Veröffentlicht: 03.10.2018
Paragliding steht schon lange auf meiner Wunschliste und Pokhara, Nepal scheint mir der perfekte Ort dafür zu sein. Mit 8000 Rupien (60€) für 15-30 Minuten bzw. 11000 Rupien (81€) für 40-45 Minuten ist der Spaß zwar alles andere als billig, aber in Europa noch teurer. Paragliding-Anbieter gibt es hier wie Sand am Meer und ich entscheide mich für eine im Reiseführer empfohlene Agentur. Die Preise sind sowieso überall gleich, ebenso die Abflugzeiten 9.30 oder 11.30 Uhr. Nachdem das Wetter in den letzten Tagen bewölkt war, nur unterbrochen von einzelnen Sonnenabschnitten (selten) oder Regenschauern (häufiger) zeigt die Wetterapp für den nächsten Tag Chancen auf Sonne am frühen Vormittag. Pünktlich um 9 Uhr bin ich bereit zur Abfahrt an der Agentur. Aber die haben die nepalesische Ruhe weg, denn der Minibus ist noch nicht da. Eine gute Gelegenheit für mich noch einen Masala Milk Tea trinken zu gehen und dann geht es auch los. Der Mini-Bus ist voll mit einheimischen Piloten, deren fetten Gleitschirmrucksäcken, einigen Asiatinnen und mir. Wir werden nett von dem Tourleiter begrüßt und ab geht es hinauf auf den Sarangkot zum Startplatz in 1500m Höhe. Während die Asiatinnen nur wie hypnotisiert auf ihre Handys starren und die reizende Umgebung keines Blickes würdigen, wundere ich mich wie der Bus es schafft sich diese enge steile Schotterstraße hochzuschrauben. Ich genieße den Ausblick, der sich immer mal wieder in den zahlreichen Kurven bietet und meine Vorfreude. Ich bin soooo aufgeregt und kann es kaum abwarten. Oben angekommen sind es nur noch ein paar Meter bis zur Startplatz-Wiese. Der Ausblick ist klasse und liebend gerne hätte ich jetzt ein paar Selfies gemacht. Aber das Handy ist unten. Vernünftig, denn ich habe keine Hosentasche, nur jetzt eben gerade Mist. Der nette Tourguide springt in die Bresche und macht ein paar Bilder von meiner Aufregungs-Vorfreunden-Attacke und mir.
Während die Asiatinnen nur gelangweilt rumstehen, weiß kaum noch wohin mit meiner Vorfreude und die Piloten freuen sich, dass ich mich so freue. Fühle mich wie ein Kind am ersten Schultag mit der schönsten Schultüte im Arm. Ich bekomme meinen Piloten zugewiesen.
Bhuban ist sympathisch. Er legt mir mein Fluggeschirr an und erklärt mir, welche Karabiner ich KEINESFALLS lösen darf. Okay. Der Krempel sitzt erstaunlich locker, aber das wird schon richtig so sein. Bhuban weist mich in die Geheimnisse des Starts ein: „Look to the horizon, don’t look to the ground. Walk, when I say: „Walk!“ and run, when I say: „Run!“. Don‘t sit, don’t jump!“ Aaaaaaha, ich soll also einfach die Wiese über den Abgrund hinaus in den Horizont, ins Nichts rennen. Wie krass ist das denn? Aber mir bleibt kleine Zeit zum Grübeln, denn da ertönt schon sein Kommando „Walk“ und zwei Schritte später „Run“. Und ehe ich mich versehe, noch lange vor dem Abgrund sind wir schon in der Luft und fliiiiiiiieeeegen! Juchuuuuuuu! Woooow, das ging wirklich leicht.Mit seiner GoPro macht er hunderte von Fotos und einige Videos. Ich kriege mich kaum ein vor Begeisterung. Wir können quatschen und ich erfahre wie aufwendig die Ausbildung zum Piloten ist. Dass die sauteure Ausrüstung sowie die GoPro von jedem Piloten selbst angeschafft werden muss, ist einerseits nachvollziehbar, aber anderseits bedenklich. Denn wenn dort Mängel auftreten, wird doch jeder Pilot versuchen, diese notdürftig auf Kosten der Sicherheit zu flicken, weil er sich nicht mal eben einen neuen leisten kann. Von Krishna habe ich nämlich erfahren, dass das Durchschnittseinkommen in Nepal bei monatlichen 150€ liegt. Und das ist wirklich nicht üppig.
Gemütlich ziehen wir langsame Kreise durch die Luft. Ich könnte stundenlang so weiter fliegen. Ich hätte nicht erwartet, dass das Fliegen so angenehm langsam ist und fühle mich pudelwohl.
Viel zu schnell beginnen wir zu sinken. Bhuban erklärt mir, dass das Landen sehr easy ist. Ich soll einfach die Beine nach vorne strecken und aufstehen, wenn er das Kommando gibt. Wir landen langsam. Das Aufstehen klappt nicht und ich kippe sanft ins Gras. Da flitzt schon ein Boy heran, der den Gleitschirm in Windeseile entwirrt und dann professionell in Ziehharmonikafalten legt und im Riesenrucksack verstaut, um Platz zu schaffen für den Nächsten. Bhuban zeigt mir auf seiner Paragliding-App, welche Kreise wir gezogen haben und dass wir 700-800 Meter in die Tiefe geflogen sind. Der Blick auf die Uhr zeigt, dass wir länger als eine Stunde in der Luft waren. Yeeeeeaaaaaah! Sehr nett vom Piloten. Die Asiatinnen stehen und da und warten. Offensichtlich auf mich und das schon seit 45 Minuten. Upps. Was soll ich sagen? War geil!!!! Am liebsten würde ich sofort wieder hoch und den restlichen Tag bin ich im Begeisterungsrausch. Muss das Adrenalin sein. Hehe!