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Nicht.Alleine.Torres.Del.Paine

Veröffentlicht: 28.04.2017


Es ist ein verregneter Tag in Uruguays Hauptstadt, Montevideo. Timo und ich sitzen im Hostel, trinken Bier und setzen uns an den Laptop, schließlich müssen wir noch unsere Campingplätze für unsere 4-Tageswanderung im Torres del Paine Nationalpark buchen. Wandern und Campen am südlichsten Ende der Welt, das ist ja mal ein Traum. Dieser Traum sollte sich bald erfüllen, jedoch standen wir erstmal vor einem großen Hindernis. Seit dem 15.10.2016 müssen alle, im Nationalpark verfügbaren, Campingplätze vorab reserviert werden. Davon hatten wir bis zu diesem verregneten Tag keine Ahnung. Wir durchforsteten das gesamte Netz und suchten nach Möglichkeiten. Es war nichts mehr frei, bis auf den ersten Campingplatz am Eingang zu Patagonien. Gut, dass buchen wir eben diesen und sehen was passiert. Sollte mein großer Traum etwa an der Unwissenheit man müsse im Vorab reservieren scheitern!? Nicht mit Timo und mir. Fest entschlossen, einfach an den Plätzen aufzutauchen machten wir uns mit uns mit unserem nötigem Equipment auf den Weg nach Puerto Natales.

Wir kommen an in dieser kleinen, ruhigen und bunten Stadt, checken in unser Hostel ein und erkunden Puerto Natales. Aber außer bunten Häusern, vielen Straßenhunden und unendlich vielen Campingshops gibt es hier nicht. Zwei Tage werden wir hier sein, und wollen diese nutzen um unseren Bus zu buchen und das nötige, noch fehlende, Campingequipment auszuleihen. Frische Luft, Kälte und die Berge am Horizont lassen die Vorfreude weiter wachsen.
Als es dann endlich so weit ist, sind wir beide super müde, steigen in den Bus, machen die Augen zu und stehen drei Stunden später vor dem Eingang zum weltberühmten Park des Torres del Paine. Und das Schöne? Ich bin nicht allein! Ab ins wilde Abenteuer! Tausende, ok es sind an die Hundert, andere Camper sind mit uns hierher gekommen um das Ende der Welt, auf südchilenischem Boden, zu erkunden!

Tag 1:
"Reisepass, Anmeldeformular und Reservierungsbestätigungen, bitte!", sagt eine Parkrangerin am Eingang zu uns. Wir müssen beide erst einmal kurz schlucken und zeigen ihr nur unsere erste Reservierung. "Wir bleiben nur eine Nacht und kommen dann zurück", sagen wir zu ihr. Manchmal muss eine eine Notlüge sein um sein Glück bei den Haaren fassen zu können. "Timo es geht los!!!", sage ich wildentschlossen und wir steigen in den Bus, der uns zum ersten Campingplatz bringt. Dort schlagen wir, wie Profis wohlgemerkt, unser Profizelt, vor atemberaubender Kulisse auf.

Es ist noch früh am Morgen, also haben wir genung Zeit um zu den drei Torres del Paine zu wandern. Es sind knappe drei Stunden bis zum Aussichtspunkt. Der Anstieg dahin ist bis kurz vor dem Finale nicht wirklich steil, dafür haben es die letzten 45 Minuten aber in sich. Steil bergauf zum See am Fuße der Torres. Die Müde und Anstrengung hierher zu kommen haben sich gelohnt. Leider sind Wolken aufgezogen, deshalb zeigen sich die drei Torres nicht in ihrer roten Pracht. Jedoch ist auch der wolkige Anblick überragend und das Gipfelbier schmeckt dennoch fantastisch.

Gute Nachtzigarette und ab ins "bequeme" Zelt...
Tag 2:
Der frühe Vogel fängt den Wurm! Wir stehen um 07:00 Uhr auf, damit wir das meiste aus dem Tag machen können. Zum Frühstück gibt es Haferflocken mit Wasser und Müsliriegel. Nicht das leckerste Frühstück aber es gibt Kraft und ausreichend Zucker. Danach schnallen wir unsere beiden Rucksäcke auf, jeweils ca. 17 Kilo, und ziehen los tiefer rein in den Nationalpark. Britanico Lookout ist Ziel Nummer zwei unseres Treks. Auf dem Weg dorthin präsentiert sich der Nationalpark mit seinen unzähligen Bergen und Seen in voller Pracht. Grün, blau, granit, grau, und noch so viele andere Farben lassen die Landschaft zu einem fast unwirklichen Anblick werden. Zeit für eine Trink- und Verschnaufpause...

Es gibt am Fuße des Britanico Lookouts einen freien Campingplatz. Der Italiano Campingplatz. Hier wollen wir unser Nachtlager aufschlagen, doch altbekanntes Problem ist omnipräsent: wir haben keine Reservierung. Uns wurde ein heißer Tipp gegeben. Und zwar sollen wir nach 18 Uhr dort auftauchen, denn ab 19 Uhr ist es verboten im Park rumzulaufen und von diesem Campingplatz sind es rund zwei Stunden zum Nächsten. Also stehen wir, typisch deutsch, um 18 Uhr vor dem Ranger. Er sagt wir müssen weiterlaufen. Na toll, und was jetzt!? Gott sein dank spricht der kahlköpfige Timo spanisch und begibt sich in einen Smalltalk mit dem Ranger, bis er schließlich sagt wir können bleiben, müssen aber ganz früh abhauen. Perfekt! Dreistigkeit zahlt sich eben manchmal aus. Um 08:00 Uhr gehen wir bereits schlafen, da wir einen 8 Stunden Marsch mit jeweil 16 Kilo hinter uns haben. Die Beine schwer, der Rücken lädiert und die Augen müde, also Augen zu und Kraft sammeln für Tag 3!

Tag 3:
Wie es der Ranger uns befohlen hat, ziehen wir früh los. Schließlich wollen wir den Lookout erreichen, danach zum Campingplatz zurück und zum letzten Campingplatz weiter laufen. Gute 6-7 Stunden wird dieser Marsch dauern. Wir nehmen nur das obligatorische Gipfelbier und Proviant, zur Stärkung, mit auf den Anstieg zum Lookout. Nach kurzem Verlaufen, sind wir wieder zurück auf dem richtigen Weg. Auf halber Strecke treffen wir Anni. Anni ist deutsch und alleine unterwegs zum Aussichtspunkt. Sie sagt sie sie froh, dass sie uns getroffen hat weil man hört Geschichten, dass sich hier Pumas rumtreiben und es schon einen Vorfall gab, bei dem ein Mensch getötet wurde. Wir wussten von nichts, aber ist ja auch egal. Bei drei Personen hat der Puma dann ja große Auswahl und unsere Überlebenschancen stehen umso besser. Nein Alles halb so wild! Wir sind außer Atem und legen eine Trinkpause ein, fragen uns dabei wann wir denn endlich da sind weil kein Ende in Sicht ist. Fünf Minuten später sind wir plötzlich schon da. Komische Welt! Wir wollte eigentlich noch ein bisschen mit dem Bier warten, aber Anni sagt uns plötzlich aus dem Nichts, dass heute ihr Geburtstag sei. Ja gut, dann machen wir es eben gleich auf! Geburtstags- und Gipfelbier gleichzeitig mit diesem grandiosen Ausblick sind wohl einmalig.

Nach dem Abstieg schnallen wir wieder unser Gepäck auf und wandern weiter Richtung letztem Campingplatz. Die grandiosen Aussichten wollen einfach nicht aufhören. Es ist als würde sich der Nationalpark extra für uns von seiner besten Seite zeigen wollen. Kein einziger Regentropfen bisher. Satte Farben, wilde Tiere, sich in Seen spiegelnde Seen und und und. Es hört einfach nicht auf, aber dieser lange Tag darf jetzt gerne aufhören, wir sind mal wieder hundemüde.
Die Kulisse unseres letzten Campingplatz ist die wohl spektakulärste im gesamten Park. Riesige, fast einschüchternde Berge vor der Nase und grün wohin man auch schaut. Ich habe zwei Monate in Neuseeland verbracht und viele viele Nachthimmel gesehen, die mir den Atem gestockt haben aber der Nachthimmel in dieser Nacht, hier am Campingplatz, sucht bisher seinesgleichen. Fernab von jeglicher Luftverschmutzung präsentiert er sich in voller Pracht. Es gibt keinen Fleck an dem kein Stern zu sehen ist. Der perfekte letzte Nachthimmel in Patagonien. Ich stehe mehr als 30 Minuten da und kann nicht aufhören den Himmel zu bestaunen. Jedoch schleicht sich so langsam bittere Kälte ein und ich lege mich schlafen...
Tag 4:
Das Abenteuer Torres del Paine neigt sich so langsam dem Ende zu. Dass ich wirklich an das andere Ende der Welt geflogen bin um diesen Treck zu machen, kann ich immer noch nicht ganz fassen. Ich denke es muss erst ein bisschen Zeit vergehen, um das alles zu verarbeiten und realisieren zu können. Der letzte Marsch geht in Richtung Aussichtspunkt des Grez Glaciers. Der Greyglacier ist ein Ausleger des Campo des Hielo Sur. Der Campo Hielo Sur ist der größte Gletscher auf dem südamerikanischen Kontinent. Die Wanderung zum Aussichtspunkt ist nicht anstrengend, aber zieht sich ewig hin. Es fängt an zu regnen und daher kann ich kein gutes Foto machen. Wie auch immer, das "Gipfelbier" wird trotzdem getrunken. Wieder zurück am Campingplatz fallen Timo, Anni und ich uns in die Arme. Wir haben es geschafft! Wir haben es eiskalt durchgezogen und sind glücklich, aber echt erschöpft!
Wahnsinn, da träumt man so lange von diesem Abenteuer und schon ist es wieder vorbei. Es war einmalig und diese Natur im Süden Südamerikas zählt zusammen mit Neuseeland und den Philippinen zu den schönsten Naturspektakeln die ich jeh gesehen habe.
Irgendwo hinter diesen Bergen liegt Deutschland. Bis dahin ist es aber noch eine lange Reise...wir sehen uns bald geliebtes Heimatland!
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