Salam Alekum!
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Perfekt? Völlig egal!

Veröffentlicht: 25.02.2023

25.02.23 Zagora – Alnif Jetzt geht es unweigerlich Richtung Wüste. Als wir heute um 9 Uhr in Zagora aufbrechen und die Stadt verlassen, kommen uns schon ein paar Kamel-Karawanen entgegen. Aber sie bringen keine Kostbarkeiten, sie holen Touristen aus Zagora. Die Tiere tragen Zaumzeug und Sättel oder dicke Decken. Immer wieder tauchen im Gegenverkehr auch Wohnmobil-Gruppen auf, meist Franzosen oder Holländer, deren Fahrzeuge überzogen sind mit einer feinen Staub- und Sandschicht, die davon zeugt, woher sie kommen: aus der Wüste.

Wir haben heute knapp 140 Kilometer vor uns – ich genieße jeden einzelnen davon. Es gibt für mich nichts Schöneres, als im Wohnmobil hinter dem Steuerrad zu sitzen und mit 70, 80 Stundenkilometern durch diese faszinierende Landschaft zu gleiten. Da sind diese Felsen und Steine, die dunkel, beinahe schwarz schwer und bedrohlich wirken und dann plötzlich braun werden, beige und fast gelb leicht und heiter strahlen. Und darüber spannt die Sonne ihr strahlend hellblaues Zelt auf und taucht alles in ein weiches Licht. Was für ein Farbenspiel!

Wir kommen gut vorwärts. Wir haben uns die ersten 70 Kilometer an den Bergen vorbei durch die Täler geschlängelt. Wir passieren das erste größere Dorf. Riccis Navi führt uns durch kleine Gassen, in denen ältere Männer und Frauen vor kleinen Läden auf der blanken Erde sitzen. Und wie überall toben Kinder durch die Straßen, schreien, winken.

Ich kann mich erinnern, wie mich das zu Beginn unserer Marokko-Reise überrascht hat. In größeren Dörfern säumten oft Dutzende Menschen aller Altersstufen unsere Wege und winkten, lachten und freuten sich. Mich hat das sehr berührt. Ich habe mich seitdem oft dabei ertappt, wie ich aus meinem Wohnmobil zuerst winke und damit die Menschen draußen überrasche. Die lachen dann meist und winken zurück. Jetzt in Marokko ist das noch ok, aber spätestens wenn ich wieder auf europäischen Straßen unterwegs bin, muss ich mir das abgewöhnt haben. Auf Berlins Straßen würde das vielleicht nicht so gut ankommen …

Aber bis dahin vergehen noch 16 Tage. Seit exakt sechs Wochen bin ich nun unterwegs. Weil ich allein fahre, habe ich viel Zeit, meine Gedanken spazieren zu lassen. Dieses Reisen macht etwas mit dir. Mittlerweile sind Dinge völlig normal, die zuvor noch undenkbar waren. Du kannst nicht ein paarmal in der Woche duschen. Du duscht dann, wenn es Wasser gibt, warmes Wasser womöglich. Du wechselst das T-Shirt nicht alle ein, zwei Tage, sondern dann, wenn du es nach dem Ausziehen auf den Boden stellen kannst und es nicht umfällt. Meinen Wechselrhythmus für Unterhosen und Socken behalte ich besser für mich.

Oder mein neuer Teppich, der die Ablage vor der Windschutzscheibe ziert. Er lässt sich nicht faltenlos auslegen. Früher hätte mich das wahnsinnig gemacht. Ich hätte anhalten und ihn festkleben, irgendwie fixieren müssen. Heute habe ich das auf der Fahrt mit einem Lächeln registriert. Er wirft Falten – wie schön, wie lebendig, wie anders – vielleicht jeden Tag, vielleicht nach jeder Kurve. Ist das nicht spannend?

Dieses Reisen in diesem weiten Land unter diesem endlos blauen Himmel löst Grenzen auf. In dir. Du musst jeden Tag improvisieren, nichts ist so wie du es kennst und erwartest. Du musst tricksen und froh sein, wenn du damit wenigstens ein klein bisschen erfolgreich bist. Das Wort „perfekt“ hast du schon aus deinem Wortschatz gestrichen. Und das Schöne daran ist: Es fehlt dir nicht.

Antworten (2)

Bianka Fröschlein
Schön beschrieben. Herrlich unperfekt ist doch perfekt 😘

Willi
Danke, Frau Fröschlein! 😘

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