Salam Alekum!
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Vom Fliegen lernen

Veröffentlicht: 31.01.2023

31.01.23 Marrakech Um 11 Uhr warten vor dem Campingplatz die bestellten Taxis auf uns. Drei Stück a sechs Fahrgäste macht 18 – passt genau. Am Ende wird uns das 100 Dirham pro Taxi kosten, also 10 Euro geteilt durch sechs. Die Fahrt dauert etwa 20 Minuten. Diese Zeit ist bis zur letzten Minute ausgefüllt mit Staunen, Zittern, Verzweifeln, Bangen und Beten. Das ist nicht zu beschreiben, das muss man erleben. Lastwägen, Busse, Autos, Motorräder mit Lastanhängern, Motorroller – das sind die Schlimmsten! – Mofas, Fahrräder und dazwischen Fußgänger, Mütter mit ihren Babys auf dem Rücken und alte Männer mit Krückstock auf engen Straßen und über allem eine Kakophonie aus Hupen, Schreien, Flüchen, Sirenen und Pfeifen – dagegen gleicht der Betrieb auf Roms Straßen dem auf einem Exerzierplatz. Es ist ein Wunder, dass es hier nicht an jeder Ecke kracht.

Auf den Gehwegen geht es gesitteter zu. Geschäfte und Shops in allen Farben reihen sich aneinander und buhlen um das Interesse der Passanten. Nicht aufdringlich, einfach bunt, so wie das Leben ist. Und auch hier zeigen sich wieder die Kontraste, die dieses Land zeichnen: Da das impulsive, kraftvolle Lebern, um die Ecke, vielleicht durch ein Tor plötzlich Ruhe, Stille, ein Garten mit viel Grün, Menschen, die auf Bänken sitzen und ein Buch lesen oder in einer Zeitung blättern. Zwei Welten, nur wenige Meter voneinander getrennt.

Wir stürzen uns hungrig ins Getümmel. Maria ist ganz in ihrem Element: Siehst Du das, schau mal hier, so etwas hast Du noch nie gesehen, oder? Sie liebt den Puls von 180 und mehr in dieser Stadt, lässt sich davon anstecken, antreiben, beleben. Es ist, als hätte es Corona nie gegeben. Dabei war die Hamburgerin mit ihren fast 80 Jahren vor gut vier Wochen noch eine Kandidatin für die Intensivstation. Ja, wer auf den Wellen dieser Stadt reitet, kann auch fliegen lernen …

So wie meine Wäsche. Auf diesem Campingplatz gibt es einen Wäscheservice. „Gewaschen, gebügelt und akkurat zusammengelegt – das kriegst Du in Marokko überall“, hatte Ricci im Vorfeld unseres Abenteuers versprochen. Ich vertraue meinem alten Spezl blind. Vielleicht liegt es auch an unserer geänderten Route, aber der Platz in Marrakech ist der erste, der das anbietet. Ich hatte schon überlegt, mir eine große Schüssel zuzulegen und per Hand zu waschen, aber im Vertrauen auf Ricci Versprechen habe ich es immer wieder verschoben und lieber den Rhythmus meines Wäschewechsels den Umständen angepasst …

Heute morgen war es nun endlich soweit: Ich habe meine Bettwäsche abgezogen und meine ganze Schmutzwäsche in den Bettbezug gepackt – der war gerade noch groß genug. Das alles schleppte ich dann zur Wäschefrau. Die sah mich mit bösem Blick an und deutete mir an, dass das nicht mit 6 Euro – soviel bezahlt man für einmal Service – abgetan sei. Ich lächelte freundlich und winkte ab. Egal, was das kostete, ich brauchte frische … Naja, lassen wir das. Ich könne mir das nachmittags abholen, sagte die Frau. Gut, dachte ich, das passt.

Als ich dann um 16.30 Uhr kam, schleppten zwei Frauen einen schwarzen Müllsack aus der Tür vom Waschhaus. An meinem Blick sah die eine von ihnen wohl, dass ich etwas überrascht war. Sie zuckte mit den Achseln und da stand der Sack auch schon vor meinen Füßen. Ich bezahlte zwölf Euro, packte den Beutel mit zwei Händen und wollte ihn locker auf den Rücken schwingen. Aber er bewegte sich nicht. Ich hätte mir beinahe den Rücken verrissen. Ich schaute in den Beutel: Tatsächlich, das war meine Wäsche, aber die war nicht gebügelt und schon gar nicht akkurat zusammengelegt. Sie war patschnass. Gewaschen, aber nicht geschleudert. Und jetzt?

Ich hatte eine Wäscheleine mit und zum Glück mit Birgit und Udo zwei an meiner Seite, die wissen, dass ich hier zu jeder Stunde und Minute helfende Hände gebrauchen kann. Sie haben mir ihren Wäscheständer geborgt.

Das hat alles wunderbar funktioniert. Die Bettwäsche habe ich ordentlich über die Leine gehängt, den Rest über den Ständer. Ich habe mich noch gefreut über den leichten Wind, der alles schnell trocknen würde. Wunderbar dachte ich und machte mich ans Kaffee kochen. Der war noch nicht durchgelaufen, als es ans Fenster klopfte. Es war Ralf: „Du, ich wollte Dir nur sagen, dass da Wäsche über den Campingplatz fliegt. Ich glaube, das ist deine.“

Antworten (2)

Richard
Ich hoffe, dass Willi alle Unterhosen und Socken wieder einfangen konnte..😂😂😂

Willi
Schadenfreude ist halt die schönste Freude, gell … 😉

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