht war und wir Bergen gerne einmal ohne viel Regen und Nebel zu Gesicht bekommen wollen, entscheiden wir uns dazu, einen Tag länger zu bleiben und erst am übernächsten Tag wandern zu gehen. Das Airbnb-Zimmer können wir auch ohne Probleme um eine Nacht verlängern.
Neuer Tag, neues Glück - und die Sonne scheint!
Glücklicherweise ist das Wetter heute um Welten besser, und so sieht auch Bergen heute aus, als wäre es von einer anderen Welt. Wir laufen erneut durch die Stadt, und auch wenn wir das meiste gestern schon gesehen haben, sieht es heute bei Sonnenschein so viel schöner aus!
Um mehr über die Bedeutung des berühmten Stadtteil Bryggen zu erfahren, gehen wir in das Hanseatische Museum. Dort wird die Geschichte des Stadtteils und das Leben der Hanse-Kaufleute etwas erläutert und vor allem sind dort die Häuser und Aufenthaltsräume der früheren Kaufleute nachgebaut/restauriert und ausgestellt.
Hier lerne ich, dass Bergens Stadtteil Bryggen so bedeutend ist, weil er im Mittelalter eine wichtige Rolle für den Handel einnahm. Die Hanse, eine Vereinigung niederdeutscher Kaufleute, errichtete im Jahre 1360 im Hafenviertel Bryggen eine Handelsniederlassung, die den Handel in der Stadt 400 Jahre lang kontrollierte. In Bergen wurde beispielsweise der berühmte Stockfisch umgeschlagen. Außerdem habe ich im Museum erfahren, dass die berühmten bunten Häuser in Bryggen auf Schotter, Bauresten, Müll und Sand aufgebaut wurden, weshalb sie seit einigen Jahren absinken und schief werden. Momentan versucht man mit aufwendigen Techniken, die Häuser anzuheben, um die Fundamente zu erneuern.
Nach diesem interessanten Museumsbesuch laufen wir weiter an den Stadtrand von Bergen, wo sich das Old Bergen Museum ("Gamle Bergen"), ein Freilichtmuseum, befindet. Das Old Bergen Museum ist ein rekonstruiertes Stadtmilieu mit rund 50 Holzhäusern aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert. Leider ist das Museum geschlossen und man kann nicht in die Häuser hinein gehen, aber wir können dennoch durch das Museumsdorf laufen und anhand einer Infotafel erkennen, welche Leute früher in den verschiedenen Häusern gewohnt haben.
Es ist sehr spannend zu sehen, wie die Stadt früher aufgebaut war und welche Menschen in welchen Häusern gelebt haben.
Wir laufen einen anderen Weg zurück in die Stadt, da wir noch bei einer bekannten Steintreppe mit ca. 900 Stufen vorbeischauen wollen, der "Stoltzekleiven". Wir entscheiden uns dazu, hinauf zu laufen. Es dauert ungefähr 40 Minuten bis wir oben ankommen und ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte mal so sehr aus der Puste war. Der Ausblick lohnt sich aber definitiv, denn man hat Blick auf Bergen, den Fjord und kann sogar bis zum Meer schauen.
Wir genießen den Ausblick und die Sonne eine Weile. Auf dem Weg herunter, kann ich meine Knie und meine Oberschenkel ordentlich spüren. Wir laufen durch die Stadt zurück zur Unterkunft. Rund 18 km sind wir heute gelaufen.
Bergen und seine Berge: Von Berg zu Berg in Bergen, oder auch: Wandern in (den) Bergen
Am dritten Tag, den wir in Bergen verbringen, wollen wir von dem Berg Fløyen (320 m ü.d.M.) auf den Gipfel eines weiteren Berges, dem Berg Ulriken (643 m ü.d.M.), wandern. Die Wanderung ist 13 km lang und mit vier bis sechs Stunden ausgeschrieben. Allerdings nehmen wir nicht die Standseilbahn hoch auf den Fløyen, wie es bei der Wanderung vorgesehen ist, sondern wir wandern hoch. Bis wir den Startpunkt der Wanderung finden und bis wir dann oben ankommen, sind wir schon einmal aus der Puste. Als wir oben ankommen, erleben wir einen grandiosen Blick über Bergen und machen eine kleine Mittagspause bei dem Aussichtspunkt nahe der Gondelstation.
Danach starten wir die 13 km lange Wanderung. Als der Wanderweg von der Gondelstation wegführt, laufen wir zunächst auf einem asphaltierten und etwas breiterem Weg, auf dem ziemlich viel los ist. Nach kurzer Zeit geht der Weg jedoch in einen richtigen Wanderpfad über. Es geht bergauf und bergab durch eine beeindruckend schöne Landschaft.
Jedoch zieht sich die Wanderung gegen Ende sehr in die Länge, da oben im Hochland Vidden alles ähnlich aussieht und sich die Umgebung kaum verändert. Es sind ziemlich viele Menschen auf dem Wanderweg unterwegs, was vermutlich daran liegt, dass Ostern ist. Wir werden sogar von vielen Joggern überholt. Wie man auf solchen Wandertrails joggen kann, ist mir ein Rätsel - verrückt sind die Norweger! Nach einigen Stunden kommen wir dann am Gipfel des Berg Ulriken an. Dort befindet sich ebenfalls eine Gondelstation. Leider können wir aber keine Gondel herunternehmen, da sie wegen Umbau vorübergehend geschlossen ist. Also machen wir eine Pause - wieder mit schöner Aussicht - bevor wir dann mit dem Abstieg beginnen. Der Abstieg ist unangenehmer als gedacht, da der Weg plötzlich in einen Mountainbike Trail und am Ende in Bachläufe übergeht. Es ist teilweise steil und rutschig und am Ende tun die Beine ganz schön weh. Wir sind heute insgesamt 25 km gewandert und waren knapp neun Stunden unterwegs. Ich habe mir ordentlich Blasen gelaufen heute, aber glücklicherweise hat ja jemand die Blasenpflaster erfunden.
Stabkirche und Schlafplatzsuche
Als wir nach unserer Wanderung am frühen Abend an der Unterkunft ankommen, packen wir unsere Sachen zusammen und packen das Auto. Heute Abend verlassen wir Bergen noch und fahren weiter an den Sognefjord, wo wir ein paar Tage wandern gehen wollen. Am Stadtrand von Bergen halten wir jedoch noch einmal kurz an, um uns die "Fantoft Stabkirche" anzuschauen. Sie ist leider geschlossen - wie alle Kirchen bisher - weshalb wir sie nur von außen anschauen können. Dennoch ist sie auf jeden Fall ein Besuch wert, denn sie vermittelt eine ganz mystische Stimmung!
Die "Fantoft Stabkirche" ist ein Nachbau der ehemaligen Stabkirche Fortun, die am Sognefjord lag und im Jahre 1150 erbaut wurde. Stabkirchen stellen einen besonderen Bautyp dar; sie zeichnen sich durch den namensgebenden Stabbau (Tragwerk aus senkrecht stehenden Masten, den sogenannten Stäben, auf denen die gesamte Dachkonstruktion ruht) aus und bestehen komplett aus Holz. Stabkirchen kamen hauptsächlich in Skandinavien vor; Norwegen hat noch 33 dieser Bauten - eines davon ist die "Fantoft Stabkirche". Forscher vermuten, dass es in Norwegen einst knapp 2000 Stabkirchen gab...
Nach dem kleinen Halt fahren wir weiter bis zu dem Dorf Flåm, welches am Ende des Aurlandsfjord liegt. Der Aurlandsfjord ist einer von vielen Seitenarmen des großen Sognefjords. Von Bergen bis Flåm sind es zweieinhalb bis drei Stunden Fahrt. Eigentlich war unser Plan, die restlichen Nächte wild zu campen. Für Flåm hatten wir uns im Vorfeld den Strand direkt am Fjord ausgeguckt. Aber leider steht an dem Strand in Flåm nun ein "Zelten verboten"-Schild und es ist bereits dunkel und wir finden keine Alternative. Da es schon spät ist und die Suche im Dunkeln nach einem geeigneten Plätzchen erfolglos bleibt, schlagen wir um 23 Uhr unser Zelt auf dem Campingplatz, welcher sich direkt neben dem Strand befindet, auf.
Flåm, Stegastein und ein gescheiterter Wanderversuch
Am Freitagmorgen schlafen wir aus und wachen dann bei strahlendem Sonnenschein auf. Jetzt im Hellen sehe ich, dass wir auf einer schönen Apfelbaumwiese übernachten haben. Wir frühstücken in der Sonne und bauen dann das Zelt ab.
Danach laufen wir vor an den Strand und stellen fest, dass das wirklich ein sehr schöner Platz zum Übernachten gewesen wäre. Am Strand kann ich zwei Austernfischer beobachten, die mich sofort an meine Zeit an der Nordsee erinnern.
Heute wollen wir zu einem Aussichtspunkt über dem Fjord fahren. Dafür fahren wir ca. 20 Minuten lang eine Serpentinenstraße hoch. Oben angekommen, stelle ich fest, dass die Aussicht, die man von oben hat, eine der schönsten ist, die ich je gesehen habe!
Wieder zurück am Auto, suchen wir im Internet nach einer Wanderung für morgen. Wir durchforsten sämtliche Internetseiten, da die Touristeninformationen leider aufgrund von Corona geschlossen haben. Doch schnell merken wir, dass das mit dem Wandern am Sognefjord um diese Jahreszeit sehr schwierig werden könnte. Die meisten Wanderungen, die wir finden, sind Gipfelwanderungen und sie sind daher nur im Hochsommer begehbar, da zur jetzigen Jahreszeit einfach noch zu viel Schnee liegt. Andere Wanderungen, die zwar tiefer am Fjord entlang führen, haben ihren Startpunkt aber oft an Orten, die man nur mit dem Boot erreichen kann. Da die Touristeninformationen, die zurzeit geschlossen sind, diese Transporte mit dem Boot zu den Startpunkten der Wanderungen organisieren, sind auch diese Wanderung nicht möglich. Nach längerer Suche finden wir schließlich eine Wanderung. Sie liegt zwar nicht am Fjord, soll landschaftlich jedoch trotzdem wunderschön und abwechslungsreich sein. Die Wanderung startet in Østerbø. Østerbø ist eine Stunde entfernt von unserem aktuellen Standort. Also machen wir uns auf den Weg nach Østerbø, damit wir dort übernachten und morgen früh direkt los wandern können. Auf dem Weg dorthin fahren wir durch einige Tunnel hindurch. Nur wenige Minuten vor der Ankunft in Østerbø fahren wir durch den letzten Tunnel hindurch und plötzlich sieht die Welt ganz anders aus! Hier ist alles weiß, es liegen teilweise 40 cm Schnee und es sind nur ca. 0°C. Enttäuscht drehen wir wieder um und fahren den ganzen Weg zurück. Wir fahren nach Unredal, ein Ort weiter als Flåm. Dort suchen wir nach einem Schlafplatz. Auch hier gestaltet sich die Suche schwierig. Am Ende stellen wir uns in eine Ausbuchtung an einer Kurve einer Serpentinenstraße mit Blick auf den Fjord.
Die Straße führt nur zu wenigen Häusern und daher fährt auch nur ein einziges Auto am nächsten Morgen die Straße entlang. Das Geschirr spülen wir am Samstagmorgen in einem eiskalten Bach.
Wikingerdorf (Gudvangen), Tvindefossen und Wandern in Vossevangen
Da es hier am Sognefjord mit dem Wandern momentan noch schwierig ist, haben wir beschlossen, heute eine gute Stunde zurück in den Süden zu fahren, bis nach Vossevangen. Bei Vossevangen haben wir nämlich gestern noch eine schöne Wanderung oberhalb eines Sees gefunden.
Auf dem Weg dorthin besuchen wir noch den Ort Gudvangen, der am Ende des Nærøyfjords - ebenfalls ein Seitenarm des Sognefjords - liegt. In der Wikingerzeit war der Ort ein wichtiger Handelsplatz. Heutzutage stellt er als "Wikingerdorf" ein beliebtes Touristenziel dar.
Auf der Weiterfahrt entdecke ich ein Stück abseits der Straße einen größeren Wasserfall und halte spontan an. Der Wasserfall heißt Tvindefossen.
Am Mittag erreichen wir dann den Wanderparkplatz in Vossevangen. Zunächst haben wir ca. 500 Höhenmeter vor uns. Unterhalb einer Gondel geht es über schmale Pfade den Wald hinauf. Wir kommen bei einer Hütte raus, an der wir kurz Pause machen und die Aussicht auf den großen See genießen, der jetzt schon deutlich kleiner erscheint.
Wir staunen nicht schlecht als wir sehen, dass hier oben noch Schnee liegt. Deshalb kürzen wir die Wanderroute ein wenig ab, um nicht in noch höhere Lagen zu wandern. Wir laufen noch ein wenig auf Höhe der Hütte weiter durch den Schnee und nehmen dann eine Abzweigung, um dem Rundweg zurück zum Parkplatz zu folgen. Statt durch Schnee wandern wir jetzt über moorigen Waldboden, weshalb wir nach nur kurzer Zeit schon nasse Füße haben. Aber es ist dennoch warm und landschaftlich sehr schön.
Als wir wieder zurück am Auto sind, beschließen wir, in Richtung Kristiansand zu fahren und auf dem Weg die Augen nach einem Schlafplatz offen zu halten. Um 20 Uhr halten wir an einem Parkplatz direkt am Fjord an. Wir kochen uns unser Abendessen auf dem Campingkocher und beschließen dann, hier auch das Zelt aufzubauen und hier zu übernachten.
Denn bis nach Kristiansand durchzufahren hätte noch ca. sechs Stunden in Anspruch genommen und da es schon dunkel wird und wir müde sind, bauen wir lieber noch eine Nacht als Zwischenstopp ein. Am nächsten Morgen - es ist jetzt Sonntag - frühstücken wir nur und laufen zu einem Fluss, an dem wir unsere Trinkflaschen für die Fahrt noch einmal auffüllen, uns waschen und das Geschirr spülen.
Pünktlich als wir im Auto sitzen, beginnt es zu regnen. Wir fahren die ganze Zeit im Regen. Unterwegs halten wir noch am Wasserfall Låtefossen an.
Dann geht es weiter und um 16 Uhr sind wir zuhause.
Bis zum nächsten Trip ist es jetzt noch zwei Wochen hin. In den zwei Wochen sind wir zuhause und unternehmen ein paar kleinere Dinge.
Bis zum nächsten Beitrag, Sara