Salam Alekum!
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Hier gibt es nichts, das es nicht gibt

Veröffentlicht: 06.02.2023

05.02.23 Taliouine Wir durften heute erleben, was ein typisch marokkanischer Markt ist. „Der ist gleich um die Ecke“, sagte Irmi, als ich sie fragte, wie lange wir unterwegs sein würden. Das hätte mich stutzig machen müssen … Nach einem Gewaltmarsch von gefühlten zwei Stunden sahen wir endlich ein paar Dächer über die Sandhügel spitzen. Ralph und Angelika, die ein wenig kränkelt, wollten auf dem Rückweg Kräfte sparen und ein Taxi nehmen. Weil sie keines fanden, mussten sie auf die Ladefläche eines kleinen Lastwagens klettern.

Na gut, wir wollen nicht übertreiben, der Markt war zwar nicht um die Ecke, doch der Weg war für jeden zu meistern. Im bunten Treiben, das uns erwartete, war ohnehin schnell alles vergessen. Hier gab es nichts, das es nicht gab. Auf der Suche nach einem Laden, in dem ich das Datenvolumen meines Handys nachladen konnte, verlor ich die Gruppe bald aus den Augen. Egal, ich kannte ja den Rückweg. Und schnell fand ich zwischen all den Ständen mit Pfauenfedern, Ziegenhörnern, Hühnerküken und all den anderen Dingen, die es hier für den Alltag so braucht, einen der typischen Tante-Emma-Läden, die mit Gigabytes handeln.

Ich wollte 50 Gigabyte für mein Handy, weil das Hochladen und Hin- und Herschicken der Fotos sehr datenintensiv ist. Der Mann sprach kein Englisch. Ich musste mit Händen und Füßen arbeiten. Aber auch damit hatte ich keinen Erfolg. Ich schrieb schließlich 50 Gigabyte auf einen Zettel und legte 500 Dirham auf den Tisch, die üblichen 10 Dirham für ein Gigabyte. Der Mann schaute mich aus großen Augen an, packte den Zettel und mein Geld und verschwand. Ich blieb ganz ruhig. Ich stand vor der Kasse und hatte beim Kunden vor mir gesehen, dass sie gut gefüllt war. Wenn der Typ nicht wiederkam, würde ich die Kasse nehmen und damit zum nächsten Polizisten gehen, so mein Plan.

Ich staunte nicht schlecht, als der Mann nach fünf Minuten selbst mit einem Polizisten im Schlepptau antrabte. Wild gestikulierend zeigte er auf mich und wedelte laut palavernd mit dem Zettel und den Geldscheinen vor meinem Gesicht. Der Polizist baute sich mit strengem Blick und stolz geschwellter Brust vor mir auf. Er musterte mich und sagte schließlich: „What do you want?“ Ich erklärte ihm, dass ich gerne 50 Gigabyte Datenvolumen kaufen würde. Er sah mich an. Kein Wort. Dann drückte er mir einen Kugelschreiber und einen Fetzen Papier in die Hand und deutete mir an, das aufzuschreiben. Ich schrieb: „50 Gigabyte for Internet“ und zeigte auf die Geldscheine. Der Polizist nahm den Zettel und studierte ihn, als hätte ich ihm eine Landkarte der karibischen Inseln aufgezeichnet. Er sagte kein Wort, schaute auf den Zettel und dann wieder auf mich. Immer wieder. Als er mich dann am Arm packte, muss ich gestehen, dass mir ein klein wenig weich in den Knien wurde. Er zog mich zur Theke und sagte: „Telephone.“ ich nestelte mein Handy aus der Tasche und reichte es ihm. Er sagte etwas zu dem Verkäufer, der dem Polizisten einen dieser kleinen Papierstreifen reichte, auf denen irgendeine Zahl steht, über die man irgendwie Datenvolumen kriegt. Der Polizist tippte energisch auf meinem Handy rum, reichte es mir schließlich, sagte „Five Giga“, drehte sich um und ging. Der andere Mann gab mir 450 Dirham zurück und warf mich aus seinem Laden. Später trafen wir dann in der Stadt ein Mädchen, das sehr lieb und hilfsbereit war und uns zu einem Telefonladen führte. Dort bekamen wir 20 Gigabyte - immerhin!

Ein Teil unserer Gruppe spazierte am Nachmittag noch ins Hinterland und besuchte dort eine ältere Frau, die Udo und Martin tags zuvor schon kennengelernt hatten. Die Frau lud sie zu sich ein und präsentierte stolz mit einem Lächeln ihr Zuhause. Die Menschen hier leben sehr ärmlich, und das hat seinen Grund: Die Safran-Produktion ist eine der Haupteinnahmequellen der Menschen in dieser Provinz. Für ein Kilogramm von dem edlen Gewürz müssen 150.000 bis 200.000 Krokusblüten wachsen und geerntet werden. Dazu braucht es Wasser. Seit 1970 häufen sich die Jahre, in denen es überhaupt nicht regnet. Durchschnittlich fallen nur gut 300 Liter Wasser pro Quadratmeter und Jahr vom Himmel. Zum Vergleich: In Deutschland regnet es bis zu 1.000 Liter pro Quadratmeter und Jahr. Jeder kann sich vorstellen, was das heißt …

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