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2021 - Juli - Marseille

Veröffentlicht: 10.07.2021

Ist es möglich, sich in ein Gebäude zu verlieben? Mir und meiner Kamera ist genau das passiert. Das Gebäude, das ich meine, ist ein großer kubischer Bau mit fast 30.000 m² Ausmaß. In diesem ist das "Museum der Zivilisationen Europas und des Mittelmeers", kurz MuCEM, untergebracht. Hier gibt es Dauerausstellungen und wechselnde Sonderschauen. Wir hatten das Glück in einer solchen, die Werke von Jeff Koons ansehen zu können. Seine hochglanzpolierten Edelstahlabgüsse haben einen hohen Schauwert. Sicher kennt ihr auch den „Balloon Dog“, eines seiner bekanntesten, aber nicht mal sein teuerstes Werk.

Aber das Gebäude selbst ist schon fantastisch genug. Es lädt mit seinen vielen Gängen regelrecht zum verlaufen ein. Rudy Ricciotti, der Architekt, hat dem Komplex aber zusätzlich noch eine netzartige Betonkonstruktion an zwei Seiten verliehen. Genau diese ist im sonnenverwöhnten Marseille der Clou. Denn durch das Sonnenlicht entstehen tolle Schatteneffekte, die ich so noch nie gesehen habe.

Und das Beste daran: Die Besichtigung des ganzen Areals ist kostenlos! Nur für die Ausstellungen selbst muss ein Ticket erworben werden. Wir waren an zwei Tagen sogar zweimal dort und haben immer wieder neue Ecken entdeckt. Meine Fotos zeigen sicher meine Begeisterung. 

Übrigens ist das MuCEM erst 2013 anlässlich der Ernennung Marseilles als Kulturhauptstadt Europas eröffnet worden. 

Auch rund um das MuCEM gibt es viele spannende Ausblicke. Dabei hat alles eine unglaubliche Weite. Auf der einen Seite sieht man den alten Hafen, auf der anderen die Kathedrale von Marseille (Cathédrale La Major). Dazwischen eine breite Autosstraße, die mein Auge aber nicht gestört hat, und dahinter liegt der neue Hafen. Alles wirkt modern und trotzdem wurde das Alte in diese Szenerie geschickt mit eingebaut.

Natürlich gibt es auch ganz andere Ecken in Marseille. So zum Beispiel das Viertel Cours Julien, das von Streetart und Graffiti geprägt ist. Oder auch das Altstadtviertel Le Panier, in dem Künstler, aber auch Souvenir-Shops ihre Heimat haben. Hier haben wir auch den Boule-Laden entdeckt, den wir erst kürzlich in einer Fernseh-Reportage gesehen hatten. Das Geschäft verkauft Boule-Kugeln, die in aufwändiger Handarbeit entstanden sind. Nebenan gibt es einen Laden, der mit unzähligen Pastis-Flaschen aufwarten kann. Diese Spezialität aus Marseille und der Provence ist eine Spirituose aus Anis. Pastis hat so viele Prozente (40 bis 45), dass er immer mit Wasser verdünnt und auf Eis serviert wird.

Übrigens gibt es blauen und gelben Pastis. Warum genau er manchmal blau eingefärbt wird, habe ich noch nicht ganz klären können. Im Geschäft meinte die Verkäuferin, dass die blaue Farbe für Fans des örtlichen Fußballclubs hineingegeben wird. Andere meinen, es wäre um an den blauen Himmel in der Provence zu erinnern.

Mein Fall ist er jedenfalls nicht, aber ich habe da eh keine Ahnung. Lecker fand ich dagegen die Marseiller Wurst. Die enthält zwar auch Anis, aber nur in dezentem Ausmaß. 

Auch sehr typisch für Marseille ist der Mistral, ein starker Fallwind. Ganz ohne Mühe zerstört er jede Frisur, aber an heißen Tagen, wie jetzt im Juli, sorgt er für ein angenehmes Wohlbefinden. Und obwohl ich absolut kein Selfie-Fan bin, musste ich hier doch mal ein solches posten. Sehen wir nicht klasse aus mit unseren Sturmfrisuren?

Apropos gutes Aussehen: Zu welcher Tageszeit wird die Kirche Notre-Dame-de-la-Garde ideal von der Sonne beschienen? Natürlich am späten Nachmittag bzw. am Abend. Ich wusste das, aber wir sind trotzdem schon am Morgen nach oben gelaufen. Der Weg hinauf hat eine nicht zu unterschätzende Steigung, aber wir sind ja durch unsere Wanderungen trainiert. Oben angekommen waren wir natürlich froh, aber ich persönlich nicht so glücklich mit meinen Fotos. Die Sonne war einfach auf der falschen Seite. Mon dieu! Da musste ich eben am Abend noch einmal (alleine) hochlaufen.

Also Merke: Gutes Licht gibt es am Abend, aber die Kirche selbst ist nur bis 18 Uhr geöffnet! Übrigens hängen in der Kirche Schiffe von der Decke, die die Verbundenheit der Stadt mit den Seeleuten zeigt. Und natürlich ist die Notre-Dame-de-la-Garde das

Wahrzeichen der Stadt. Ist sie doch, aufgrund ihrer Lage auf dem höchsten Berg der Stadt, von überall her zu sehen. 

Ich habe jetzt schon, da ich gerade abreise und diesen Bericht schreibe, Sehnsucht nach Marseille. Es gibt noch so viel zu entdecken in dieser lebendigen Stadt und zwei Tage sind einfach nicht genug.

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