Veröffentlicht: 19.01.2023
19.01.23 Peniscola – Pujaire: Nachdem ich am Montag mit meinem Diesel-Fauxpas nur haarscharf an einem vorzeitigen Ende meines Marroko-Abenteuers vorbei geschrammt bin, hätte es heute beinahe Volker und Renate erwischt. Ihr Problem schaut auf den ersten Blick gar nicht so schlimm aus, aber die Folgen sind dramatisch: Die Verriegelung der Beifahrertür funktionierte nicht mehr. Heißt konkret: Die Tür ließ sich nicht mehr abschließen. Mit einem Wohnmobil, das nicht mehr abzusperren ist, nach Marokko zu fahren, hätten Volker und Renate auf keinen Fall riskiert. So haben sich Volker und sein Bruder Gerd auf die Fehlersuche begeben. Volker hatte schließlich den rettenden Einfall: „Ich habe einfach mal die Sicherung versucht“, sagt er. Und tatsächlich: Es war die Sicherung! Aber wo jetzt auf die Schnelle Ersatz bekommen? Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah: Zufällig ist die Sicherung für den elektrischen Fensterheber die gleiche wie für das Türschloss. Die war schnell aus- und eingebaut, und so steht der Weiterreise morgen nichts mehr im Weg.
Vor unserer Königsetappe mit 600 Kilometer Länge hatte ich doch eine gute Portion Respekt. Doch der Anfang war schon vielversprechend: Eine leere Tankstelle, der Zahlvorgang mit Kreditkarte – also ohne hysterische Kassiererin – und noch dazu mit deutscher Sprachführung. Pünktlich um 9 Uhr ging’s dann los. Bis auf die Regionen um die größeren Städte hielt sich der Verkehr in Grenzen. So blieb Zeit, die Landschaft zu genießen – und die Sonne. Unser Weg führte uns südwestlich, so hatten wir die Sonne die ersten Stunden zu unserer Linken. Es war einfach wunderbar. Der strahlend blaue Himmel und das dunkelblaue Meer glitzerten um die Wette. Wir fuhren nicht zu schnell und konnten so die Landschaft bestaunen. Links das Meer und rechts die Hügel- und Bergketten des Penibética-Systems, die aus der Ferne aussahen, als hätte ihre Spitzen, ihre Furchen und Flanken ein Künstler mit einer dunkelgrünen Samtdecke eingehüllt. Doch aus der Nähe löste sich der Samtbezug schnell auf in viele kleine Sträucher, Farne und Gräser, die wie dunkelgrüne Liebesperlen über die Hänge und Schluchten verstreut schienen. Mal dichter, mal nicht so dicht, so dass der Steinboden in seinem hellen Beige sich zeigen durfte. Und ab und an schmiegten sich kleinere Städte und Dörfer in die Täler, so, als würden sie nur den Platz ausfüllen, den die Natur ihnen bot.
Doch leider ist dem nicht so. Je weiter wir Richtung Südosten vorstossen, umso karger wird die Landschaft, das Grün wird weniger, Beige und Braun werden mehr. Jedes Stückchen Boden wird versucht, urbar zu machen. Man kann fast spüren, wie viel Schweiß und Mühe in dieser Arbeit steckt, die auch im Sommer verrichtet werden muss, wenn hier die Temperaturen auf weit über 40 Grad steigen.
Eigentlich wollten wir heute bis Roquetas de Mar fahren, doch der Stellplatz dort ist dicht. Richard hat glücklicherweise schnell Ersatz gefunden. Wir machten schon kurz vor Almeria Halt in einem kleinen Dorf mit einem wunderschönen Stellplatz. Schade nur, dass es kein kühles Bier mehr gab für unsere Crew. Als Belohnung für diese lange Etappe hätten wir uns auch zwei oder drei verdient gehabt …