Veröffentlicht: 05.05.2023
Unsere Arbeit ist in Calaanan beendet und wir haben nochmals etwas Tauchferien in Camiguin angehängt. Unsere Freunde Uschi und Herbert sind wieder zurück nach Deutschland geflogen und wir werden am 14. Mai wieder in der Schweiz sein.
Vorläufig die letzten Hausbesuche wurden gemacht und nochmals Kinder ins Batulong-Unterstützungsprogramm aufgenommen. Es waren vor allem sehr viele Jugendliche, die die 12. Klasse abschliessen werden und sich für die Unterstützung im College interessierten. 30 neue College-Studenten wird Batulong im nächsten Schuljahr unterstützen und somit die Anzahl der Studenten in einer höheren Ausbildung verdoppeln! Aber gerade dort ist eben unsere Hilfe am nötigsten, weil nur schon die täglichen Transportkosten in die Stadt das Budget einer Familie stark belasten. Leider sind die Noten in den Klassen 11 und 12 nicht mehr sehr aufschlussreich für uns. Die Idee ist ja, Teile einer Studienrichtung schon in diese Klassen zu integrieren, aber die akademischen Fächer fehlen bis auf Englisch praktisch alle und die Noten scheinen zu hoch angesetzt zu sein (häufig um 90 von 100) – so wird das erste Halbjahr eine Probezeit sein, in der wir schauen, ob das Studium für die 18jährigen zu schaffen ist.
An unsere Orientierung für die neuen College-Studenten kam auch eine Mitarbeiterin vom Sozialdienst, weil eines der Mädchen öffentlich machte, dass sie als 9-Jährige von ihrem Stief-Grossvater mehrmals vergewaltigt worden sei. Sie ist nun in einem geschützten Haus, weil sie bis zur Gerichtsverhandlung in Gefahr sein könnte.
Mäge und ich besuchten Thata nochmals, um mit ihr Details zu ihrer voraussichtlichen frühzeitigen Pensionierung nächstes Jahr und ihrer Pension zu besprechen. Es geht Thata durch die Anti-Hormontherapie deutlich besser und unsere Angst, sie bei unserem nächsten Besuch nicht mehr zu sehen, ist nun viel weniger gross. So schauten wir mit ihr wieder etwas weiter in die Zukunft, auch finanziell, weil sie diese sehr teuren Medikamente nun immer nehmen muss. Es war schön, wieder normal mit ihr reden zu können, weil ihre Atemprobleme nun viel weniger sind.
Es ist nicht überraschend, dass wir immer wieder über Dinge stolpern, die zwar philippinisch sind, aber für Batulong ein Problem darstellen könnten. So haben unsere Mitarbeiter zusammen mit einigen Eltern eine Art Spar und Ausleih-Projekt gestartet, in dem jeder monatlich einen festgelegten Beitrag einzahlt und dann in einem «Notfall» auch wieder Geld ausleihen könnte - mit einem Zins von 10% monatlich! Obwohl dies auf privater Ebene stattfand, drückten Mäge und ich unsere Bedenken aus, denn die Mitglieder, die am meisten ausleihen mussten, waren die ärmeren, die immer wieder mal knapp bei Kasse waren. Und davor würden dann die «reicheren» Ende Jahr profitieren. Zwar hatten wir das Projekt nicht verboten (das Geld durfte in unserem Safe gelagert werden), aber unseren beiden Mitarbeitern war es am Ende auch nicht mehr so wohl und sie beschlossen, das Ausleihgeschäft abzuschliessen und vielleicht nur in ein Sparprojekt umzuwandeln (war wir begrüssen würden).
Mitarbeiterführung beschäftigt uns weiterhin, auch jetzt, während wir in Camiguin sind. Wir versuchen zu verstehen, warum in unseren Augen recht einfache Aufgaben nicht erledigt werden können – ist es von der Person abhängig, wegen der philippinischen Schuldbildung oder weil wir zu wenig detailliert kommuniziert haben? Ein Beispiel: einige Studenten möchten Krankenschwester oder Hotel- und Restaurant-Management studieren. Diese Kurse bergen aber neben den kommunizierten Studienkosten oft weitere Zusatzkosten (z.B ein Stetoskop kaufen oder teueren Alkohol für den Bartender-Kurs). Bis jetzt haben wir diese Studienrichtungen abgelehnt, weil sie unser Budget überschreiten, aber wir möchten eine neue Evaluation dazu durchführen. So hatte Cherry, unsere Allrounderin, den Auftrag, zum College zu fahren und dort die Studiengebühren und Zusatzkosten für alle 4 Jahre (also alle 8 Semester) zu erfragen. Sie kam zurück mit der Info zum 1. Semester! Die anderen Kosten könne der Student dann auf seiner online-Plattform sehen. Hier scheinen mehrere Probleme zusammenzukommen: sie hat nicht verstanden, worum es geht. Sie hat nicht verstanden, was genau sie tun muss. Sie ist eine typische Filipina in der Hinsicht, dass wenn eine kritische Frage von uns kommt (warum hast du nur die Info für ein Semester?), zuerst mal keine Antwort kommt. So sind wir doch recht gefordert und müssen bis zu einem gewissen Grad auch akzeptieren, dass auf den Philippinen alles etwas länger dauert (vielleicht mehrere Trips in die Stadt für alle Infos (wir hoffen nicht)) und Fähigkeiten, die bei uns in der Schweiz selbstverständlich sind, hier zuerst erlernt werden müssen.
Vor einigen Jahren hatte Batulong ein Projekt mit Nähmaschinen durchgeführt, um den Frauen die Möglichkeit aufzuzeigen, durch einen Nebenerwerb die Haushaltskasse aufzubessern. Nach und nach verschob sich das Türvorleger-Nähen auf Projekte von Nachbarn zu Hause und bis auf unsere Schweizer Bernina wurden alle Nähmaschinen wieder verkauft. So stand die Bernina – eine Spende aus der Schweiz – einige Jahre ungebraucht in unserem Center. Ich habe sie gereinigt, geölt und auch sonst wieder auf Vordermann gebracht und eigentlich wollte ich sie dem Meistbietenden geben (Idee war eine Batulong-Auktion), aber dann zeigte unsere Hauswartin Interesse und es stellte sich heraus, dass sie mit von-Fuss-angetriebenen Nähmaschinen schon Erfahrung hatte. Nach einer Nähmaschinen-Lektion übergab ich das Gerät gerne unserer treuen Hauswartin zu einem günstigen Preis, der natürlich Batulong zugutekommt.